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Wilhelm Otto Cronert 3 April 1874 in Traben 8 Oktober 1942 in Horbach war ein deutscher klassischer Philologe und Papyrologe Er wirkte als Privatdozent und ausserordentlicher Professor an der Universitat Strassburg 1911 1914 verbrachte aber nach Verlust seiner Stelle den grossten Teil seines Lebens als Privatgelehrter In Deutschland ist er hauptsachlich durch die abgebrochene Neubearbeitung von Passows Handworterbuch der griechischen Sprache bekannt In Italien dagegen wird er als Begrunder der wissenschaftlichen Erschliessung der herculanensischen Papyri angesehen und entsprechend geschatzt Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Jugend und Studium 1 2 Ubernahme des Neuen Passow 1 3 Dozent in Strassburg und Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1 4 Privatgelehrter im Schwarzwald 2 Schriften Auswahl 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenJugend und Studium Bearbeiten Cronert stammte aus einer Winzerfamilie an der Mosel Er besuchte die Volksschule in Aachen dann das Friedrich Wilhelm Gymnasium in Koln und legte schliesslich 1893 in Trier die Reifeprufung ab Anschliessend zog er mit seiner Familie nach Halle und studierte an der dortigen Universitat Klassische Philologie Romanistik und Geschichte Zu seinen Lehrern zahlten die Philologen Friedrich Blass Wilhelm Dittenberger und der Archaologe Carl Robert Im Herbst 1894 wechselte Cronert fur zwei Jahre an die Universitat Gottingen wo ihn besonders der Sprachwissenschaftler Wilhelm Schulze und die Philologen Friedrich Leo und Ulrich von Wilamowitz Moellendorff beeinflussten Nach einem weiteren Semester in Halle Sommersemester 1896 wurde Cronert im Wintersemester 1896 1897 mit einer Dissertation uber die herculanensischen Papyri promoviert die von Wilamowitz und Schulze betreut wurde Cronerts Dissertation war grundlegend fur die wissenschaftliche Erschliessung der herculanensischen Papyri und bezog palaographische grammatische und kodikologische Ansatze ein 1 Ubernahme des Neuen Passow Bearbeiten Nach der Promotion lebte Cronert zunachst in seinem Elternhaus in Halle bearbeitete weiterhin die herculanensischen Papyri und vertiefte ab 1899 seine Studien an der Universitat Bonn bei Franz Bucheler und Hermann Usener Am 4 Juli 1901 erhielt er den Preis der Charlotten Stiftung fur Philologie fur seine Studie uber die Fuhrung doppelter Personennamen bei den Griechen und namtlich den Aegyptern was ihm fur vier Jahre ein Einkommen von 1200 Mark sicherte 2 Fur seine wissenschaftliche Laufbahn war die Forderung durch seinen Lehrer Wilamowitz entscheidend Wilamowitz stand bereits seit 1889 mit dem Gottinger Verleger Wilhelm Ruprecht Vandenhoeck amp Ruprecht in Kontakt der ein neues griechisches Handworterbuch auf der Grundlage des veralteten Worterbuchs von Passow schaffen wollte Das Passowsche Lexikon stammte aus den 30er Jahren und war inzwischen durch seine englische Bearbeitung von Henry George Liddell und Robert Scott unter dem Titel A Greek English Lexicon uberholt Die deutsche Altphilologie wollte diesen Ruckstand aufholen Der Verlag hatte lange erfolglos nach einem Bearbeiter gesucht 1898 empfahl Wilamowitz seinen Schuler Cronert fur das Unternehmen und Cronert unterzeichnete 1899 einen Vertrag mit dem Gottinger Verlag der die Arbeitszeit auf sechs Jahre und die Bogenzahl auf 180 bis hochstens 200 festlegte 3 Dozent in Strassburg und Teilnahme am Ersten Weltkrieg Bearbeiten Durch den Wohlstand seiner Familie war Cronert finanziell unabhangig und konnte sich eine grosse Privatbibliothek aufbauen in der nahezu die gesamte griechische Literatur in Textausgaben und Kommentaren vertreten war 1911 habilitierte er sich an der Universitat Strassburg fur Klassische Philologie 1914 wurde er dort zum ausserordentlichen Professor ernannt Von 1913 bis 1914 erschienen die ersten drei Lieferungen seines griechischen Worterbuchs die bis zum Lemma ἀna reichten als dauernde Mitarbeiter waren ihm Paul Maas und Karl Mittelhaus zur Seite getreten wahrend Wolf Aly und Ernst Fraenkel die Korrektur mitlasen Das Werk wurde in Fachkreisen weitgehend positiv aufgenommen blieb aber durch die lange Bearbeitungszeit gefahrdet 3 Nach den ersten drei Lieferungen musste Cronert seine wissenschaftliche Arbeit einstellen weil er im Sommer 1914 als Reserveoffizier zum Ersten Weltkrieg einberufen wurde Im Mai 1918 geriet Cronert in englische Kriegsgefangenschaft aus der er erst im Herbst 1919 heimkehrte 4 Privatgelehrter im Schwarzwald Bearbeiten Nach der Annexion Elsass Lothringens durch Frankreich wurde Cronert im Januar 1919 ausgewiesen und konnte nicht auf seine Strassburger Professur zuruckkehren Selbst um die Ruckgabe seiner Arbeitsmittel die im Keller seiner Strassburger Wohnung lagerten musste er bis Dezember 1920 kampfen Nach diesem Ruckschlag konnte Cronert in der akademischen Welt Deutschlands nicht mehr Fuss fassen Sein restliches Leben verbrachte er als Privatgelehrter Er lebte auf einem Bauernhof in Horbach bei St Blasien im Schwarzwald wo er gleichermassen wissenschaftlich und landwirtschaftlich tatig war Bis zu seinem Tod arbeitete er an seinem Lexikon weiter ohne es je zum Abschluss zu bringen Er lebte sehr zuruckgezogen hatte auch zu seiner Familie wenig Kontakt und stand nur mit wenigen Kollegen in Verbindung besonders mit den Freiburger Philologen Otto Immisch und Wolfgang Aly Wahrend der Zeit des Nationalsozialismus trat Cronert zum letzten Mal durch Veroffentlichungen hervor Er verfasste Zeitungsartikel die deutlich dem Zeitgeist verpflichtet waren Auf die Kritik Benedetto Croces am Dritten Reich Das Deutschland das wir liebten 1936 reagierte er mit dem offenen Brief An den Deutschenfreund Benedetto Croce in Neapel uber Deutschlands gegenwartige Erneuerung und die Zukunft des deutschen Geistes 1937 Diese Schrift enthielt ein krudes Gemisch von hellenistischer Staatsphilosophie besonders Aristoteles und nationalsozialistischer Ideologie mit allen ihren Schlagwortern Ulrich Schindel 5 Nach dem Urteil von Marcello Gigante 1923 2001 ist Cronerts Begeisterung fur den Nationalsozialismus ein Beweis fur die Sonderbarkeit und Wirklichkeitsferne seines Wesens und auch fur seinen Nationalismus der im Schutzengraben entstanden und durch die Nazi Propaganda genahrt worden ist die strengen und bisweilen genialen Studien zur Papyrologie und Philologie hinderten solche intellektualistischen Spintisierereien nicht die durch die Einsamkeit des Schwarzwaldes in ihrer Drastik Unbedingtheit und Absurditat noch verstarkt wurden 6 Wilhelm Cronert starb am 8 Oktober 1942 infolge einer Beinverletzung die er beim Holzhacken erlitten hatte Seine umfangreiche Bibliothek vermachte Cronert der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen die gleichzeitig die Munzsammlung Cronerts von seiner Witwe erwarb Sammlung Cronert Die Bucher wurden von Emilie Boer 1943 katalogisiert und kamen erst 1946 nach Gottingen wo sich Karl Deichgraber und nach ihm Ulrich Schindel um ihre Aufstellung kummerten Die Bucher befanden sich in den 2000er Jahren in einem gesonderten Raum der Bibliothek des Gottinger Seminars fur Klassische Philologie seit 2011 sind sie im Magazin der SUB Gottingen untergebracht Zahlreiche Bucher stammen aus dem Nachlass Wilhelm Krolls den Cronert 1940 en gros aufgekauft hatte Cronerts Zettelkasten und weitere Arbeitsmittel fur sein Lexikon uberstanden den Krieg nur teilweise Schriften Auswahl BearbeitenNach dem Schriftenverzeichnis von Frank Martin Beck siehe unten verfasste Cronert ca 70 Aufsatze und ca 120 Rezensionen Dazu kommen neben den drei Lieferungen seines Lexikons die folgenden Monografien Quaestiones Herculanenses Gottingen 1898 Dissertation italienische Ubersetzung von Enrico Livrea Studi ercolanesi Napoli 1975 Memoria Graeca Herculanensis Berlin 1903 Sitzungsberichte der Preussischen Akademie der Wissenschaften Nachdruck Hildesheim 1963 Kolotes und Menedemos Texte und Untersuchungen zur Philosophen und Literaturgeschichte Leipzig 1906 Studien zur Palaographie und Papyruskunde 6 Nachdruck Amsterdam 1965Literatur BearbeitenFrank Martin Beck Wilhelm Cronert Gesamtbibliographie 1897 1988 Bibliographie aller erfassbaren Titel von W Cronert zur Philologie einschliesslich seiner Rezensionen der Ubersetzungen und oder Nachdrucke Unveroffentlichtes Manuskript Tubingen 1991 Mario Capasso Storia fotografica dell Officina dei Papiri Ercolanesi Napoli 1983 S 80 81 mit Bild Valentina Garulli Il laboratorio loboniano di Wilhelm Cronert In Eikasmos Band 16 2005 S 488 498 Valentina Garulli Le lettere dalla prigionia di Wilhelm Cronert In Eikasmos Band 20 2009 S 365 402 Marcello Gigante Per un profilo di Wilhelm Cronert In Cronache Ercolanesi Band 16 1986 S 94 99 Marcello Gigante B Croce e W Cronert In Cronache Ercolanesi Band 17 1987 S 109 112 Ulrich Schindel Cronertiana Unveroffentlichtes Manuskript Gottingen 2008 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Wilhelm Cronert Quellen und Volltexte Literatur von Wilhelm Cronert im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Foto aus M CAPASSO Napoli 1983 pl 34Einzelnachweise Bearbeiten Adam Bulow Jacobsen Proceedings of the 20th International Congress of Papyrologists Copenhagen 23 29 August 1992 1994 S 77 78 Sitzungsberichte der Koniglich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin Jahrgang 1901 2 Halbband S 765 a b Wilhelm Ruprecht Vater und Sohne Zwei Jahrhunderte Buchhandler in einer deutschen Universitatsstadt Gottingen 1935 S 230 231 Neue Jahrbucher fur deutsche Wissenschaft Band 2 1926 S 622 Cronertiana 2008 8 Gigante 1987 112 Normdaten Person GND 116733470 lobid OGND AKS LCCN n79081331 VIAF 64765398 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Cronert WilhelmALTERNATIVNAMEN Cronert Wilhelm OttoKURZBESCHREIBUNG deutscher klassischer Philologe und PapyrologeGEBURTSDATUM 3 April 1874GEBURTSORT TrabenSTERBEDATUM 8 Oktober 1942STERBEORT Horbach bei St Blasien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wilhelm Cronert amp oldid 207574680