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Wilhelm Fraenger 5 Juni 1890 in Erlangen 19 Februar 1964 in Potsdam war ein deutscher Kunsthistoriker und Volkskundler Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Positionen 3 Mitgliedschaften 4 Ehrungen 5 Veroffentlichungen Auswahl 5 1 Als Autor 5 2 Als Herausgeber 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben BearbeitenWilhelm Fraenger 1 besuchte von 1896 bis 1900 die Volksschule in Erlangen und anschliessend bis 1910 das humanistische Gymnasium in Erlangen Ingolstadt und Kaiserslautern Von 1910 bis 1918 studierte er Kunstgeschichte bei Henry Thode und Carl Neumann Kunsthistoriker Germanistik Friedrich Gundolf und Geschichtswissenschaft sowie Deutsche Volkskunde Vorlesungen bei Eugen Fehrle an der Universitat Heidelberg Am 4 Juni 1917 wurde er mit seiner Inauguraldissertation Die Bildanalysen des Roland Freart de Chambray zum Dr phil promoviert mit summa cum laude bei Carl Neumann Im Ersten Weltkrieg war Fraenger 1915 16 Gefreiter im Reserve Infanterie Ersatzbataillon Karlsruhe 1915 bis 1918 war er Assistent am Kunsthistorischen Institut der Universitat Heidelberg Dann schlug er eine Universitatskarriere aus und war von 1918 bis 1927 als freier Autor tatig Er reiste studienhalber nach Holland Frankreich und in die Schweiz 1919 grundete er den Heidelberger Kreis Die Gemeinschaft der aufgrund finanzieller Probleme im Sommer 1921 aufgelost werden musste Als Teilnehmer gelten Netty Reiling Carl Zuckmayer Carlo Mierendorff Theodor Haubach Hans Fehr Oskar Kokoschka und Hans Prinzhorn sowie die Familie Gothein vor allem das Ehepaar Eberhard und Marie Luise Gothein letztere gehorte dem Vorstand der Gemeinschaft an selbst und deren Sohne Werner und Percy 2 Uber die Aktivitaten dieses Kreises und die Rolle Fraengers berichtet Carl Zuckmayer ausfuhrlich in seinen Lebenserinnerungen 3 1920 heiratete Wilhelm Fraenger seine langjahrige Freundin Gustel Auguste Esslinger eine Jugendfreundin aus seiner frankischen Heimat die er so lange als meine Cousine bezeichnete bis er sie schliesslich heiratete Vielleicht war sie sogar wirklich seine Cousine denn in manchen Gesichtszugen sah sie ihm ahnlich Eine liebenswurdige Frau 3 1927 wurde Fraenger zum Direktor der Mannheimer Schlossbucherei ernannt die er 1932 durch Vereinigung mit der Handelsschulbibliothek zu einer Stadt und Hochschulbibliothek reorganisierte 4 Nach der nationalsozialistischen Machtubernahme 1933 folgte seine Entlassung aus politischen Grunden Noch im selben Jahr gab er fur die 1931 gegrundete Mannheimer Bibliophilen Gesellschaft deren Schriftfuhrer er war aus Anlass der Mannheimer Tagung der Maximilian Gesellschaft fur deren Mitglieder den Band Eurydike Beschworene Schatten abgeschiedener Frauen Eine Anthologie aus sechs Jahrhunderten heraus Durch eine Vermittlung von Wolfgang Frommel konnte Fraenger als freier Mitarbeiter am Sudwestdeutschen Rundfunk in Frankfurt am Main und am Reichssender Berlin tatig sein 1935 zog Fraenger von Mannheim nach Heidelberg und 1938 nach Berlin wo er Kunstlerischer Beirat am Schiller Theater unter der Intendanz von Heinrich George wurde Im Zweiten Weltkrieg verlor Wilhelm Fraenger 1941 bei einem Luftangriff auf Berlin seine Wohnung und wurde 1943 nach der Zerstorung des Schiller Theaters nach Pawesin bei Brandenburg an der Havel evakuiert Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war Fraenger von 1945 bis 1946 Burgermeister des Dorfes Pawesin 1946 zog er nach Brandenburg an der Havel wo er im selben Jahr Stadtrat wurde und die Leitung des Amtes fur Volksbildung unter Oberburgermeister Fritz Lange ubernahm Im Rahmen der Tatigkeiten reaktivierte er die am 10 Oktober 1919 gegrundete und in der Zeit des Nationalsozialismus geschlossene Volkshochschule deren Rektor er bis 1947 war Sein Amtssitz befand sich im Brandenburger Ordonnanzhaus dem heutigen Amtssitz des Brandenburger Oberburgermeisters In dieser Zeit setzte er sich gemeinsam mit anderen Geisteswissenschaftlern und namhaften Kunstlern fur die Entlastung und Freilassung des Schauspielers Heinrich George ein Diesem wurde von der sowjetischen Besatzungsmacht vorgeworfen das nationalsozialistische System massgeblich unterstutzt zu haben Der sowjetische Geheimdienst NKWD hatte George dessen Rolle in Deutschland differenzierter gesehen wurde im Speziallager Sachsenhausen interniert Der gemeinsame Appell blieb erfolglos Fraenger war von 1953 bis 1959 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut fur deutsche Volkskunde der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin seit 1954 als Stellvertretender Direktor Er wurde 1955 zum Professor ernannt 1960 erhielt er anlasslich seines 70 Geburtstages den Vaterlandischen Verdienstorden 5 Wilhelm Fraenger war 1951 ein Grundungspate fur die literarische Zeitschrift Castrum Peregrini 6 die Wolfgang Frommel und Gisele van Waterschoot van der Gracht grundeten und die nach der Pilgerburg gleichen Namens aus der Kreuzfahrerzeit nahe dem israelischen Haifa benannt ist Positionen BearbeitenWilhelm Fraenger wurde durch seine Interpretationen zu Hieronymus Bosch Matthias Grunewald Jerg Ratgeb Hercules Seghers aber auch zu literarischen Werken wie Clemens Brentanos Alhambra bekannt Bereits 1919 und 1929 bis 1930 hielt er Lichtbildervortrage uber Matthias Grunewald Sein bekanntestes Grunewald Buch wurde 1936 veroffentlicht und hat die Grunewald Interpretation massgeblich beeinflusst 1956 schrieb Adolf Max Vogt uber dieses Buch Fraengers Buch ist durchdrungen von einer erstaunlichen Begabung des Sehens und was Fraenger uber das Physiognomische und das Korpergebaren Grunewaldscher Darstellungen sagt gehort zum Besten in der Grunewald Literatur Meisterhafte Formulierungskraft steigert den Eindruck 7 Diese Ansicht teilte auch Carl Zuckmayer der in einem Brief uber Fraenger 1975 schrieb Fraenger zu zitieren um seine Sprache zu veranschaulichen ware fast so mussig wie das Herausbrechen von einzelnen Steinchen aus der goldenen Aura in einem Ravenna Mosaik 7 Fraengers Publikationen sind auch nach seinem Tod mehrfach erneut aufgelegt worden Der positiven Rezeption des Werkes stehen aber auch kritische Stimmen gegenuber Sie halten seine Interpretationen fur zu weitreichend Aussergewohnlich und diskussionswurdig ist seine Ansicht dass Hieronymus Bosch einen Mentor hatte der sowohl als geistiger Lehrer als auch als direkter Auftraggeber an der Aussage vieler Bilder von Bosch beteiligt gewesen sei Es handelt sich um den zum Christentum konvertierten Juden Jacop Almaengin der Grossmeister der Loge von Bosch in s Hertogenbosch gewesen ist Mitgliedschaften Bearbeiten1945 Mitglied der KPD Im Rahmen eines Parteiprufungsverfahrens durch die SED die am 22 April 1946 durch die Zwangsvereinigung von SPD und KPD entstanden war erfolgte im Oktober 1948 sein Parteiausschluss 1961 Ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu BerlinEhrungen BearbeitenEs gibt eine Gesellschaft ein Archiv und eine Stiftung die jeweils Fraengers Namen tragen Veroffentlichungen Auswahl BearbeitenEine Gesamtbibliographie der Schriften Fraengers hat Ingeborg Baier Fraenger zusammengestellt 8 Eine ausfuhrliche kommentierte Bibliografie zu Fraenger und von ihm herausgegebenen Werken findet sich auf der Seite des Germersheimer Ubersetzungslexikon 9 Als Autor Bearbeiten Die Radierungen des Hercules Seghers Ein physiognomischer Versuch Eugen Rentsch Erlenbach ZH 1922 Wieder Hg Nachwort Hilmar Frank Reclams Universal Bibliothek 1068 Kunstwissenschaften Reclam Leipzig 1984 ZDB ID 134899 1 Matthias Grunewald in seinen Werken Ein physiognomischer Versuch Kunstbucher des Volkes Grosse Reihe 15 ZDB ID 845178 3 Rembrandt Verlag Berlin 1936 Hieronymus Bosch Das tausendjahrige Reich Grundzuge einer Auslegung 1 Auflage Winkler Coburg 1947 142 S Hieronymus Bosch Das tausendjahrige Reich Grundzuge einer Auslegung 2 Auflage In Castrum Peregrini Nr 086 088 Amsterdam 1969 218 S The Millenium of Hieronymus Bosch Outlines of a new Interpretation The University of Chicago Press Chicago IL 1951 englisch deutsch Hieronymus Bosch Das tausendjahrige Reich Grundzuge einer Auslegung Coburg 1947 Le royaume millenaire de Jerome Bosch Essai Lettres Nouvelles Paris 1966 franzosisch deutsch Hieronymus Bosch Das tausendjahrige Reich Grundzuge einer Auslegung Coburg 1947 Ubersetzt von Roger Lewinter Jorg Ratgeb Ein Maler und Martyrer aus dem Bauernkrieg Herausgegeben von Gustel Fraenger und Ingeborg Baier Fraenger Verlag der Kunst Dresden 1972 Hieronymus Bosch Prisma Dresden 1975 ISBN 978 976 641 040 7 516 S Neuauflage 1978 Prisma 1975 1978 1985 Rixdorfer Verlagsanstalt 1994 1999 G amp B Arts International Von Bosch bis Beckmann Ausgewahlte Schriften Fundus Reihe 47 48 ZDB ID 254005 8 Verlag der Kunst Dresden 1977 Aufsatze aus der Zeit von 1920 bis 1957 Zeitzeichen Streifzuge von Bosch bis Beckmann Vorw Carl Zuckmayer Verlag der Kunst Amsterdam 1996 ISBN 90 5705 004 8 Matthias Grunewald C H Beck Munchen 1983 ISBN 3 364 00324 6 Formen des Komischen Vortrage 1920 1921 Fundus Bucher 136 Verlag der Kunst Dresden 1995 ISBN 3 364 00357 2 Vom Wesen des Lachens Komische Bibliothek 1922 Ubersetzung von De l Essence du rire et generalement du comique dans les arts plastiques 1855 1857 und zweier weiterer Essays von Charles Baudelaire Als Herausgeber Bearbeiten Jahrbuch fur historische Volkskunde Berlin 1925 ff ZDB ID 218022 4 Eurydike Beschworene Schatten abgeschiedener Frauen Eine Anthologie aus sechs Jahrhunderten Mannheimer Bibliophilen Gesellschaft Mannheim 1933 Literatur BearbeitenJohannes Werner Doktor Wilhelm Fraenger unverganglichen Angedenkens Die badischen Jahre In Badische Heimat 4 1987 S 561 568 Johannes Werner Wilhelm Fraenger und seine komische Bibliothek In Aus dem Antiquariat 8 1993 S 294 298 Ingeborg Baier Fraenger Hrsg Der Kunsthistoriker Wilhelm Fraenger 1890 1964 Eine Sammlung von Erinnerungen mit der Gesamt Bibliographie seiner Veroffentlichungen Castrum peregrini 43 214 215 Castrum Peregrini Presse Amsterdam 1994 ISBN 90 6034 089 2 Johannes Werner Aus dem Paradies hinausgesetzt Ein unbekannter Brief an Wilhelm Hausenstein von Wilhelm Fraenger In Badische Heimat 2 2004 S 285 291 Christof Baier Hrsg Das Erbe Wilhelm Fraengers Erinnerungen an Ingeborg Baier Fraenger 1926 1994 Schriftenreihe des Wilhelm Fraenger Instituts Potsdam 13 Verlag fur Berlin Brandenburg Berlin 2009 ISBN 978 3 86650 036 5 Petra Weckel Wilhelm Fraenger 1890 1964 Ein subversiver Kulturwissenschaftler zwischen den Systemen Schriftenreihe des Wilhelm Fraenger Instituts Potsdam 1 Verlag fur Berlin Brandenburg Potsdam 2001 ISBN 3 932981 59 6 Zugleich Universitat Potsdam Diss phil 2000 Carl Zuckmayer Als war s ein Stuck von mir S Fischer Verlag Frankfurt am Main 1966 Reinhard Peesch Red Zwischen Kunstgeschichte und Volkskunde Festschrift fur Wilhelm Fraenger Veroffentlichungen des Instituts fur Deutsche Volkskunde Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin Bd 27 Berlin 1960 Tino Bromme Marco Hohmann Das tausendjahrige Reich Grundzuge einer Auslegung vom Wilhelm Fraenger Lesung in drei Teilen 2019 YouTube Klaus Neitmann Die Bibliothek des Kunsthistorikers und Volkskundlers Wilhelm Fraenger Ein Bestandsverzeichnis Quintus Berlin 2020 Schriftenreihe der Wilhelm Fraenger Stiftung Potsdam 3 Einzelveroffentlichung des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Brandenburgisches Landeshauptarchiv 24 ISBN 978 3 945256 79 4 Weblinks BearbeitenWilhelm Fraenger Gesellschaft mit angeschlossenem Archiv Germersheimer Ubersetzerlexikon zu Fraenger Mit ausfuhrlicher Bibliographie Institut seines Namens bis 2011Einzelnachweise Bearbeiten Ingeborg Baier Fraenger Hrsg Der Kunsthistoriker Wilhelm Fraenger 1994 S 94 f Vgl Christoph Zuschlag eine Ebene des geistigen Gemeinschaftslebens Wilhelm Fraenger und die Gotheins Das dort genannte Datum der Auflosung Sommer 1920 statt 1921 durfte ein Druckfehler sein da sich die Finanzprobleme erst zum Jahreswechsel 1920 1921 angekundigt hatten a b Carl Zuckmayer Als war s ein Stuck von mir vor allem im Abschnitt 1918 1920 Horen der Freundschaft Klaus Bleeck Von der Zersplitterung zur Einheit Entwicklungstendenzen der Bibliotheken der Stadt Mannheim in der Zeit der Weimarer Republik In Stadt und Bibliothek Literaturversorgung als kommunale Aufgabe im Kaiserreich und in der Weimarer Republik herausgegeben von Jorg Fligge und Alois Klotzbucher Harrassowitz Verlag Wiesbaden 1997 S 231 296 Neues Deutschland 30 Juni 1960 S 2 Castrum Peregrini a b Vorwort zu Weckel Fraenger S 7 Der Kunsthistoriker Wilhelm Fraenger S 101 124 Bibliographie Wilhelm FRAENGER auf uelex deNormdaten Person GND 118692380 lobid OGND AKS LCCN n85126883 VIAF 7405826 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Fraenger WilhelmKURZBESCHREIBUNG deutscher KunsthistorikerGEBURTSDATUM 5 Juni 1890GEBURTSORT ErlangenSTERBEDATUM 19 Februar 1964STERBEORT Potsdam Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wilhelm Fraenger amp oldid 233269790