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Unter vollstandiger Konkurrenz engl perfect competition versteht man ein theoretisches Modell bzw eine Marktform der Volkswirtschaftslehre insbesondere der Mikrookonomik Der Begriff ist in der Literatur teilweise auch unter perfekter Konkurrenz vollkommener Konkurrenz 1 Polypol auf dem vollkommenen Markt 2 oder homogenes Polypol 1 zu finden Unter vollstandiger Konkurrenz produzieren viele kleine Anbieter die nachgefragte Menge wobei die Grenzkosten den Durchschnittskosten entsprechen Inhaltsverzeichnis 1 Das Modell 1 1 Charakteristika 1 2 Geschichte 2 Preisbildung und Marktgleichgewicht 3 Abgrenzung 3 1 Monopol 3 2 Unvollstandige Konkurrenz 4 Kritik 5 Steuern und ihre Wirkung bei vollstandiger Konkurrenz 6 Literatur 7 EinzelnachweiseDas Modell BearbeitenCharakteristika Bearbeiten Das Modell basiert im Wesentlichen auf folgenden Annahmen Es gibt im Verhaltnis zur Marktgrosse viele kleine Anbieter die vielen Nachfragern gegenuberstehen atomistische Marktstruktur 3 Polypol Es werden homogene Guter angeboten Erweiternd werden oft noch weitere Annahmen bzw Charakteristika genannt Auf dem Markt gibt es keine Markteintrittsbarrieren Alle Akteure verfugen uber vollstandige Informationen 4 Alle Marktteilnehmer reagieren unendlich schnell auf Veranderungen 5 Geschichte Bearbeiten Das Modell der vollstandigen Konkurrenz hat seinen Ursprung in der Preistheorie der Klassik Es entwickelte sich jedoch erst in der Neoklassik massgeblich unter Leon Walras und Alfred Marshall Besonderen Stellenwert nahm es mit Walter Eucken im Ordoliberalismus ein und pragte Mitte des 20 Jahrhunderts die Wettbewerbspolitik 6 7 Preisbildung und Marktgleichgewicht BearbeitenUm den Gleichgewichtspreis fur einen Markt mit vollstandiger Konkurrenz ermitteln zu konnen mussen alle Marktteilnehmer uber vollstandige Informationen verfugen Da dies in der Realitat selten der Fall ist kann man sich diesen Prozess mit Hilfe eines Auktionators oder einer Borse vorstellen der die Preissignale der einzelnen Marktteilnehmer sammelt und zu einem Gleichgewichtspreis zusammenfasst 8 9 Die Homogenitatsbedingung besagt dass die Guter welche auf dem Markt gehandelt werden identisch sind Es gibt demnach keinerlei Praferenzen die Guter eines Marktteilnehmers denen der anderen vorzuziehen und keine Moglichkeit das angebotene Produkt z B durch Qualitatsunterschiede besonders hervor zu heben um so andere Preise zu setzen 10 Durch die atomistische Marktstruktur ist es fur keinen Marktteilnehmer moglich den Marktpreis durch das eigene Handeln zu beeinflussen da sie im Vergleich zu der Grosse des Marktes unbedeutend klein sind 3 Aufgrund dieser Annahmen werden die Akteure auf dem Markt vollstandiger Konkurrenz als Preisnehmer bezeichnet Sie mussen den vom Markt bestimmten Preis hinnehmen und konnen lediglich als Mengenanpasser auf die Menge ihres angebotenen Guts Einfluss nehmen 4 Die Preisabsatzfunktion der Anbieter auf dem Markt ist somit vollkommen elastisch Welche Menge ein einzelnes Unternehmen anbietet ist von seinen individuellen Grenzkosten Preis pro zusatzliche Mengeneinheit abhangig Also bietet es die gewinnmaximale Menge an bei welcher der Preis den Grenzkosten entspricht 11 Langfristig konnen Unternehmen auf einem Markt mit vollstandiger Konkurrenz keinen Gewinn erzielen Nullgewinn Aufgrund der fehlenden Markteintrittsbarrieren treten neue Unternehmen in den Markt ein sobald es einen Gewinn zu erwirtschaften gibt 12 Das Marktgleichgewicht ist erreicht wenn sich Angebots und Nachfragekurve in einem Preis Mengen Diagramm schneiden Da die Konsumenten und Produzentenrente im Modell der vollstandigen Konkurrenz maximal ist stellt es einen idealen Markt dar und dient deshalb auch als Referenz fur die statische Effizienz eines Marktes 13 Abgrenzung BearbeitenMonopol Bearbeiten Ein monopolistischer Markt ist das extreme Gegenteil eines Marktes mit vollstandiger Konkurrenz Dieser Markt ist charakterisiert durch einen Anbieter dem Monopolisten einzigartigen Gutern und hohen Markteintrittsbarrieren Unvollstandige Konkurrenz Bearbeiten Diese Marktformen sind zwischen einem monopolistischen und einem Markt mit vollstandiger Konkurrenz anzusiedeln In einem Oligopol konnen sowohl homogene als auch heterogene Guter von einer kleinen Zahl von Anbietern welche uber eine beschrankte Marktmacht verfugen angeboten werden Auf diesem Markt gibt es Markteintrittsbarrieren allerdings nicht in einer so hohen Auspragung wie auf einem monopolistischen Markt Auf einem Markt monopolistischer Konkurrenz werden heterogene Guter unvollkommene Substitute von vielen Anbietern mit Marktmacht angeboten Wie bei vollstandiger Konkurrenz gibt es keine Markteintrittsbarrieren 14 Kritik BearbeitenEin Markt mit vollstandiger Konkurrenz ist aufgrund der restriktiven Modellannahmen in der Realitat selten zu finden Insofern ist es fraglich wie praxistauglich das Modell ist da eine Abweichung von den Annahmen allokatives Marktversagen implizieren wurde Der grosste Kritikpunkt ist somit die statische Sichtweise des Modells also die starke Ausrichtung auf das Marktgleichgewicht und die Vernachlassigung von dynamischen Prozessen im Wettbewerb 15 Im Folgenden sind einige Kritikpunkte aufgefuhrt Aufgrund der vollstandigen Informationen und Reaktionsgeschwindigkeit gibt es keine Pioniergewinne und somit auch keine Anreize fur Innovationen In der Realitat gibt es viele Markteintrittsbarrieren z B in Form von Technologievorsprungen Transaktionskosten werden nicht berucksichtigt 16 Grossenvorteile sind aufgrund der grossen Anzahl an Marktteilnehmern nicht moglich Konsumenten bevorzugen eine gewisse Produktvielfalt und keine homogenen Produkte 15 Steuern und ihre Wirkung bei vollstandiger Konkurrenz Bearbeiten nbsp Gleichgewicht ohne Steuern Zum Gleichgewichtspreis p G G displaystyle p GG nbsp wird die Gleichgewichtsmenge x G G displaystyle x GG nbsp abgesetzt nbsp Gleichgewicht mit Steuern Durch den Aufschlag der Steuer t displaystyle t nbsp auf den Preis p 1 displaystyle p 1 nbsp steigt der Preis fur den Konsumenten auf p 1 t displaystyle p 1 t nbsp Damit geht die nachgefragte Menge auf x 1 displaystyle x 1 nbsp zuruck die Konsumentenrente sinkt Gleichzeitig sinkt der dem Produzenten ubrigleibende Erlos auf p 1 displaystyle p 1 nbsp womit die Produzentenrente ebenfalls zuruckgeht Die damit entstehende Zusatzlast Z L displaystyle ZL nbsp entspricht dabei dead weight loss In vereinfachter Analyse werden Steuern als Stucksteuer konzipiert also eine Steuer in Hohe eines bestimmten Geldbetrages pro verkaufter Einheit Im Gegensatz dazu steht die Wertsteuer eine proportionale Steuer ein Beispiel dafur ware die Umsatzsteuer die Analyse fallt jedoch ungefahr gleich Die Stucksteuer kann nun dem Produzenten oder dem Konsumenten aufgeburgt werden Wer die Last der Steuer schlussendlich tragt ist abhangig von den jeweiligen Angebots und Nachfragekurven und insbesondere von den relativen Elastizitaten des Angebots und der Nachfrage In der vollstandigen Konkurrenz wird von denselben Elastizitaten ausgegangen In diesem Fall entfallt die Steuer zum Teil auf den Konsumenten und zum Teil auf den Produzenten Nun wird eine Steuer t displaystyle t nbsp beispielsweise t 1 displaystyle t 1 nbsp Euro auf ein bestimmtes Gut erhoben Der vom Kaufer bezahlte Gleichgewichtspreis steigt um 1 displaystyle 1 nbsp die Angebotskurve verschiebt sich um 1 displaystyle 1 nbsp der neue Schnittpunkt mit der Nachfragekurve steigt ebenfalls Der neue Schnittpunkt wird durch einen hoheren Preis und einer geringeren Menge charakterisiert Durch den hoheren Preis sinkt die Nachfrage dadurch verlieren Konsumenten Konsumentenrente K R displaystyle KR nbsp Durch die geringere Nachfrage mussen Produzenten billiger produzieren dadurch entsteht eine geringere Produzentenrente P R displaystyle PR nbsp Konsumenten als auch Produzenten verlieren gleich viel an Rente und tragen demnach dieselbe Last der Steuer bei Im Gegenzug dazu entstehen Steuereinnahmen fur den Staat S displaystyle S nbsp diese konnen aber die kumulierten Verluste der jeweiligen Renten nicht kompensieren Dadurch entsteht ein sogenannter Nettowohlfahrtsverlust 17 Literatur BearbeitenUlrich Basseler Jurgen Heinrich Burkhard Utecht Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaftslehre 19 Auflage Schaffer Poeschel Verlag Stuttgart 2010 ISBN 978 3 7910 2928 3 Michael Fritsch Marktversagen und Wirtschaftspolitik 9 Auflage Vahlen Verlag Munchen 2014 ISBN 978 3 8006 4771 2 Austan Goolsbee Steven Levitt Chad Syverson Mikrookonomik Aus dem amerikanischen Englisch ubersetzt von Ulrike Berger Kogler Reiner Flik Oliver Letzgus und Gerhard Pfister Schaffer Poeschel Verlag Stuttgart 2014 ISBN 978 3 7910 3246 7 Ricarda Kampmann Johann Walter Mikrookonomie Markt Wirtschaftsordnung Wettbewerb Oldenbourg Verlag Munchen 2010 ISBN 978 3 486 59157 6 N Gregory Mankiw Mark P Taylor Grundzuge der Volkswirtschaftslehre Aus dem amerikanischen Englisch ubertragen von Adolf Wagner und Marco Herrmann 5 Auflage Schaffer Poeschel Verlag Stuttgart 2012 ISBN 978 3 7910 3098 2 Jochen Schumann Die Wegbereiter der modernen Preis und Kostentheorie In Otmar Issing Hrsg Geschichte der Nationalokonomie 4 Auflage Vahlen Verlag Munchen 2014 ISBN 978 3 8006 4357 8 Jochen Schumann Ulrich Meyer Wolfgang Strobele Grundzuge der mikrookonomischen Theorie 8 Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 2007 ISBN 978 3 540 70925 1 Einzelnachweise Bearbeiten a b Ulrich Basseler Jurgen Heinrich Burkhard Utecht Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaftslehre 19 Auflage Schaffer Poeschel Verlag Stuttgart 2010 S 169 N Gregory Mankiw Mark P Taylor Grundzuge der Volkswirtschaftslehre Aus dem amerikanischen Englisch ubertragen von Adolf Wagner und Marco Herrmann 5 Auflage Schaffer Poeschel Verlag Stuttgart 2012 S 78 a b Ricarda Kampmann Johann Walter Mikrookonomie Markt Wirtschaftsordnung Wettbewerb Oldenbourg Verlag Munchen 2010 S 124 a b N Gregory Mankiw Mark P Taylor Grundzuge der Volkswirtschaftslehre Aus dem amerikanischen Englisch ubertragen von Adolf Wagner und Marco Herrmann 5 Auflage Schaffer Poeschel Verlag Stuttgart 2012 S 350 351 Michael Fritsch Marktversagen und Wirtschaftspolitik 9 Auflage Vahlen Verlag Munchen 2014 S 25 26 Ulrich Basseler Jurgen Heinrich Burkhard Utecht Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaftslehre 19 Auflage Schaffer Poeschel Verlag Stuttgart 2010 S 201 202 Jochen Schumann Die Wegbereiter der modernen Preis und Kostentheorie In Otmar Issing Hrsg Geschichte der Nationalokonomie 4 Auflage Vahlen Verlag Munchen 2014 S 180 182 Ulrich Basseler Jurgen Heinrich Burkhard Utecht Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaftslehre 19 Auflage Schaffer Poeschel Verlag Stuttgart 2010 S 169 171 Jochen Schumann Die Wegbereiter der modernen Preis und Kostentheorie In Otmar Issing Hrsg Geschichte der Nationalokonomie 4 Auflage Vahlen Verlag Munchen 2014 S 182 Jochen Schumann Ulrich Meyer Wolfgang Strobele Grundzuge der mikrookonomischen Theorie 8 Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 2007 S 215 216 Austan Goolsbee Steven Levitt Chad Syverson Mikrookonomik Aus dem amerikanischen Englisch ubersetzt von Ulrike Berger Kogler Reiner Flik Oliver Letzgus und Gerhard Pfister Schaffer Poeschel Verlag Stuttgart 2014 S 391 396 Austan Goolsbee Steven Levitt Chad Syverson Mikrookonomik Aus dem amerikanischen Englisch ubersetzt von Ulrike Berger Kogler Reiner Flik Oliver Letzgus und Gerhard Pfister Schaffer Poeschel Verlag Stuttgart 2014 S 436 Austan Goolsbee Steven Levitt Chad Syverson Mikrookonomik Aus dem amerikanischen Englisch ubersetzt von Ulrike Berger Kogler Reiner Flik Oliver Letzgus und Gerhard Pfister Schaffer Poeschel Verlag Stuttgart 2014 S 390 Austan Goolsbee Steven Levitt Chad Syverson Mikrookonomik Aus dem amerikanischen Englisch ubersetzt von Ulrike Berger Kogler Reiner Flik Oliver Letzgus und Gerhard Pfister Schaffer Poeschel Verlag Stuttgart 2014 S 388 441 559 602 a b Michael Fritsch Marktversagen und Wirtschaftspolitik 9 Auflage Vahlen Verlag Munchen 2014 S 57 60 Ricarda Kampmann Johann Walter Mikrookonomie Markt Wirtschaftsordnung Wettbewerb Oldenbourg Verlag Munchen 2010 S 180 Robert Pindyck Daniel Rubinfeld Mikrookonmie Aus dem Englischen von Anke Kruppa Peggy Lotz Steger 7 Auflage Peorson Deutschland GmbH Munchen 2009 ISBN 978 3 8273 7282 6 S 438 442 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vollstandige Konkurrenz amp oldid 236583082