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Das Standbild des Landgrafen Friedrich II ist eine monumentale Marmorskulptur auf dem Kasseler Friedrichsplatz Das 1776 begonnene Kunstwerk zeigt den Landgrafen Friedrich II von Hessen Kassel Es ist die letzte Arbeit von Johann August Nahl dem Alteren und wurde nach dessen Tod von seinem Sohn Samuel Nahl bis 1783 vollendet Die Statue steht als Kulturdenkmal unter Denkmalschutz 1 Seit 1783 blickte Friedrich in verschiedene Richtungen uber den Friedrichsplatz Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Geschichte 2 1 Vorbilder und Entwurfe 2 2 Ausfuhrung 2 3 Enthullung 2 4 Rezeption und Standort 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseBeschreibung Bearbeiten nbsp Halb romischer Imperator halb zeitgenossischer RegentDas Standbild zeigt den Herrscher aufrecht stehend und das rechte Bein leicht vorangestellt Der mit einem Lorbeerkranz bekronte Kopf ist ein wenig nach links gewandt Die rechte Hand stutzt sich auf einem Marschallstab ab An der rechten Hufte ist ein Schwert befestigt Gekleidet ist der naturalistisch dargestellte Korper in einem Kostum das an einen romischen Imperator erinnert Der uber dem Bauch geknotete Stoffgurtel und der opulent bis in die Sockelzone hinabreichende Mantel entspricht eher einer barocken Gewandfigur An der Schliesse des Mantels ist der englische Hosenbandorden angebracht und an einer breiten Schulterscharpe der preussische schwarze Adlerorden Auf einem Kissen zu seinen Fussen liegen die von ihm gestifteten Orden Pour la vertu militaire und der Hausorden vom Goldenen Lowen 2 Neben dem Kissen befinden sich unter anderem ein Helm und ein Harnisch Johann Georg Meusel beschreibt die Skulptur ausfuhrlich Er stort sich an der Vermischung von antikem Kostum und modernem Mantel Von den Schultern des Landgrafen fallt ruckwarts ein Mantel herab der sich in grossen und schongeworffenen Falten auf dem Boden bricht Die Nothwendigkeit der Figur untenher mehr Masse zu geben erforderte dies und sie erhalt uberdem dadurch die schone Pyramidalform die man an den besten antiken Statuen bemerkt Auch ist die Gruppe so geschmackvoll dass der Blick mit Vergnugen den ungezwungenen Faltenbruchen folget Gleichwohl ist dieser Mantel das Einzige an der Statue wo die strenge Kritik wohl um Erlaubnis bitten mochte eine kleine Anmerkung zu machen Mich dunkt dass wenn man aus allegorischen oder pittoresken Grunden eine Person in griechischer oder romischer Tracht vorstellen will man zwar in Nebendingen nur nicht in einem der Haupttheile von dem Kostum dieser Volker abgehen durfe Ein solcher Haupttheil war bey den Alten unstreitig der Mantel Sie hatten verschiedene Arten desselben deren jede ihre besondere Benennung hatte keine derselben aber war von solcher Lange dass sie wie die neuern Purpurmantel sich auf dem Boden in grossen Falten brechen konnte Johann Georg Meusel Museum fur Kunstler und fur Kunstliebhaber oder die Fortsetzung der Miscellaneen artistischen Inhalts 3 Die Skulptur besteht aus funf einzelnen Blocken aus Carrara Marmor von denen drei den Korper sowie je einer den Kopf und den rechten Arm bilden Die Hohe wird in der Literatur mit 15 Fuss angegeben was etwa 4 Meter 32 entspricht Der ursprungliche 22 Fuss 6 34 Meter hohe Sockel war mit graugrunlichem Marmor verkleidet und trug die Aufschrift FRIDERICO II PATRIA MDCCLXXXIII Das Gewicht der Skulptur betragt 16 5 Tonnen 4 Geschichte BearbeitenDie hessischen Landesstande beauftragten in der ersten Halfte der 1770er Jahre Nahl mit der Anfertigung eines Denkmals des Landesherrn Fur dieses Unterfangen wurden 20 000 Taler bereitgestellt 2 Alois Holtmeyer nimmt einen Planungsbeginn im Jahr 1771 an wobei es sich aber um eine Verwechslung mit Verhandlungen uber die Ausfuhrung von Standbildern fur die verstorbenen Landgrafen Friedrich I und Wilhelm VIII handeln konnte 5 Keines dieser Projekte wurde realisiert Stattdessen wurde 1775 in Carrara Marmor fur das Standbild Friedrichs II bezogen Uber die Halfte der Kosten fur das Projekt waren fur Material und Transport vorgesehen Als Standort wurde der Friedrichsplatz gewahlt der zusammen mit dem damals im Bau befindlichen Fridericianum den Mittelpunkt der stadtebaulichen Erneuerung der Residenzstadt durch Friedrich II bildete Vorbilder und Entwurfe Bearbeiten nbsp Ein Modell von Jean Baptiste Lemoyne fur ein Denkmal Ludwigs XV In der Sammlung der Neuen Galerie in Kassel haben sich vier Modelle bzw Entwurfe aus Ton und Gips fur das Denkmal erhalten Eines davon wird als Alternativvorschlag bezeichnet es zeigt Friedrich II als auf einem Thron sitzenden Herrscher wohingegen die drei restlichen Varianten der ausgefuhrten Statue darstellen 6 Aus eigener Anschauung kannte Nahl zahlreiche Standbilder des franzosischen Konigs Ludwig XV welche in der Literatur als stilistische Vorbilder angefuhrt werden Beispielsweise die in der Franzosischen Revolution untergegangenen Denkmaler in Rennes und Nancy gelten als direkte Vorbilder Auch war in der furstlichen Bibliothek im Kasseler Marstall Pierre Pattes Tafelwerk Monumens eriges en France a la gloire de Louis XV 7 von 1765 vorhanden 8 Ausfuhrung Bearbeiten Die Steinblocke wurden aus Italien nach Bremen verschifft von dort uber die Weser nach Karlshafen gebracht In Karlshafen wurden die Steinblocke von Nahl und seinem Sohn bereits sechs Monate bearbeitet um den Landtransport zu vereinfachen Dennoch mussten fur den drei Wochen langen Transport 30 bis 40 Pferde vorgespannt werden 1777 wurde das Postament auf dem Friedrichsplatz aufgebaut und die Marmorblocke im Mai des Jahres 1778 aufgerichtet 2 Bis zur Enthullung der Statue war der Bauplatz von einem Bretterverschlag umgeben Der hochbetagte Johann August Nahl der Altere war in seinen letzten Lebensjahren an Gicht erkrankt und liess sich morgens in einer Sanfte von seinem nahegelegenen Wohnhaus zur Baustelle tragen 9 Am 16 September 1779 besuchte Johann Wolfgang von Goethe zusammen mit Herzog Carl August den Kunstler auf der Baustelle 10 Fur die Inschrift auf dem Sockel wurden auf Verlangen des Erbmarschalls Georg Ludwig Riedesel mehrere Vorschlage gemacht Die von Gohr Casparson Heyne und der Universitat Marburg eingereichten Vorschlage erwiesen sich als zu langatmig sodass der unaufgefordert eingereichte Vorschlag FRIDERICO II PATRIA MDCCLXXXIII Friedrich dem Zweiten das Vaterland von Johann Matthaus Hassencamp umgesetzt wurde 2 Nachdem Nahl der Altere im Herbst 1781 gestorben war vollendete sein Sohn Samuel das Standbild Enthullung Bearbeiten nbsp Am 14 August 1783 wurde das Denkmal enthullt Gemalde von Johann Heinrich Tischbein dem AlterenDas Denkmal wurde am 14 August 1783 enthullt dem 63 Geburtstag des Geehrten Friedrich selbst war an dem Tag nicht anwesend sondern verbrachte ihn auf seinem Landsitz Kloster Haydau In seiner Vertretung erschien seine zweite Ehefrau Philippine deren Ehe als nicht sonderlich eng verbunden geschildert wird Anwesend waren neben zahlreichen Schaulustigen der Hof der Landgrafin die Landstande die Dozenten des Collegiums Carolinum und das Militar der Garnisonstadt Kassel Erbmarschall Riedesel hielt eine Rede die von Georg Forster geschrieben wurde 11 Bereits die ersten Zeilen der Rede verraten den schmeichelhaften Charakter der Worte Unvergesslich ist der Tag uns immer der unsern Wunschen den geliebtesten und huldreichsten Fursten gab doppelt heilig aber wird uns heute seine Feyer denn heut errichtet Hessen seinem Friederich ein Denkmal der Liebe und der Dankbarkeit Friederich dessen Name jedem seiner Unterthanen mit Wohlthaten ins Herz gezeichnet ist Friederich unser Stolz und unsere Wonne vergonnt es seinem geruhrten Volke Ihm an diesem glucklichsten der Tage Sein eigenes Bild zum Opfer der innigsten Verehrung zu weihn Mit den Zugen des erhabensten Fursten verewigt dieser Marmor zugleich seine Huld und Vaterlandsliebe und unser frohes reines Gegengefuhl Wohlthaten des glorreichsten Regenten wurdig uns selbst und unsern Enkeln ein reicher Quell der Zufriedenheit und des hauslichen Gluckes Friederichs Wohlthaten sind es die heute Seinen guten Hessen an das Herz dringen und dort fur Ihn zu heissen Segenswunschen werden Georg Forster Empfindungen getreuer Unterthanen fur ihren geliebten Fursten 12 Am selben Tag gab es eine Festtafel in der Karlsaue eine Vorstellung im Opernhaus und die Burger der Stadt beleuchteten ihre Hauser festlich 2 13 Rezeption und Standort Bearbeiten Durch seine Aufstellung bildete die niedrige Bebauung der Oberneustadt den Hintergrund des Denkmals welchen die Skulptur uberragte Bereits Zeitgenossen merkten an dass die Statue in ihrer Ausrichtung auf das Museum ungunstig aufgestellt sei Sie richtet den Blick nach dem Museum hin wann aber nach Maassgabe ahnlicher richtig ist dass eine solche Statue einen Hintergrund haben muss von welchem sie gleichsam ausgeht so stunde sie umgewandt freilich besser Johann Wilhelm Casparson Topographie der hessischen Haupt und Residenzstadt Cassel 2 nbsp Von 1818 bis 1940 blickte Friedrich nach Sudwesten Aufnahme um 1895In der Zeit des Konigreichs Westphalen von 1807 bis 1813 wurde unter Konig Jerome das Denkmal abgebaut und in einem Stall neben der Post am Konigsplatz eingelagert Als Kurfurst Wilhelm I nach seiner Ruckkehr aus dem Exil das Standbild seines Vaters wieder errichten liess wurde es um 180 Grad gedreht und der monumentale Portikus des Museums bildete den Hintergrund Friedrich II blickte nun nach Sudwesten was landlaufig zur Annahme fuhrte dass er den fliehenden Franzosen nachblicken wurde Das originale Postament war verloren da die Marmorverkleidung durch Auguste Grandjean de Montigny fur den Fussboden des neuen Standesaals im Fridericianum benutzt wurde An seiner Stelle errichtete 1817 18 Jussow einen neuen Sockel aus Sandstein auf dessen Ruckseite die Inschrift Guilielmus I Elector statuam Patris a sua sede ab hostibus avulsam reponi fecit MDCCCXVIII Kurfurst Wilhelm I liess 1818 die von den Feinden von ihrem Platze entfernte Bildsaule seines Vaters wieder aufstellen sich befand In den 1820er Jahren wurde eine eiserne Einfriedung nach Entwurfen von Julius Eugen Ruhl erganzt 14 Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurden Stimmen in der Lokalpresse laut die die Entfernung des Denkmals forderten Dabei wurde auf die umstrittene Rolle des hessischen Landesfursten im amerikanischen Unabhangigkeitskrieg verwiesen Das als Monument der Schmach bezeichnete Standbild wurde aber nicht gegen ein vorgeschlagenes Denkmal der Freiheit Gleichheit und Bruderlichkeit ersetzt 9 Im Herbst 1940 wurde das Denkmal demontiert und in Einzelteilen im Hof des Museums Fridericianum vergraben um es vor Beschadigungen im Zweiten Weltkrieg zu schutzen 13 Nach dem Krieg wurde das Denkmal im April 1955 auf dem Friedrichsplatz wieder aufgestellt 15 Der damalige Leiter des Hochbauamtes Werner Noell berichtete 1985 dass eine Aufstellung am ursprunglichen Standort nicht mehr gewollt war Uber die verschiedenen Vorschlage fur einen Standort schrieb er Den ersten in der Mitte des Platzes so wie er einst stand Er wurde direkt abgelehnt Einmal aus politischen Grunden denn wir leben nicht mehr in der Barockzeit wo der Herrscher als Mittelpunkt prasentieren will Ausserdem storte die protzige Aufstellung in der Mitte des Platzes die freie Sicht in die Landschaft Werner Noell HNA Die Zerstorung unserer Stadt war so vernichtend gewesen 16 Bis heute steht es wieder mit dem Gesicht dem Fridericianum zugewendet aus der mittleren Langsachse nach hinten herausgeruckt Am ursprunglichen Standort des Denkmals befindet sich seit 1977 der vertikale Erdkilometer von Walter De Maria Lediglich fur den Bau der Tiefgarage unter dem Platz wurde es 1995 noch einmal abgebaut und anschliessend wieder an derselben Stelle aufgestellt 4 Literatur BearbeitenAlois Holtmeyer Die Bau und Kunstdenkmaler im Regierungsbezirk Cassel Kreis Cassel Stadt Hrsg Bezirksverband des Regierungsbezirks Cassel Band 6 Text Zweiter Teil Marburg 1923 DNB 101515898 S 801 804 uni kassel de Friedrich Bleibaum Johann August Nahl der Kunstler Friedrichs des Grossen und der Landgrafen von Hessel Kassel Baden bei Wien Leipzig 1933 DNB 579211436 S 156ff Peter Gercke Hrsg Aufklarung und Klassizismus in Hessen Kassel unter Landgraf Friedrich II Kassel 1979 DNB 800627377 S 221f Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Standbild des Landgrafen Friedrich II Sammlung von Bildern Thomas Siemon Marmordenkmal von Landgraf Friedrich II soll wieder strahlen In Hessisch Niedersachsische Allgemeine HNA 24 Februar 2023 abgerufen am 1 Marz 2023 Einzelnachweise Bearbeiten Volker Helas Stadt Kassel I In Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmaler in Hessen Friedrich Vieweg amp Sohn Braunschweig 1984 ISBN 3 528 06232 0 S 42 a b c d e f Alois Holtmeyer Die Bau und Kunstdenkmaler im Regierungsbezirk Cassel Kreis Cassel Stadt Hrsg Bezirksverband des Regierungsbezirks Cassel Band 6 Text Zweiter Teil Marburg 1923 DNB 101515898 S 303 306 uni kassel de https doi org 10 11588 diglit 52635 0103 a b Und sachte schwebt er in die Luft In HNA Hessische Allgemeine 24 Januar 1995 ZDB ID 2705019 1 S 19 HStAM Bestand 53 f Nr 10 Abgerufen am 28 Februar 2023 Peter Gercke Hrsg Aufklarung und Klassizismus in Hessen Kassel unter Landgraf Friedrich II Kassel 1979 DNB 800627377 S 221f Pierre Patte Monumens eriges en France a la gloire de Louis XV Paris 1765 uni heidelberg de Friedrich Bleibaum Johann August Nahl der Kunstler Friedrichs des Grossen und der Landgrafen von Hessel Kassel Baden bei Wien Leipzig 1933 DNB 579211436 S 156ff a b A Woringer Das Standbild des Landgrafen Friedrich II auf dem Friedrichsplatz zu Kassel In Hessenland Band 33 Kassel 1919 S 123ff uni kassel de Tagebuch Goethes Abgerufen am 28 Februar 2023 Ludwig Uhlig Georg Forster in Kassel Der Gelehrte an der Furstenresidenz In PHILIPPIA Band 14 2010 ISSN 0343 7620 S 236 zobodat at PDF Archiv fur das Studium der neueren Sprachen und Literaturen B 91 1893 OCLC 16077435 S 149 152 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche a b Als vom marmornen Friedrich die Hulle fiel In HNA Hessische Allgemeine 13 August 1983 ZDB ID 2705019 1 S 16 1 50 2 Wiedererrichtung Denkmal Friedrichs II Abgerufen am 28 Februar 2023 Zum zweiten Male In Kasseler Zeitung 13 April 1955 ZDB ID 989775 6 S 7 Gedanken zu Kassels Wiederaufbau Die Zerstorung unserer Stadt war so vernichtend gewesen In Hessische niedersachsische Allgemeine 27 Juli 1985 ZDB ID 254802 1 S 14 51 313035 9 496406 Koordinaten 51 18 46 9 N 9 29 47 1 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Standbild des Landgrafen Friedrich II amp oldid 233084621