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Die Charnadura auch Charnadura Schlucht Aussprache im lokalen Puter ˌt ɕarnɐ dyːrɐ mit Betonung also auf dem u ist eine Schlucht des Inns am Ausfluss des St Moritzersees im Schweizer Engadin Eingang zur Charnadura von St Moritz her Im Vordergrund die Berninabahn im Talgrund eine Galerie der Hauptstrasse 27 am gegenuberliegenden Hang der Eingang des Tunnels Charnadura I der Albulabahn und in der Ferne Celerina Die Charnadura auf der Siegfriedkarte 1875 1 Inn Fall um 1890 St Moritzersee noch ohne Bahnhof Eingang der Charnadura mit Inn Fall ca 1905 Rechts der Bahnhof und die Boschung der Albulabahn mit noch nicht uberwachsenem Abraum Noch fehlt der Viadukt der Berninabahn uber den Inn Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Name 3 Entstehung der Schlucht 4 Geschichte 5 Stromgewinnung 5 1 Entstehung 5 2 Leistung 5 3 Umweltschutzaspekt 6 Bahn 6 1 Albulabahn 6 2 Berninabahn 7 Strassenverkehr 8 Schlachthof 9 Sonstiges 10 EinzelnachweiseLage BearbeitenDie Charnadura ist eine 1200 Meter lange Schlucht des Inns Sie beginnt bei der Landzunge Punt da Piz am Ausgang des St Moritzersees Gemeinde St Moritz auf 1768 m u M und endet in der Ebene der Gemeinde Celerina auf 1720 m u M Bis ca 1970 begann die Schlucht mit einem mehrere Meter hohen Inn Fall am Ausgang des Sees 2 Heute fuhrt der Inn nur noch wenig Wasser und wird uber die Halfte der Strecke durch einen 480 Meter langen galerieartigen Stollen geleitet Durch die enge Schlucht fuhren heute nebst dem Inn die Kantonsstrasse sowie zwei Eisenbahnlinien 3 Name BearbeitenDer Name wird auf lateinisch Crena Puter crenna deutsch Einschnitt Kerbe Schlitz zuruckgefuhrt 4 Diese erreichte uber die mutmassliche Zwischenform Caronatura die heutige romanische Form Charnadura 5 Gelegentlich findet sich der Beiname Drachenschlucht 6 der womoglich in Verbindung steht mit dem Ubernamen der St Moritzer als Drachen romanisch draguns Der Flurname Charnadura bezeichnet auch eine Alp oberhalb von Lavin im Unterengadin Entstehung der Schlucht BearbeitenDie Charnadura entstand als Durchbruchschlucht durch die postglaziale Erosion des Inns in den Talriegel aus Biotit Schiefer Die Tiefenleistung des Flusses betragt 20 bis 25 Meter 7 8 Angelegt wurde die Charnadura spatestens vor etwa 10 000 Jahren im Spatwurm moglicherweise bestand sie aber bereits als subglaziale Schmelzwasserrinne 9 Geschichte BearbeitenDie Charnadura wurde bereits in der Jungsteinzeit begangen wie eine 1921 in der Schlucht gefundene Lanzenspitze aus Silex nachweist 10 11 In vortouristischer Zeit war das Gebiet rechts des Inns unbewohnt Immerhin zeigt schon die Dufourkarte von 1855 eine inn querende Brucke am Eingang der Schlucht 1885 wurde auf der Punt da Piz das Waldschlossli vom Rocca erbaut heute bekannt als Hotel Waldhaus am See 1887 baute der Unternehmer und Hotelbesitzer Johannes Badrutt in der Charnadura das erste Elektrizitatskraftwerk der Schweiz 12 Seit 1896 zeigt die Siegfriedkarte einen Weg durch die Schlucht der auf der rechten Seite beginnend den Fluss in der Mitte uberquert und danach linksseitig nach Celerina fuhrt Seit 1900 entstanden einfache Mehrfamilienhauser sowie eine Gewerbezone am rechten Eingang der Schlucht Ab etwa 1901 erfolgte der Bau der Albulabahn linksseitig durch die Schlucht Eroffnet wurde dieses letzte Teilstuck der Albulabahn am 10 Juli 1904 13 Wenig spater im Fruhling 1908 wurde rechtsseitig die Berninabahn ebenfalls bis zum Bahnhof St Moritz gefuhrt Dieses Teilstuck wurde am 1 Juli 1909 eroffnet 14 15 Seit 1931 wird ein grosser Teil des Wassers beim Stauwehr am Ende des St Moritzersees gefasst und mit wenigen Metern Gefalle in einem Stollen rechtsseitig durch die Schlucht gefuhrt Zur Stromproduktion wurde das Elektrizitatswerk Islas am Ausgang der Schlucht gebaut 16 1970 wurde die alte kurvige Kantonsstrasse von Celerina nach St Moritz durch eine direkte Verbindung durch die Charnadura erganzt Gleichzeitig mit dem Strassenbau wurde der Inn linksseitig ins Berginnere verlegt Stromgewinnung BearbeitenEntstehung Bearbeiten Schon seit 1878 wurde das Gefalle des Inns in der Charnadura zur Stromgewinnung genutzt was eine Schweizer Pionierleistung darstellt 17 Nach dieser ersten Nutzung durch den Privatunternehmer Johannes Badrutt begann 1891 die Gemeinde St Moritz mit der Stromproduktion in der Charnadura 18 Diese Anlage hatte 800 PS und belieferte zunachst nur Hotels da ein allgemeines Stromnetz fur Private zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestand 19 Ab dem Jahr 1896 versorgte das Kraftwerk auch die Strassenbahn St Moritz 12 Die heutige Anlage stammt von 1931 1932 Das Wasser wird vom St Moritzersee mit Hilfe eines Stauwehrs 20 in einem etwa 1000 Meter langen Stollen abgefuhrt und fallt am Ausgang der Schlucht in einer etwa 50 Meter hohen Druckleitung ins Werk Islas Leistung Bearbeiten Die installierte Leistung des Laufkraftwerks von Islas betragt 4 3 MW die Jahresproduktion belauft sich auf circa 16 5 GWh pro Jahr Damit deckt das Werk etwa 20 des Bedarfs der Gemeinden Celerina und St Moritz Das Elektrizitatswerk ist Teil des lokalen Energieunternehmens St Moritz Energie SME 21 Umweltschutzaspekt Bearbeiten St Moritz Energie ist verpflichtet im Sommer einen minimalen Wasserfluss von 75 Liter pro Sekunde zu gewahrleisten Am Stauwehr wurde schon zu Beginn der 1930er Jahre beim Bau der Anlage ein Fischpass errichtet jedoch nie auf Tauglichkeit gepruft Ein zweiter Fischpass bestand im unteren Teil der Charnadura doch war dieser oft durch Geschiebe verstopft 1999 wurde er zugemauert Den Austausch der Fische zwischen dem St Moritzersee und dem weiteren Verlauf des Inns gewahrleistet heute der Fischereiaufseher durch Transporte 22 Dieser kunstliche Austausch von Fischen ist von Bedeutung da die Wasserstrecke Maloja Samedan vom Bundesamt fur Umwelt BAFU als Kernzone fur Aschen taxiert wird und die Charnadura eine Lucke in dieser Kernzone darstellt Die Aschen laichen sowohl in Silvaplana oberhalb der Charnadura als auch in Celerina unterhalb der Charnadura 23 Bahn BearbeitenAlbulabahnLegende nbsp von Chur und Scuol nbsp 100 32 Celerina 1730 m u M nbsp Charnadura I 449 m nbsp Lehnenviadukt 37 m nbsp Argentieri 114 m nbsp Via Serlas Brucke 22 m nbsp Berninabahn von Tirano nbsp 102 93 St Moritz 1775 m u M BerninabahnLegende nbsp 0 000 St Moritz 1775 m u M nbsp Albulabahn nach Thusis nbsp Innviadukt 64 m nbsp Charnadura II 689 m nbsp 2 028 Celerina Staz 1716 m u M nbsp nach Pontresina bzw TiranoAlbulabahn Bearbeiten Die Albulabahn fuhrt von St Moritz aus linksseitig in die Charnadura zunachst uber die 22 m lange Via Serlas Brucke den kurzen Argentieri Tunnel 114 m dann uber ein 37 m langes Lehnenviadukt und schliesslich verlasst sie die Schlucht durch den 449 m langen Tunnel Charnadura I in Richtung Unterengadin und Chur Berninabahn Bearbeiten Die Berninabahn fuhrt uber die vier Bogen des Innviadukts in die Schlucht hinein und verlasst sie durch den 689 m langen Tunnel Charnadura II in Richtung Pontresina bzw Berninapass Charnadura II ist der langste Tunnel der gesamten Berninabahn und verursachte hohe Mehrkosten beim Bau der Bahn Ursprunglich hatte die Berninabahn durch den Stazerwald nach Pontresina gefuhrt werden sollen doch bildete sich damals Widerstand gegen diese billigere Trassenfuhrung In den ersten Betriebsjahren fuhr die Berninabahn nur sommers Im Winter 1913 1914 wurde jedoch bereits der arbeits und kostenintensive Winterbetrieb aufgenommen Strassenverkehr BearbeitenSeit 1970 wird der Hauptverkehr zwischen Celerina und St Moritz als Via Grevas bzw Hauptstrasse 27 durch die Charnadura gefuhrt Die Strasse verlauft im Grund der Schlucht und ist an zwei Stellen gedeckt Im Schnitt fahren ca 4 Millionen Fahrzeuge pro Jahr durch die Charnadura was etwa 11 000 Fahrzeugen pro Tag oder 460 Fahrzeugen pro Stunde entspricht 24 Schlachthof BearbeitenZu Beginn des 20 Jahrhunderts entstand in der neuen Gewerbezone am oberen Eingang der Schlucht ein Schlachthof Dieser hatte einen Gleisanschluss an die Berninabahn 25 Heute befindet sich hier der Werkhof der Gemeinde St Moritz 26 Sonstiges BearbeitenAm 28 Oktober 1901 kam der Berliner Arzt und Philosoph Paul Ree in der Charnadura ums Leben Es ist nicht geklart ob es sich dabei um einen Wanderunfall oder einen Suizid handelte 27 28 Seit 1958 erinnert eine Gedenktafel in der Charnadura an diesen Freund von Friedrich Nietzsche 29 30 Der osterreichische Erzahler und Dramatiker Arthur Schnitzler vermerkt im September 1925 in seinem Tagebuch 1923 1926 eine Wanderung durch die Charnadura 31 Der bekannte Fotograf Albert Steiner nutzte von 1924 bis 1950 das ehemalige Restaurant Innfall als Atelier Heute ist die Lokalitat wieder ein Restaurant Einzelnachweise Bearbeiten Topographisches Landschaftsgedachtnis der Schweiz In map geo admin Abgerufen am 27 Februar 2020 Foto des Inn Falls aus dem Jahr 1944 Google Earth Ernst Lechner Graubunden Illustrierter Reisebegleiter durch alle Thalschaften 1903 Carl Tauber Neue Gebirgsnamen Forschungen Stein Schutt und Geroll Art Institut O Fussli 1907 Beispiel Gustav Hegi Illustrierte Flora von Mittel Europa J F Lehmann 1906 Petermann s geogr Mittheilungen Justus Perthes 1935 Materiaux pour la carte geologique de la Suisse Teile 2 3 Kummerley amp Frey 1950 Rene Hantke Eiszeitalter Ott Thun 1983 Dal temp da Culan da Crestaulta In Sudostschweiz La Quotidiana 14 April 2011 abgerufen am 17 Juli 2019 ratoromanisch Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft fur Ur und Fruhgeschichte 13 1921 a b Details zur Geschichte der Energieversorgung auf der Website von St Moritz Energie aufgerufen am 24 Marz 2015 Website Historische Berninabahn aufgerufen am 8 Februar 2014 Details zum Charnadura Tunnel auf der Website Historische Berninabahn aufgerufen am 12 Februar 2016 Andrea Tognina u a Gli operai del Bernina storia sociale di un cantiere ferroviario Desertina 2010 ISBN 978 3 85637 393 1 Bulletin des Schweizerischen Elektrotechnischen Vereins Band 24 Schweizerischer Elektrotechnischer Verein 1933 Romedi Reinalter Zur Flora der Sedimentgebiete im Umkreis der Sudratischen Alpen Livignasco Bormiese und Engiadin Ota Schweiz Italien Birkhauser Basel 2004 ISBN 3 7643 2191 1 Heinrich Boner Die Wasserkrafte des Kantons Graubunden Friedrich Alexanders Universitat Erlangen 1926 Georg Casal Die bundnerische Wasserkraftnutzung Ihre Grundlage Entwicklung und volkswirtschaftliche Bedeutung Dr Sprecher u Eggerling 1950 Webcam des Stauwehrs der SME Archiviert vom Original am 22 Februar 2014 abgerufen am 12 Februar 2016 Schlussbericht Umbau KW Islas PDF 2 5 MB 2008 archiviert vom Original am 22 Februar 2014 abgerufen am 12 Februar 2016 Studie Memento des Originals vom 24 September 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www fischnetz ch zum Aschensterben im Inn 2000 aufgerufen am 7 Februar 2014 SwissTopo Stand 29 August 2011 aufgerufen am 8 Februar 2014 Studie St Moritz im Wandel vom Bauerndorf zur Kultstatte des Alpentourismus ETHZ 2004 Bild Gleisanschluss des Schlachthofs an die Berninabahn aufgerufen am 7 Februar 2014 Bauinventar Frau Dr I Rucki Architektur und Siedlungsentwicklung In Gemeinde St Moritz Archiviert vom Original am 22 Februar 2014 abgerufen am 7 Februar 2014 Bericht im Fogl Ladin vom 2 November 1901 Disgrazia in Charnadura Pilar Baumeister Wir schreiben Freitod Schriftstellersuizide in vier Jahrhunderten Peter Lang 2010 ISBN 978 3 631 60458 8 Gisep Buchli Ein Freund Nietzsches Engadiner Post vom 1 November 2011 Nietzsche und die Schweiz Offizin Zurich Verlag 1994 Arthur Schnitzler Tagebuch 1923 1926 Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften 46 504388888889 9 8556388888889 Koordinaten 46 30 15 8 N 9 51 20 3 O CH1903 785498 153199 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Charnadura amp oldid 236751781