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Der Vicus Mulfort war eine zivile romische Siedlung lat vicus im nordlichen Bereich des heutigen Monchengladbacher Stadtteils Odenkirchen Sie entstand in der Mitte des 1 Jahrhunderts und wurde 274 n Chr von den Franken vollstandig zerstort 1 Mulfort gilt als erste grossere Siedlung im heutigen Stadtgebiet von Monchengladbach Inhaltsverzeichnis 1 Das romische Dorf Mulfort 2 Keltisches Siedlungsgebiet an der Niers zwischen Wanlo und Schloss Rheydt 3 Vicus Mulfort 50 n Chr bis 352 n Chr 4 Romische Strassenverbindungen 5 Spuren der Romerzeit 6 Historische Bedeutung des Vicus Mulfort 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseDas romische Dorf Mulfort Bearbeiten nbsp Ubersichtskarte vom Vicus Mulfort 1 3 Jhr n Chr nbsp Umfeld des Vicus Mulfort 1 3 Jhr n Chr Das Gebiet bei Mulfort wurde schon in der Mitte des letzten vorchristlichen Jahrhundert durch die Romer erkundet Dies belegen die Graber eines romischen Kriegers und einer Frau In den Grabern wurden ein zweischneidiges eisernes Schwert und ein holzerner Schild mit eisernen Beschlagen entdeckt Der Mann mit dem Schwert kann ein einheimischer Kundschafter vom germanischen Stamm der Ubier gewesen sein die durch die mit ihnen befreundeten Romer vom rechten Rheinufer auf das linke umgesiedelt wurden 2 Das Motiv fur die Grundung Mulforts war der Bau einer wichtigen Strassenverbindung von der Maas sudlich von Roermond nach Neuss Novaesium einem der ersten Romerlager am Rhein Die Strasse entstand 20 v Chr 3 Spater kamen vermutlich wichtige Romerstrassen aus Koln Colonia Claudia Ara Agrippinensium und uber Umwege Xanten Colonia Ulpia Traiana dazu die dieses strategisch wichtige Nadelohr uber die Niers und das sumpfige undurchdringbare Gelande abseits vom Rhein und Maas nutzten Die genaue Stelle der Furt Uberquerung uber die Niers ist unbekannt 1 Nach neuesten Funden geht man von einem Standort in unmittelbarer Nahe der heutigen Brucke aus 4 Dort hat man romische Uferbefestigungen gefunden die darauf zuruckzufuhren sind Keltisches Siedlungsgebiet an der Niers zwischen Wanlo und Schloss Rheydt BearbeitenWichtig ist festzuhalten dass schon vor dem Bau der romischen Strasse und der Grundung des romischen Vicus hier eine grosse Anzahl von Kelten gelebt haben Anscheinend war die Engstelle der Niers und das etwas hugelige recht fruchtbare Land ostlich des Flusses ein idealer Siedlungspunkt fur die Kelten Im direkten Umfeld des Vicus etwas sudlich liegend ist im Jahr 2008 eine grosse Anzahl keltischer Siedlungsspuren aus dem Zeitraum 350 bis 150 v Chr gefunden wurden Ein weiterer sehr bedeutender Fund wurde 2013 5 zwei Kilometer nordlich an der Niers bei Schloss Rheydt gemacht Dort wurden bis zu 13 000 Jahre alte Siedlungsspuren aus der Altsteinzeit und neueren Epochen bis hin zur Romerzeit gemacht Zusammen mit weiteren Funden in Wanlo Wickrathberg Sasserath Mulfort Giesenkirchen und Schloss Rheydt kann man hier von einem sehr dichten Siedlungsgebiet der Kelten ostlich der Niers sprechen Man kann davon ausgehen dass bis 19 18 v Chr im Umfeld des Vicus die keltischen Eburonen lebten 6 Einige Funde im Umfeld des Vicus sowie im benachbarten Giesenkirchen zwei Siedlungsstellen der Kelten deuten darauf hin 7 Dagegen werden die keltischen Funde einige Kilometer nordwestlich im Hardterwald dem keltischen Stamm der Usipeter zuzurechnen Ob die Eburonen schon immer hier lebten ist aber unbekannt Vicus Mulfort 50 n Chr bis 352 n Chr BearbeitenDer lateinische Name fur diesen Vicus ist nicht uberliefert In der Regel hatte ein kleiner Vicus keinen bedeutenden Namen nbsp Einer von drei erhaltenen romischen Ziegelstempeln aus MulfortVermutlich war Mulfort eine verkehrstechnisch bedeutende Raststation und Pferdewechselstation Hier lebten Handler und vor allen Handwerker So wurden Topfereien befestigte Getreidespeicher sowie drei Weihedenkmaler fur den romischen Gott Jupiter Jupitergigantensaulen in Mulfort gefunden Im Umfeld von Mulfort existierten einige Bauernhofe Villa rustica die aber mit dem sandigen Boden der Gegend schwer zu kampfen hatten Dies alles diente der Versorgung sowohl der Bevolkerung als auch der romischen Soldaten am Rhein Topfereierzeugnisse aus Mulfort wurden in Funden in Heinsberg Erkelenz und Wachtendonk entdeckt 7 Im Gebiet des Vicus Mulfort lebte seit der Vernichtung der Kelten die hauptsachlich auf der linken Rheinseite bis nach Belgien und in der Eifel lebten der um 19 18 v Chr von den Romern unter Agrippa angesiedelte germanische Stamm der Ubier Diese hatten mit Caesar einen Friedensvertrag abgeschlossen und wurden aus ihrem eigentlichen Siedlungsgebiet auf der rechten Rheinseite Germania magna das von der Sieg uber die Lahn bis zum unteren Main reichte in das linksrheinische Gebiet Germania inferior um Gelduba heute Krefeld Gellep Stratum und Tolbiacum heute Zulpich umgesiedelt Im 2 Jahrhundert n Chr war das Strassendorf etwa einen Kilometer lang und es lebten mehrere hundert Menschen dort 3 In der direkten Umgebung vom Vicus existierten zahlreiche Hofe Im 2 Jahrhundert spricht man von 50 Hofstellen 8 So wurden im heutigen Rheydt im Umfeld der Oberhydener Strasse Keplerstrasse Wilhelm Strauss Strasse und Geneickener Strasse sowie in Genhulsen Giesenkirchen und Beckrath Reste von romischen Bauernhofe gefunden Dort wurde Spelzweizen wie Emmer Einkorn und Dinkel sowie Saatweizen angebaut Dazu kamen auch Roggen und Gerste sowie Hulsenfruchte wie Erbse Linse und Feldbohne Auf den Weiden war vor allen das Rind die Nahrungsquelle der Menschen in der Gegend Hinzu kam nur im Herbst das Schwein auf den Teller der Romer Schafe wurden wegen ihrer Wolle und fur die Milch und Kaseproduktion gehalten 9 Am Ende des 2 Jahrhunderts litt das gesamte Romische Reich unter einer Wirtschaftskrise auch Germania inferior und der Vicus Mulfort Er wurde kleiner und hatte nur noch eine Lange von 400 Metern 1 Das Klima am Niederrhein verschlechterte sich und die sandigen Boden am Niederrhein wurden immer unfruchtbarer Mulfort wurde 274 n Chr von den Franken uberfallen Alle Siedlungsstellen und alle Bauernhofe nicht nur im Umfeld von Mulfort sondern fast uberall am Niederrhein wurden von den Franken uberrannt ausgeplundert und zerstort 1 Man versuchte in den Jahren danach trotzdem noch im Umland von Mulfort einzelne Bauernhofe aufzubauen aber spatestens 352 n Chr wurden die Romer durch den zweiten Frankeneinfall endgultig aus Mulfort und dem gesamten Gebiet Germania inferior vertrieben 1 Das Gebiet war danach wohl fur mehrere Jahrhunderte nicht mehr bewohnt Erst um 800 n Chr entstand eine Sachsenkolonie unter Karl dem Grossen einige Kilometer sudlich von Mulfort bei Odenkirchen Sasserrath sowie das heutige Monchengladbach im Umfeld des Abteiberges am Fluss Gladbach Romische Strassenverbindungen BearbeitenDurch Mulfort verliefen im Laufe der Zeit einige wichtige Strassenverbindungen So konnten die Romer von hier aus unbeschadet von Neuss Novaesium in Richtung Melick an der Roer Mederiacum und weiter an der westlichen Seite der Maas nach Maastricht und Tongern So konnten relativ sicher Truppen und Waren schnell vom romischen Galien zu den Romerlagern am Rhein gelangen Die Strassenverbindung war 6 bis 7 5 Meter breit mit Sand befestigt und besass auf beiden Seiten einen Wassergraben Es sind Reste des romischen Strassenbaus in Geistenbeck Hockstein Rheindahlen Beeck und Arsbeck gefunden worden 10 Des Weiteren vermutet man weitere Strassenverbindungen 1 Nach Nijmegen Uber Dulken Villa rustica Breyell Venlo Sablones uber die Maas nach Blerick Blariacum und dann auf der Romerstrasse von Maastricht nach Nijmegen Ulpia Noviomagus Batavorum Nach Xanten Uber Viersen Villa rustica Wankum Pont Vicus bei Geldern Sonsbeck nach Xanten Colonia Ulpia Traiana und dem benachbarten Romerlager Vetera II oder eher vermutlich uber Rheindahlen Broich bzw Rickelrath Leloh Dulken Villa rustica Nach Koln Uber Juchen Mehrere Villa rustica Grevenbroich Elfgen Stommeln Pulheim nach Koln Colonia Claudia Ara Agrippinensium Eine Furt oder gar eine Brucke bei Grevenbroich wird aber wissenschaftlich nur vermutet Nach Julich Uber Hochneukirch Villa rustica Titz nach Julich Iuliacum Spuren der Romerzeit BearbeitenEinheimischen fallt bei dem Begriff Romer in Monchengladbach sofort die Hochhaussiedlung Romerbrunnen ein die aber in Wirklichkeit nur am ostlichen Rand des Vicus Mulfort lag und bis auf eine Nachahmung eines Romerbrunnens der vor einem der Hochhauser steht nichts mit den historischen Gegebenheiten zu tun hat Anders sieht es in Mulfort im Umfeld der Dorfstrasse und Altmulfort aus Hier deutet der Strassennamen Am Romerlager auf ein Militarlager der Romer hin was der Vicus aber nie war Im Umfeld dieser Strassen haben Archaologen zahlreiche romische Funde gemacht Auch die Strasse Gruner Weg etwas sudlich von Mulfort der heute wie eine Landwehr aussieht durfte ein Teil der wichtigen Romerstrasse nach Neuss gewesen sein Der kleine asphaltierte Feldweg Beller Feld oder Eickeshecker Weg durfte die romische Strasse in Richtung Koln sein Wie exakt die romischen Strassen aber genau verliefen ist bis auf ein paar Stellen in Mulfort sowie Einzelfunde in Giesenkirchen Rheindahlen und Hockstein leider nicht eindeutig nachvollziehbar Sichtbare Funde und Hinweise sind in Mulfort nicht zu erkennen Historische Bedeutung des Vicus Mulfort BearbeitenDas Bodendenkmal Romischer Vicus Mulfort ist bedeutend fur die Geschichte von Monchengladbach sowie fur die Region Niederrhein Der Vicus reprasentiert einen herausragenden und im Rheinland seltenen Typ einer romischen dorfahnlichen Siedlung 7 Siehe auch BearbeitenListe der romischen vici in NiedergermanienLiteratur BearbeitenClive Bridger Klein und dennoch auffindbar Funf Gemmen vom Niederrhein In Archaologie im Rheinland 2006 Koln 2007 S 124 126 Christina Erkelenz Die romischen Nekropolen des vicus Monchengladbach Rheydt Mulfort VML Vlg Marie Leidorf Rhaden Westfalen 2012 Dieter Hupka Die romischen Siedlungsfunde gewerblichen Reste und Strassenbefunde in Monchengladbach Mulfort Dissertation Universitat zu Koln Koln 2015 Digitalisat Wolfgang Lohr Hrsg Loca Desiderata Monchengladbacher Stadtgeschichte Band 1 Rheinland Verlag und Betriebsgesellschaft des Landschaftsverbandes Rheinland Abtei Brauweiler Pulheim 1994 ISBN 3 7927 1375 6 Wolfgang Lohr Hrsg Kleine Monchengladbacher Stadtgeschichte Pustet Regensburg Regensburg 2009 ISBN 978 3 7917 2226 9 Landschaftsverband Rheinland Hrsg Bodendenkmalblatt MG 057 Ortsarchiv Nr 1895 195 2007 Claus Weber Romische Topferofen in Monchengladbach Mulfort In Archaologie im Rheinland 1992 Koln 1993 S 63 65 Ursula Maier Weber Claus Weber Ausgrabung im Museum Neues vom romischen Graberfeld in Mulfort In Archaologie im Rheinland 1994 Koln 1995 S 80 83 Weblinks BearbeitenMulfort eine Fundgrube fur die Archaologen Rheinische Post OnlineEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f Michael Gechter Monchengladbach in romischer Zeit In Wolfgang Lohr Hrsg Loca Desiderata Monchengladbacher Stadtgeschichte Band 1 Rheinland Verlag und Betriebsgesellschaft des Landschaftsverbandes Rheinland Abtei Brauweiler Pulheim 1994 ISBN 3 7927 1375 6 S 257 258 Wolfgang Lohr Hrsg Kleine Monchengladbacher Stadtgeschichte Pustet Regensburg 2009 ISBN 978 3 7917 2226 9 S 14 a b Wolfgang Lohr Hrsg Kleine Monchengladbacher Stadtgeschichte Pustet Regensburg 2009 Regensburg 2009 ISBN 978 3 7917 2226 9 S 15 Landschaftsverband Rheinland Hrsg Bodendenkmalblatt MG 057 Ortsarchiv Nr 1895 195 2007 Spektakulare Funde an Schloss Rheydt Rheinische Post Michael Gechter Monchengladbach in romischer Zeit In Wolfgang Lohr Hrsg Loca Desiderata Monchengladbacher Stadtgeschichte Band 1 Rheinland Verlag und Betriebsgesellschaft des Landschaftsverbandes Rheinland Abtei Brauweiler Pulheim 1994 ISBN 3 7927 1375 6 S 236 a b c Landschaftsverband Rheinland Hrsg Bodendenkmalblatt MG 057 Ortsarchiv Nr 1895 195 2007 Michael Gechter Monchengladbach in romischer Zeit In Wolfgang Lohr Hrsg Loca Desiderata Monchengladbacher Stadtgeschichte Band 1 Rheinland Verlag und Betriebsgesellschaft des Landschaftsverbandes Rheinland Abtei Brauweiler Pulheim 1994 ISBN 3 7927 1375 6 S 254 Michael Gechter Monchengladbach in romischer Zeit In Wolfgang Lohr Hrsg Loca Desiderata Monchengladbacher Stadtgeschichte Band 1 Rheinland Verlag und Betriebsgesellschaft des Landschaftsverbandes Rheinland Abtei Brauweiler Pulheim 1994 ISBN 3 7927 1375 6 S 248 249 Michael Gechter Monchengladbach in romischer Zeit In Wolfgang Lohr Hrsg Loca Desiderata Monchengladbacher Stadtgeschichte Band 1 Rheinland Verlag und Betriebsgesellschaft des Landschaftsverbandes Rheinland Abtei Brauweiler Pulheim 1994 ISBN 3 7927 1375 6 S 247 51 14998 6 4580512 Koordinaten 51 8 59 93 N 6 27 28 98 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vicus Mulfort amp oldid 230247916