www.wikidata.de-de.nina.az
Die evangelisch lutherische Stiftskirche St Marien ist neben der romisch katholischen Kirche St Josef eines der beiden Kirchengebaude in der Kernstadt der niedersachsischen Stadt Obernkirchen Stiftskirche St Marien Obernkirchen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte und Bau 2 Ausstattung 2 1 Altar 2 1 1 Entstehung 2 1 2 Bildprogramm 2 1 3 Deutung 2 2 Kanzel und Taufbecken 2 3 Tribbe Epitaph 2 4 Orgel 2 5 Glocken 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte und Bau BearbeitenDas Augustinerinnenstift wurde 1167 anstelle eines alteren Klosters von Bischof Werner von Minden gegrundet Von der Stiftskirche des 12 Jahrhunderts steht heute noch der machtige romanische Westriegel mit der Doppelspitze Das Langhaus ist eine dreischiffige gotische Halle aus der zweiten Halfte des 14 Jahrhunderts Eine Besonderheit ist die Nordfassade mit funf Giebeln Uber der Vierung befindet sich ein Dachreiter 1559 wurde durch ein Dekret von Graf Otto IV in der Grafschaft Schaumburg die Reformation eingefuhrt Dem widersetzten sich die Nonnen des Klosters Obernkirchen 1 Sie mussten sich jedoch der graflichen Gewalt unterwerfen Das Kloster wurde 1565 in ein evangelisches adliges Frauleinstift umgewandelt das als Stift Obernkirchen heute noch besteht Ausstattung BearbeitenAltar Bearbeiten nbsp Flugelaltar von 1496Entstehung Bearbeiten Der 1496 geweihte Passionsaltar zeigt als grosses Mittelbild eine Golgotha Szene Auf einer im Original nicht mehr erhaltenen lateinischen Urkunde wird uber die Weihe u a folgendes berichtet Im Jahre 1496 eben am Tag des Bischofs und Bekenners Augustin 28 August wurde von unserem Vater und Herrn Johannes durch Gottes und des apostolischen Stuhles Gnaden Bischof von Misenum Weihbischof des Herrn Heinrich von Minden der gegenwartige Altar geweiht zur Ehre des allmachtigen Gottes und der seligen Jungfrau Maria Hauptpatronin durch Unterstutzung der gottlichen Gnade und zur Ehre des seligen Apostels Petrus und des Bischofs Augustin Nach jungeren kunstgeschichtlichen Forschungen u a von Robert Suckale vgl Literatur ist es wahrscheinlich dass der aus Lindenholz geschnitzte und vergoldete Flugelaltar mit seiner Predella aus Obernkirchener Sandstein nach 1516 d h nach dem Amtsantritt des Stiftspropstes Johannes von Busse hier aufgestellt wurde Er stammt vermutlich aus einer Hamburger Werkstatt die mit Schnitzern und Malern auch an dem Marienaltar auf der Stiftsprieche gearbeitet hat Er wurde 1995 gereinigt und farblich aufgefrischt Bildprogramm Bearbeiten Das Bildprogramm weist diesen Altar in einer Marienkirche bemerkenswert als einen ausgesprochenen Christus und Kreuzigungsaltar aus Die Heiligen sind hier nur Randfiguren Sie kommen als Kleinfiguren zwischen den insgesamt 13 Fachern und als Gestalten links und rechts uber den Fachern vor Maria ist ausser im Mittelteil der Kreuzigung nur auf der Ruckseite des linken Seitenflugels dargestellt Dort ist sie mit dem Jesuskind und Josef abgebildet Auf der Ruckseite des rechten Seitenflugels erscheint die heilige Anna die Mutter Marias mit drei Mannern Im Ubrigen steht ganz die Passion Jesu Christi im Mittelpunkt Die einzelnen Facher zeigen folgende Szenen Das Mittelbild zeigt die Kreuzigung mit den Schachern der Gruppe der Frauen dem Hauptmann und verschiedenen Zuschauern Die lateinische Unterschrift lautet crufixus est pro nobis gekreuzigt wurde er fur uns Auf der linken Seite oben ist von links nach rechts zu sehen Jesus im Garten Gethsemane mit der Inschrift orat patre er betet zum Vater die Geisselung Jesu mit der Inschrift flagellatur er wird gegeisselt die Darstellung Jesu vor der Menge durch Pilatus Inschrift ecce homo seht der Mensch Auf der linken Seite unten von links nach rechts die Dornenkronung Inschrift spinis coronatur er wird mit Dornen gekront die Verurteilung Jesu Inschrift condemnatur er wird verurteilt Jesus wird zur Kreuzigung gefuhrt Inschrift ducit ad mortem man fuhrt ihn zum Tode Auf der rechten Seite oben ist von links nach rechts zu sehen Abnahme vom Kreuz Inschrift de cruce deponit er wird vom Kreuz genommen die Grablegung Jesu Inschrift sepultus est er wurde begraben Jesus steigt in die Totenwelt Inschrift vadit ad inferna er ist hinabgestiegen in das Reich des Todes Apostolisches Glaubensbekenntnis Auf der rechten Seite unten von links nach rechts die Auferstehung Jesu Inschrift resurrexit er ist auferstanden die Begegnung Jesu mit Maria Magdalena Inschrift noli me tangere beruhre mich nicht Johannes 20 17 Jesus und die Junger in Emmaus ohne InschriftInsgesamt zeigt der Altar mehr als 200 Figuren Uber den Tafeln erscheinen links ein unbekannter Heiliger und Johannes der Taufer am Lamm zu erkennen und rechts Johannes der Junger mit dem Kelch und der Martyrer Laurentius mit dem Rost Die Flugel waren ursprunglich nur zu Feiertagen aufgeklappt und zeigen als Alltagsseite links das Bild Marias und rechts das Bild ihrer Mutter Anna nbsp Kanzel nbsp TaufbeckenDeutung Bearbeiten Der Kreuzigungsaltar ist ein Zeugnis fur den Einfluss der sogenannten devotio moderna einer von den Niederlanden ausgehenden Frommigkeitsrichtung des spaten Mittelalters die die Bedeutung Jesu Christi und seines Leidens fur uns neu betonte Insofern bereitete sie der Reformation den Weg Diese begann in Obernkirchen 1559 mit der evangelischen Predigt des Matthias Wesche und wurde 1565 mit der Schaumburger Kirchenordnung amtlich besiegelt Im Mittelpunkt steht hier der Weg Jesu von der einsamen Stunde im Garten Gethsemane bis zu dem osterlichen Mahl des Auferstandenen mit den beiden Jungern im Ort Emmaus Der Schnitzer hat auf dem Altar die ganze Skala menschlicher Verhaltensweisen sichtbar gemacht Unglauben wie Glauben Hochmut wie Demut Angst und Mudigkeit die hamische Freude an brutaler Gewalt und die Trauer die aus der Liebe kommt und darum offentlich den Schmerz zeigt die Einsamkeit des Einzelnen und das Gewimmel einer Masse die Macht des Pilatus die scheinbar unbegrenzt ist und sich dennoch der Volksmeinung beugt und die Ohnmacht des Gefangenen der am Ende der Sieger bleibt Das Bose ist gegenwartig z B in den Teufelsgestalten hinter Gittern und in der Totenwelt aber es wird nicht damonisiert Das Leiden wird realistisch dargestellt aber nicht wie auf anderen Altaren genusslich ausgemalt Der Tod als das dunkle Geheimnis am Ende des Lebens wird sichtbar gemacht aber er wird in den Schatten gestellt durch das Licht des Lebens das von der Auferstehung Jesu ausgeht So reizt dieser Altar auch die gegenwartigen Betrachter zum Nachdenken uber den Sinn ihres Lebens und den Glauben an Jesus Er ist der Ort an dem sich die Gemeinde zu seinem Abendmahl versammelt muhselig und beladen aber wunderbar getrostet Kanzel und Taufbecken Bearbeiten Kanzel und Taufbecken stammen aus der Barockzeit Die Kanzel an einer Vierungssaule wird von einer Mosefigur gestutzt Tribbe Epitaph Bearbeiten nbsp Tribbe EpitaphAn einer der nordlichen Saulen findet man eines der ganz wenigen Beispiele des Manierismus in Norddeutschland Das Epitaph des Bildhauers und Burgermeisters Georg Tribbe von ihm selbst in seiner Obernkirchener Werkstatt gefertigt ist ein dekoratives Meisterstuck des sogenannten Ohrmuschel oder Knorpelstils einer Weiterentwicklung des in der Renaissance beliebten Rollwerks Der aus schwarzem Marmor gearbeitete Rahmen ist von filigranem Alabaster Ohrmuschelwerk uberzogen ein wahres Formengeriesel dramatisch gekrummter Voluten die an den Enden ihrer inneren Schnecken plastisch in den Raum hinaus wachsen Das letzte und unbandigste barocke Ornamentsystem nennt das Dehio Handbuch diese spezielle Erscheinungsform des Ohrmuschelstils Thema des in seinem Todesjahr 1665 errichteten Epitaphs ist das Memento mori In der Auswahl der dargestellten Tugenden und der angebrachten Bibelspruche bringt Tribbe den Glauben an die Gnadenwirkung des Opfertods Christi und seine damit verbundene Auferstehungs Hoffnung zum Ausdruck Das Epitaph ist mit einer Fulle von ausdrucksstarken Engelskopfen und Engelsgestalten besetzt die neben ihrer dekorativen Funktion vor allem fur die Verkundigung der Heilsbotschaft stehen Ein Putto mit Totenschadel und gesenkter Fackel kront den Aufbau Einer der Putten auf dem Gebalk halt ein Wappen auf dem das Meisterzeichen des Bildhauers zu sehen ist Orgel Bearbeiten Die Orgel wurde 1959 von Emil Hammer Orgelbau erbaut Das Schleifladen Instrument hat 35 Register auf drei Manualen und Pedal Die Spiel und Registertrakturen sind mechanisch 2 I Hauptwerk C g31 Gedackt 16 2 Prinzipal 0 8 3 Spillflote 0 8 4 Oktave 0 4 5 Spitzflote 0 4 6 Quinte 0 0 0 2 2 3 7 Oktave 0 2 8 Rauschpfeife III 0 2 9 Mixtur VI10 Trompete 16 11 Trompete 0 8 II Oberwerk C g312 Gedackt 0 8 13 Prinzipal 0 4 14 Koppelflote 0 4 15 Oktave 0 2 16 Quinte 0 1 1 3 17 Scharf VI 0 2 3 18 Krummhorn 0 8 Tremulant III Brustwerk C g319 Singend Gedackt 0 8 20 Rohrflote 0 4 21 Waldflote 0 2 22 Oktave 0 2 23 Terzian II24 Zimbel III25 Vox humana 0 8 Tremulant Pedal C f126 Subbass 16 27 Prinzipal 0 8 28 Gedackt 0 8 29 Oktave 0 4 30 Flote 0 4 31 Nachthorn 0 4 32 Mixtur IV VI33 LieblichPosaune 16 34 Trompete 0 8 35 Trompete 0 4 Koppeln II I III I I P II P II PGlocken Bearbeiten Die Stiftskirche verfugt uber ein dreistimmiges Glockengelaut Eine historische Glocke stammt vermutlich aus dem Jahr 1456 die anderen beiden Bronzeglocken wurden 1968 von Petit amp Gebr Edelbrock gegossen 3 Glocke Name Gussjahr Giesser Durchmesser Schlagton Inschrift1 Grosse Bronzeglocke 1968 Petit amp Gebr Edelbrock Gescher e Er ist unser Friede2 Marienglocke 1456 1210 mm fis 3 Kleine Bronzeglocke 1968 Petit amp Gebr Edelbrock Gescher a Siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt EndeLiteratur BearbeitenDieter Brosius Das Stift Obernkirchen 1167 1565 Schaumburger Studien Band 30 Grimme Buckeburg 1972 Rolf Krumsiek Obernkirchen Chronik einer alten Stadt Obernkirchen 1981 ISBN 3 9800549 0 X Matthias Seeliger Bearb Rechnungsbuch des Stifts Obernkirchen 1475 1479 Schaumburger Studien Band 47 Bosendahl Rinteln 1987 ISBN 3 87085 115 5 Ernst Andreas Friedrich Die Stiftskirche von Obernkirchen In Wenn Steine reden konnten Band IV Landbuch Verlag Hannover 1998 ISBN 3 7842 0558 5 S 119 121 Robert Suckale Gude Suckale Redlefsen Stift Obernkirchen Kreis Schaumburg Mit Fotos von Andreas Lechtape Die Blauen Bucher Langewiesche Nachf Konigstein im Taunus 2001 ISBN 3 7845 1080 9 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Stiftskirche Obernkirchen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Website der Kirchengemeinde Obernkirchen Stiftskirche Obernkirchen ehem St Maria im Denkmalatlas NiedersachsenEinzelnachweise Bearbeiten Werner Fuhrer Schaumburg Lippe In Theologische Realenzyklopadie TRE Bd 30 S 80 83 hier S 81 Informationen zur Orgel Stiftskirche St Marien in Obernkirchen bei glocken tv 52 269861111111 9 12755 Koordinaten 52 16 11 5 N 9 7 39 2 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stiftskirche St Marien Obernkirchen amp oldid 237760211