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Tamfana oder falschlich Tanfana war laut Tacitus Annales 1 51 eine Gottin der Marser eines germanischen Volksstammes Durch den Bericht von Tacitus ist Tamfana der alteste gesicherte Beleg eines Namens einer Germanischen Gottheit 1 Aufriss des Feldzugs des Germanicus im Jahre 14 n Chr Caesar auidas legiones quo latior populatio foret quattuor in cuneos dispertit quinquaginta milium spatium ferro flammisque peruastat non sexus non aetas miserationem attulit profana simul et sacra et celebenimum illis gentibus templum quod Tanfanae uocabant solo aequantur Germanicus liess eine Strecke von funfzig Meilen mit Feuer und Schwert verwusten Kein Alter kein Geschlecht fand Erbarmen Profane und heilige Statten darunter auch bei jenen Stammen der Marsen hochberuhmte Tempel den sie das Heiligtum der Tamfana nennen wurde dem Erdboden gleichgemacht Walter Baetke Die Religion der Germanen in Quellenzeugnissen 2 erweiterte Auflage 1944 S 11 Inhaltsverzeichnis 1 Name und Funktion 2 Tempel 3 Literatur 4 Weblinks 5 FussnotenName und Funktion BearbeitenDer Name der Tamfana handschriftlich tafane ist so einzig in der Abschrift der Urhandschrift der Annalen 9 Jahrhundert in Corvey oder Hersfeld niedergeschrieben im Codex Medicaeus I Codex Laurentianus 68 1 uberliefert Die Lesart Tanfana e entstammt jungeren Abschriften Druckausgaben beispielsweise die Ausgabe Beroaldos und Konjekturen beziehungsweise Ubernahmen durch neuzeitliche Bearbeiter Zur unterschiedlichen Lesart des Namens fuhrt Hermann Reichert bezugnehmend auf den Medicaeus I an 2 nbsp Templu quod Tafana 1 u um 2 a am das m ist in der Handschrift durch einen Strich uber dem a abgekurzt dieser steht in der Handschrift nie fur n nur fur m Ausserdem ist ta die ubliche Abkurzung fur tam Die Auflosung Tanfanae ist daher falsch Hermann Reichert Lexikon der altgermanischen Namen Band I S 648 Fur die Deutung der Funktion und des Wesens der Gottheit ist ein wesentliches Element die Etymologie des Namens und der Aufschluss uber den Kontext der Uberlieferung des historischen Ereignisses in dem Tacitus die Tamfana erwahnt und dessen Komponenten besonders die Schilderung des Kult Festes und des Zeitpunkts Im Namen der Tamfana ist das indogermanische Suffix no enthalten das sogenannte Herrscher Suffix siehe Indogermanische Religion Dieses Suffix erscheint in zahlreichen Gotternamen der Indogermania als eine haufige Abstraktion fur den jeweiligen funktionalen Bereich dem die Gottheit im Kult und Mythologie zugeordnet wird Silvanus Herr uber den Wald Bellona Herrin uber das bellum Fur die Germania ist das Suffix am prominentesten im Namen des Wodan Odin Wōdanaz als Herrscher Herr der Wod des Totenheers belegt Die Gotternamen auf no verkorpern und reprasentieren daher den Abstraktbegriff personlich verfugen uber ihn beziehungsweise verleihen ihn 3 Nach dem Bericht von Tacitus Ann 1 50 3 feierten die Marser ein nachtliches ausgelassenes Opfer fest mit Bankett und Alkohol festam eam Germanis noctem ac sollemnibus epulis ludicram Anhand der Marschzeiten des Germanicus und der historischen Ereignisse des Jahres 14 mit dem Tod von Augustus den folgenden Meutereien bestimmter Legionseinheiten in den Provinzen Illyrien und Germania inferior sowie astronomischer Hinweise lasst sich das Datum des Festes taxieren 4 5 Die altere Forschung J de Vries und andere terminierte auf Ende Oktober zum Vollmond als ein Winterfest Wahrscheinlicher ist jedoch ein Datum Ende September Das Fest konnte somit entweder mit dem Datum der Herbst Tagundnachtgleiche zusammenhangen im Jahre 14 der 24 25 September oder ein Erntedankfest gewesen sein Als Vergleichsbasis fuhrt Rudolf Simek nordgermanische Herbstopfer an die in den gleichen Zeitraum fielen In der Forschung wird fur Tamf von der Wortwurzel temp ausgegangen mit dem Bedeutungsspektrum von spannen wie sie beispielsweise in den Belegen lateinisch tempus die Zeitspanne und altnordisch altislandisch thamb fur Schwellung Fulle thǫmb fur Fulle Gespanntheit vorliegt 6 In der alteren Forschung wurde von den altnordischen Begriffen her haufig in Hinsicht der Bedeutung Fulle fur Erntesegen gedeutet also dass der Name der Tamfana diese als eine Gottin des Erntesegens kennzeichnet Abweichend zu diesen Deutungen hatte Karl Helm kritisiert dass thamb auf eine Gespanntheit oder Fulle hindeutet die mit einer Erkrankung des Abdomens in Verbindung steht 7 Die Gottin wird funktionell unterschiedlich eingeordnet und mit dem Matronenkult des Rheinlandes oder den Disenkulten des wikingerzeitlichen Skandinaviens in Verbindung gebracht 8 Speziell wird sie in der Sphare des Agrarkultes vermutet 9 oder in Verbindung mit dem Etymon des Namens und der Datierung des Festes zur Tagundnachtgleiche als eine Gottin bzw Herrin der Zeit 10 Tempel BearbeitenDer Gottin war offensichtlich ein Heiligtum lat templum geweiht 11 Dieses wird allgemein in den Raum zwischen den Flussen der Ruhr und der oberen Lippe lokalisiert Der romische Feldherr Germanicus zerstorte im Jahre 14 n Chr im Rahmen eines Feldzuges gegen die Marser dieses Heiligtum Germanicus Feldzuge 12 Nach Tacitus uberraschte das romische Militar eine dort versammelte vermutlich uberwiegend mannliche Kultgemeinschaft beim Abhalten von Kultriten insbesondere der Feier eines Opferfestes mit einem damit verbundenen Gelage Religions und kulturwissenschaftlich ist uberdies die Frage nach der besonderen Art des germanischen templum relevant vor allem im Kontext einer wenn baulichen Beschaffenheit der germanischen Heiligtumer durch eine mogliche romische Interpretation und begrifflichen Fassung der vorgefundenen Verhaltnisse 13 14 Die Marser bildeten vermutlich mit ihren Nachbarstammen wie beispielsweise den Brukterern und den Tenkterer eine dem antiken Vergleich annahernd geartete Amphiktyonie Kultgemeinschaft Daher wird angenommen dass das marsische Heiligtum als ein zentraler Kultplatz dieser Stamme fungierte neben anderen kleineren Kultorten beziehungsweise als heiliger Hain lat lucus Der Tamfana Tempel ist jedoch nicht vergleichbar mit der architektonischen Konstruktion romisch antiker Kultbauten Allenfalls handelt es sich um einen kultivierten Hain mit einem gegebenenfalls leichten Holzbau fur das Idol der Gottin wie zum Vergleich der Kultkontext der Gottin Nerthus 15 In der alteren Literatur ist diskutiert worden ob der Name des Welveraner Ortsteils Fahnen mit dem Namen der Tamfana beziehungsweise mit dem einstmaligen Kultort in Beziehung zu setzen sei Literatur BearbeitenQuellen Cornelius Tacitus Cornelii Taciti libri qui supersunt Tomus I Ab excessu Divi Augusti Annales Pars 1 Annales libri I VI Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana Stefan Borzsak Kenneth Wellesley Hrsg B G Teubner Verlagsgesellschaft Leipzig 1992 ISBN 3 8154 1835 6 P Cornelius Tacitus Annalen Lateinisch deutsch Erich Heller Hrsg mit einer Einfuhrung von Manfred Fuhrmann 6 Auflage Artemis amp Winkler Verlag Mannheim 2010 ISBN 978 3 538 03542 3 Forschungsliteratur Anders Kaliff Tempel In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 35 Walter de Gruyter Berlin New York 2007 ISBN 978 3 11 018784 7 S 89 92 Hans Krahe Tamfana In Beitrage zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 58 1934 S 282 287 Bruno Kruger Hrsg et al Die Germanen Geschichte und Kultur der germanischen Stamme in Mitteleuropa Ein Handbuch in 2 Banden Veroffentlichungen des Zentralinstituts fur Alte Geschichte und Archaologie der Akademie der Wissenschaften der DDR Band 4 Bd 1 2 Auflage Akademie Verlag Berlin 1983 Bernhard Maier Die Religion der Germanen Beck Munchen 2003 ISBN 3 406 50280 6 Wolfgang Meid Das Suffix no in Gotternamen In Beitrage zur Namenforschung 8 1957 S 72 108 113 126 Rudolf Much Die Germania des Tacitus 3 erweiterte und bearbeitete Auflage Wolfgang Lange Hrsg unter Mitarbeit von Herbert Jankuhn Universitatsverlag Winter Heidelberg 1967 Hermann Reichert Tamfana Tanfana In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd 30 Heinrich Beck Dieter Geuenich Heiko Steuer Hrsg De Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 018385 4 S 276 279 kostenpflichtig Germanische Altertumskunde Online bei de Gruyter Hermann Reichert Zum Problem der rechtsrheinischen Germanen vor und um Christi Geburt Wie kann die Namenkunde helfen die Sprachzugehorigkeit der Namenstrager zu bestimmen In Helmut Birkhan Hrsg Festgabe fur Otto Hofler zum 75 Geburtstag Philologica Germanica 3 Braunmuller Wien 1976 S 557 576 Rudolf Simek Lexikon der germanischen Mythologie Kroners Taschenausgabe Band 368 3 vollig uberarbeitete Auflage Kroner Stuttgart 2006 ISBN 3 520 36803 X Olof Sundqvist Gabriele Seitz Tempel In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 30 Walter de Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 018385 4 S 327 340 Jan de Vries Altgermanische Religionsgeschichte De Gruyter Berlin New York 3 unveranderte Auflage 1970 Reprint 2010 Bd 1 ISBN 978 3 11 002678 8 Bd 2 ISBN 978 3 11 002807 2 Weblinks BearbeitenCodex Medicaeus I Codex Laurentianus 68 1 folio 20v Zeile 16 quod tafane uocabant Digitalisat Fussnoten Bearbeiten Hermann Reichert Tamfana Tanfana In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd 30 Berlin New York 2005 S 276 Anders Moritz Schonfeld Worterbuch der Altgermanischen Personen und Volkernamen Winter Heidelberg 1911 S 220 Hans Krahe Tamfana In PBB 58 1934 S 283ff Wolfgang Meid Das Suffix no in Gotternamen In BNF 8 1957 S 80ff Hermann Reichert Tamfana Tanfana In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd 30 Berlin New York 2005 S 276 f Rudolf Simek Lexikon der germanischen Mythologie Kroners Taschenausgabe Band 368 3 vollig uberarbeitete Auflage Kroner Stuttgart 2006 ISBN 3 520 36803 X S 405 Julius Pokorny Indogermanisches Etymologisches Worterbuch Franke Bern Munchen 1958 S 1064f Jan de Vries Altnordisches Etymologisches Worterbuch Brill Leiden Boston 1977 S 605 631 Karl Helm Altgermanische Religionsgeschichte Teil 1 Universitatsverlag Winter Heidelberg 1913 S 300 Altere Literatur dort Rudolf Simek Lexikon der germanischen Mythologie Kroner Stuttgart 2006 S 405 Bruno Kruger Die Germanen Ein Handbuch in zwei Banden Bd 1 Berlin 1983 S 368 f Hermann Reichert Tamfana Tanfana In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd 30 Berlin New York 2005 S 278 Rudolf Much Wolfgang Lange Herbert Jankuhn Die Germania des Tacitus Heidelberg 1964 S 55 57 Bruno Kruger Die Germanen Ein Handbuch in zwei Banden Bd 1 Berlin 1983 S 284 Bernhard Maier Die Religion der Germanen Munchen 2003 S 90 f Rudolf Simek Lexikon der germanischen Mythologie Kroners Taschenausgabe Band 368 3 vollig uberarbeitete Auflage Kroner Stuttgart 2006 ISBN 3 520 36803 X S 406 ff Albert Thummel Der germanische Tempel In Beitrage zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 35 1909 S 118 ff Normdaten Person GND 189537132 lobid OGND AKS VIAF 220823053 Wikipedia Personensuche Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tamfana amp oldid 237628219