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Victor Aronstein 1 November 1896 in Margonin 13 Januar 1945 wahrscheinlich im KZ Auschwitz Birkenau war ein deutscher Arzt judischer Herkunft Lokale Bekanntheit erlangte er im Berliner Ortsteil Alt Hohenschonhausen wo er funf Jahre lang eine Praxis fuhrte bevor diese aufgeben musste Aronstein wurde 1941 ins Ghetto Litzmannstadt heute Lodz deportiert und Ende 1944 wahrscheinlich nach Auschwitz verschleppt Nach Aussage eines namentlich nicht bekannten Mithaftlings wurde Aronstein dort ermordet zwei Wochen vor der Befreiung des Lagers durch die Rote Armee Gedenktafel fur Victor Aronstein in Berlin Alt Hohenschonhausen Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Kindheit und Jugend 1 2 Studium und die ersten Berufsjahre 1 3 Hohenschonhauser Jahre 1 4 Die letzten Jahre im Ghetto Litzmannstadt 2 Gedenken 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenKindheit und Jugend Bearbeiten Victor Aronstein wurde am 1 November 1896 als jungstes von drei Kindern in Margonin einer Stadt in der heutigen Woiwodschaft Grosspolen geboren Seine Eltern waren Jacob und Henriette Aronstein geb Cohn Der Vater betrieb um den Zeitpunkt seiner Geburt eine Brauerei im Ort der neben der Tuchmacherei von diesem Gewerbe gepragt war Der Niedergang der alten feudalen Produktionsformen sorgte allerdings fur einen wirtschaftlichen Niedergang mit der Folge dass vor allem viele deutsche und judische Familien den Ort verliessen und in Berlin ihr Gluck versuchten Auch die Familie Aronstein gehorte zu ihnen Ab 1904 lebten die Aronsteins im Osten Berlins der ab 1920 den Bezirk Friedrichshain bildete Victor besuchte seit dem Umzug nach Berlin das Kollnische Gymnasium bis er sich im Oktober 1915 wenige Monate vor seiner Reifeprufung fur den Kriegsdienst meldete Bis zu seiner Entlassung im Februar 1919 erlangte er unter anderem das Eiserne Kreuz II Klasse sowie das Verwundetenabzeichen Die 1917 zugezogene Verwundung ermoglichte es ihm ausserdem in Berlin zu bleiben und die Kriegsreifeprufung abzulegen Nach dieser liess er sich kurz vor seiner Entlassung an der medizinischen Fakultat der Friedrich Wilhelm Universitat immatrikulieren Am 12 Februar 1918 starb Aronsteins Mutter Kurze Zeit spater zog die Familie ein letztes Mal innerhalb Berlins um und liess sich in der Marsiliusstrasse nieder Die Strasse war damals wie das umliegende Viertel stark judisch gepragt Nach dem Tod des Vaters am 21 November 1927 war Victor Aronstein der Hauptmieter der Wohnung Studium und die ersten Berufsjahre Bearbeiten Nach der Entlassung aus dem Heer widmete sich Aronstein weiter seinem Studium Neben dem Besuch der einzelnen Vorlesungen war er auch als Schuler des Stadtischen Krankenhauses am Urban tatig Die Fruhjahr und Sommermonate 1922 verbrachte er an der Ruprecht Karls Universitat zu Heidelberg wo er ebenfalls an Vorlesungen teilnahm und praktische Arbeit verrichtete Hier wurde ihm unter anderem auch die Fahigkeit Entbindungen vorzunehmen bescheinigt Ab Oktober 1922 war Aronstein wieder an der Charite wo er sein Medizinstudium fortsetzte und dabei auch Kontakt zu international anerkannten Professoren wie Karl Bonhoeffer Adalbert Czerny und Friedrich Kraus hatte Um seine Approbation und spater seinen Doktortitel zu erhalten absolvierte er vom 1 Juli 1925 bis zum 10 August 1926 sein Praktikum am Judischen Krankenhaus im Gesundbrunnen Am 17 August 1926 erhielt er schliesslich die Approbation als Arzt am 28 April 1927 wurde er nach Anfertigung einer Dissertationsschrift zum Thema Ueber die sogenannte Myositis ossificans progressiva zum Dr med promoviert Am 21 November des gleichen Jahres starb sein Vater Seine eigentliche Laufbahn als Mediziner begann Aronstein am 28 Marz 1928 als Assistenzarzt im Park Sanatorium in Birkenwerder nordlich von Berlin Er leitete dabei zunachst zwei Stationen mit bis zu 70 Betten bevor er am 1 Marz 1930 zum Oberarzt und damit zum Verantwortlichen fur rund 300 Patienten ernannt wurde Am 30 Juni 1931 verliess Aronstein das Krankenhauswesen um sich in Berlin als Facharzt fur innere Krankheiten niederzulassen Im Herbst desselben Jahres eroffnete in der Marsiliusstrasse 16 wo sich immer noch sein Wohnsitz befand seine Praxis Von seinen Patienten und Vertrauten wurde er bereits zu dieser Zeit als ausserst hilfsbereit beschrieben Hohenschonhauser Jahre Bearbeiten Anfang Februar 1933 zog Aronstein nach Hohenschonhausen in die Bahnhofstrasse 1 um wo er ebenfalls wieder seine Praxis fur Innere Krankheiten eroffnete Am 30 Januar 1933 wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt Judische Geschafte wurden boykottiert auch Anwaltskanzleien und Arztpraxen hatten wirtschaftliche Verluste Aronstein fuhlte sich von der Hetzaktion nicht gefahrdet da er davon uberzeugt war er sei als Kriegsteilnehmer durch das so genannte Frontkampferprivileg geschutzt Um 1935 wechselte der judische Arzt in die angrenzende Berliner Strasse 126 Abgesehen von der geringfugig besseren Lage an der Hohenschonhauser Hauptverkehrsstrasse anderte sich jedoch vorerst nichts Aronstein gewann in dieser Zeit das Vertrauen der Leute fur einen Juden in dieser Zeit eine nicht selbstverstandliche Leistung Er wird als Arzt beschrieben der Tag und Nacht fur seine Patienten da war 1 Nach kurzer Zeit wies der judische Arzt die grosste Praxis im Ortsteil auf Zu seinen Stammpatienten gehorten dabei auch Nationalsozialisten die jedoch heimlich kamen Die zustandige Ortsgruppenstelle der NSDAP veranlasste jedoch den Vermieter ihm die Wohnung samt Praxis zum 31 Dezember 1936 zu kundigen Nach anfanglichen Schwierigkeiten gelang es Aronstein uber eine seiner Patienten eine neue Praxis in der Werneuchener Strasse 3 zu finden der Bruder jener Patientin erklarte sich bereit Raum fur den judischen Arzt freizumachen und selbst umzuziehen Aronstein behielt seine Sprechstundenhilfe Lotte Korn welche ihm dienstlich wie auch privat sehr nah stand Ab 1938 wurde seine Existenz zunehmend unsicherer Bereits vor den Novemberpogromen musste sich der Arzt mehrmals im Haus verborgen halten Zum Gluck standen alle Hausbewohner zu ihm und er konnte rechtzeitig gewarnt werden Nachbarn unterstutzten ihn mit Nahrungsmitteln und Medikamenten Die Vierte Verordnung zum Reichsburgergesetz entzog judischen Arzten mit Wirkung zum Ende September 1938 die Approbation Aronstein musste seine Praxis aufgeben Anfang 1939 zog er ein weiteres Mal um diesmal zu seinem Schwager in die Zimmerstrasse in Kreuzberg Obwohl zunachst geplant war dass die gesamte Familie d h Aronstein als auch seine beiden Schwestern samt ihren Familien emigriert musste der Arzt zunachst mit seinen finanziellen Mitteln aushelfen damit zumindest die Familien seiner beiden Schwestern das Land in Richtung USA beziehungsweise Chile verlassen konnten Aronstein wollte ihnen noch im selben Jahr folgen Bereits im September erhielt er aus der chilenischen Hauptstadt Santiago die Erlaubnis zur Einreise Die Reichsfluchtsteuer sowie die Judenbusse welche sich nach seinem bisherigen Einkommen und Vermogen richteten konnte er nur zum Teil aufbringen dies verhinderte seine Emigration Die Moglichkeit den bereits bezahlten Teilbetrag der Reichsfluchtsteuer zuruckerstattet zu bekommen gab es nicht Die Alternative in die Vereinigten Staaten auszuwandern bot sich nicht denn es bestand eine lange Warteliste fur Einwanderer aus Deutschland Die letzten beiden Jahre tauchte der judische Arzt bei Bekannten oder ehemaligen Patienten unter und ubte dort sofern es die Situation erlaubte gelegentlich seinen Beruf aus Bei Razzien durch die Polizei oder die Gestapo wurde er vorher gewarnt und versteckte sich Die letzten Jahre im Ghetto Litzmannstadt Bearbeiten Ab dem 1 Oktober 1941 begann in Berlin die Deportation judischer Mitburger in die Ghettos und Vernichtungslager Obwohl Aronstein um diesen Zeitpunkt herum bereits wusste dass er deportiert werden sollte lehnte er jegliches Angebot zur Flucht ins Ausland ab Zum einen wollte er seine Freunde die ihm dabei halfen nicht unnotig gefahrden Zum anderen erhoffte er sich am Deportationsort weiter als Arzt praktizieren zu konnen An seinem 45 Geburtstag am 1 November 1941 wurden Victor Aronstein und Lotte von der Gestapo abgeholt und zum Bahnhof Grunewald gebracht Von hier aus gelangten an diesem Tag allein uber 1 000 Juden in das Ghetto Litzmannstadt Auf der Liste der Eingesiedelten erschienen Victor und Lotte schon als Ehepaar 2 3 Uber Aronsteins Zeit im Ghetto ist wenig bekannt Er soll vor Ort Kontakt mit einem Soldaten der Wachmannschaft gehabt haben der ihn noch aus seiner Zeit in Hohenschonhausen kannte Uber diesen gelang es ihm Briefverkehr von und nach Berlin zu tatigen und kleine Packchen zu erhalten Seine Briefe waren verschlusselt wie es auch bei Frontbriefen oft der Fall war Bis zuletzt hatte er die Hoffnung das Ghetto zu uberleben Ironischerweise umschrieb er diese Hoffnung meist mit dem Wort Endsieg Von seiner Frau Lotte Aronstein Korn war seit 1944 jedoch kein Lebenszeichen mehr vorhanden Mit der herannahenden Roten Armee wurde das Ghetto ab Mitte 1944 aufgelost Die meisten der uber 160 000 Insassen wurden nach Auschwitz gebracht dort oft als arbeitsunfahig gemustert und unmittelbar zur Vergasung geschickt Nur wenige darunter auch Aronstein konnten dem vorzeitigen Tod entrinnen und wurden noch als Arbeitskrafte im Lager eingesetzt Es ging mit seiner Gesundheit in den letzten Monaten rapide bergab Ein Uberlebender der Aronstein von Litzmannstadt nach Auschwitz begleitet hatte berichtete im Nachhinein dass der Arzt an einer Lungen TBC erkrankte und zwei Wochen vor der Befreiung durch die Rote Armee also vermutlich am 13 Januar 1945 getotet wurde Gedenken Bearbeiten nbsp Stolperstein am Haus Zimmerstrasse 48B in Berlin MitteEs existieren keine Grabstatten von Victor Aronstein und seiner Frau Lotte Aronstein Korn Dennoch blieb sein Name zunachst durch Angehorige spater durch zahlreiche Gedenken in Erinnerung Bereits ab 1960 erinnerte eine Gedenktafel an der Werneuchener Strasse 3 an den Arzt Diese wurde 1987 und ein weiteres Mal 1996 zu seinem 100 Geburtstag ersetzt Die letzte kam bei der Sanierung des Hauses abhanden und wurde 1999 durch eine neue Gedenktafel ersetzt Die Inschrift dieser vierten Tafel lautet BERLINER GEDENKTAFEL In diesem Haus praktizierte 1937 1938 der judische Arzt VICTOR ARONSTEIN 1 November 1896 Januar 1945 Am 1 November 1941 wurde er von der Gestapo in das Ghetto von Lodz deportiert und 1945 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet Neben dieser Gedenktafel trug der Jugendklub in der Schoneicher Strasse in Hohenschonhausen bis zur politischen Wende 1989 90 seinen Namen Des Weiteren sind zahlreiche personliche Gegenstande Aronsteins im Heimatmuseum untergebracht die meisten von ihnen waren zuvor im Besitz seiner Angehorigen Seit Dezember 1995 ist Victor Aronstein bei der judischen Gedenkstatte Yad Vashem zur Registrierung angemeldet In Berlin Hohenschonhausen tragt ein Seniorenheim seinen Namen Am 26 Februar 2020 wurde vor seinem ehemaligen Wohnort Berlin Mitte Zimmerstrasse 48B ein Stolperstein verlegt Fur Lotte Korn liegt seit dem 14 Dezember 2015 ein Stolperstein vor dem Haus Konigin Luise Strasse 83 in Dahlem Literatur BearbeitenHerbert Mayer Besonders beliebter Dr Aronstein In Berlinische Monatsschrift Luisenstadtischer Bildungsverein Heft 3 1997 ISSN 0944 5560 S 112 114 luise berlin de Judischer Arzt starb im KZ Gedenktafel fur Victor Aronstein In Berliner Zeitung 26 Oktober 1999 Manchmal legte er den Patienten Geld aufs Rezept In Berliner ZeitungWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Victor Aronstein Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Aronstein Victor im Ehrungsverzeichnis des Luisenstadtischen BildungsvereinsEinzelnachweise Bearbeiten Alphabetical directory of Jewish doctors in Berlin 03 24 1937 In Arolsen Archives Abgerufen am 19 April 2023 https www statistik des holocaust de OT4 2b jpg Card File of Berlin Transports to the East Osttransporte Waves 1 7 Files of Jewish citizens of Berlin who were deported to the East on the transport waves I VII VICTOR ARONSTEIN In Arolsen Archives Abgerufen am 19 April 2023 Normdaten Person GND 126134480 lobid OGND AKS VIAF 10829259 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Aronstein VictorKURZBESCHREIBUNG deutscher ArztGEBURTSDATUM 1 November 1896GEBURTSORT MargoninSTERBEDATUM 13 Januar 1945STERBEORT KZ Auschwitz Birkenau Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Victor Aronstein amp oldid 232982575