www.wikidata.de-de.nina.az
Tinia Tin oder Tins ist der Name des Hauptgottes der Etrusker die in der Antike im nordlichen Mittelitalien lebten Allerdings konkurriert Tinia in dieser Position mit dem alten etruskischen Gott Voltumna romisch Vertumnus von lateinisch vertere drehen wenden Beide Gottheiten scheinen aber identisch oder miteinander verschmolzen zu sein und lediglich verschiedene Aspekte desselben Gottes darzustellen Voltumna ist der etruskische Gott des Wandels der Jahreszeiten und beinhaltet vor allem den chthonischen Aspekt der Erdverbundenheit Der Name Tinia ist ursprunglich etruskisch Vertumnus hingegen eher romisch Die Romer Marcus Terentius Varro wiederum bezeichneten Voltumna als den hochsten Gott Etruriens deus Etruriae princeps Tinia Terracottakopf 300 250 v Chr Staatliche Antikensammlungen Munchen Inhaltsverzeichnis 1 Mythologische Reprasentanz und Funktion 2 Deutungsproblematik 3 Darstellungen und Textbelege 4 Literatur 5 WeblinksMythologische Reprasentanz und Funktion Bearbeiten nbsp Weiheinschrift fur Tinia auf dem rechten Vorderbein der Chimare von Arezzo Man erkennt von rechts nach links zu lesen TINSCVIL Geschenk an Tins Ende 5 Anfang 4 Jh v Chr Florez Museo Archeologica Zusammen mit den beiden Gottinnen seiner Gattin Uni die romische Juno bzw griechische Hera und beider Tochter Menrva die romische Minerva und griechische Athene bildete er die hochste Dreiheit oder Trias des Pantheons der etruskischen Mythologie der in etruskischen Stadten drei Tempel und drei Tore geweiht waren Der romische Gott Jupiter bzw der griechische Gottervater Zeus gelten als seine Entsprechungen Seine hohe Position wird auf Darstellungen oft dadurch unterstrichen dass er auf einem Thron sitzt Als Himmels Blitz und Lichtgott sowie auch als Vegetationsgott herrschte er nach romischer Uberlieferung uber den Zwolferrat der von den Romern spater Dei Consentes genannten Gottheiten Gemass der Blitzlehre der Etrusker war das Himmelsgewolbe in 16 Sektoren eingeteilt von wo aus die Blitzgotter ihre Blitze schleuderten Tinia bewohnte drei nebeneinanderliegende Sektoren einen im fur die Menschen positiven Nordosten und zwei im Nordwesten der als der unheilvollste Teil des Himmels galt In dieser Himmelsrichtung lag auch der Zugang zur Unterwelt Im Gegensatz zu Zeus und Jupiter war er nicht alleiniger Herr der Blitze Auch andere Gotter der etruskischen Gotterwelt bedienten sich derer Tinia verfugte aber uber besondere Blitze mit gewaltiger Zerstorungskraft Nur einen davon den schwachsten konnte er nach eigenem Gutdunken verwenden Beim zweiten Typus mit grosserer Wirkung musste er zuvor die Zustimmung des Zwolferrates einholen Beim Gebrauch der dritten Art mit unabsehbarer Wirkung hatte er sogar die Dei involuti um Erlaubnis zu bitten jene den Gottern ubergeordneten Schicksalsmachte Aufgabe von Blitzdeutern war es daraus den Willen der Gottheit zu lesen Das Hauptattribut Blitz nimmt vor allem in spateren Darstellungen allerdings mitunter auch das Aussehen einer Frucht an und betont so Tinias Funktion als Fruchtbarkeits und Erdgott Vor allem in dieser Eigenschaft wurde er als einer der wenigen etruskischen Gotter auch von den Romern verehrt hier insbesondere als Schutzherr des Weinbaues und sein Standbild befand sich am Vicus Tuscus Etruskische Strasse Deutungsproblematik Bearbeiten nbsp Inschrift TINIA auf einem Altarstein aus dem 3 Jahrhundert v Chr In Tinia vereinigen sich die Charakteristika eines Himmelsgottes bzw Wettergottes und die eines chthonischen Vegetationsgottes mit den Aspekten des Jenseitigen eine fur die etruskische Religion einer prophetischen Offenbarungsreligion die die enge Verbindung beider Spharen betont typische Situation Zudem vereinigen sich in ihm griechische Merkmale mit lokal etruskischen und spater noch mit romischen denn schon im 8 und 7 vorchristlichen Jahrhundert standen die griechische lateinische und etruskische Kultur eng miteinander in Verbindung und die ersten Konige Roms waren Etrusker etwa die aus dem Geschlecht des Tarquinius Man muss zudem davon ausgehen dass gerade die Romer der Kaiserzeit manches an Tinia nicht mehr verstanden und ihn teilweise mit anderen Gottern verschmolzen oder verwechselten vor allem mit Vertumnus dessen Kult 264 v Chr nach Rom kam und der zuvor nur die hochste Gottheit in dem trotz aller Spekulationen uber verschiedene archaologische Fundstatten bis heute nicht mit Sicherheit identifizierten Hauptheiligtum Fanum Voltumnae bei Orvieto oder Volsinii gewesen war und keineswegs der Gottervater aller Etrusker Typisch fur den Kult Tinias sind Libationsaltare fur Trankopfer die in Griechenland fur den Kult chthonischer Gottheiten reserviert waren da die Opfergabe uber eine Offnung im Altar in die Tiefe der Erde eindringen kann Daraus wurde geschlossen dass die Ikonographie den Himmelsgott herausstellt der Kult jedoch einen alten mediterranen Vegetationsgott betont Dabei ist zu berucksichtigen dass das Etruskische keine indoeuropaische Sprache war und die Herkunft der Etrusker bis heute umstritten und vermutlich nicht indoeuropaisch ist Als Weingott ubernahm Tinia offenbar zudem Funktionen des Bacchus die Jupiter dem der Weinbau zunachst fremd war seinerseits spater wiederum von Tinia ubernahm Das Grundproblem all dieser Unsicherheiten ist die Tatsache dass unsere modernen Kenntnisse der etruskischen Religion auf den Aussagen und Darstellungen romischer Autoren wie Seneca oder Ovid beruhen die aus einer Zeit stammen als es diese Religion nicht mehr gab oder doch nur in romisch uberlagerten Resten so dass es durchaus moglich ist dass diese Berichterstatter diese Religion und ihren wie bei vielen Offenbarungsreligionen ohnehin relativ unzuganglichen geistigen Hintergrund nicht mehr verstanden und falsch deuteten Etruskische Schriftzeugnisse sind zudem selten und schwer zu deuten wohl sind ihre Schriftzeichen lesbar doch die Sprache selbst ist noch wenig verstanden Darstellungen und Textbelege Bearbeiten nbsp Darstellung von Tinia Mitte auf einem Spiegel aus dem 3 Jahrhundert v Chr Zu Tinia existieren zahlreiche allerdings nicht einfach zu deutende Darstellungen vor allem auf Bronzespiegeln in der Vasen und Grabmalerei sowie Plastiken meist Votivstatuetten Auf solchen Darstellungen sind ihm als Attribute meist ein Bundel mit Blitzen ein Speer und ein Szepter beigegeben Er tragt auf manchen Abbildungen einen Vollbart nur in der etruskischen Spatzeit wurde er gelegentlich auch als bartloser Jungling abgebildet der dem Aspekt des Vegetationsgottes entsprechen konnte also dem Aspekt des Voltumna Auf der Bronzeleber von Piacenza der bedeutendsten Darstellung der etruskischen Religion wird Tinia in seiner Eigenschaft als Blitz und Schicksalsgott funfmal erwahnt Neben wenigen meist spaten literarischen Belegen etwa in den Metamorphosen des Ovid gibt es vor allem zahlreiche knappe epigraphische Zeugnisse insbesondere Weiheinschriften etwa auf Spiegeln oder Opfertexte so z B auf der Chimare von Arezzo Literatur BearbeitenGerhard J Bellinger Knaurs Lexikon Mythologie Droemer Knaur Verlag Weltbild Verlag Munchen 1999 Augsburg 2001 ISBN 3 8289 4154 0 Fernand Comte Mythen der Welt WBG Darmstadt 2008 ISBN 978 3 534 20863 0 Mauro Cristofani et al Die Etrusker Geheimnisvolle Kultur im antiken Italien Belser Verlag Stuttgart 1995 ISBN 3 7630 2330 5 Martello Maggiani In Cristofani Mauro et al Hrsg Die Etrusker S 136 151 Kapitel Wissenschaft und Religion Friedhelm Prayon Die Etrusker Geschichte Religion Kunst 4 Aufl Verlag C H Beck Munchen 1996 ISBN 3 406 41040 5 Erika Simon In Cristofani Mauro et al Hrsg Die Etrusker S 152 167 Kapitel Etruskische Kultgottheiten The New Encyclopedia Britannica 15 Aufl Encyclopedia Britannica Inc Chicago 1993 ISBN 0 85229 571 5 Mario Torelli In Mauro Cristofani et al Hrsg Die Etrusker S 100 135 Kapitel Gesellschaft und Staat Klassen und Wandlungen der Gesellschaft Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Tinia Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tinia amp oldid 210671493