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Die urkeltische Sprache in der wissenschaftlichen Literatur auch Protokeltisch genannt ist die rekonstruierte Vorlaufersprache von der die keltischen Sprachen abstammen eine Sprachfamilie die wiederum einen Zweig der indogermanischen Sprachfamilie bildet Der Wortschatz des Urkeltischen kann zuverlassig mit der historisch vergleichende Methode Sprachvergleich der historischen Linguistik rekonstruiert werden Das Keltische ist ein Zweig der westlichen Gruppe der indogermanischen Sprachen neben Germanisch Italisch und der baltisch slawischen Gruppe Das genaue Verhaltnis dieser Gruppen untereinander ist Gegenstand der Diskussion insbesondere wird diskutiert ob es eine italo keltische Zwischenstufe gegeben hat Die italo keltische Theorie nimmt eine Periode gemeinsamer Entwicklung der vorkeltischen mit den voritalischen Dialekten an Diese Uberlegungen gehen auf Carl Friedrich Lottner 1861 1 und Alois Walde zuruck der im Jahre 1917 den Aufsatz Uber alteste sprachliche Beziehungen zwischen Kelten und Italikern verfasste Die italo keltische Theorie sei nach Haarmann 2016 2 nicht belegbar er sieht im Keltischen eine Ausgliederung einer eigenstandigen indogermanischen Sprachgruppe die 2000 v Chr aus der hypothetischen indogermanischen Ursprache eingesetzt hatte 3 4 5 6 Dennoch gibt es auch eine Reihe zeitgenossischer Sprachwissenschaftler die die Hypothese weiterhin als belegt betrachten so etwa Calvert Watkins 1966 7 oder Peter Schrijver Die alteste archaologische Kultur die als protokeltisch angesehen werden kann ist die Urnenfelderkultur der mitteleuropaischen spaten Bronzezeit letztes Viertel des 2 Jahrtausends v Chr Die aus ihr hervorgegangene eisenzeitliche Hallstattkultur war moglicherweise keltisch Die sprachwissenschaftliche Rekonstruktion des Urkeltischen ist im Gange siehe Matasovic 2009 8 Das alteste Keltisch wird vorwiegend nach geographischen historischen und typologischen Gesichtspunkten in Inselkeltisch und Festlandkeltisch aufgeteilt wobei letzteres ausgestorben ist und alle bis heute gesprochenen keltischen Sprachen auch das Bretonische dem Inselkeltischen angehoren Das Festlandkeltische ist hierbei definitiv keine genetische Einheit sondern eine Zusammenfassung mehrerer Haupt oder Primarzweige der keltischen Sprachfamilie wahrend das Inselkeltische von manchen Fachleuten fur einen Primarzweig gehalten wird herkommlich jedoch als eine bloss typologisch begrundete Gruppierung zweier Primarzweige Goidelisch und Britannisch betrachtet wird Bei der Erforschung des Festlandkeltischen besteht weitgehende Klarheit uber die Phonologie und einige Gewissheit uber das Formensystem Morphologie Flexion wahrend bei der Syntax mangels uberlieferter Texte viele Unklarheiten bestehen In den am besten bekannten festlandkeltischen Varietaten Gallisch und Keltiberisch sind nur wenige vollstandige Satze uberliefert die jedoch durch ihr hohes Alter von grossem Wert fur die Erforschung des Urkeltischen sind Dagegen ist die alteste keltische Literatur in altirischer Sprache der am fruhesten uberlieferten inselkeltischen Sprache ab dem 7 Jahrhundert n Chr uberliefert Inhaltsverzeichnis 1 Phonologische Rekonstruktion 1 1 Konsonanten 1 2 Vokale 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweisePhonologische Rekonstruktion BearbeitenIm Folgenden sind die phonologischen Unterschiede zwischen dem Urindogermanischen und dem Urkeltischen aufgelistet Konsonanten Bearbeiten Urindogermanisch Urkeltisch Beispiel Altirisch Walisisch p f ph tḗr gt fatir Vater athir awal atr t t trei es gt tris drei tri tri k ḱ k kh n e gt kan o singen ḱm tom gt kantom hundert canaidcet kʲeːd canucant kʷ kʷ kʷetu r es gt kʷetwares vier ceth a ir pedwar b b dʰub no gt dubnos tief domun dwfn d d derḱ gt derk hin erblicken derc Auge dyrch Sehen Sicht g ǵ g gli neh gt gli na kleben bleiben ǵen u gt genu Kinnbacke Kinn glen a idgi u n Mund glynu abhangen gen Wange Kinn gʷ b gʷenh gt bena Frau ben awal ben bʰ b bʰer e gt ber o tragen bringen berid tragt adfer wiederherstellen cymeryd nehmen Anm 1 dʰ d dʰi neh gt di na saugen denait sie saugen dynu denu gʰ ǵʰ g gʰh bʰ e i gt gab i fassen nehmen ǵʰelH ro gt galaro Krankheit ga i bid nimmt ergreift erhalt galar gafael halten galar Trauer Kummer gʷʰ gʷ gʷʰn gt gʷan o toten verwunden gonaid gwanu erdolchen s s seno gt senos alt sen hen m m meh ter gt matir Mutter mathir vgl modryb Mutterschwester Tante n n h nep ōt gt nefuts Neffe niad nai l l leiǵʰ gt lig e o lecken ligid llyo llyfu r r h reǵ s gt rigs Konig Herrscher ri Gen rig rhi i j h i uh n ḱos gt juwankos jung oac ieuanc u w h u l h ti gt wlatis Gewalt Herrschaft flaith Herrschaft Furst gwlad Land Walisisch adfer lt ate ber cymeryd lt veraltet cymer lt mwal cymeraf lt kom ber mit yd aus der Verbalnomen cymryd lt kom britu Vokale Bearbeiten Urindogermanisch Urkeltisch Beispiel Altirisch Walisisch a h e a h ep h ōn gt abu Akk abonen Fluss aub Gen abae afon a eh a bʰreh ter gt bratir Bruder brathir brawd e h e e seno gt senos alt sen hen H zwischen Konsonanten Anm 1 a ph tḗr gt fatir Vater athir awal atr e eh i u eh ro gt wiros wahr fir gwir o Ho h e o Hroth o gt rotos Rad roth rhod ō eh im Auslaut u h nep ōt gt nefuts Neffe niae Gen niad naian anderer Stelle a deh nus gt danus Schenkung dan dawn i i gʷih tu gt bitus Welt bith byd i iH i rimeh gt rima Zahl rim rhif ai h ei eh i ai keh i ko gt kaikos blind seh itlo gt saitlo Alter caech auf einem Auge blind coeg leer vergeblich einaugig hoedl h ei ei eh i e dei u os gt dewos Gott dia duw Gottlichkeit oi ōi h ei eh i oi Hoi Hn o gt oinos eins oen oin un u vor wa o h i uh n ḱos gt fruh juwankos gt spat jowankos jung oac ieuancan anderer Stelle u sru tu gt srutus Strom sruth Fluss Strom ffrwd Strom Sturzbach Flut u uH u ruHneh gt runa Geheimnis vgl Runen run rhin au h eu eh u au tous o eh gt tauso m tausa f Schweigen taue f taw m h eu eu eh u ou ōu h eu eh u ou teuteh gt touta Volk Stamm gʷeh u s gt bows Kuh tuathbo tudmwal bu biw Kuhe l vor Verschlusslaute li pl th nos gt flitanos weit lethan llydanvor anderen Konsonanten al kl h gt kaljakos Hahn cailech ceiliog r vor Verschlusslaute ri bʰr ti gt briti Tragen Geist breth brith bryd Geist Wille Absicht vor anderen Konsonanten ar mr u os gt marwos tot marb marw m am dm nh gt damna damna bindet fest bandigt n an h dn t gt danton Zahn det dʲeːd dant l H vor Obstruenten la h u lh ti gt wlatis Gewalt Herrschaft flaith gwlad Land vor Sonoranten la pl Hmeh gt flama Hand lam llaw r H vor Obstruenten ra mr Htom gt mratom Treuebruch mrath bradvor Sonoranten ra ǵr Hnom gt granom Korn gran grawn m H am ma Essiv dm h h i e gt damje o ist zahm ist gefugig daim duldet gesteht zu fodam goddef erdulden n H an na ǵn h to gt gnatos bekannt gnath gnawd gewohnlich ublich Nach Hackstein 2002 CH CC gt O im unbetonten Inlaut Somit schwindet der Laryngal in den schwachen Fallen das ein ablautendes Paradigma ergibt z B idg N Sg dʰugh tḗr gegenuber G Sg dʰugtr os Tochter gt fruhurkelt dugater dugtr Daraus die Paradigmenspaltung keltiberisch G Sg tuateros N Pl tuateres gegenuber gallish duxtir lt dugtir Zair 2012 S 161 u 163 Literatur BearbeitenPeter Anreiter Jerem Erzsebet Studia Celtica et Indogermanica Festschrift fur Wolfgang Meid zum 70 Geburtstag Archaeolingua Alapitvany Budapest 1999 Warren Cowgill Flexion und Wortbildung Akten der V Fachtagung der Indogermanischen Gesellschaft Regensburg 9 14 September 1973 Hrsg H Rix Reichert Wiesbaden 1975 The origins of the Insular Celtic conjunct and absolute verbal endings S 40 70 Peter Forster Alfred Toth Toward a phylogenetic chronology of ancient Gaulish Celtic and Indo European In Proc Natl Acad Sci U S A Band 100 Nr 15 Juli 2003 S 9079 9084 doi 10 1073 pnas 1331158100 PMID 12837934 PMC 166441 freier Volltext bibcode 2003PNAS 100 9079F Russell D Gray Quintin D Atkinson Language tree divergence times support the Anatolian theory of Indo European origin In Nature Band 426 Nr 6965 November 2003 S 435 439 doi 10 1038 nature02029 PMID 14647380 bibcode 2003Natur 426 435G Olav Hackstein Uridg CH CC gt C CC In Historische Sprachforschung 115 2002 S 1 22 George S Lane The Germano Celtic Vocabulary In Language 1933 S 244 264 Ranko Matasovic Etymological Dictionary of Proto Celtic Leiden Indo European Etymological Dictionary Series 9 Brill Academic Publishers Leiden 2009 ISBN 978 90 04 17336 1 brill nl Kim McCone Towards a Relative Chronology of Ancient and Medieval Celtic Sound Change Department of Old and Middle Irish St Patrick s College Maynooth 1996 ISBN 0 901519 40 5 Wolfgang Meid Peter Anreiter Hrsg Die grosseren altkeltischen Sprachdenkmaler Akten des Kolloquiums Innsbruck 29 April 3 Mai 1993 Innsbruck 1996 Holger Pedersen Vergleichende Grammatik der keltischen Sprachen Band 2 Bedeutungslehre Wortlehre Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1913 1976 ISBN 3 525 26119 5 Peter Schrijver Studies in British Celtic Historical Phonology Rodopi Amsterdam 1995 ISBN 90 5183 820 4 Stefan Schumacher Die keltischen Primarverben Ein vergleichendes 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the Italo Celtic Hypothesis Dissertationsschrift Universitat Leiden 2014 Wolfram Euler Sprachgruppen mit naher Verwandtschaft Methodenreflexion und kritik In Res Balticae 11 2007 S 7 28 Leszek Bednarczuk The Italo Celtic Hypothesis from the Indo European Point of View In Proceedings of the First North American Congress of Celtic Studies Ottawa 1988 S 179 189 Calvert Watkins Italo Celtic Revisited In Henrik Birnbaum Jaan Puhvel Hrsg Ancient Indo European dialects University of California Press Berkeley 1966 S 29 50 OCLC 716409 Ranko Matasovic EDPC 2009 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Urkeltisch amp oldid 225954090