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Akasha Chronik bezeichnet in Teilen der Esoterik vor allem in der modernen oder anglo indischen Theosophie und in der Anthroposophie die deterministische 1 Vorstellung von einem ubersinnlichen Buch des Lebens das in immaterieller Form ein allumfassendes Weltgedachtnis enthalt Es existieren auch altere Vorstellungen eines solchen Weltgedachtnisses so im Neuplatonismus in der christlichen Uberlieferung 2 und in der vor modernen Esoterik der Begriff Akasha Chronik engl akashic records ist in dieser Form jedoch modern theosophischen Ursprungs Im deutschen Sprachraum wurde er vor allem durch Rudolf Steiner gelaufig Esoteriker wie Steiner nahmen fur sich in Anspruch in der Akasha Chronik lesen zu konnen Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie 2 Begriffsgeschichte 3 Anthroposophie 4 Sonstige Verwendung 5 Kritische Einordnung 6 Literatur 7 EinzelnachweiseEtymologie BearbeitenDer Begriff Akasha Sanskrit आक श akasa auch akascha akasa und akaca Paḷi akasa steht fur Himmel Raum oder Ather in der hinduistischen Philosophie und im Ayurveda bezeichnet Akasha Ather neben Prithivi Erde Vata Luft Agni Feuer und Ap Wasser eines der funf Elemente vgl Vaisheshika Im Buddhismus findet sich akasa als Bezeichnung fur den begrenzten Raum akasa dhatu oder unbegrenzten Raum ajatakasa 3 4 Begriffsgeschichte BearbeitenDie Vorstellung eines Weltgedachtnisses hat in Europa eine lange Tradition und findet sich etwa bei Plotin ca 205 270 Marsilio Ficino 1433 1499 und Paracelsus 1493 1541 sowie in Ansatzen auch bei Agrippa von Nettesheim 1486 1535 Eliphas Levi 1810 1875 und Eduard von Hartmann 1842 1906 Laut dem Indologen und Religionswissenschaftler Helmuth von Glasenapp ist sie originar abendlandischen Ursprungs und ungeachtet der Verwendung des Sanskrit Wortes akasha dem traditionellen indischen Denken fremd 5 Helena Petrovna Blavatsky 1831 1891 die Begrunderin der modernen Theosophie sprach im ersten Band ihres 1877 erschienenen Werks Isis Unveiled Isis entschleiert von metaphysischen Tafeln Daguerreotypen auf dem Astrallicht gedruckt in die Aufzeichnungen von allem was war ist oder je sein wird eingepragt seien und die dem Auge des Sehers und Propheten als ein lebendes Bild hingestellt wurden 6 Die Verwendung der Bezeichnung Akasha Chronik akashic records ist erstmals nachgewiesen bei dem Theosophen Charles W Leadbeater 1847 1934 in seiner 1899 publizierten Schrift Clairvoyance 7 Unter anderen Bezeichnungen etwa Astralprojektionen oder Astralvisionen waren Zugriffe auf ein imaginiertes Weltgedachtnis seit dem spaten 19 Jahrhundert in der Theosophischen Gesellschaft und in ihrem Umfeld Hermetic Order of the Golden Dawn ein beliebter Gegenstand esoterischer Lehren 8 Anthroposophie BearbeitenRudolf Steiner 1861 1925 damals Leiter der deutschen Sektion der Theosophischen Gesellschaft Adyar verwendete den Begriff hauptsachlich in der zwischen 1904 und 1908 erschienenen Aufsatzserie Aus der Akasha Chronik Die damit verbundene Vorstellung vergangene Ereignisse ubersinnlich wahrnehmen zu konnen blieb auch spater wesentlich fur sein Denken etwa als nach ruckwarts gerichtete r hellseherische r Blick 9 Das Berichten einiger faktischer Details betrachtete er als eine erganzende Art dessen was sich aus der Akasha Chronik Forschung ergeben habe 10 Vorrangig ging es ihm nicht um aussere tatsachliche Geschichte sondern um das Ubersinnliche selbst 11 So wollte er in Aus der Akasha Chronik eine Art Geschichte der Seele schreiben 12 und er beanspruchte die innere Wahrheit Geist Erkenntnis des Christentums geschaut zu haben 13 Die Inspiration der Bibel verstand er so dass sie jemand geschrieben haben muss der auch in die Akasha Chronik zu schauen vermag 14 Das Lesen in der Akasha Chronik setzt nach Steiner einen Aufstieg in die Sphare der Intuition voraus bei Steiner die hochste von drei Stufen der ubersinnlichen Erkenntnis Es umfasst Erinnerungen an fruhere Inkarnationen und bedeutet ein Sich Hineinversetzen in ein Bewusstsein das uber das eines einzelnen Menschen hinausgeht 15 Anknupfend an fruhere Formen kollektiver Erinnerung konne so ein biografisches Gedachtnis zu einem Menschheitsgedachtnis erweitert werden Dies werde zur Moglichkeit den der Menschheitsgeschichte zugrunde liegenden Entwicklungsimpuls zu verstehen und Verantwortung fur die zukunftige globale Entwicklung zu ubernehmen 16 Steiners Berichte sind der anthroposophischen Auffassung zufolge allgemeinverstandliche Schilderungen einer erst nach meditativer Schulung zuganglichen ubersinnlichen Realitat In seinen Schriften Wie erlangt man Erkenntnisse hoherer Welten 1904 oder Die Geheimwissenschaft im Umriss 1910 erhob Steiner den Anspruch diesen Erkenntnisweg prinzipiell jedermann zuganglich machen zu konnen Sonstige Verwendung BearbeitenNeben Leadbeater gaben weitere englischsprachige Theosophen an in der Akasha Chronik lesen zu konnen darunter Levi H Dowling 1844 1911 17 Annie Besant 1847 1933 und Alice Bailey 1880 1949 Weitere einflussreiche Leser der Chronik waren der Rosenkreuzer Max Heindel 1865 1919 und der schlafende Prophet Edgar Cayce 1877 1945 Auch im New Age wurde die Bezeichnung Akasha Chronik ofters aufgegriffen so von Shirley MacLaine in Out on a Limb 1983 von Janet und Stewart Farrar in The Witches Way 1984 von Marian Green in Experiments in Aquarian Magic 1985 und von Henry Reed in Edgar Cayce on Mysteries of the Mind 1989 18 Neuere Interpreten sind Penny McLean und Ulla von Bernus Im Englischen sind heute viele Bucher auf dem Markt die Informationen aus der Akasha Chronik anbieten oder Anleitungen bereitstellen wollen um selber in dieser Chronik zu lesen Im Gegensatz zur hauptsachlichen traditionellen Begriffsverwendung etwa bei Steiner wird das Lesen in der Akasha Chronik bei heutigen Esoterikern auch auf die Zukunft bezogen etwa zur Begrundung von Wahrsagen oder als Hintergrund indischer Palmblattbibliotheken in denen die Lebensgeschichten all ihrer zukunftigen Besucher aufbewahrt sein sollen 19 Kritische Einordnung BearbeitenNach der Auffassung des Religionswissenschaftlers Hartmut Zinser sind vermeintliche Erkenntnisse uber die und aus der Akasha Chronik Glaubensaussagen im religiosen Sinn deren Glaubenscharakter aber geleugnet werde indem diese als objektive Tatsachen ausgegeben werden Damit unterlagen Esoteriker wie Rudolf Steiner einem der erkenntnistheoretischen Grundfehler des modernen Okkultismus nicht jedenfalls nicht hinreichend zwischen Wahrnehmung hier den Seelenerlebnissen und Deutung als ubersinnliche Welt zu unterscheiden 20 Laut Rudolf Steiners Lesungen in der Akasha Chronik habe es bereits im Jahre 7227 v Chr eine urindische Kulturepoche gegeben die ab 5067 v Chr von einer urpersischen Kulturepoche und ab 2907 v Chr von einer agyptisch chaldaischen Kulturepoche abgelost worden sein soll Die Religionswissenschaftlerin Julia Iwersen halt diese Zusammenfassung fur unrealistisch da die Kulturentwicklungen in Agypten und Mesopotamien sehr unterschiedlich waren und es keine Nachweise fur Hochkulturen vor 3000 v Chr gibt Die von Steiner propagierte urindische Kulturepoche halt Iwersen fur eine Verlegenheitslosung Steiners der sein Geschichtsbild von Blavatskys Angaben aus den Stanzen des Dzyan ubernommen hatte weil Blavatsky in ihren Schriften im Laufe der Zeit den Ursprungsort der esoterischen Weisheit von Agypten nach Indien verlegt hatte 21 Des Weiteren bemangeln Kritiker dass viele Behauptungen bereits bei hermeneutischer Textanalyse Widerspruche aufweisen oder mit dem gesicherten Stand entsprechender Fachwissenschaften unvereinbar seien Levi H Dowling etwa leitete aus der Akasha Chronik unplausible Aussagen uber Jesus Christus ab er soll ausgedehnte Reisen getatigt haben uber die sowohl nach historisch kritischer Exegese als auch allgemeiner Geschichtswissenschaft nichts bekannt ist Somit konne der Wert derartiger Publikationen nur an ihrer poetischen Leistung nicht aber an ihrem Realitatsgehalt gemessen werden Literatur BearbeitenDaniel Meurois Givaudan Essener Visionen Neue Offenbarungen aus der Akasha Chronik Hugendubel Munchen 1999 ISBN 3 89631 267 7 Andreas Neider Die Evolution von Gedachtnis und Erinnerung Lesen in der Akasha Chronik Freies Geistesleben Stuttgart 2008 ISBN 978 3 7725 1752 5 Rudolf Steiner Lesen in der Akasha Chronik Ausgewahlte Texte Rudolf Steiner Verlag Dornach 2008 ISBN 978 3 7274 5378 6 Kevin J Todeschi Edgar Cayce on the Akashic Records The Book of Life ARE Press Virginia Beach 1997 ISBN 0 87604 401 1 Siglinda Oppelt Akasha Chronik Dein Buch des Lebens EchnAton Verlag Ramerberg 2019 ISBN 978 3 96442 022 0Einzelnachweise Bearbeiten Ist das Ende des Lebens vorbestimmt oder ein zufalliges Ereignis von Hugo Stamm Watson 30 Juli 2022 beispielsweise in der Missa pro defunctis aus dem Missale curiale von 1472 oder auch dem Missale Romanum von 1570 der romisch katholischen Kirche Zu den Vorstellungen eines Buchs der Werke in dem alle Taten fur das Weltgericht aufbewahrt seien sowie einer Vorsehung vgl auch Andreas Neider Die Evolution von Gedachtnis und Erinnerung Stuttgart 2008 S 21f akasa aus Kurzgefasstes Handbuch der buddhistischen Lehren und Begriffe von Nyanatiloka akasa aus Manual of Buddhist Terms and Doctrines von Nynatiloka Helmuth von Glasenapp Das Indienbild deutscher Denker Stuttgart 1960 S 199f Zur europaischen Tradition des Begriffs siehe Heinz Robert Schlette Weltseele Geschichte und Hermeneutik Frankfurt Main 1993 H P Blavatsky Isis entschleiert S 178 185 Helmut Zander Anthroposophie in Deutschland Theosophische Weltanschauung und gesellschaftliche Praxis 1884 1945 Gottingen 2007 S 623 Zander S 622f Rudolf Steiner Aus der Akasha Forschung Das funfte Evangelium Vortrag in Kristiana Oslo 2 Oktober 1913 GA 148 S 23 Rudolf Steiner Aus der Akasha Forschung Das funfte Evangelium Vortrag in Munchen 8 Dezember 1913 S 243ff Rudolf Steiner Lesen in der Akasha Chronik Ausgewahlte Texte Dornach Rudolf Steiner Verlag 2008 S 30 Rudolf Steiner Aus der Akasha Chronik GA 11 Dornach 1969 S 24 Rudolf Steiner Mein Lebensgang GA 28 9 Aufl Dornach 2000 S 365f Rudolf Steiner Das Johannes Evangelium im Verhaltnis zu den drei anderen Evangelien GA 112 zitiert nach Lesen in der Akasha Chronik S 38f Andreas Neider Die Evolution von Gedachtnis und Erinnerung Lesen in der Akasha Chronik Freies Geistesleben Stuttgart 2008 S 42 164 Andreas Neider Die Evolution von Gedachtnis und Erinnerung Lesen in der Akasha Chronik Freies Geistesleben Stuttgart 2008 S 30 168 182 184 siehe dessen Wassermann Evangelium Jesu Christi 1908 Volltext unter Sacred Texts Angaben nach Wouter J Hanegraaff Esotericism in the Mirror of Secular Thought Leiden 1996 S 255 Z B Annett Friedrich Wege des Schicksals Phanomen Palmblattbibliotheken 2 A 2004 Hartmut Zinser Rudolf Steiners Geheim und Geisteswissenschaft als moderne Esoterik Vortragsmanuskript Memento vom 20 Juli 2009 im Internet Archive PDF 180 kB 2006 S 7 Julia Iwersen Wege der Esoterik Ideen und Ziele Herder Freiburg 2003 ISBN 3 451 04940 6 S 159 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Akasha Chronik amp oldid 234030541