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Marie Esprit Leon Walras 16 Dezember 1834 in Evreux Normandie 5 Januar 1910 in Clarens heute Montreux Schweiz war ein franzosischer Okonom Er begrundete die Lausanner Schule und gilt als einer der fuhrenden Vertreter der Neoklassik und Urheber des allgemeinen Gleichgewichtsmodells Leon Walras Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Jugend 1 2 Studium 1 3 1870 1892 Professur in Lausanne 1 4 1892 1910 Spatwerk und Tod 2 Werk 3 Werke Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenJugend Bearbeiten Leon Walras war das alteste von vier Kindern des Antoine Auguste Walras 1801 1866 aus Montpellier und dessen Ehefrau der Notarstochter Louise Aline de Sainte Beuve 1811 1892 aus Evreux Durch den beruflichen Aufstieg des Vaters vom Lehrer zum Professor fur Philosophie verbrachte Leon Walras seine Kindheit und Jugend in Paris sowie in mehreren Stadten Nordfrankreichs wo er von 1844 bis 1850 das College in Caen und anschliessend das Lycee in Douai besuchte Er erlangte 1851 den Abschluss des Bachelier es lettres Nach dem Besuch weiterer Kurse in allgemeiner und spezieller Mathematik uber jeweils ein Jahr schloss er im Jahr 1853 mit dem Bachelier es sciences ab Bei der Aufnahmeprufung Concours fur die Ecole polytechnique in Paris fiel er zweimal durch Sein Studiengang zeigt die praktische Unfahigkeit des Denkers Misserfolge wie sie nicht anders zu erwarten sind wenn man sich fur die Ecole polytechnique durch das Studium Descartes und Newtons vorbereitet Unlust an ausgefahrenen Bahnen wie sie jeder Studierende empfindet 1 Er las Cournots Recherches sur les principes mathematiques de la theorie des richesses dt Untersuchungen uber die mathematischen Prinzipien der Theorie des Reichtums und Lagrange Studium Bearbeiten Als er 1853 zum Studium in die Hauptstadt zuruckkehrte war das gesellschaftliche und kulturelle Leben noch immer von den revolutionaren Ideen der 1848er gepragt Dieser Lebensstil und diese Einstellung der so genannte Bohemien beeinflusste auch Leon Walras Er fuhrte wahrend und nach seiner Studienzeit in Paris zunachst ein relativ unkonventionelles Leben Da er an seiner favorisierten Hochschule nicht angenommen wurde begann er 1854 ein Ingenieur Studium an der Ecole des Mines Schnell stellte er aber fest dass er nur wenig Interesse am Ingenieurwesen hatte Daher vernachlassigte er sein Studium und beschaftigte sich vermehrt mit der Literatur Philosophie Geschichte Kunstkritik und Literaturkritik sowie Wirtschaftspolitik und Sozialwissenschaft Ob er trotzdem einen Abschluss als Ingenieur gemacht hat lasst sich nicht zweifelsfrei klaren Leon Walras verkehrte in intellektuellen Kreisen in Paris und versuchte sich als Romanautor Der im Jahr 1858 veroffentlichte Roman Francis Sauveur schildert das Leben eines Studenten im Paris der 1850er und soll uber starke autobiographische Zuge verfugen Die Abkehr vom Studium wurde von seinen Eltern nicht gern gesehen insbesondere von seinem Vater Sie hatten erhofft dass ihr Sohn Karriere als Bergbauingenieur machte In einem von Leon Walras als sehr pragend genannten Gesprach gab Auguste Walras seinem Sohn deutlich zu verstehen dass dieser zumindest das vaterliche wirtschafts und sozialwissenschaftliche Werk fortzusetzen habe Daher versuchte Leon Walras sich in den Jahren 1859 bis 1862 mit der journalistischen Arbeit fur das Journal des Economistes und La Presse zu etablieren Er nutzte die Argumentationen seines Vaters um die leitenden Gedanken Pierre Joseph Proudhons zu widerlegen So entstand in den Jahren 1859 60 sein erstes wirtschaftswissenschaftliches Werk L economie politique et la justice Examen critique et refutation des doctrines economiques de M P J Proudhon precedes d une introduction a l etude de la question sociale Mit diesem Aufsatz nahm er im Juni 1860 an einem Wettbewerb beim internationalen Steuerkongress in Lausanne teil und gewann den vierten Preis Im gleichen Jahr begann er im Journal des Economistes seine sechsteilig geplante Artikelserie Paradoxes Economiques zu veroffentlichen Der erste Teil Paradoxes economiques I Que le sens commun n est point le criterium de la science en general ni en particulier celui de l economie politique beschrieb eine Diskussion zwischen einem Kaufmann und einem Wirtschaftsexperten uber unterschiedliche praktische Probleme wie etwa den Freihandel oder Steuern Der zweite Teil der Serie war bereits geschrieben als der Autor sich mit seinem Herausgeber uberwarf so dass jeder weitere Artikel zuruckgewiesen wurde Nachdem er nun im Journal des Economistes nicht mehr veroffentlichen konnte kundigte Walras auch bei La Presse Seine Bestrebungen in Frankreich als Dozent fur Okonomie an einer Universitat unterzukommen scheiterten Die elf franzosischen Lehrstuhle fur Wirtschaftswissen waren mit orthodoxen Okonomen besetzt und wurden laut Walras eigener Aussage nur durch Vetternwirtschaft weitergegeben Auch sein Bestreben eine eigene Zeitung uber Politik und Sozialwissenschaften zu veroffentlichen hatte keinen Erfolg da er die staatliche Genehmigung nicht erhielt Leon Walras nutzte die Bekanntschaft seines Vaters mit Horace Say dem Sohn von Jean Baptiste Say um eine Anstellung in der Verwaltung der Eisenbahngesellschaft Chemins de Fer Du Nord zu finden Leon Say der Sohn von Horace Say und spatere Finanzminister war im Jahr 1862 einer der Direktoren der Eisenbahngesellschaft Leon Say verhalf ihm spater zu einem Posten im Direktorium einer Wechselbank In den Jahren von 1865 bis 1868 war er dort fur die Buchhaltung zustandig und konnte daher auch Artikel bei der von der Bank finanzierten Genossenschaftszeitschrift Le Travail veroffentlichen Nach der Liquidation der Bank Ende 1868 bekam er eine Anstellung im Buro des Bankiers J Hollander 1870 1892 Professur in Lausanne Bearbeiten Walras lebte uber zehn Jahre mit seiner ersten Ehefrau Celestine Aline Ferbach 1834 1879 zusammen bevor er sie im Jahr 1869 heiratete Mit dieser Heirat wurde seine 1863 geborene Zwillingstochter Marie Aline legitimiert wahrend ihre Zwillingsschwester bereits im Sauglingsalter verstorben war Leon Walras adoptierte nachdem er Celestine geheiratet hatte deren Sohn Georges 1857 1934 der einer vorangegangenen nichtehelichen Beziehung entstammte Celestine Walras starb 1879 nach dreijahriger Krankheit Um die Kosten fur die Behandlung zu decken verschuldete sich Leon Walras erheblich Seine finanzielle Situation verbesserte sich erst im Jahr 1884 als er Leonide Desiree Mailly 1826 1900 heiratete da diese eine Leibrente in die Ehe einbrachte Im Jahr 1892 erhielt Walras nach dem Tod seiner Mutter ein Erbe in Hohe von 100 000 Francs mit dem er seine Schulden bezahlen konnte und sich eine eigene Leibrente erkaufte Im Jahr 1870 kam fur Leon Walras Werdegang die entscheidende Wende Die Regierung des Schweizer Kantons Waadt lud ihn ein am Concours fur den neu eingerichteten Lehrstuhl der politischen Okonomie an der Universitat von Lausanne teilzunehmen Die Verantwortlichen erinnerten sich noch immer an seinen im Jahr 1860 beim Steuerkongress eingebrachten Beitrag Da die siebenkopfige Berufungskommission aus drei Mitgliedern der Kantonsregierung bestand und Leon Walras einen der vier Wirtschaftspolitik Professoren positiv beeindrucken konnte ging er als Sieger aus dem Concours hervor Die ersten Jahre in Lausanne waren seine produktivsten Er besann sich auf die Kernaussagen der vaterlichen Wirtschaftstheorie zuruck dass Knappheit und Nutzen die Quelle des Wertes bildeten und mathematische Hilfsmittel zu benutzen seien Dabei zog er auch Cournots Werk in seine Uberlegungen ein Sein Vater hatte sich bereits bemuht eine Theorie dahingehend zu skizzieren aber erst Leon Walras konnte sie formulieren Seine bedeutendsten Werke entstanden in den 1870ern Im Jahr 1874 erschien der Aufsatz Principe d une theorie mathematique de l echange etwa Prinzip einer mathematischen Theorie des Tausches im Journal des economistes nachdem er im Jahr zuvor vom Herausgeber bereits einmal zuruckgewiesen worden war Im Jahr 1874 wurde die erste Auflage seines bedeutendsten Werkes herausgegeben die Elements d economie politique pure ou theorie de la richesse sociale in Englisch Elements of Pure Economics or the Theory of Social Wealth dt Mathematische Theorie der Preisbestimmung der wirtschaftlichen Guter Sie bestehen aus dem Prinzip einer mathematischen Theorie des Tausches aus dem Jahr 1873 den Gleichungen des Tausches aus dem Jahr 1875 sowie den Gleichungen der Produktion Gleichungen der Kapitalisierung und des Kredites aus dem Jahr 1876 Ludwig Gebhard von Winterfeld 1853 1904 ein preussischer Offizier ubersetzte dieses Werk erstmals im Jahr 1881 in die deutsche Sprache als er sich im Winter 1880 81 in Lausanne aufhielt Ab 1874 nahm Leon Walras auch Kontakt mit den unterschiedlichsten Wirtschaftswissenschaftlern seiner Zeit auf unter anderem mit William Stanley Jevons Antoine Augustin Cournot Alfred Marshall Carl Menger Philip Wicksteed Francis Ysidro Edgeworth Vilfredo Pareto und Knut Wicksell Er wollte seine Ideen bekannt machen und sah in dieser Kontaktaufnahme zu den wirtschaftswissenschaftlichen Grossen seiner Zeit den Weg dazu Wenig erfolgreich waren die Versuche seine Ideen und Erkenntnisse vor allem Geld und Wahrungslehre in Frankreich zu etablieren Um die hohen Arztkosten der Behandlung seiner Frau Celestine begleichen zu konnen musste er neben seiner Tatigkeit an der Universitat noch anderen Beschaftigungen nachgehen Er gab Nachhilfe schrieb Artikel unter einem Pseudonym fur die Gazette de Lausanne und die Bibliotheque universelle ausserdem war er auch als Berater fur die Versicherungsgesellschaft La Suisse tatig 1892 1910 Spatwerk und Tod Bearbeiten nbsp Leon Walras alter Nach seiner Erbschaft im Jahr 1892 wollte Leon Walras sich ursprunglich nur fur ein Jahr von seiner Lehrtatigkeit zuruckziehen um seine gesundheitlichen Probleme zu uberwinden doch er nahm seine Dozententatigkeit nie wieder auf Als Honorarprofessor war er weiterhin fur die Universitat in Lausanne tatig musste aber keine Vorlesungen halten Seinen Lehrstuhl an der Hochschule ubernahm Vilfredo Pareto Seine weiteren wissenschaftlichen Arbeiten waren dann trotz zahlreicher Veroffentlichungen weniger innovativ als redaktionell Leon Walras politische Interessen entsprachen denen seines Vaters so etwa die Ideen zur Reformierung des Steuersystems und der Landverstaatlichung Mit Etudes d economie sociale Theorie de la repartition de la richesse sociale veroffentlichte Leon Walras im Jahr 1896 eine Sammlung seiner Artikel und Lesungen aus dreissig Jahren uber Sozialpolitik Im Jahr 1898 veroffentlichte er in Etudes d economie politique appliquee Theorie de la production de la richesse sociale eine Sammlung seiner Zeitungsartikel und Lesungen sowie Korrespondenz zu wirtschaftswissenschaftlichen Themen Hierin formulierte er am Beispiel des Aktienmarkts das nach ihm benannte Walras Gesetz Die Elements d economie politique pure ou theorie de la richesse sociale hat er bis zum Jahr 1900 in vier jeweils uberarbeiteten Auflagen publiziert Er war ausserst stolz auf seine Mitgliedschaft bei den wissenschaftlichen Gesellschaften in Europa und den USA sowie die am 21 Juni 1909 erfolgte Ehrung seines vierzigjahrigen Dienstjubilaums an der Universitat von Lausanne als eine Bronzebuste aufgestellt wurde Werk Bearbeiten nbsp Theorie mathematique de la richesse sociale 1883Walras entwickelte gleichzeitig aber unabhangig diese Unabhangigkeit ist umstritten von Stanley Jevons und Carl Menger das Konzept des Grenznutzens rarete bei Walras Seine wesentliche Leistung bestand in der Entwicklung eines allgemeinen Gleichgewichtsmodells der Volkswirtschaft Hierbei agieren beliebig viele Haushalte und Unternehmen auf beliebig vielen Markten Walras vermutete die Existenz eines Preissystems mit der Eigenschaft dass Angebot und Nachfrage auf allen Markten zugleich ubereinstimmen Formal bewiesen wurde diese Vermutung erst spater durch Abraham Wald und im Rahmen des Arrow Debreu Gleichgewichtsmodells Werke Auswahl BearbeitenElements d economie politique pure ou theorie de la richesse sociale Lausanne Corbaz et al 1874 siehe auch Allgemeine Gleichgewichtstheorie Theorie de la monnaie Geldtheorie Etudes d economie politique appliquee Studien zur angewandten politischen Wirtschaftslehre Literatur BearbeitenPrimarliteraturWilliam Jaffe Hrsg Correspondence of Leon Walras and related papers 3 Bande North Holland Publishing Company Amsterdam 1965 Veroffentlichung von Walras Autobiographie und Korrespondenz RezeptionJohn Cunningham Wood Hrsg Leon Walras Critical Assessments Routledge 1992 ISBN 978 0 415 07482 7 SekundarliteraturMark Blaug Hrsg Leon Walras 1834 1910 Edward Elgar Publishing 1992 ISBN 1 85278 488 1 Marcel Boson Leon Walras fondateur de la politique economique scientifique Librairie generale de droit et de jurisprudenc Paris 1951 Volker Caspari Walras Marshall Keynes Duncker amp Humblot Berlin 1989 ISBN 978 3 428 06639 1 Egbert Dierker Topological Methods in Walrasian Economics 1974 Pierre Dockes Jean Pierre Potier La vie et l oeuvre economique de Leon Walras Economica Paris 2001 ISBN 978 2 7178 4314 9 Antoine Rebeyrol La pensee economique de Walras Dunod Paris 1999 ISBN 978 2 10 004601 0 Donald A Walker Hrsg The Legacy of Leon Walras Edward Elgar Publishing 2001 ISBN 978 1 84064 307 7 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Leon Walras im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Leon Walras im Katalog der ZBW Leibniz Informationszentrum Wirtschaft ZBW Olivier Meuwly Leon Walras In Historisches Lexikon der Schweiz Marie Esprit Leon Walras auf VWLer de Mathematische Theorie der Preisbestimmung der wirthschaftlichen Guter 1881 E Book der Universitatsbibliothek Wien eBooks on Demand Einzelnachweise Bearbeiten Joseph A Schumpeter Marie Esprit Leon Walras Zeitschrift fur Volkswirtschaft Sozialpolitik und Verwaltung Bd 19 1910 S 397 402 Abgedruckt in Joseph A Schumpeter Dogmenhistorische und biographische Aufsatze J C B Mohr Paul Siebeck Tubingen 1954 S 1 Normdaten Person GND 118806068 lobid OGND AKS LCCN n50024510 NDL 00460122 VIAF 76324284 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Walras LeonKURZBESCHREIBUNG franzosischer VolkswirtGEBURTSDATUM 16 Dezember 1834GEBURTSORT EvreuxSTERBEDATUM 5 Januar 1910STERBEORT Clarens heute Montreux Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Leon Walras amp oldid 238163959