Die 164. Infanterie-Division war ein Großverband des Heeres der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Aus ihr entstanden die Festungs-Division Kreta und die 164. leichte Afrika-Division.
164. Infanterie-Division | |
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Truppenkennzeichen der 164. leichten Afrika-Division | |
Aktiv | 27. November 1939 bis 13. Mai 1943 (Kapitulation)/30. Juni 1943 (formelle Auflösung) |
Staat | Deutsches Reich |
Streitkräfte | Wehrmacht |
Teilstreitkraft | Heer |
Typ | Infanterie-Division, Panzergrenadier-Division |
Aufstellungsort | Königsbrück bei Dresden |
Zweiter Weltkrieg | Westfeldzug |
Insignien | |
Erstes Truppenkennzeichen |
Aufstellung Bearbeiten
Die 164. Infanterie-Division wurde ab 27. November 1939 auf dem Truppenübungsplatz Königsbrück im Wehrkreis IV als Division der 7. Aufstellungswelle aus Ersatztruppen des Wehrkreises IV aufgestellt. Durch Zuweisung der Feldersatz-Bataillone 4 (Reichenberg), 14 (Leipzig) und 44 (Wien) wurde sie ab 20. Januar 1940 zur vollwertigen Infanterie-Division ausgebaut.
Geschichte Bearbeiten
Im Juni 1940 marschierte die 164. ID als OKH-Reserve aus dem Raum Bitburg über Luxembourg nach Nordfrankreich und rückte im Westfeldzug ab Juli 1941 im Verband der 9. Armee bis Reims vor. Nördlich Reims verblieb die Division zur weiteren Ausbildung bis Dezember 1940 (von August bis November 1940 bei der 16. Armee, dann im Dezember kurz bei der 1. Armee), zunächst zum Ernteeinsatz, zur Flüchtlingsbetreuung und Gefangenenbewachung, später in Vorbereitung zum – nicht realisierten – Landeinsatz gegen England ("Unternehmen Seelöwe").
Die Division verlegt Ende Januar gemeinsam mit der 12. Armee nach Rumänien. Im März 1941 kam die Division nach Griechenland und nahm im Verband der 12. Armee des Generalfeldmarschalls Wilhelm List ab 9. April 1941 am Feldzug gegen Griechenland teil und eroberte den Raum Saloniki. Hier stand die Division von April bis August, ab Juni 1941 zur Verfügung gesetzt.
Im September 1941 wurden Teile der Division als Wachkompanie nach Belgrad und Athen verlegt. Ein Einsatz gegen Tito-Partisanen im ehemaligen Jugoslawien Jugoslawien ist aus deutschen Quellen nicht nachweisbar.
Ab November 1941 Umbenennung in Festungs-Division Kreta und See- und Lufttransport auf die Insel Kreta. Die Unterstellung blieb bei der 12. Armee.
Kriegsverbrechen der Division Bearbeiten
Am 17. Oktober 1941 umstellten nach vorangegangenen Scharmützeln mit Partisanen zwei Bataillone der 164. Infanterie-Division in der – wie sich später herausstellte unbegründeten – Vermutung auf „Bandenrückhalt“ der Dorfbewohner die Dörfer Ano Kerdilia und Kato Kerdilia. Daraufhin wurden alle männlichen Bewohner im Alter von 16 bis 60 Jahren zusammengetrieben und erschossen. Die beiden Dörfer wurden zerstört und die restlichen ehemaligen Bewohner umgesiedelt. Über 200 Menschen kamen dabei um. Die beiden Orte wurden nicht mehr wieder aufgebaut. Lediglich eine neue Ortschaft Nea Kerdilia entstand später.
Das als Massaker von Kerdylia bekannt gewordene Verbrechen wurde in Nürnberg 1945 als „Ermordung und Misshandlung der Zivilbevölkerung“ und damit in der Anklageschrift als Kriegsverbrechen bewertet. Die Täter vom 17. Oktober 1941 wurden weder vom Militärgerichtshof, noch in Griechenland oder Deutschland verurteilt.
Festungs-Division Kreta Bearbeiten
Am 10. Januar 1942 wurde die 164. ID in Festungs-Division Kreta umbenannt und teilweise umgegliedert. Kommandeur war Generalleutnant Josef Folttmann.
Nordafrika Bearbeiten
Ab 7. Juli 1942 wurde ein Teil per Lufttransport nach Tobruk geflogen. Weitere Teile wurden per Schiff von Kreta (Suda) nach Tobruk gebracht. Die Schiffsstaffel bestand aus: Mitragliere, ZG 3, Torpedoboote Sirio und Cassiopeia, der U-Jäger 2104, 2107, die Dampfer Citta di Alessandria, Citta di Savona, Citta di Agrigento, Delos, Santa FeIm. Nach Ankunft in Tobruk wurden die Truppen umgehend an die Front nach El Alamein gebracht und dort hälftig den beiden deutschen Panzerdivisionen (Panzerarmee Afrika) zugeordnet.
164. leichte Afrika-Division Bearbeiten
Aufstellung Bearbeiten
Am 15. August 1942 erfolgte die Aufstellung der 164. leichten Afrika-Division im Verband der Panzerarmee Afrika unter Generalfeldmarschall Erwin Rommel. Es entstanden die Panzergrenadier-Regimenter 125 (bisher Heerestruppe in Afrika), 382 und 433 (bisher Infanterie-Regimenter der Festungs-Division Kreta) und die Panzer-Aufklärungs-Abteilung 164. Weitere Divisionsteile waren das Artillerie-Regiment 220 und die Divisionseinheiten 220.
Die nicht nach Afrika überführten Truppenteile blieben bis September 1942 bei den Festungs-Brigaden Kreta. Das Infanterie-Regiment 440 kam zur 1. Festungs-Brigade Kreta. Teile des Artillerie-Regiments 220 kamen als Artillerie-Regiment 619 zur 2. Festungs-Brigade Kreta.
El Alamein Bearbeiten
Die 164. leichte Afrika-Division kämpfte im Verband der Panzerarmee Afrika (später Deutsch-Italienische Panzerarmee) von August bis November 1942 in der Stellungsfront bei El Alamein und erlitt während der Großoffensive der britischen 8. Armee unter General Bernard Montgomery erhebliche Verluste. Nur mit Mühe konnte sie sich vom Feind lösen und den Rückzug der Armee aus Ägypten durch Libyen bis nach Südtunesien mitmachen.
Die letzten Kampfeinsätze der 164. leichten Afrikadivision erfolgten im Verband der italienischen 1. Armee unter Generaloberst Giovanni Messe ab Februar 1943. In dieser Zusammensetzung verteidigte die Einheit zusammen mit der deutschen 21. Panzer-Division im März 1943 erfolglos die bereits in römischer Zeit befestigte Enge von Tebaga.
Kapitulation Bearbeiten
In den folgenden Rückzugsgefechten operierte die 164. leichte Afrika-Division weiterhin in Gemeinschaft mit dem italienischen Verband, bis zur Kapitulation der Heeresgruppe Afrika am 13. Mai 1943 im Kampfraum nördlich von Tunis.
Auflösung der Division Bearbeiten
Die Division wurde am 30. Juni 1943 formell aufgelöst und nicht wieder aufgestellt.
Gliederung Bearbeiten
1939:
- Infanterie-Regiment 382 mit I.–III. aus Infanterie-Ersatz-Bataillon 304, 465 und 394
- Infanterie-Regiment 433 mit I.–III. aus Stab/Infanterie-Ersatz-Regiment 56 und den Bataillonsstäben 173, 475 und 392
- leichte Artiellerie-Abteilung 220 mit drei Batterien aus Artillerie-Ersatz-Abteilung I./209
164. Infanterie-Division 1940 | 164. leichte Afrika-Division 1942 |
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Artillerie-Regiment 220 | |
Pionier-Bataillon 220 | |
Panzerabwehr-Abteilung 220 | Aufklärungs-Abteilung 220 |
Feldersatz-Bataillon 220 | |
Nachrichten-Abteilung 220 | Panzer-Nachrichten-Abteilung 220 |
Nachschubtruppen 220 |
- umbenannt in Panzer-Aufklärungs-Abteilung 220 am 10. Oktober 1942 und in Panzer-Aufklärungs-Abteilung 164 am 29. April 1943
Kommandeure Bearbeiten
Damaliger Dienstgrad | Name | Zeitraum |
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Oberst/Generalmajor | Konrad Haase | 1. Dezember 1939 bis 10. Januar 1940 |
Generalmajor/Generalleutnant | Josef Folttmann | 10. Januar 1940 bis 9. August 1942 |
Oberst | Carl-Hans Lungershausen | 10. August 1942 bis 31. August 1942 |
Oberst | Hans Hecker | 31. August bis 9. September 1942 |
Oberst/Generalmajor | Carl-Hans Lungershausen | 9. September 1942 bis 1. Dezember 1942 |
Oberst | Siegfried Westphal | 1. Dezember 1942 bis 29. Dezember 1942 |
Oberst | Kurt Freiherr von Liebenstein | 1. Januar 1943 bis 15. Januar 1943 |
Oberst | Rudolf Becker | 16. Januar bis 17. Februar 1943 |
Generalmajor | Fritz Krause | 17. Februar bis 13. März 1943 |
Generalmajor | Kurt Freiherr von Liebenstein | 13. März bis 13. Mai 1943 |
Literatur Bearbeiten
- Battistelli, Pier Paolo: Rommel’s Afrika Korps – from Tobruk to El Alamein. Osprey Battle Orders 20. 2006. ISBN 978-1-84176-901-1.
- Wolf Heckmann: Rommels Krieg in Afrika. Tosa, 2006. ISBN 978-3-85003-040-3.
- Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. 2. Auflage. Band 7: Die Landstreitkräfte 131–200. Biblio-Verlag, Bissendorf 1979, ISBN 3-7648-1173-0.
Weblinks Bearbeiten
- 164. Infanterie-Division / Festungs-Division Kreta / 164. leichte Afrika-Division auf EHRI-Portal aus dem Bundesarchiv
Einzelnachweise Bearbeiten
- z, B. NARA T 315 R 1473 Bild 709.
- Nea Kerdyllia - Gedenkorte Europa 1939-1945. Abgerufen am 23. Oktober 2021.
- Kaspar Dreidoppel: Der griechische Dämon: Widerstand und Bürgerkrieg im besetzten Griechenland 1941-1944. Otto Harrassowitz Verlag, 2009, ISBN 978-3-447-05929-9, S. 54.
- Der Nürnberger Prozess, Hauptverhandlungen. Abgerufen am 23. Oktober 2021.
- ↑ Pier Paolo Battistelli: Rommel's Afrika Korps: Tobruk to El Alamein. Bloomsbury Publishing, 2013, ISBN 978-1-4728-0041-1 (google.de [abgerufen am 5. Januar 2019]).
- Ken Ford: Die Mareth-Linie 1943. The end in Africa. Osprey Publishing, 2012, ISBN 978-1-78096-093-7.