www.wikidata.de-de.nina.az
Die Kirche St Michael zu den Wengen auch Wengenkirche genannt ist eine romisch katholische Stadtpfarrkirche in der Stadtmitte von Ulm die aus dem historischen Wengenkloster hervorging Der Beiname zu den Wengen bedeutet in den Wiesen Wengenkirche StiftschorDie Kirche gehorte ursprunglich zum Ulmer Konvent der Augustiner Chorherren und hat eine lange und bewegte Geschichte hinter sich Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Pilgerkloster ab 1183 1 2 Wengenmunster ab 1215 1 3 Neugrundung 1399 1 4 Ulmer Reformation 1531 1 5 Barock 1 6 Sakularisation ab 1802 1 7 Zerstorung 1944 und Wiederaufbau 2 Gegenwart 3 Orgeln 3 1 Hauptorgel 3 2 Chororgel 4 Lage 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 WeblinksGeschichte BearbeitenPilgerkloster ab 1183 Bearbeiten Das erste Wengenkloster mit Kirche befand sich ab 1183 auf dem Ulmer Michelsberg Auf der leichten Anhohe nordlich von Ulm am ersten Anstieg der Schwabischen Alb wurde es gegrundet Es war vor allem ein Pilgerspital an einer stark frequentierten Handelsstrasse zwischen Donau und Neckarraum das Pilger auf diesem Weg betreuen sollte Mit der Pilgerbetreuung beauftragt wurden Augustiner Chorherren aus dem Stift Marbach so dass die Kirche der neue Sitz eines Augustiner Chorherrenstiftes wurde Wengenmunster ab 1215 Bearbeiten Die Lage auf dem Michelsberg brachte den gravierenden Nachteil mit sich dass auf der Anhohe oft nicht genugend Trinkwasser vorhanden war Schon 1215 zogen Kloster und Kirche naher zum Ulmer Zentrum Sie befanden sich seitdem auf Hohe der heutigen Bundesstrasse 10 am Hindenburgring auf einer Insel zwischen den mehrfach verzweigten Armen der Blau 1250 konnte dann das Wengenmunster eine ansehnliche dreischiffige Kirche geweiht werden Mit der Verlegung auf die Flussinseln ging der ursprungliche Auftrag zum Bau einer Pilgerkirche samt hospiz verloren Stattdessen nutzten die Augustiner Chorherren die Wasserkraft der Blau und betrieben damit Muhlen und Hammerwerke Die Gebaude auf dem Michelsberg blieben aber in Teilen bestehen 1539 wurde die erste St Michael Kirche 1634 dann auch der Kirchturm auf dem Michelsberg abgebrochen Neugrundung 1399 Bearbeiten nbsp Ansicht von Ulm um 1490 Schedel sche Weltchronik Im Hintergrund ganz oben ist der Turm der Kirche St Michael auf dem Michelsberg hinter dem Ulmer Munster noch sehr gut zu erkennen der Turm uberragt alle anderen Bauwerke in der Stadt1376 wurde Ulm von Kaiser Karl IV feindlich belagert was dazu fuhrte dass man alle wesentlichen Gebaude und Kirchen der Stadt die sich ausserhalb der Stadtmauer befanden mit der Zeit in die befestigte Stadt hereinholte In diesem Zuge wurde nicht nur das Wengenkloster sondern auch die Kirche Unserer lieben Frau in die Stadt hereingeholt also buchstablich umgezogen Die Kirche Unserer lieben Frau wurde in weiten Teilen schon ab 1377 umgezogen und bildet bis heute den Grundstock fur das Ulmer Munster das Wengenkloster dagegen wurde 1399 umgezogen und bildet bis heute den Grundstock fur die Anlage St Michael zu den Wengen Die Chorherren erhielten im Zuge dieser Massnahme das Ulmer Burgerrecht Es wohnten durchschnittlich acht Chorherren im Klosterkomplex die sich auch um die Seelsorge der Stadtbevolkerung kummerten Diese dritte Kirche war eine dreischiffige flachgedeckte Hallenkirche mit eingezogenem gewolbtem Chor Der Berufsstand der Maler Drucker und Bildhauer war dieser Kirche am Ausgang des Mittelalters besonders stark verbunden Martin Schaffner Hans Schuchlin Niklaus Weckmann Bartholomaus Zeitblom und andere bildende Kunstler hatten sich zu einer Lukasgilde zusammengeschlossen Der Altar dieser ortlichen Lukasbruderschaft stand in der Wengenkirche Um 1440 liess Propst Ulrich Strobl von Langenau im Kreuzgang einen 22 m langen Totentanz mit 24 Tanzpaaren in Freskotechnik malen der mit den Begleitversen dem etwa gleichzeitig entstandenen Grossbasler Totentanz vergleichbar gewesen sein soll Die 1810 ubertunchten Wandgemalde wurden 1944 45 schwer beschadigt ehe auch die Reste durch den Abriss 1952 53 verloren gingen 1 Ulmer Reformation 1531 Bearbeiten Die Reformation bewirkte in Ulm dass das Klosterwesen als uberflussig betrachtet wurde So wurde auch das Augustiner Kloster geschlossen Der Ulmer Gotzentag Ausdruck des Bildersturms hatte zur Folge dass mehrfluglige Altare aus dem Gotteshaus genommen wurden Die Kirche zerfiel und erlitt Schaden 1546 wurde das Gotteshaus in eine einraumige Saalkirche umgebaut Am 18 Juli 1549 wurde das Kloster den Chorherren wieder zuruckgegeben Sie waren damit beauftragt die wenigen Katholiken in der inzwischen evangelisch gewordenen Reichsstadt zu betreuen Katholische Trauungen konnten dort allerdings nicht stattfinden sondern mussten ausserhalb der Mauern gefeiert werden Beerdigungen waren fur die Chorherren ebenfalls untersagt Trotzdem wuchs das Stift eine eigene Schule ein eigenes Theater eine grosse Bibliothek mit 10 000 Banden aus allen Wissens und Fachgebieten und reichhaltiges kirchenmusikalisches Leben gaben der Einrichtung Strahlkraft Die Zahl der Chorherren wuchs auf 15 an Barock Bearbeiten Zwischen den Jahren 1628 und 1635 kam es dann zur Barockisierung des Gebaudes Fruhbarocke Wandpfeiler wurden eingefugt Das Rokoko kehrte zwischen 1738 und 1766 ein als der zeittypische Stuck angebracht wurde Franz Martin Kuen aus Weissenhorn Bruder des Propstes Michael Kuen schuf ausgedehnte raumuberhohende Deckenfresken 1786 entstand sudlich der Kirche ein stattliches Amtshaus das heute das Katholische Stadtpfarramt St Michael zu den Wengen in Ulm beherbergt In der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts wirkte der Musiker und Komponist Pater Joseph Lederer als Musikdirektor im Chorherrenstift Sakularisation ab 1802 Bearbeiten Nach der verlorenen Schlacht von Elchingen kam es in Ulm zur Sakularisation und die Zeit der freien Reichsstadt ging zu Ende 1802 kam das Kloster an die bayrischen Kurfursten Mit der Sakularisation 1803 wurde die Wengenkirche erneut geschlossen Ab 2 Marz 1805 war die Wengenkirche dann jedoch erste katholische Stadtpfarrkirche und volle Pfarrei fur die seit der Reformation wieder vermehrt ansassigen katholischen Christen Die Bibliothek und zahlreiche Kunstwerke wurden entweder verkauft oder in staatliche Sammlungen uberfuhrt Die Klostergebaude von St Michael zu den Wengen wurden zum Teil als Kaserne verwendet Zerstorung 1944 und Wiederaufbau Bearbeiten Ein erheblicher Teil der Kloster und Kirchenanlage fiel den Bombennachten des Zweiten Weltkrieges zum Opfer insbesondere dem Hauptangriff am 17 Dezember 1944 Alle noch verbliebenen Kunstbestande der Kirche verbrannten mit wenigen Ausnahmen Der Wiederaufbau 1953 bis 1954 machte aus dem geosteten Chorraum eine Seitenkapelle die Kirche wurde gedreht Der gotische Westgiebel mit einem bemalten Grundsteinlegungsrelief blieb erhalten Der nuchtern ausgefallene Nachkriegsbau hiess bei der Ulmer Bevolkerung Werkhalle Gottes Wilhelm Geyer schuf einen Kreuzweg Gegenwart BearbeitenHeute ist St Michael zu den Wengen die einzige romisch katholische Gemeindekirche die sich in der Ulmer Altstadt befindet Die Kirche wird auch als Konzertraum gerne genutzt 1998 wurde die Kirche grundlegend neu gestaltet Hermann Geyer schuf kunstlerische Glasfenster An historischer Kunst ist eine Kreuzigungsgruppe von Niklaus Weckmann vorhanden bei der man aber nicht mit Sicherheit sagen kann ob sie wirklich einen historischen Bezug zur Wengenkirche hat ob sie etwa zum Lukasaltar gehorte oder ob sie auf anderen Wegen in den Kirchenraum gekommen ist Orgeln BearbeitenHauptorgel Bearbeiten nbsp Walcker OrgelDie Hauptorgel auf der Nordempore wurde 1961 von der Orgelbaufirma E F Walcker amp Cie Ludwigsburg als op 4082 erbaut Das Schleifladen Instrument hat 25 Register auf zwei Manualen und Pedal Die Spieltrakturen sind mechanisch die Registertrakturen elektrisch 2 Die Hauptorgel hat folgende Disposition I Hauptwerk C a31 Bourdon 16 2 Prinzipal 0 8 3 Salicional 0 8 4 Rohrflote 0 8 5 Octave 0 4 6 Blockflote 0 4 7 Nasat 0 2 2 3 8 Superoctave 0 2 9 Mixtur IV VI 0 2 10 Trompete 0 8 II Schwellwerk C a311 Holzprinzipal 8 12 Gedacktflote 8 13 Dulcflote 8 14 Prastant 4 15 Rohrflote 4 16 Schwiegel 2 17 Terz 1 3 5 18 Quinte 1 1 3 19 Scharff III IV 1 20 Rohrschalmey 8 Tremolo Pedal C f121 Prinzipalbass 16 22 Subbass 16 23 Octavbass 0 8 24 Gedecktpommer 0 4 25 Stillposaune 16 Koppeln II I I P II P Spielhilfen zwei freie Kombinationen Organo pleno als feste KombinationChororgel Bearbeiten nbsp ChororgelDaneben gibt es in der kleinen Wengenkirche dem ehemaligen Chorraum eine fahrbare Chororgel der Fa Link in Giengen mit folgender Disposition 3 I Hauptwerk C a31 Prinzipal 8 2 Salicional 8 3 Octave 4 4 Nasat 2 2 3 5 Superoctave 2 6 Terz 1 3 5 II Schwellwerk C a37 Bourdun 8 8 Rohrflote 4 9 Schwiegel 2 10 Sifflote 1 Pedal C f111 Subbass 16 12 Gedecktbass 0 8 Koppeln II I II I 16 I P II PLage BearbeitenDie Wengenkirche liegt heute sowohl an der Wengengasse als auch an der Walfischgasse Am mit roten Backsteinen neu aufgemauerten Turm ist sie im Altstadtgebiet Ulms weithin sichtbar Wegen Baufalligkeit dieses Turmes entstand in der Stadt eine Auseinandersetzung um die Frage ob der Turm bei einer Sanierung aufgestockt und mit einer richtigen Turmspitze versehen werden soll Nach Vorliegen eines Architektenentwurfs von Gottfried Bohm kam es zu einem heftigen Streit zwischen dem ortlichen Dekan und dem eigens gegrundeten Turmbauverein 4 Der Turm blieb seither unverandert Literatur BearbeitenSt Michael zu den Wengen Kirche in der Mitte der Stadt hrsg von der Katholischen Kirchengemeinde St Michael zu den Wengen Ulm 2004 ISBN 3 88294 341 6 Herbert Dorfler u a Ulm liebenswerte Donaustadt Ulm 2002 ISBN 3 9808370 1 7 S 22 Oscar Gageur Die Kirche St Michael zu den Wengen in Ulm Ulm 1937 Adolf Herrmann Franz Martin Kuen in Ulm in Gesellschaft zur Forderung des Wurtt Landesmuseums Hrsg Neue Beitrage zur Archaologie und Kunstgeschichte Schwabens Julius Baum zum 70 Geburtstag am 9 April 1952 gewidmet W Kohlhammer Verlag Stuttgart 1952 Barbara Maier Lorcher Artikel Wengenkirche in Meisterwerke Ulmer Kunst Jan Thorbecke Verlag Ostfildern 2004 ISBN 3 7995 8004 2 S 50 51 Hellmut Pfluger Stadtfuhrer Ulm Gondrom Verlag Bindlach 1991 ISBN 3 8112 0766 0 Hans Eugen Specker Das Augustinerchorherrenstift St Michael zu den Wengen in Hans Eugen Specker u a Kirchen und Kloster in Ulm Ein Beitrag zum katholischen Leben in Ulm und Neu Ulm von den Anfangen bis in die Gegenwart Ulm 1979 S 49 88 Erwin Treu Reinhard Wortmann Kunstwerke aus dem ehemaligen Augustiner Chorherrenstift St Michael zu den Wengen in Ulm Ausst Kat Ulmer Museum Ulm 1980 Max Wagner Kloster und Kirche zu den Wengen in Ulm Diss TH Stuttgart 1923Einzelnachweise Bearbeiten Hans Georg Wehrens Der Totentanz im alemannischen Sprachraum Muos ich doch dran und weis nit wan Schnell amp Steiner Regensburg 2012 S 57ff ISBN 978 3 7954 2563 0 Informationen und Klangbeispiele zur Hauptorgel von St Michael zu den Wengen Informationen und Klangbeispiele zur Chororgel von St Michael zu den Wengen http www swp de ulm lokales ulm neu ulm Das tiefe Zerwuerfnis wegen des Wengenturms art4329 1368753Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Wengenkirche Ulm Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Homepage der Katholischen Kirchengemeinde St Michael zu den Wengen Altartafeln aus der Ulmer Wengenkirche auf dem Museumsserver Schleswig Holstein Augustiner Chorherrenstift St Michael zu den Wengen Ulm in der Datenbank Kloster in Baden Wurttemberg des Landesarchivs Baden Wurttemberg Inkunabelkatalog des Augustinerchorherrenstifts Wengen Ulm Cod st 56 Abgerufen am 12 Marz 2018 48 399166666667 9 9875 Koordinaten 48 23 57 N 9 59 15 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title St Michael zu den Wengen Ulm amp oldid 234983679