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Als Brunnen auch Brunnika Panzerhemd und Haubert werden verschiedene teilweise nicht durch archaologische Artefakte belegbare mittelalterliche Korperpanzerungen bezeichnet Eine Sonderform der Brunne war die Helmbrunne die besonders im Spatmittelalter den gefahrdeten Kopf Hals und Schulterbereich der Krieger schutzen sollte Inhaltsverzeichnis 1 Forschungsgeschichte und Zeitabschnitte 1 1 Brunnendarstellungen in fruhen Quellen 1 2 Brunnendarstellungen im Fruh und Hochmittelalter 1 3 Die Brunnenforschung im 19 und fruhen 20 Jahrhundert 1 4 Brunnen aus heutiger Sicht 2 Siehe auch 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseForschungsgeschichte und Zeitabschnitte BearbeitenDie waffenkundliche Forschung des 19 und fruhen 20 Jahrhunderts verwandte den Begriff Brunne als Sammelbezeichnung fur verschiedene Abarten unterschiedlicher Rustungsformen die heute von den meisten Fachleuten auf das herkommliche Ringpanzerhemd Kettenhemd und verschiedene Abarten des Schuppenpanzers reduziert werden Brunnendarstellungen in fruhen Quellen Bearbeiten nbsp Stilisierte Darstellungen von Brunnen auf dem Teppich von Bayeux nbsp Ein Beispiel fur die verwirrenden Methoden der Darstellung hochmittelalterlicher Korperpanzerungen Die Brunne des Kriegsknechts beim Kindermord von Bethlehem wurde als typische banded mail dargestellt konnte aber auch ein stark stilisiertes Ringpanzerhemd sein Die gepunkteten Rustungsteile sind entweder als regulare Ringpanzerhemden oder als Abarten des textilen Gambesons interpretierbar nbsp Der kniende Kreuzritter aus dem Westminster PsalterBesonders im 13 und 14 Jahrhundert wurden verschiedene Methoden zur kunstlerischen Abbildung mittelalterlicher Korperpanzerungen verwendet Diese meist stilisierten Darstellungsarten sorgen bis in die Gegenwart fur reichlich Verwirrung In der Vergangenheit sah man die unterschiedlichen kunstlerischen Umsetzungen als tatsachliche Wiedergaben verschiedener Abarten an Diese Auffassung lasst sich aus heutiger Sicht bis auf einige Zweifelsfalle meist eindeutig widerlegen Die zahlreichen Miniaturen Zeichnungen und Skulpturen aus dem Hochmittelalter zeigen zweifelsfrei in der Regel herkommliche Ringpanzerhemden oder Schuppenpanzer Neben den hochmittelalterlichen Miniaturen diente den damaligen Fachleuten besonders der beruhmte Teppich von Bayeux aus der zweiten Halfte des 11 Jahrhunderts als Quelle ihrer Interpretationen Die dargestellten Panzerungen werden von der modernen Forschung als herkommliche Ringpanzerhemden gedeutet Die altere Waffenkunde ubersetzte die stark stilisierten Abbildungen des Bildteppichs wortlich und entwickelte so insbesondere die Vorstellung einer Panzerung aus aufgenahten Ringen Eine voll funktionsfahige Brunne dieses Typs wurde etwa um 1900 von Karl Gimbel rekonstruiert Dieser Laienforscher erschuf auch zwei Rekonstruktionen von lederstreifigen Brunnen engl banded mail nach mittelalterlichen Miniaturen Offen bleibt allerdings die Frage ob die verwirrenden unterschiedlichen Darstellungsarten auf real existierende Sonderformen im Sinne der alteren Forschung zuruckgehen Besonders die Schopfer der unzahligen Buchillustrationen benutzten offenbar Vorlagen aus Musterbuchern die teilweise auch auf Vorbilder Ikonen Holzschnitte aus dem orthodoxen Kulturkreis zuruckzufuhren sein konnten Dort wurden bis in die fruhe Neuzeit verschiedene Abarten und Sonderformen der Korperpanzerung verwendet die sich eindeutig nachweisen lassen und in Originalstucken erhalten blieben Es ist hier durchaus wahrscheinlich dass solche Panzerungen als Handelsware oder Beutestucke etwa infolge der Kreuzzuge oder der Ostkolonisation nach West und Zentraleuropa gelangt sein konnten So tragt etwa auch der bekannte kniende Kreuzritter aus dem Westminster Psalter des Matthaus Paris um 1250 einen von byzantinischen bzw nahostlichen Rustungsformen abgeleiteten Unterschenkelschutz Die ubrigen Rustungsteile sind als regulare Ringpanzerungen identifizierbar Die neuere Forschung begrundet ihre ablehnende Haltung meist mit dem Fehlen entsprechender archaologischer Nachweise oder Originalstucke Allerdings ware die Erhaltung entsprechender Funde wegen der Verganglichkeit der organischen Tragermaterialien rein zufallig Die Forschung des 19 und fruhen 20 Jahrhunderts ging auch deshalb von der Existenz zahlreicher Sonderformen der Brunne aus da man annahm die Technik des Drahtziehens sei erst im Laufe des 14 Jahrhunderts in Europa entwickelt worden Bis dahin seien herkommliche Ringpanzerhemden nur fur sehr wohlhabende Krieger erschwinglich gewesen Tatsachlich gibt es jedoch Hinweise dass rationelle Methoden zur Herstellung eiserner Panzerringe bereits im fruhen 11 Jahrhundert angewendet wurden Brunnendarstellungen im Fruh und Hochmittelalter Bearbeiten nbsp Schuppenpanzerhemd Kalk Seccomalerei von 1180Die Germanen Nord und Mitteleuropas ubernahmen die Ringbrunne wohl erst von den romischen Legionaren und Auxiliartruppen Sicherlich waren jedoch vorher bereits einzelne Exemplare keltischer Herkunft als Kriegsbeute oder Handelsware in den germanischen Kulturkreis gelangt Die Kelten verwendeten den Ringpanzer bereits seit der spaten La Tene Zeit Die bereits im Fruhmittelalter belegbare Bezeichnung Serk Sarwat scheint allerdings eher auf eine orientalische Herkunft des Maschenpanzers zu verweisen Im Persischen bedeutet zirih Panzerhemd siehe engl shirt Vor dem 6 Jahrhundert n Chr erscheint das Panzerhemd in den Schriftquellen nur unter seiner lateinischen Bezeichnung lorica In den Leges Visigothorum wird die Schutzwaffe dann auch als brunia oder zaba zava benannt Auch im angelsachsischen Heldengedicht Beowulf belegen zahlreiche Erwahnungen serk der Ringbrunne die Verwendung dieser Rustungsform im fruhmittelalterlichen Nordeuropa Die fruhen germanischen Ringbrunnen scheinen von unterschiedlicher Qualitat gewesen zu sein Besonders gotische Brunnen werden von den Chronisten als wenig widerstandsfahig beschrieben wahrend frankische Panzerungen deutlich mehr Schutz geboten haben sollen Jacob Grimm leitete den Begriff Brunne althochdeutsch prunia von brinnan brennen leuchten ab Das Wort konnte also auf den funkelnden Glanz der Panzerringe eines noch relativ neuen Panzerhemdes zuruckzufuhren sein Gegenwartig wird von der Fachwissenschaft die Herleitung vom keltischen bruin Leib bevorzugt Einer noch weit verbreiteten Hypothese nach sollen erst die Wikinger die in Nord und Mitteleuropa weitgehend vergessene Ringpanzerbrunne auf ihren Streifzugen nach Osteuropa wiederentdeckt haben Neben der Ringbrunne also dem Kettenhemd wurden bis ins Spatmittelalter zahlreiche Abarten des Schuppenpanzers verwendet die ebenfalls als Brunnen bezeichnet wurden Die tatsachliche Verwendung all dieser Rustungsformen lasst sich zwar durch zahllose bildliche Darstellungen aber nur wenige meist fragmentarische Originalfunde belegen Von allen fruhmittelalterlichen Ringpanzerhemden ist nur das Panzerhemd des hl Wenzel im Prager Domschatz um 900 n Chr nahezu vollstandig erhalten geblieben Ein stark korrodiertes und zusammengeklumptes Ringpanzerhemd des 11 12 Jahrhunderts konnte aus dem polnischen Lednicki See Ostrow Lednicki geborgen werden Lednogora Muzeum Pierwszych Piastow na Lednicy Inv Nr MPP 93 99 Die Brunnenforschung im 19 und fruhen 20 Jahrhundert Bearbeiten nbsp Theoretische Rekonstruktion einer normannischen beringten Brunne nach Interpretation von Darstellungen des Teppichs von Bayeux nbsp Sonderformen der mittelalterlichen Korperpanzerung aus der Sicht des 19 und fruhen 20 Jahrhunderts Meyers Grosses Konversationslexikon Bd 17 1909 Nach der Ansicht der alteren Forschung war die Brunne eine aus gepolsterter Leinwand oder Leder gefertigte Panzerjacke welche ab dem 7 8 Jahrhundert von deutschen und frankischen Fusskampfern und Rittern getragen wurde Seit dem Hochmittelalter habe man eiserne Ringe Ketten Metallplatten oder dicke vernietete Nagelkopfe auf derbem Stoff Leder Filz oder Loden befestigt Die so entstandene einfachen Panzerungen sollen bis ins Spatmittelalter besonders von weniger wohlhabenden Edelleuten und Kriegern verwendet worden sein Aufwandige Sonderformen waren etwa aus Panzerringen oder Plattchen angefertigt gewesen die auf Lederstreifen oder Schnure aufgefadelt wurden lederstreifige Ringbrunne engl banded mail Mangels erhaltener Originalexemplare und entsprechender archaologischer Fundstucke mussen die damals entwickelten Vorstellungen bislang spekulativ bleiben Eindeutig nachweisbar und von der modernen Forschung anerkannt sind im abendlandischen Kulturkreis bislang nur herkommliche Ringpanzerhemden aus vernieteten oder verschweissten Eisenringen und zahlreiche Abarten von Schuppenpanzern Als Primarpanzerung des hochmittelalterlichen Ritters wird das vernietete Ringgeflecht angesehen das uber einem gepolsterten Untergewand Gambeson oder Wams getragen wurde Ab dem 13 Jahrhundert verstarkte man den Korperschutz durch Plattenrocke Panzerplatten und Schienen Diese Entwicklung endete im Spatmittelalter im geschlossenen Plattenharnisch Die Brunne hatte zuerst die Form eines mit Armeln versehenen und bis zu den Knien reichenden Rocks oder Hemdes mit Kapuze Im Spatmittelalter schutzte die Brunne nur noch den gefahrdeten Halsbereich des Kriegers und war direkt mit der Beckenhaube oder dem Helm verbunden Helmbrunne In Persien waren ahnliche Panzerkragen unter dem Namen Gariban bekannt Die Brunne wurde vom fruhen Mittelalter bis zu dessen Ausgang benutzt in der Tat wird sie in der latinisierten Form brunia bereits in den Kapitularien Karls des Grossen erwahnt Brunnen aus heutiger Sicht Bearbeiten Trotz der uberwiegenden Ablehnung der beschriebenen Sonderformen der Brunne durch die moderne Fachwissenschaft sind die alteren Vorstellungen besonders in der popularwissenschaftlichen Literatur noch stark verbreitet Sogar im 2008 erschienenen Katalog zur Bayerischen Landesausstellung Adel in Bayern deutet der Autor des Beitrags uber den spektakularen Fund eines zu 80 Prozent erhaltenen Plattenrocks im Areal des niederbayerischen Burgstalls Hirschstein die Panzerung in dieser Weise Da das technische Problem einer selbsttragenden flexiblen Verbindung der Komponenten eines Harnischs damals noch nicht gelost war durften der Panzerkragen die beiden Schulterstucke die grosse Brustplatte und die drei Schossreifen mit schmalen Abstandsfugen zur besseren Beweglichkeit auf einer Weste oder einer Jacke aus festem Stoff oder aus Leder befestigt gewesen sein Moglicherweise waren diese Metallteile nicht blank sichtbar sondern mit Stoff bezogen 1 Die grossen kostumgeschichtlichen Tafelwerke des 19 und fruhen 20 Jahrhunderts sind heute oft wieder als Nachdrucke erhaltlich Auch einige moderne popularwissenschaftliche Bilderwerke greifen die alteren Interpretationen wieder auf Von den neueren seriosen Fachautoren ging nur noch Francois Buttin von der tatsachlichen Existenz von Panzerungen in der Art des banded mail aus Er glaubte Hinweise auf diese Abart besogne quasiguesnee in franzosischen Schriftquellen gefunden zu haben Allgemein folgt man heute der Meinung F M Kellys und Claude Blaires die alle verschiedenen Sonderformen der Brunne und sonstigen mittelalterlichen Korperpanzerung fur unwahrscheinlich ansahen Siehe auch BearbeitenHelmbrunne Gambeson KettenrustungLiteratur BearbeitenWendelin Boeheim Handbuch der Waffenkunde Das Waffenwesen in seiner historischen Entwickelung vom Beginn des Mittelalters bis zum Ende des 18 Jahrhunderts E A Seemann Leipzig 1890 ISBN 3 8262 0212 0 Textarchiv Internet Archive Erstauflage bis 2016 mehrfach nachgedruckt Fundstellen im Buch auf den Seiten 24 25 31 33 34 41 42 49 67 129 131 132 134 135 137 138 139 140 141 164 177 215 Claude Blaire European Armour circa 1066 to circa 1700 London 1959 Francois Buttin Du costume militaire au Moyen Age et pendant la Renaissance Barcelona 1971 Memorias de la Real Academia de Buenas Letras de Barcelona 12 Liliane und Fred Funcken Historische Waffen und Rustungen Munchen 1980 zahlr spatere Aufl enthalt einige umstrittene Vorstellungen des 19 und fruhen 20 Jahrhunderts Karl Gimbel Die Reconstructionen der Gimbel schen Waffensammlung Berlin 1902 John Hewitt Ancient armour and weapons in Europe 3 Bde Oxford 1855 60 F M Kelly Romisch Romanische Ringelpanzer Ihre Darstellung in der gleichzeitigen Kunst In Zeitschrift fur historische Waffen und Kostumkunde 13 Neue Folge 4 Berlin 1923 34 Samuel Rush Meyrick A critical inquiry into ancient armour London 1824 Niels M Saxtorph Kriegstrachten in Farben Von den Anfangen der Geschichte bis zum 17 Jahrhundert Berlin 1971 Eugene Viollet le Duc Encyclopedie medievale 2 Bde Bayeux 1879 Weblinks BearbeitenKunstlexikon Brunne und GaribanEinzelnachweise Bearbeiten Wolfgang Jahn Hrsg Adel in Bayern Ritter Grafen Industriebarone Katalog zur Bayerischen Landesausstellung 2008 26 April bis 5 Oktober 2008 Schloss Hohenaschau Aschau i Ch Ausstellungszentrum Lokschuppen Rosenheim Haus der Bayerischen Geschichte Augsburg 2008 ISBN 978 3 937974 19 4 S 39 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