Der Říp [r̝iːp] (deutsch Sankt Georgsberg, Georgsberg, Georgenberg, Reif oder auch Raudnitzer Berg) ist ein 456 m hoher Berg im Okres Litoměřice in Tschechien. Er liegt linksseitig der Elbe 6,5 Kilometer südlich der Stadt Roudnice nad Labem (Raudnitz) bei dem Dorf Krabčice (Krabschitz). Der sagenumwobene Berg war lange Zeit ein katholischer Wallfahrtsort und ist seit 1848 eine tschechisch-nationale Gedenkstätte. Wegen seiner auffallend gerundeten Form wird er m Volksmund gelegentlich auch als „Käseglocke“ bezeichnet.
Říp | |
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Blick aus nordöstlicher Richtung | |
Höhe | 456 m n.m. |
Lage | Tschechien |
Gebirge | freistehender Berg im Böhmischen Becken |
Koordinaten | 50° 23′ 11″ N, 14° 17′ 18″ O |
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Gestein | Basalt |
Besonderheiten | "Heiliger Berg" der Tschechen |
Geologie Bearbeiten
Der aus der böhmischen Ebene markant und hutartig aufgewölbte Berg ist der Rest eines Vulkans, der in der Tertiärzeit (heute: Oligozän) aktiv war. Der zentrale Teil des Berges bildet eine solide Säule aus tertiärem Basalt, die dem ursprünglichen Schlot des Vulkans entspricht, der sich früher mehr als 1000 Meter über das Niveau des heutigen Gipfels erhob. Der freistehende Berg war naturgemäß schnell und intensiv der Verwitterung ausgesetzt, und so finden sich an seiner Basis dicke Schuttschichten, die unter anderem aus losen Basaltblöcken, Quarzsand und kalkhaltiger Schlacke bestehen. In dem Gestein finden sich außerdem erhebliche Mengen Magnetit, so dass hier eine magnetische Anomalie existiert.
Von der Form her ist der Říp ein Tafelberg mit einem elliptischen Gipfelplateau, wobei sich die Langachse etwa 850 Meter in Nord-Süd-Richtung und die Kurzachse rund 500 Meter in Ost-West-Richtung erstreckt.
Geschichte Bearbeiten
Auf dem Gipfel befindet sich eine den Heiligen St. Georg und St. Adalbert gewidmete romanische Kapelle, die wegen ihrer charakteristischen Form als Georgsrotunde (tschechisch: Rotunde Říp) bekannt ist. Sie wurde im Jahr 1126 durch Herzog Soběslav I. nach der siegreichen Zweiten Schlacht bei Chlumec über Kaiser Lothar III. an der Stelle einer hölzernen Kapelle aus dem Beginn des 11. Jahrhunderts errichtet und im selben Jahr durch den Olmützer Bischof Heinrich Zdik geweiht. 1143 übereignete Herzog Vladislav II. den Berg dem neu gegründeten Kloster Strahov. Während der Hussitenkriege gelangte der Georgsberg in den Besitz der Vladiken von Cziněves (Tschinowes), die der Kapelle die noch heute vorhandenen zwei Glocken spendeten.
Das Kloster Strahov (Strahow), das seit 1515 wieder Besitzer des Berges war, verkaufte ihn 1577 an Wilhelm von Rosenberg. Als dieser 1592 starb, gelangte der Georgsberg zusammen mit der Herrschaft Raudnitz über Wilhelms Witwe Polyxena durch Heirat an Zdeněk Vojtěch Popel von Lobkowitz.
1826 wurde die Kapelle anlässlich der 700-Jahr-Feier der Zweiten Schlacht bei Chlumec umgebaut. Größere Renovierungen erfolgten zwischen 1869 und 1881, dabei wurde unter anderem das Portal erneuert und das steinerne Dach durch eine Zementeindeckung ersetzt. Im Innern des Bauwerkes wurde 1870 eine von dem Prager Bildhauer Bernhard Otto Seeling (1850–1895) geschaffene Skulptur aufgestellt, die den Kampf des Hl. Georg mit dem Drachen darstellt. 1890 erfolgte eine Messung des Basaltmagnetismus auf dem Berg durch Mitglieder der Internationalen Erdmessungs-Kommission, die ihre Ergebnisse in die steinernen Fußbodenplatten der Kapelle einmeißelten.
Das 400-jährige Besitztum der Fürsten Lobkowicz wurde 1948 durch den Februarumsturz unterbrochen. Nach der Samtenen Revolution 1989 erhielt die Raudnitzer Linie der Lobkowicz Teile ihres Besitzes, darunter auch den Berg Říp, zurück.
Nationale Bedeutung des Berges Bearbeiten
Der Berg wurde durch den Chronisten Cosmas von Prag in seiner Beschreibung des Einzugs des sagenhaften Urvaters Tschech und seines Volkes in das „gelobte Land“ als der Ort beschrieben, an dem die Einwanderer Halt machten, sich niederließen und beschlossen zu bleiben. Deshalb wurde der Berg mit Beginn der Nationalen Erweckung in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem Symbol der Nationalen Wiedergeburt der Tschechen. 1848 fand auf dem Berg eine Feier anlässlich der Aufhebung der Frondienste und der Erbuntertänigkeit statt. Für den Bau des Nationaltheaters in Prag brach man am 10. Mai 1868 in einer feierlichen Veranstaltung nach einer flammenden Rede des Schriftstellers Karel Sabina vor 20.000 Menschen den Grundstein aus dem Massiv des Říp. Danach wurde der Grundstein in einem feierlichen Geleit nach Prag transportiert.
Der Berg wurde zu einem Veranstaltungsort. 1914 fand eine Antikriegsdemonstration gegen den Ersten Weltkrieg statt, 1939 demonstrierten couragierte Tschechen gegen die deutsche Besetzung und die Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren in ihrem Heimatland. Zahlreiche tschechische Dichter haben den Říp in ihren Werken gewürdigt. Seit 1963 ist der Berg ein tschechisches Nationaldenkmal. In der Rotunde wurde eine nationale Gedenkstätte eingerichtet. In der Zeit zwischen 1966 und 1977 erfolgten umfangreiche Sanierungsarbeiten; für die Rekonstruktion wurde Goldener Pläner aus Přibylov verwendet, die Fenster wurden in ihrer ursprünglichen Gestalt wieder hergestellt.
Naturschutz Bearbeiten
2011 wurden 81,4 Hektar des Berges unter Naturschutz gestellt. Hier kommen seltene Pflanzen wie der Böhmen-Gelbstern oder der Deutsche Ziest und Tierarten wie Hirschkäfer und Wolfsmilchschwärmer vor.
Namensherkunft Bearbeiten
Der tschechische Name „Říp“ tauchte erstmals um 1120 in der Chronik des Cosmas von Prag auf. Der Wortstamm „rip“ ist germanischen Ursprungs und bedeutet so viel wie „Berg“, „Erhebung“ (vgl. das deutsche „Riff“). Es wird vermutet, dass er bei der Einwanderung der Tschechen von den dort zuvor lebenden germanischen Stämmen oder aber später durch den Kontakt mit deutschen Kaufleuten in die tschechische Sprache übernommen worden ist. Der deutsche Name „Georgenberg“ und seine Varietäten hingegen sind wesentlich jüngeren Ursprungs und stammen aus der Zeit, als man dem Hl. Georg auf dem Berg eine Rotunde widmete.
Literatur Bearbeiten
- Lillian Schacherl: Raudnitz und der Berg Čechs. In: Böhmen. Kulturbild einer Landschaft. Prestel Verlag München 1966, S. 340–342.
- Joachim Bahlcke, Winfried Eberhard, Miloslav Polívka (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten. Band: Böhmen und Mähren (= Kröners Taschenausgabe. Band 329). Kröner, Stuttgart 1998, ISBN 3-520-32901-8, S. 511–513.
Weblinks Bearbeiten
- Rotunde auf dem Říp
- Říp – der Berg des Urvaters Tschech bei Radio Praha
- virtual show
Einzelnachweise Bearbeiten
- http://ntm.georeferencer.com/compare#
- ↑ Ivo Chlupáč: Geologická minulost České republiky. Academia, Prag 2002, ISBN 80-200-0914-0 (tschechisch).
- Karel Žebera, Jiri Mikula: Říp, hora v jezeru. In: Naše vlast. Prag 1982 (tschechisch).
- „Eiusdem etiam temporis curriculo capella in monte Rzip nuncupator. Sobezlaus dux serenissimus destructam reconstruxit, quam Zdik, sanctae Olomucensis ecclesiae venerabilis episcopus, pristino dotis iuri restauratam cum summ recerentia consecravit.“ – Rudolf Köpke: Cosmae chronica Boemorum; In: Georg Heinrich Pertz (Hrsg.): Chronica et annales aevi Salici. Monumenta Germaniae Historica 11. Scriptores 9. Hahn-Verlag, Hannover 1851, Unveränderter Nachdruck Hiersemann-Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-7772-6313-3, S. 1–209, 843–846, hier S. 133 Z. 31–33. Online-edition
- Seeling, Bernhard Otto. In: Benezit Dictionary of Artists. Oxford University Press, 31. Oktober 2011, abgerufen am 6. Juni 2023 (englisch).
- Berg Říp Tschechische Naturschutzagentur
- ↑ Milan Harvalík: Od Řípu až k Babě po vrcholcích hor. In: Český rozhlas. 10. Dezember 2011, abgerufen am 5. Juni 2023 (tschechisch).
- Pavla Loucká: Kterak Říp k svému jménu přišel. In: Vesmir. 5. Juni 1996, abgerufen am 5. Juni 2023 (tschechisch).