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Werner von Oberwesel auch Werner von Bacharach oder Werner von Womrath 1271 in Womrath Hunsruck 1287 war ein Tagelohner dessen ungeklarter Tod Juden angelastet wurde und so zu einer blutigen Judenverfolgung am Mittelrhein fuhrte Er wurde lange als katholischer Volksheiliger verehrt sein Gedenktag war der 19 April Die Wernerkapelle in Bacharach am Rhein wurde ab 1289 fur ihn gebaut in Erwartung von Wallfahrern und zeittypisch der finanziellen Fruchte einer Wallfahrt Seine auch zeitweise finanziell lohnende Verehrung fuhrte zu Legenden um angeblichen Hostienfrevel Ritualmord und Wunder Mit seinem Namen bleiben Judenpogrome und antijudaistische Propaganda verbunden 1963 wurde Werners Name aus dem Heiligenverzeichnis gestrichen Werner von Oberwesel Gemalde im Judischen Museum Berlin Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Verehrung 3 Forschung 4 Sonstiges 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenWerner stammte aus armen Verhaltnissen und war bei einer judischen Familie in Stellung Am Grundonnerstag 1 1287 wurde die Leiche des 16 Jahrigen in der Nahe von Bacharach aufgefunden Von interessierter Seite gestreute Ritualmordgeruchte fanden Aufnahme bei Menschen die von zeittypischen christlich antijudaistischen Vorurteilen gesteuert wurden Nach der Ritualmordlegende soll er gemeinschaftlich von Juden ermordet worden sein die sein Blut rituell fur das judische Pessach Fest verwendet hatten Auf den angeblichen gemeinschaftlichen judischen Mord folgte eine Pogromwelle Sie erschutterte nicht nur mittelrheinische Orte sondern verbreitete sich auch an der Mosel und im niederrheinischen Raum Die judischen Gemeinden wandten sich an Konig Rudolf I der von der Grundlosigkeit der Beschuldigungen uberzeugt war Er legte den Mordern der Juden eine Geldbusse auf und befahl die Leiche Werners zu verbrennen um einer weiteren Verehrung vorzubeugen 2 Verehrung Bearbeiten nbsp Wernerkapelle Womrath nbsp Wernerkapelle Oberwesel mit Stadtmauer nbsp Rheinromantische Wernerkapelle in Bacharach nbsp Views of the Rhine von William Tombleson etwa 1840 mit der Ruine der WernerkapelleDie koniglichen Anweisungen die Leiche Werners zu verbrennen um einer weiteren Verehrung vorzubeugen wurden nicht befolgt Vielmehr soll es nach den Angaben einer vor 1338 entstandenen Heiligenlegende schon seit dem 30 April 1287 zu ersten Wundern am Grab Werners gekommen sein der daraufhin als Martyrer verehrt wurde Die Kunibertkapelle in Bacharach wurde schon ab 1289 zur heutigen Wernerkapelle ausgebaut Bereits 1293 3 wurde im fertiggestellten Sudarm ein Werner Altar geweiht und 1337 erfolgte die Weihe des Ostchores Der geplante Ausbau der Kapelle zu einer grossen Kirche blieb aber vorerst unvollendet nachdem 1338 die Baukasse abhandengekommen war wohl weil der Trierer Erzbischof Balduin von Luxemburg sie beschlagnahmte Vollendet wurde die Kapelle erst nach 1426 auf Betreiben des Theologieprofessors und Humanisten Winand von Steeg der von 1421 bis 1438 Pfarrer in Bacharach war Bis zur Einfuhrung der Reformation in Bacharach war die Kapelle ein beliebter Wallfahrtsort 1685 als das katholische Furstenhaus Pfalz Neuburg die Pfalz erbte wurde den wenigen Bacharacher Katholiken die Kapelle als Pfarrkirche zugewiesen aber schon 1689 im Pfalzischen Erbfolgekrieg wurde bei der Sprengung der Burg Stahleck die Kapelle in Mitleidenschaft gezogen und verfiel daraufhin zur Ruine Ein Wiederaufbau scheiterte auch am Zuruckgehen der Martyrerverehrung und damit an versiegenden Einnahmen fur die Kirche durch Wallfahrer Die vor 1338 entstandene lateinische Legende berichtet den angeblichen Hostienfrevel die Juden hatten Werner an den Fussen aufgehangt um eine Hostie zu entwenden die er zu sich genommen hatte Anschliessend hatten sie ihn stromauf gefahren seien bis Tagesanbruch aber nur bis hinter Bacharach gekommen Uber der Stelle am Rheinufer sudlich von Bacharach wo der Leichnam abgelegt worden sein soll wurde ein Wilhelmiten Kloster erbaut uber seinem Sarkophag in der Kunibert Kapelle wurde die Wernerkapelle errichtet Eine zweite Kultstatte entstand in der heutigen Mutter Rosa Kapelle der ehemaligen Wernerkapelle des Heiliggeistspitals von Oberwesel etwa 7 Kilometer rheinabwarts gelegen Hier verehrte man bei dem angeblichen Tatort die vorgebliche Martersaule Im 18 Jahrhundert kam der Kult im katholischen Oberwesel zu neuer Blute Pfalzgraf Ludwig III strebte eine Wiederbelebung des Kultes an Der folgende Kanonisationsversuch zwischen 1426 und 1429 brachte aber aus Rom keine offizielle Anerkennung Die Kapelle wurde schliesslich dennoch vollendet Nachdem 1548 ein Finger nach Besancon uberfuhrt worden war verbreitete sich die Werner Verehrung auch in Frankreich Obwohl die Bacharacher Kapelle 1689 zerstort worden war und die in einem Wandgrab geborgenen Gebeine 1621 von Feldgeistlichen des Generals Ambrosio Spinola in die Spanischen Niederlande verbracht worden waren hielt sich das Werner Fest im Bistum Trier bis 1963 Eine wichtige Rolle bei der kritischen Bewertung der Wernerverehrung spielten Beschlusse des 1965 beendeten Zweiten Vatikanischen Konzils das religiose Praktiken kritisch bewertete die dem Antijudaismus und Antisemitismus Vorschub leisteten In diesem Zusammenhang setzte sich der Kirchenhistoriker Erwin Iserloh 1963 in einem vielbeachteten Aufsatz kritisch mit dem Wernerkult auseinander insbesondere mit der Wernerverehrung in Bacharach Iserloh damals Leiter der Theologischen Fakultat Trier war auch massgeblich fur die Streichung des Wernerfests aus dem Bistumskalender verantwortlich 4 Die letzte Werner Prozession in Oberwesel fand 1971 statt 1998 wurde das St Werner Krankenhaus in Oberwesel in Loreleykliniken umbenannt Der Verein St Werner Nachbarschaft loste sich 2016 auf Der Gute Werner wird am Mittelrhein als einer von sieben Weinheiligen verehrt 5 Ein weiterer Schwerpunkt der Wernerverehrung befindet sich in den franzosischen Weinbaugebieten Bourgogne und Auvergne wo die Namen Saint Vernier und Saint Verny gebrauchlich sind Wernerreliquien waren 1548 von Bacharach nach Besancon gekommen Von dort hatte sich der Kult in die sudlich gelegenen Weinbauregionen ausgebreitet Dort sind bis heute Feste und Prozessionen im Namen Werners ublich In mindestens einem Fall besteht eine Werner Bruderschaft 6 Forschung BearbeitenAnti judische Legenden wie die des Wener von Oberwesel waren im Mittelalter und der fruhen Neuzeit vielfach im Umlauf Vorwurfe angeblicher Ritualmorde aber auch des Hostienfrevels oder der Brunnenvergiftung die als Ursache fur Epidemien wie die Pest galt schurten die Judenfeindlichkeit breiter christlicher Volksmassen Bereits 1910 ausserte der Trierer Historiker Gottfried Kentenich in dem Werner gewidmeten Artikel der Allgemeinen Deutschen Biographie Zweifel an der Ritualmorduberlieferung setzte die Erzahlung mit judenfeindlichen Unruhen in Verbindung und ging als tatsachliches Motiv von einem Raubmord aus 7 Neuere Forschungen gehen davon aus dass Werner vielleicht einem Sexualverbrechen zum Opfer fiel Der heutiger Tage naheliegende Verdacht eines Taters aus dem nahen Umfeld wurde durch antijudisch Gesinnte behelfs der Implikation des Hostienfrevels zur Hetze gegen Juden im Allgemeinen genutzt Erst 1963 wurde der Wernerkult im Kalender der Diozese Trier gestrichen Doch noch immer taucht der heilige Werner von Oberwesel in deutschen Heiligenverzeichnissen auf Die ihm geweihte Kapelle in der dem Rhein zugewandten Seite der Stadtmauer von Oberwesel wurde 2008 zur Mutter Rosa Kapelle umgeweiht Die Kapelle in Bacharach wurde als Ruine gesichert und zu einem Mahnmal gestaltet Man fugte eine Gedenktafel mit dem Gebet Papst Johannes XXIII um Sinnesanderung der Christen in ihrem Verhaltnis zu den Juden ein 8 Wir erkennen heute dass viele Jahrhunderte der Blindheit unsere Augen verhullt haben so dass wir die Schonheit deines auserwahlten Volkes nicht mehr sahen und die Zuge unseres erstgeborenen Bruders nicht mehr wiedererkannten Wir entdecken nun dass ein Kainsmal auf unserer Stirn steht Im Laufe der Jahrhunderte hat unser Bruder Abel im Blute gelegen das wir vergossen und er hat die Tranen geweint die wir verursacht haben weil wir deine Liebe vergassen Vergib uns den Fluch den wir zu Unrecht an den Namen der Juden hefteten Vergib uns dass wir dich in ihrem Fleische zum zweitenmal ans Kreuz schlugen Denn wir wussten nicht was wir taten 9 Als Heiliger wurde Werner mit den Attributen eines Winzermessers einer Hacke und einer Wanne dargestellt und galt als Patron der Winzer Sonstiges BearbeitenHeinrich Heine verarbeitete die Legende in seiner fragmentarischen Erzahlung Der Rabbi von Bacherach 10 Der Anfang seines Textes wird in der kunstlerischen Installation von Karl Martin Hartmann in der Wernerkapelle wiedergegeben 11 Der Schriftsteller Lion Feuchtwanger machte die Geschichte Heines uber den Rabbi von Bacherach zum Thema seiner 1907 verfassten Doktorarbeit Das Buch wurde 1985 in einer Neuauflage im Verlag S Fischer in Frankfurt herausgegeben 12 Siehe auch BearbeitenAnderl von Rinn Simon von Trient William von NorwichLiteratur BearbeitenSachliteratur Paul Gerhard Aring Werner von Oberwesel In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 13 Bautz Herzberg 1998 ISBN 3 88309 072 7 Sp 837 838 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Rheinfriede Gleisner Nach Juden Pogromen kam Heiligen Legende In Hunsrucker Zeitung 18 April 1987 S 27 Bruno Jahn Wernher von Oberwesel von Bacharach Textgruppe um den angeblichen judischen Ritualmord an dem Knaben Wernher In Wolfgang Achnitz Hrsg Deutsches Literatur Lexikon Das Mittelalter Band 3 Reiseberichte und Geschichtsdichtung Berlin Boston 2012 ISBN 978 3 598 24992 1 Spalten 581 584 Gottfried Kentenich Werner Diocesanheiliger des Bisthums Trier In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 55 Duncker amp Humblot Leipzig 1910 S 45 f Gerd Mentgen Die Ritualmordaffare um den Guten Werner von Oberwesel und ihre Folgen In Jahrbuch fur Westdeutsche Landesgeschichte 21 1995 S 159 198 Werner Wendling Der gute Werner hat ausgedient In Rhein Hunsruck Zeitung 4 Juli 2006 S 17 Thomas Wetzstein Vom Volksheiligen zum Furstenheiligen Die Wiederbelebung des Wernerkults im 15 Jahrhundert In Archiv fur mittelrheinische Kirchengeschichte 51 1999 S 11 68 Daniela Wolf Ritualmordaffare und Kultgenese Der gute Werner von Oberwesel Bacharach Bauverein Wernerkapelle Bacharach Bacharach 2002 ISBN 3 00 009539 X Walter Karbach Werner von Oberwesel Ritualmordluge und Martyrerkult Uber den Guten Werner bestattet 1287 zu Bacharach Trier 2020 ISBN 978 3 00 064849 6 Fiktion Gerd Hergen Lubben Der Textfund zu Bacherach In Die Brucke Forum fur antirassistische Politik und Kultur Heft 140 2 2006 Saarbrucken S 126 128 Weblinks BearbeitenJoachim Schafer Werner von Oberwesel In Okumenisches Heiligenlexikon 27 Oktober 2016 abgerufen am 28 November 2020 Walter Karbach u a Bacharach Kreis Mainz Bingen mit Niederheimbach VG Rhein Nahe Kreis Mainz Bingen Judische Geschichte Synagoge In alemannia judaica de 30 Juni 2020 abgerufen am 28 November 2020 unter anderem uber die Werner Legende und die Folgen Nina Pauer Viola Rautenberg Werner von Bacharach Historische und literarische Quellen pdf 406 kB Seminararbeit an der Universitat Hamburg 13 Juni 2006 abgerufen am 28 November 2020 Matthias Schmandt Der gute Werner von Oberwesel oder die hohe Kunst einen Heiligen zu erschaffen In Portal Rheinische Geschichte 18 Juni 2014 abgerufen am 28 November 2020 zur Entstehung der Legende Markus Dichmann Matthias von Hellfeld Judenverfolgung im Mittelalter Pogrom von Oberwesel mp3 Audio 32 2 MB 35 14 Minuten In Deutschlandfunk Nova Podcast Eine Stunde History 17 November 2017 abgerufen am 28 November 2020 mit Christoph Cluse Kira Preen Lars Rensmann und Matthias von Hellfeld Werner von Oberwesel in der Rheinland Pfalzischen PersonendatenbankEinzelnachweise Bearbeiten Andere Texte sprechen vom Karfreitag Oswald Redlich Rudolf von Habsburg Das deutsche Reich nach dem Untergang des alten Kaisertums Innsbruck 1903 und Nachdrucke S 499 Digitalisat im Internet Archive Die Werner Kapelle in Bacharach auf regionalgeschichte net Walter Karbach Das antijudische Ritualmordrelief von 1727 an der Wernerkapelle von Oberwesel und seine widerwillige Entfernung 1970 PDF In Aschkenas Band 31 Heft 1 13 Mai 2020 S 37 60 hier 39 f abgerufen am 15 Juni 2021 Romantischer Weinlehrpfad bei Oberwesel am Rhein 2 Schiefertafeln Sieben Weinheilige In Oberwesel de 8 September 2020 abgerufen am 28 November 2020 Walter Karbach Das antijudische Ritualmordrelief von 1727 an der Wernerkapelle von Oberwesel und seine widerwillige Entfernung 1970 pdf In Aschkenas Band 31 Heft 1 13 Mai 2020 S 37 60 hier 59 abgerufen am 15 Juni 2021 Gottfried Kentenich Werner Diocesanheiliger des Bisthums Trier In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 55 Duncker amp Humblot Leipzig 1910 S 45 f Der Judensturm von 1349 Spatmittelalter am Oberrhein Stichworte zur Epoche Juden und Deutsche In zum de 2005 abgerufen am 28 November 2020 Hinweis Evtl geht der Text weiter manche Quellen verwenden am Ende Johannes XXIII Wir erkennen In panixx de Abgerufen am 28 November 2020 Heinrich Heine Lasterliche Schriften Auswahl Der Rabbi von Bacherach Hrsg und eingeleitet von Heinz Joachim Fischer Marixverlag Wiesbaden 2010 Text auch auf Bacharach Kreis Mainz Bingen Judische Geschichte 2 Heinrich Heines Der Rabbi von Bacharach In alemannia judaica de 30 Juni 2020 abgerufen am 23 Mai 2018 Karl Martin Hartmann Wernerkapelle Bacharach Das Fenster Kunst bewegt zur Toleranz Expose pdf 982 kB 2 April 2008 archiviert vom Original am 5 November 2013 abgerufen am 28 November 2020 Lion Feuchtwanger Heinrich Heines Rabbi von Bacherach Mit Heines Erzahlfragment Eine kritische Studie Dissertation an der Universitat Munchen 1907 Neuausgabe S Fischer Frankfurt am Main 1985 ISBN 3 596 25868 5 Normdaten Person GND 118767070 lobid OGND AKS VIAF 100446328 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Werner von OberweselALTERNATIVNAMEN 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