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Das Kaktusmoos Campylopus introflexus auch als LanghaarigesoderHaartragendes Krummstielmoos bezeichnet ist ein Laubmoos aus der Familie Leucobryaceae Kaktusmoos Kaktusmoos Campylopus introflexus Systematik Klasse Bryopsida Unterklasse Dicranidae Ordnung Dicranales Familie Leucobryaceae Gattung Campylopus Art Kaktusmoos Wissenschaftlicher Name Campylopus introflexus Hedw Brid Das Moos stammt ursprunglich aus den subtropischen bis kalt gemassigten Breiten der Sudhemisphare Es ist in Nordamerika und Europa eingeschleppt worden Der sogenannte invasive Neophyt erweist sich bei der Besiedlung vor allem der Kustendunen und anderen Sandlebensraume besonders in den Niederlanden Belgien und Deutschland als problematisch da das Moos die Artenzusammensetzungen und das Erscheinungsbild der dort kennzeichnenden Lebensgemeinschaften verandert Durch die Bildung dichter und grossflachiger Matten werden dem Kaktusmoos erhebliche Okosystemveranderungen zugeschrieben Inhaltsverzeichnis 1 Taxonomie 2 Merkmale und Biologie 3 Lebensraume 4 Verbreitung und Ausbreitungswege 5 Status und Invasivitat 6 Okologische Auswirkungen 7 Quellen und weiterfuhrende Informationen 7 1 Einzelnachweise 7 2 Literatur 7 3 WeblinksTaxonomie BearbeitenDie Erstbeschreibung der Moosart erfolgte durch Johannes Hedwig als Dicranum introflexum Weitere in der Literatur angegebene Synonyme sind C polytrichoides auct p p und C lepidophyllus C Muell Par fide sim In den ersten Jahren der Entdeckung des Kaktusmooses in Deutschland und Nordamerika wurde C introflexus aufgrund von Verwechslungen fur die als C pilifer bezeichnete Art verwendet Das heisst dass altere Arbeiten uber C introflexus sich auf C pilifer beziehen Erst spater stellte sich heraus dass es sich um die sudhemispharisch verbreitete Dicranum introflexum beziehungsweise das heute als C introflexus bezeichnete Moos handelt Merkmale und Biologie Bearbeiten nbsp Kaktusmoos Campylopus introflexus mit Sporogonen nbsp Kaktusmoos Campylopus introflexus Detailaufnahme mit Glashaaren Das gipfelkapselige akrokarpe Kaktusmoos wachst in dichten hell bis olivgrunen oft graulichen und bis zu 5 Zentimeter hohen Matten und ausgedehnten Moosteppichen Die Stammchen werden zwischen 0 5 und 5 Zentimeter hoch Die lanzettlichen und ganzrandigen Blattchen messen 4 bis 6 Millimeter Lange Sie sind am Blattgrund durchsichtig Die Blattrippe ist breit und nimmt etwa die Halfte der Blattbreite ein Auf dem Rucken der Blattrippe befinden sich zweizellige Lamellen Auf der Unterseite der Blattrippe befinden sich chlorophyllose wasserhelle Hyalocyten Vor allem im oberen Stammchenbereich laufen diese an der Spitze in ein auffallend rechtwinklig abgebogenes Glashaar aus Im feuchten Zustand stehen die Blattchen vom Stammchen ab Im trockenen Zustand sind sie dagegen anliegend und bilden durch die weissliche transparenten abstehenden Glashaare von oben betrachtet weisse Sterne In Feuchtperioden gewachsene Pflanzchen bilden nur an den unteren Blattchen Glashaare Die Kapseln sind braun und 1 5 Millimeter lang Ihr 7 bis 12 Millimeter langer gelblicher bis brauner Stiel wachst gerade Es werden meist mehrere Sporophyten an einer Pflanze gebildet Lebensraume BearbeitenAuf der Sudhalbkugel wachst Campylopus introflexus auf vielfaltigen Substraten von Meereshohe bis in Hohen von 200 Metern In Nordamerika und Europa ist es ein Pionierbesiedler offener naturnaher und anthropogener Standorte mit trockenen und sauren Boden Das Moos besiedelt uberwiegend Stein und Sandboden und dringt in Silbergrasfluren der Kusten und Binnendunen in Zwergstrauchheiden und Flechten Kiefernwaldern ein Es besiedelt ferner offene Sandflachen in Bergbaufolgelandschaften In Grossbritannien wachst es dagegen auf torfigen Boden feuchter Heiden und durch Torfstich und Abbrennen gestorter Moore Es wachst auf kalkfreien langfristige trockenen armen Mineral und Humusboden in meist sonniger Lage Seltener besiedelt es morsches Holz Verbreitung und Ausbreitungswege Bearbeiten nbsp Ursprungliches Verbreitungsgebiet in Schwarz neue Populationen in Rot Das ursprungliche Verbreitungsgebiet des Kaktusmooses ist die Sudhemisphare Dort kommt es in Sudamerika Afrika Australien und den pazifischen Inseln bis in kalt gemassigte Klimazonen vor Es ist in Nordamerika und Europa eingeschleppt worden In Nordamerika besiedelt es vor allem die Westkuste der USA und Kanadas In Europa wurde erstmals 1941 in England nachgewiesen Von dort aus hat es sich uber weite Teile Europas ausgebreitet Heute ist es von Island bis Spanien von Irland bis Polen vorhanden In Frankreich wurde es 1959 am Kap Finisterre gefunden Seit 1961 hat es sich in den Niederlanden seit 1966 in Belgien seit 1968 in Danemark seit 1973 auf den Faroern seit 1976 in Sudschweden seit 1978 in Westnorwegen und seit 1983 auf Island angesiedelt In Polen wurde das Moos erstmals 1986 und in den Karpaten 1994 nachgewiesen Im Jahr 2000 gelangen die ersten Nachweise fur Russland und Lettland In Deutschland wurde das Kaktusmoos erstmals 1967 bei Munster Westfalen nachgewiesen Es soll uber die Niederlande eingewandert sein Seit 1970 kommt es auf den Ostfriesischen Inseln vor Das Moos ist in Deutschland mit einem Schwerpunkt im Westen in allen Bundeslandern verbreitet mit anhaltender Ausbreitungstendenz und hat vielerorts etablierte Populationen entwickelt Die Jahre der Erstfunde auf den Ostfriesischen Inseln werden folgendermassen angegeben 1970 auf Langeoog 1975 auf Baltrum 1976 auf Spiekeroog 1977 auf Norderney und 1980 auf Borkum Juist und Wangerooge 1 1985 wurde das Moos erstmals am Attersee in Oberosterreich gefunden 2 Die Ausbreitung erfolgt zum einen uber die ungeschlechtliche Vermehrung durch abgebrochene Stammchenspitzen Aus diesen konnen sich neue Pflanzen bilden Auch ganze Moospolster konnen durch Wind Tiere Kaninchen Vogel und Menschen verfrachtet werden und neue selbst isolierte und weit entfernte Standorte besiedeln Die regenerationsfreudigen Sprossspitzen werden in der Mehrzahl in jungen Bestanden gebildet so dass diese sehr schnell wachsen Sie konnen innerhalb von zehn Jahren mehrere hundert Quadratmeter bedecken Werden Sporogone gebildet so produzieren diese zahlreiche zwischen 10 und 14 µm grosse Sporen die uber weite Distanzen verbreitet werden konnen In Deutschland ist die Bildung von Sporogonen nur selten zu beobachten Die Besiedlung der Faroer Inseln vor der Besiedlung Norwegens wird als ein Zeichen fur die hohe generative Ausbreitungskraft des Mooses gewertet Status und Invasivitat BearbeitenIn Osterreich wird mit einer weiteren Ausbreitung des Mooses gerechnet 2 Wahrend das Kaktusmoos in den meisten europaischen Landern zerstreut vorkommt und als unproblematisch betrachtet wird hat sich das Moos in den Niederlanden und Belgien in den vergangenen 20 Jahren stark ausgebreitet und gilt hier als Gefahrdungsursache fur andere Moose und Flechten 3 Es wird hier als tankmos bezeichnet da es im Zweiten Weltkrieg mit Panzern ausgebreitet worden sein soll Auch in Deutschland wird das Moos als problematisch eingestuft und gilt als invasiver Neophyt Vor allem auf den Ostfriesischen Inseln dringt es invasionsartig in die moos und flechtenreichen Stadien von Sandtrockenrasen der Graudunen ein In den Braundunen siedelt es in Lucken von Krahenbeeren und Besenginsterheiden Zum Teil wachsen die Moosdecken hier bis zu 10 Zentimeter hoch und bilden bei Trockenheit sogar Trockenrisse 1 Stark besiedelte Silbergrasfluren werden zum Teil als eigene pflanzensoziologische Gesellschaft die Campylopus introflexus Gesellschaft klassifiziert Okologische Auswirkungen BearbeitenDie enorme Ausbreitungskraft auf generativem und vor allem vegetativem Weg macht die Ausbreitung des Kaktusmooses bedenklich Die Dominanzbestande des Kaktusmooses gehen entweder aus der Besiedlung offener Flachen oder aus der Verdrangung anderer zuvor meist bestandsbildender Arten wie beispielsweise Dicranum scoparium Politrichum juniperum oder P piliferum hervor In Silbergrasfluren gehen die Individuenzahlen der meisten charakteristischen Arten zuruck und das Erscheinungsbild des Biotops verandert sich Schliesslich bilden sich geschlossene Matten des Mooses die sich gleichsam wie ein Leichentuch uber die Graudunen legen Neben den Gefasspflanzen werden vor allem die fur Silbergrasfluren kennzeichnenden Moose und Flechten Cladonia Arten verdrangt Die Moosteppiche konnen bei Trockenheit Risse bilden und werden durch Tiere umgewuhlt wodurch wiederum offene Stellen entstehen Diese werden meist rasch vom Kaktusmoos geschlossen Es ist unbekannt ob sich in diesen Lucken andere Pflanzen beziehungsweise die ursprungliche Vegetation etablieren konnen Die Verdrangung der typischen Dunenvegetation welche aufgrund ihrer Seltenheit und Empfindlichkeit zu den schutzenswerten Lebensraumen der Fauna Flora Habitat Richtlinie gehoren tragt massgeblich zu einer Abnahme der Biodiversitat und Gefahrdung etlicher meist seltener Arten bei In Kustenheiden Danemarks reduzieren dichte Bestande des Mooses die Regeneration der Besenheide Calluna vulgaris welches mit der Reduzierung der Keimung der Samen aufgrund von Lichtmangel und Trockenheit in den dichten Moosteppichen in Verbindung gebracht wird Es wird angenommen dass die Veranderung der Lebensraume eine Ursache fur den Ruckgang des Brachpiepers Anthus campestris sein konnte Dieses wird mit einer Verringerung von Gliederfussern Arthropoden als Nahrungsquelle und dem Verlust von geeigneten Brutplatzen in den vom Kaktusmoos dominierten Dunen in Verbindung gebracht Andere Auswirkungen der Ausbreitung von Campylopus introflexus auf die Tierwelt sind noch nicht bekannt Schliesslich nehmen die mehrere Zentimeter hohen Moosbestande in unterschiedlicher Weise auf die Standortbedingungen und damit auf die Okosysteme hinsichtlich Wasserhaushalt und Sukzession zum Teil erheblichen Einfluss Die dunklen Moospolster erwarmen sich schneller als die angrenzenden hellen Sandbereiche was eine starkere Austrocknung der Sandlebensraume zur Folge hat Andererseits speichern die Moospolster und teppiche auch mehr Wasser Ob dadurch die Wasserbilanz der Okosysteme ausgeglichener ist ist noch unklar Die Besiedlung von Sandlebensraumen mit dem Kaktusmoos beschleunigt die naturliche Sukzession der Vegetation insofern als die Sande durch das Moos festgelegt werden und Pflanzen wie die Besenheide und die Draht Schmiele Deschampsia flexuosa in der Lage sind sich hier anzusiedeln Es ist noch nicht bekannt wie sich eine beschleunigte Sukzession auf die Okosystemdynamik auswirken wird Quellen und weiterfuhrende Informationen BearbeitenEinzelnachweise Bearbeiten a b Richard Pott Farbatlas Nordseekuste und Nordseeinseln Ausgewahlte Beispiele aus der sudlichen Nordsee in geobotanischer Sicht Ulmer Stuttgart 1995 ISBN 3 8001 3350 4 a b Franz Essl Wolfgang Rabitsch Neobiota in Osterreich Umweltbundesamt Wien 2002 ISBN 3 85457 658 7 Digitalisat PDF 4 12 MB Thilo Hasse Vegetationskundliche Untersuchungen in einer flechtenreichen Binnendunenlandschaft im Nationalpark De Hoge Veluwe NL Stellungnahme zu einer geplanten Reaktivierung der Sandverwehung Munster 2002 Munster Westfalischen Wilhelms Universitat Diplomarbeit 2002 Literatur Bearbeiten R Biermann Campylopus introflexus Hedw Brid in Silbergrasfluren ostfriesischer Inseln In Berichte der Reinhold Tuxen Gesellschaft Bd 8 1996 ISSN 0940 418X S 61 68 R Biermann Frederikus J A Daniels Vegetationsdynamik im Spergulo Corynephoretum unter besonderer Berucksichtigung des neophytischen Laubmooses Campylopus introflexus In Braunschweiger Geobotanische Arbeiten Bd 8 2001 ZDB ID 1116326 4 S 27 37 Ruprecht Dull Exkursionstaschenbuch der Moose Eine Einfuhrung in die Mooskunde mit besonderer Berucksichtigung der Biologie und Okologie der wichtigsten Moose Deutschlands fur die Lupenbestimmung der leicht erkennbaren Arten im Gelande 5 uberarbeitete und erweiterte Auflage IDH Verlag fur Bryologie und Okologie Bad Munstereifel 1997 ISBN 3 925425 15 2 Jan Peter Frahm Wolfgang Frey Moosflora UTB 1250 4 neubearbeitete und erweiterte Auflage Ulmer Stuttgart 2004 ISBN 3 8252 1250 5 Jonas Klinck NOBANIS Invasive Alien Species Fact Sheet Campylopus intriflexus From Online Database of the North European and Baltic Network on invasive alien Species 2010 online PDF 485 kB abgerufen am 25 Februar 2017 Uwe Starfinger Ingo Kowarik Maike Isermann Campylopus introflexus Hedwig Bridel Dicranaceae Kaktusmoos In NeoFlora Invasive gebietsfremde Pflanzen in Deutschland floraweb de Memento vom 8 Januar 2008 im Internet Archive Vorlage Webarchiv Wartung Linktext fehlt Linktext fehlt Volkmar Wirth Ruprecht Dull Farbatlas Flechten und Moose Ulmer Stuttgart 2000 ISBN 3 8001 3517 5 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kaktusmoos Campylopus introflexus Album mit Bildern Videos und Audiodateien Beschreibung der Art in der Flora of North America Verbreitung in den Niederlanden PDF abgerufen am 10 August 2007 Verbreitung in Nordamerika abgerufen am 10 August 2007 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kaktusmoos amp oldid 237893794