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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Titurel Begriffsklarung aufgefuhrt Die Titurel Fragmente stammen vom mittelalterlichen Dichter Wolfram von Eschenbach um 1170 um 1220 und erzahlen in strophischer Form die Geschichte des Liebespaares Sigune und Schionatulander Uber die Entstehungszeit der Fragmente ist sich die Forschung bis heute nicht einig Eine verbreitete Annahme ist nach wie vor dass der Titurel zwischen den beiden anderen grossen Werken Wolframs dem Parzival hofischer Roman und dem Willehalm Heldenepos entstanden sei Der Titurel ist der erste Stoff der deutschen Literatur aus dem Artuskreis der uber keine fremde Vorlage verfugt Bekannter als sein Ursprungswerk ist nur der Jungere Titurel Albrechts der um 1260 1270 entstanden sein durfte und in dem Wolframs Werk zu einem Epos von uber 6300 Titurelstrophen ausgearbeitet wird Wolfram von Eschenbach in einer Darstellung des Codex Manesse um 1300 Inhaltsverzeichnis 1 Uberlieferung 2 Verfasser und Entstehungszeit 3 Handlung 3 1 Fragment I 3 2 Fragment II 3 3 Hinweise aus dem Parzival 4 Textauszug 5 Strophenform 5 1 Die Titurelstrophe 6 Rezeptionsgeschichte Jungerer Titurel 7 Einzelnachweise 8 Literatur 8 1 Zur Einfuhrung 8 2 Textausgaben 8 3 Sekundarliteratur 9 WeblinksUberlieferung BearbeitenWolframs Titurel findet sich in drei Handschriften uberliefert Zunachst in der Handschrift G der Bayerischen Staatsbibliothek Munchen deren Entstehung auf die Mitte des 13 Jahrhunderts datiert ist Sie ist somit die Handschrift die der Entstehungszeit der Fragmente am nachsten kommt Uberliefert sind 164 Strophen Der zweite Uberlieferungstrager ist die Handschrift H aus der Osterreichischen Nationalbibliothek Wien besser bekannt unter dem Namen Ambraser Heldenbuch Entstanden ist sie zwischen 1504 und 1516 Die Handschrift zeugt allerdings nur von 68 Strophen des Titurel und deckt sich bis auf funf zusatzliche Strophen grossteils mit der Handschrift G Die Handschrift M der Universitatsbibliothek Munchen aus der Zeit um 1300 ist die am schlechtesten erhaltene und verfugt nur uber 46 Strophen oder Strophenteile aus dem ersten Fragment die sich teils schwer leserlich und in anderer Strophenfolge darstellen Die Handschriften H und M weisen elf zusatzliche Strophen auf die in G nicht vorkommen Heute geht man davon aus dass die Handschriften G und H zwei unterschiedliche Zweige der Uberlieferung darstellen wahrend M eine Zwischenstellung einnimmt Als Leithandschrift dient der mediavistischen Forschung die alteste und umfangreichste Uberlieferung G Verfasser und Entstehungszeit BearbeitenWolfram von Eschenbach zahlt neben Heinrich von Veldeke und Hartmann von Aue zu den grossen deutschsprachigen Epikern des Mittelalters und lebte ungefahr zwischen 1170 und 1220 Es ist bekannt dass er uber Verbindungen zur bayerischen Herzogsfamilie der Wittelsbacher und zum Landgrafen Hermann von Thuringen verfugte wobei Letzterer als Auftraggeber des Willehalm bekannt ist Wolframs Gesamtwerk umfasst neben drei epischen Werken Parzival Willehalm Titurel neun Lieder Bezuglich der Entstehungszeit der Titurel Fragmente gibt es nur Mutmassungen In der Forschung wird angenommen dass sie zwischen dem Parzival und dem Willehalm entstanden sein konnten Immer wieder treten im Titurel Details auf die aus dem Parzival als bekannt fur den Leser vorausgesetzt werden Als Datierungsquelle wurde sich nur die Strophe 87 eignen welche uber den bereits verstorbenen Hermann von Thuringen berichtet Das heisst dass man sich in der Zeit nach 1217 bewegen wurde die Echtheit dieser Strophe wird stark angezweifelt Warum das Werk nur fragmentarisch uberliefert wurde konnte bis heute nicht geklart werden Wolframs Tod um 1220 stellt fur die Forschung immer noch einen moglichen Grund fur den abrupten Abbruch der Fragmente dar Es gilt in Betracht zu ziehen dass das Werk zu Wolframs Zeiten durchaus vollstandig gewesen sein konnte und moglicherweise nur durch schlechte Uberlieferungsmoglichkeiten zu einem Fragment wurde Handlung BearbeitenFragment I Bearbeiten Titurel ist der Stammvater der Gralssippe Er ubergibt in den ersten uberlieferten Strophen seinem Sohn Frimutel die Gralsherrschaft tritt aber im weiteren Verlauf nicht mehr auf Dennoch sind die Fragmente nach Titurel benannt da sein Name in den uberlieferten ersten Strophen zuerst fallt Im Folgenden wird der Leser in die Verwandtschaftsverhaltnisse eingefuhrt und die Protagonisten werden vorgestellt Sigune ist Titurels Urenkelin deren Mutter bei der Geburt stirbt Sie wachst daher bei ihrer Tante Herzeloyde auf Schionatulander ist der Enkel des Gurnemanz von Graharz und wird Knappe des Gahmuret Indem sich Herzeloyde und Gahmuret vermahlen wachsen die Kinder Sigune und Schionatulander gemeinsam auf und verlieben sich Eine raumliche Trennung steht bevor als Gahmuret Schionatulander in den Orient mitnehmen will Die Kinder gestehen den Eltern daraufhin ihre Liebe nbsp Ein Ausschnitt des Titurel Fragments aus der Handschrift M der Universitatsbibliothek Munchen 1 Fragment II Bearbeiten Ohne die Vorkommnisse und Gahmurets Tod im Orient aufzuklaren steigt die Handlung im zweiten Fragment circa anderthalb Jahre spater ein Sigune und Schionatulander lagern auf einer Wiese im Wald Ein Jagdhund taucht auf der Lichtung auf und wird von Schionatulander eingefangen Auf seiner langen und mit Edelsteinen besetzten Leine steht sein Name Gardeviaz und die Liebesgeschichte seiner Herrin Bevor Sigune die Geschichte zu Ende lesen kann fluchtet der Hund samt Leine Schionatulander versucht zunachst ihn wieder einzufangen was ihm misslingt Sigune setzt es sich zum hochsten Ziel die Geschichte zu Ende zu lesen und beauftragt ihren Geliebten mit der Suche nach der Leine Wenn ihm dies gelingen sollte wurde sie ihm Minne gewahren Schionatulander stimmt zu Danach bricht das Fragment unvermittelt ab Hinweise aus dem Parzival Bearbeiten Der Ausgang der Liebesbeziehung ist aus dem Parzival ansatzweise bekannt Parzival trifft im Laufe seiner Gralssuche auf eine klagende Frau deren erschlagener Geliebter in ihrem Schoss liegt Pz 138 9 142 2 Sigune klart Parzival in dieser Szene uber ihre Verwandtschaftsbeziehung auf Sie ist seine Cousine Uber den toten Schionatulander in ihrem Schoss sagt sie in unser zweier dienste den tot hat er bejagt in deinem und meinem Dienst hat er sich den Tod erjagt Seinen Morder nennt Sigune ebenfalls Orilius der Bruder Lahelins der Parzival seiner Erblander beraubt hatte Schionatulander sollte in Parzivals Namen an ihm Rache uben Eine zweite Aussage Sigunes ein bracken seil gap im den pin eine Hundeleine fugte ihm dieses Leid zu lasst nur erahnen was dem minnekranken Schionatulander widerfahren sein muss nachdem er von Sigune am Ende des Titurel den Auftrag zur Suche nach der Leine bekommen hatte Auch der Parzival liefert letztlich keine vollstandige Aufklarung uber Schionatulanders tragisches Ende Es folgen nur noch drei Szenen in denen Parzival auf die klagende Sigune trifft die sich infolge des Todes ihres Geliebten fur ein Klausnerleben entschied Bei ihrem letzten Treffen findet Parzival Sigune tot in ihrer Klause uber dem Grab Schionatulanders und bestattet sie neben ihm Textauszug BearbeitenOriginal 2 170 Si sprach da stuont aventiure an der strangen sol ich die niht zende uz lesen mir ist unmaere min lant ze Katelangen swaz mir iemen richeit mohte gebieten unt obe ich wirdec waere ze nemene da fur wolt ich mich der schrifte nieten 171 Daz spriche ih werder friunt dir noch niemen ze vare obe wir beidiu iunc solten leben zuo der zit unsere kunftigen iare so daz din dienst doch gerte miner minne du muost mir daz seil e erwerben da Gardeviaz ane gebunden stuont hinne Ubersetzung 3 170 Sie sagte Da stand eine Aventiure auf dem Seil Wenn ich die nicht bis zu Ende auslesen werde ist mir mein ganzes Land Katelangen gleichgultig Was man mir auch an Reichtum anbote und selbst wenn ich verdiente ihn anzunehmen ich wurde stattdessen lieber die Schrift haben 171 Das sage ich nicht edler Freund um dich oder jemanden sonst in Gefahr zu bringen Wenn wir beide jung wie wir sind die Schuldigkeit hatten im gegenwartigen Zeitpunkt unsere kunftigen Jahre lebend vorzubereiten indem du mit deinem Dienst meine Liebe noch weiter verdienen willst dann musst du mir zuerst das Seil holen an dem Gardeviaz eben hier drinnen angebunden stand Strophenform BearbeitenDer Titurel ist in strophischer Form abgefasst und nicht in Reimpaarversen wie es fur eine hofische Erzahlung aus damaliger Zeit typisch ware Strophen fungieren als Trager hofischer Epen und lyrischer Formen Ohne Zweifel steht der Titurel zwischen diesen beiden literarischen Traditionen Ahnlich dem Nibelungenlied sind die Strophen alle vierzeilig mit paarweise gereimten zasurierten Langversen Die Strophen folgen demnach einer idealtypischen Form 4 4a 4 6a 6b 4 6b Eine achttaktige und zwei zehntaktige Langzeilen weisen jeweils eine Zasur nach der vierten Hebung auf und werden von einem unzasurierten dritten Vers mit sechs Hebungen unterbrochen Bei naherer Betrachtung des Textes stellt man fest dass dieses Schema nur bedingt eingehalten wird da sich gleichzeitig zu viele Ausnahmen und rhythmische Varianten in Form von zu langen oder zu kurzen Versen in den Fragmenten finden die sich nicht gleichmassig uber den Text verteilen Dass dem Dichter bei seinen Strophen ein Melodierahmen vorschwebte ist sehr wahrscheinlich Die uberlieferte Melodie veranschaulicht deren ungefahre Gestalt Die Titurelstrophe Bearbeiten Auf dem Vorsatzblatt des Codex 2675 der Osterreichischen Nationalbibliothek Handschrift A in dem der Jungere Titurel mituberliefert ist findet man die so genannte Wiener Melodie Der Text dieser Strophe bezieht sich inhaltlich auf den Titurel ist aber an keiner anderen Stelle uberliefert weder in Wolframs Fragmenten noch in Albrechts Neubearbeitung Der Autor ist unbekannt Als Quelle fur Form und Stoff der Strophe kommt nur der Jungere Titurel in Frage Da die Strophe schon um 1300 in die Wiener Handschrift A eingetragen wurde durfte es sich um eine der fruhesten Gedichte rund um den Jungeren Titurel handeln Inhalt der Strophe ist eine in sich abgeschlossene Sigunen Klage Moglicherweise deutet ihre Aufzeichnung auf dem Vorsatzblatt des Codex darauf hin dass man Albrechts Jungeren Titurel nach der vorliegenden Melodie iamer ist mir entsprungen singen sollte einer Melodie die demnach damals an diesem Ort bekannt sein musste vielleicht sogar bekannter als der Jungere Titurel selbst Die Titurelstrophe zeigt in ihrem Aufbau Ahnlichkeiten zur Nibelungenstrophe die aus vier paarweise gereimten Langzeilen mit Anvers und Abvers besteht Sie unterscheidet sich von ihrer Vorgangerform nur durch eine eingeschobene Kurzzeile und eine Abversverlangerung Aus diesem Grund wird sie als Weiterentwicklung der Nibelungenstrophe bezeichnet Rezeptionsgeschichte Jungerer Titurel BearbeitenDie Rezeption des Titurelstoffes bezieht sich vor allem auf Albrechts Jungeren Titurel der weit haufiger als Wolframs Ursprungswerk uberliefert ist 13 Handschriften 45 Fragmente Albrecht arbeitet samtliche 175 Strophen Wolframs in den Jungeren Titurel ein und baut diesen zu einem uber 6300 Strophen umfassenden Grals und Schionatulander Roman aus was etwa dem doppelten Umfang des Parzival Wolframs entspricht Der Jungere Titurel durfte um 1300 sehr beliebt gewesen sein da er mit seinen fast 60 Uberlieferungstragern den beiden grossten Epen Wolframs dem Parzival mit uber 80 und dem Willehalm mit uber 70 Textzeugen um nichts nachsteht Die Titurel Fragmente erscheinen mit ihren drei Textzeugen dagegen sehr schmal Seit dem 14 Jahrhundert galt der Jungere Titurel als Wolframs Hauptwerk ehe im 19 Jahrhundert August Wilhelm Schlegel erkannte dass lediglich die zwei Fragmente von Wolfram selbst stammen Vor allem die Strophenform des Jungeren Titurel hatte grossen Einfluss auf die spatmittelalterliche Literatur Mehr als 20 Dichtungen aus dieser Zeit sind nach der Vorlage der Titurelstrophe verfasst darunter die Jagd von Hadamar von Laber und Das Buch der Abenteurer von Ulrich Fuetrer Einzelnachweise Bearbeiten Handschriftencensus http www zfda de images pic muen ub8154 3r jpg Wolfram von Eschenbach Titurel Text Ubersetzung Stellenkommentar Hrsg v Helmut Brackert und Stephan Fuchs Jolie De Gruyter Berlin New York 2003 S 124 Wolfram von Eschenbach Titurel Text Ubersetzung Stellenkommentar Hrsg v Helmut Brackert und Stephan Fuchs Jolie De Gruyter Berlin New York 2003 S 125 Literatur BearbeitenZur Einfuhrung Bearbeiten Horst Brunner Geschichte der deutschen Literatur des Mittelalters und der Fruhen Neuzeit Reclam Nr 17680 Stuttgart 2010 ISBN 978 3 15 017680 1 Joachim Bumke Die Wolfram von Eschenbach Forschung seit 1945 Bericht und Bibliographie Wilhelm Fink Munchen 1970 Textausgaben Bearbeiten Wolfram von Eschenbach Titurel Text Ubersetzung Stellenkommentar De Gruyter Berlin New York 2003 ISBN 3 11 016971 1 Wolfram von Eschenbach Titurel Mit der gesamten Parallelubersetzung des Jungeren Titurel Niemeyer Tubingen 2006 ISBN 3 484 64028 6 Sekundarliteratur Bearbeiten Kurt Gartner Joachim Heinzle Studien zu Wolfram von Eschenbach Festschrift fur Werner Schroder zum 75 Geburtstag Niemeyer Tubingen 1989 ISBN 978 3 484 10627 7 Joachim Heinzle Stellenkommentar zu Wolframs Titurel Beitrage zum Verstandnis des uberlieferten Textes Niemeyer Tubingen 1972 ISBN 978 3 484 15025 6 Elisabeth Martschini Schrift und Schriftlichkeit in hofischen Erzahltexten des 13 Jahrhunderts Kiel Solivagus 2014 S 50 56 S 291 556 ISBN 978 3 943025 14 9 Volker Mertens Zu Text und Melodie der Titurelstrophe Iamer ist mir entsprungen In Wolfram Studien I Erich Schmidt Berlin 1970 ISBN 978 3 503 00478 2 S 219 239 Wolfgang Mohr Zur Textgeschichte von Wolframs Titurel In Wolfram Studien IV Erich Schmidt Berlin 1977 ISBN 978 3 503 01239 8 S 25 47 Thomas Neukirchen Titurel 1 Der Stoff 2 Perspektiven der Interpretation 3 Bibliographie zum Jungeren Titurel 1807 2009 In Joachim Heinzle Hg Wolfram von Eschenbach Ein Handbuch Berlin Boston 2011 ISBN 978 3 11 019053 3 S 446 475 502 522 1307 1346 Christa Ortmann Titurel im Parzival Kontext Zur Frage nach einer moglichen Strukturdeutung der Fragmente In Wolfram Studien VI Erich Schmidt Berlin 1980 ISBN 978 3 503 01646 4 S 25 47 Burghart Wachinger Verfasserlexikon Deutschsprachige Literatur des Mittelalters Studienauswahl 2 vollstandig uberarbeitete Auflage de Gruyter Berlin Boston 2001 ISBN 978 3 11 016911 9 Max Wehrli Wolframs Titurel Westdeutscher Verlag Opladen 1974 ISBN 978 3 531 07194 7 Weblinks BearbeitenHandschriftencensus Marburger Repertorium Bibliotheca AugustanaWerke von Wolfram von Eschenbach Parzival Willehalm Titurel Normdaten Werk GND 4246338 5 lobid OGND AKS LCCN nr2001019376 VIAF 203319537 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Titurel amp oldid 231452972