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Die Ṭariqa yi Muḥammadiya Urdu طريقه محمديه 1 von arabisch الطريقة المحمدية DMG aṭ Ṭariqa al Muḥammadiya ist eine puristische islamische Bewegung aus Indien deren Islamverstandnis an die Lehren des Schah Waliyullah ad Dihlawi 1703 1763 aus Delhi und deren Vorstellungen in Verbund mit denen des jemenitischen Qadi al Qudat von Sanaa ʿAli as Saukani 1760 1834 als Vorbild fur die bis in die heutige Zeit bedeutsame Ahl i Hadith gelten kann Erstmalige Erwahnung fand die Tariqa beim osmanischen Gelehrten Imam Birgivi dessen Einfluss auf die Dihlawi als gesichert gilt jedoch nicht eindeutig geklart in welchem Umfang Inhaltsverzeichnis 1 Zum Namen Die puristische Erneuerungsbewegung des 18 Jahrhunderts und die Bedeutung des Hadith 2 Theologische Vorstellungen 3 Protagonisten der Bewegung 4 Geschichte 5 Bedeutung 6 Literatur 7 Siehe auch 8 Anmerkungen 9 WeblinksZum Namen Die puristische Erneuerungsbewegung des 18 Jahrhunderts und die Bedeutung des Hadith BearbeitenDer Name Ṭariqa yi Muḥammadiya besteht aus zwei Teilen Ṭariqa bezeichnet einen islamischen mystischen Orden ist arabischen Ursprungs und bedeutet ubersetzt Weg Pfad Gemeint ist der Weg den der Mystiker wahrend seiner Suche nach Gott beschreitet Das yi ist die persische Genitivverbindung Muḥammadiya mit der Bedeutung in der Art Mohammeds Die Ubersetzung des Begriffes ware demzufolge ein mystischer Weg nach der Art Mohammeds des Propheten des Islam Der Name deutet darauf hin dass die Tariqa yi Muhammadiya keineswegs den Sufismus islamische Mystik in seiner Gesamtheit ablehnt Die Ablehnung bezieht sich hingegen auf die mystischen Verehrungen die nicht dem Vorbild des Propheten folgen welche dieser nach muslimischer Vorstellung in seiner Sunna die in Form des Hadiths uberliefert ist den Menschen hinterlassen hat Der Hadith Wissenschaft und der Bezugnahme auf die prophetische Sunna gilt aus diesem Grunde ein besonderes Augenmerk der Bewegung Diese Erkenntnis ist auch der Schlussel zur ideologiegeschichtlichen Einordnung der Bewegung Nach der These des Islamwissenschaftlers John O Voll dessen Erkenntnisse von Martin Riexinger weitgehend bestatigt werden entstand in der muslimischen Welt im 18 Jahrhundert ein Netzwerk von Gelehrten die den Taqlid ablehnten und die Moglichkeit der eigenen direkten Urteilsfindung aus den heiligen Quellen des Islams Koran und Sunna verlangen Als Begrunder dieser Vorstellungen wird von Voll der kurdische Rechtsgelehrte Ibrahim al Kurani gest 1690 ausgemacht Bei dessen in Medina wirkenden Sohn Abu Ṭahir al Kurani und dem indischen Gelehrten Muḥammad Ḥayat as Sindi studierten sowohl Muhammad ibn Abd al Wahhab der Begrunder des nach ihm bezeichneten Wahhabismus als auch Schah Waliyullah ad Dihlawi der als Vordenker dieser Denkschule in Indien gilt Dabei knupfte die Bewegung aber auch an islamische Denker wie Ibn Taimiya Ibn Qaiyim al Dschauziya Ibn Hazm und as Suyuti an die dem Taqlid ebenfalls feindlich gegenuberstanden Es sollte aber keinesfalls vergessen werden dass es auch zahlreiche Unterschiede in den Auffassungen bspw Muhammad ibn Abd al Wahhabs und Schah Waliyullah ad Dihlawis gibt beispielsweise bezuglich des Tauhid und daraus resultierend des Takfir Theologische Vorstellungen BearbeitenAnknupfend an die puristischen Islamvorstellungen des 18 Jahrhunderts aus denen neben der wahhabitischen Lehre im heutigen Saudi Arabien auch im Jemen v a aber in Indien Stromungen mit dem gleichen Gedankengut hervorgingen hatten die Anhanger der Tariqa yi Muhammadiya v a folgende theologischen Grundvorstellungen Ablehnung des Taqlid Nachahmung menschlicher Rechtsautoritaten und direkte Bezugnahme auf Koran und Sunna Anwendung des Idschtihad Idschtihad hier zu verstehen in seiner rechtlichen nicht spateren modernistischen Auffassung Ablehnung des Heiligenkultes und mystischer Praktiken die eine andere Verehrung als die Gottes anzeigten aber keine Ablehnung des Mystizismus in seiner Gesamtheit worauf der Name Tariqa ja bereits hinweist Strenge Ablehnung schiitischer Richtungen des IslamsProtagonisten der Bewegung BearbeitenSah Ismaʿil Sahid gest 1779 ein Enkel Waliyullahs kann als ideologischer Kopf der Bewegung gesehen werden Sayyid Aḥmad Barelwi 1786 1831 verlieh der Tariqa ihren militarischen Charakter Geschichte BearbeitenDie Tariqa yi Muhammadiya deutete Teile des Gedankenguts Schah Waliyullah ad Dihlawi Anfang des 19 Jahrhunderts in eine religios politische Ideologie um Dieser hatte nach den inneren Wirren des Reiches die nach dem Tod des Mogulkaisers Sultan Aurangzeb reg 1658 1707 unter dessen Herrschaft das Reich bluhte begonnen die gefuhlte Schwache des indischen Islams zu bekampfen Der in der Ǧamiʿ Masǧid zu Delhi v a gegen die Heiligenverehrung der islamischen Mystik und gegen schiitische Glaubensrichtungen predigende Sah Ismaʿil Sahid ist dabei die Schlusselfigur Der aus Rae Bareli in Awadh stammende Sayyid Aḥmad Barelwi war 1812 wegen schlechter wirtschaftlicher Umstande gezwungen seine Heimat zu verlassen und in die Armee des muslimischen Herrschers von Tonk Sah ʿAbdulʿaziz einzutreten Nach der Auflosung der indischen Truppen durch die Briten kehrt er nach Delhi zuruck und kommt in Kontakt mit Sah Ismaʿil Sahid Barelwi ubernahm dessen Lehren und begann mit der Missionierung in der Umgebung von Delhi Dort gewann er bereits einige Anhanger fur die Bewegung welche Barelwi als Pir Pers fur das Arabische Saiḫ Bezeichnung fur den Fuhrer einer Tariqa huldigten 1821 brach eine Gruppe von Anhangern der Tariqa zusammen mit Sah Ismaʿil und Aḥmad Barelwi zur Pilgerfahrt nach Mekka auf Auf dem Weg nach Mekka kam die Gruppe in Patna mit Wilayat ʿAli in Kontakt der nach Zerschlagung der Bewegung deren Gedankengut weitertragen sollte Auf dem Ruckweg von Mekka nach Indien machte die Gruppe einen Abstecher nach Jemen Dort blieben zwei Gefolgsleuten bei dem jemenitischen Richter Ali as Saukani der dadurch einen wichtigen Einfluss auf das Gedankengut der Tariqa yi Muhammadiya bekam Ziel der Gruppe war die Errichtung eines islamischen Staates Das Sikhgebiet im Nordwesten Indiens im heutigen Pakistan nahe der heutigen afghanischen Grenze wurde fur diese Zwecke ausgewahlt Grund fur die Wahl dieses Gebietes war die angebliche Unterdruckung der einheimischen Muslime durch die Sikh Das abschliessende Ziel war aber immer die Errichtung eines islamischen Staates uber ganz Indien Die ausgewahlte Region sollte nur als Basis dienen 1826 begann unter der Fuhrung Barelwis die Hidschra Auszug der Anhanger der Tariqa yi Muhammadiya nach Afghanistan Die Gruppe folgte mit diesem Verhalten dem normativen Vorbild des Propheten Muhammads der von Mekka nach Medina emigrierte nachdem ihm die politische Situation in Mekka zu gefahrlich geworden war Ahnlich wie beim Propheten bedeutet der Auszug den Ubergang der Tatigkeiten der Bewegung von der Missionierung hin zum aktiven politischen und militarischen Kampf Die an dem Auszug Teilnehmenden werden zu Glaubenskampfern Mudschahed Schliesslich gelangte die Gruppe nach Peschawar das damals von den Sikh beherrscht wurde Zusammen mit lokalen Stammen kam es zu zahlreichen Kampfen mit der herrschenden Glaubensschicht 1830 fiel Peschawar von den Briten mit Wohlwollen beobachtet unter die Kontrolle der Tariqa yi Muhammadiya 1832 begann Barelwi in der Region Hazara einen neuen Vorstoss gegen die Sikh Bei Balakot trafen die beiden Armeen aufeinander In der sich entwickelnden Schlacht behielten die Sikh durch ihre technische Uberlegenheit letztendlich die Oberhand und schafften es den Glaubenskampfern eine vernichtende Niederlage beizubringen Aḥmad Barelwi verlor in dem Kampf sein Leben Da sein Leichnam nie entdeckt wurde verehrten ihn einige seiner Anhanger noch mehr und behaupteten dass Barelwi lediglich entruckt sei Eine Meinung die mit eschatologischen Vorstellungen einhergeht Gemeinhin wird angenommen dass der Entruckte der zu erwartende Mahdi sei eine Jesusgestalt die im Vorfeld des Jungsten Gerichts die Erde mit Gerechtigkeit fullen werde Der Dschihad an der afghanischen Grenze ging aber auch nach diesem Ereignis weiter obwohl der grosse Schwung der Bewegung vorerst gebrochen war Auch Sah Ismaʿil verlor in der Schlacht das Leben und erhielt im Folgenden den Beinamen Shahid Martyrer Neben diesen kampferischen Aktivitaten setzte die Tariqa yi Muhammadiya von Anfang an auch auf eine starke missionarische Tatigkeit Anknupfend an Schah Waliyullah ad Dihlawi spielte dabei die Popularisierung des Gedankenguts durch volkssprachliche Erzeugnisse eine wichtige Rolle So waren sie eine der ersten islamischen Bewegungen die Druckerzeugnisse fur ihre Propaganda verwendeten Hauptsachlich der Graberkult und Heiligenverehrung wurde in diesen Schriften angegriffen da diese als Schirk Verehrung eines anderen als Allah verstanden wurde Auch die herkommliche Geschlechterverteilung wird in den Schriften betont Verehrung der weiblichen Figuren Fatima bint Muhammad der Tochter des Propheten und Stammmutter aller schiitischen Imame nach ihrem Ehemann Ali und der schwarzgesichtigen Kali wurden als besonders schlimme Formen des Schirk bezeichnet Erstere mit Stossrichtung auf die Schiiten letztere auf Hindus und Sikhs Die Niederlage bei Balkot bedeutete jedoch noch nicht das Ende der Bewegung Langere Zeit gab es noch Anhanger der Tariqa ohne dass diese in der Lage gewesen ware sich so spektakular wie unter Ismaʿil und Barelwi in Szene zu setzen Den Briten gelang erst 1883 ihre vollstandige Unterdruckung Bedeutung BearbeitenDie Bewegung der Tariqa yi Muhammadiya ist eine Reaktion auf die damals gefuhlte Schwache des indischen Islams Wahrend Sah Waliyullah ad Dihlawi versucht hatte diese Schwache quasi vom Schreibtisch aus zu losen wahlte die Tariqa eine aktionistischere Variante zur Verbreitung ihres Gedankenguts Da das Mogulreich durch die Briten abgeschafft wurde folgte die Tariqa dem Ideal eines islamischen Staates Sie ist damit ein Vorlaufer zahlreicher islamistischer Bewegungen des 20 21 Jahrhunderts die dieses Ziel verfolgen Das Gedankengut der Tariqa yi Muhammadiya lebte in Bewegungen wie den Deobandis oder den Ahl i Hadith weiter Sie ist damit auch fur die Gegenwart von Bedeutung Wegen der Ahnlichkeit des Gedankenguts zum Wahhabismus wurde die Tariqa yi Muhammadiya fruh sowohl von den Briten als auch verfeindeten indischen Gruppen als Wahhabiten bezeichnet Daher ruhrt das Missverstandnis dass der wahhabitische Islam einen grossen Einfluss auf religiosen Spannungen in Pakistan hatte In Wirklichkeit ist der wahhabitische Islam in Pakistan und von dort aus ausgehend in Afghanistan kein Importprodukt aus Saudi Arabien sondern eine innerindische Entwicklung die bereits im 18 Jahrhundert ihren Ursprung hat Der Islam der Wahhabiten aus Arabien hat vielmehr dieselben Wurzeln wie der Islam der Tariqa yi Muhammadiya Deobandis oder Ahl i Hadith Ihre Verbindung in der Gegenwart ist nur eine Verbindung von Ideologien die von vornherein zusammengehorten Anders ausgedruckt Auf dem Boden der Ideologien von Bewegungen wie die Tariqa yi Muhammadiya war es fur Usama ibn Ladin und die al Qaida ein Leichtes Unterstutzung zu finden Die Verbindung des Gedankenguts der Bewegung mit mystischen Formen zeigt des Weiteren dass die puristischen Bewegungen des 19 Jahrhunderts sowie der modernistischere aber in ideologischer Hinsicht verwandte Salafismus keineswegs der Mystik in seiner Gesamtheit ablehnend gegenubersteht An dieser Stelle sei als weiteres Beispiel die Sanussiya genannt die noch expliziter an die auf al Ghazali zuruckgehende Vorstellung dass Mystik nur mit Einhaltung der rituellen Pflichten einhergehen darf anknupfte Literatur BearbeitenRudolph Peters Erneuerungsbewegungen im Islam vom 18 bis zum 20 Jahrhundert und die Rolle des Islams in der neuen Geschichte Antikolonialismus und Nationalismus In Ende Steinbach Der Islam in der Gegenwart S 90 ff Martin Riexinger Sanaʾullah Amritsari 1868 1948 und die Ahl i Hadis im Punjab unter britischer Herrschaft Ergon Wurzburg 2004 Mitteilungen zur Sozial und Kulturgeschichte des islamische Orients 13 ISBN 3 89913 374 9 daraus v a S 103 108 Siehe auch BearbeitenAhl i Hadith DeobandisAnmerkungen Bearbeiten Vgl entsprechenden Urdu Artikel Weblinks BearbeitenKerry B Collison Understanding Pakistan zur generellen Einordnung des Gedankenguts der Tariqa in den pakistanischen Kontext Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tariqa yi Muhammadiya amp oldid 226657967