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St Magdalena in Prazoll ist eine romisch katholische Kirche in St Magdalena einem ehemals zur Landgemeinde Zwolfmalgreien und heute zur Sudtiroler Landeshauptstadt Bozen gehorenden Dorf Die malerisch zwischen Weinbergen gelegene Dorfkirche gehort zur Pfarre Rentsch und besitzt in ihrem Inneren wertvolle Fresken aus dem 14 Jahrhundert Sie steht seit 1977 unter Denkmalschutz St Magdalena in PrazollDie Kirche inmitten der Weinberge Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Baubeschreibung 2 1 Fresken 2 2 Ausstattung 3 Archiv 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie schon in vorgeschichtlicher Zeit besiedelte Gegend am Ostrand des Bozner Talkessels wird erstmals in einer Schenkung des Otacher von Berg an das Brixner Domkapitel zwischen 1170 und 1174 als Placedell urkundlich erwahnt 1 Die St Magdalenenkirche ecclesia sancte Marie Magdalene de Placedelle ist urkundlich erstmals im Jahr 1295 im Kontext einer Seelgeratstiftung bezeugt 2 ein weiteres Mal 1318 im Zuge einer Olstiftung In dieser Zeit entstanden die Fresken in der Apsis der Kirche Um 1370 erfolgte ein Umbau indem man das Tonnengewolbe des Langhauses einzog und die Wande mit neuen Fresken ausmalte Architektonische Details am Turm belegen weitere Baumassnahmen um 1500 1627 brach man Turen und Fenster in die Fassade darunter das Renaissanceportal an der Westseite und baute eine Sakristei an der Nordseite an 1667 schaffte man einen neuen barocken Hochaltar und 1706 einen Seitenaltar an Papst Pius VI verlieh 1794 der Kirche fur den Weissen Sonntag einen vollkommenen Ablass Die im Laufe der Zeiten ubertunchten Fresken gerieten in Vergessenheit bis Sebastiano Bassani im Auftrag des Denkmalamtes 1958 59 einen ersten Teil von ihnen freilegte Dabei wurde die bemalte Verputzschicht der Apsis die sich bereits vom Untergrund gelost hatte von Restaurator Carlo Andreani aus Trient abgenommen und auf Leinwand ubertragen heute im Stadtmuseum Bozen Geldmangel verzogerte die weiteren Arbeiten 1966 1970 wurden die Fresken im Langhaus teilweise freigelegt bis die Restaurierung 1985 durch das inzwischen neu gegrundete Landesdenkmalamt Bozen zu Ende gefuhrt werden konnte Baubeschreibung BearbeitenDie Kirche besteht aus einem rechteckigen Kirchenschiff von 6 9 5 m Lange Im Osten schliesst sich daran eine kleine rechteckige Apsis an die schon ursprunglich ein Tonnengewolbe trug Daruber erhebt sich der Glockenturm der um 1500 erhoht wurde und dabei einen gemauerten Spitzhelm und spitzbogige Schallfenster erhielt Ein ursprungliches Rundbogenfenster an der Ostwand der Apsis wurde im Zuge der Restaurierung wieder freigelegt Das zunachst mit einer flachen Holzdecke versehene Langhaus erhielt um 1370 das heutige Tonnengewolbe An der Nordseite befindet sich das ursprungliche Portal der Kirche daneben und ihm gegenuberliegend an der Sudseite wurden um 1370 zwei Fenster ausgebrochen Das heutige steingerahmte und mit Rosetten verzierte Hauptportal an der Westseite in Renaissanceformen entstand 1627 zugleich die steingerahmten Rechteckfenster zu beiden Seiten und die Rundoffnung daruber Im Osten der Nordseite befindet sich eine angebaute Sakristei die durch eine Rechtecktur mit Oberlicht vom Langhaus aus zuganglich ist Der Kirchenboden aus Sandsteinplatten durfte aus dem 17 Jahrhundert stammen Fresken Bearbeiten nbsp Fresken am TriumphbogenDas gesamte Innere der Kirche ist mit Fresken bedeckt die aus zwei verschiedenen Epochen stammen Die altere Malschicht befindet sich in der Apsis und entstand um 1300 Sie ist dem fruhgotischen Linearstil zuzuordnen und stammt wohl von einem suddeutschen Meister aus der Bodenseegegend oder vom Oberrhein der wahrscheinlich auch das Votivbild des Konrad und der Irmingard Krille in der Bozner Pfarrkirche geschaffen hat Die Fresken besitzen hohe kunstlerische Qualitat und bilden ein Hauptwerk der fruhgotischen Malerei in Sudtirol Im blau gemalten Gewolbe der Apsis ist die Majestas Domini dargestellt Christus in der Mandorla umgeben von den Evangelistensymbolen Im Bogenfeld der Ostwand darunter ist Christus am Kreuz flankiert von Johannes und Maria in einfacher Bandumrahmung zu sehen Die Szene wird von je zwei Baumchen begleitet Im Mittelstreifen erstreckt sich uber alle drei Seiten eine gemalte Scheinarchitektur mit Arkaden zwischen deren Saulen die zwolf Apostel und die Kirchenpatronin die hl Maria Magdalena dargestellt sind Einige Figuren sind nicht mehr erhalten Darunter schliesst eine gemalte Sockelzone mit rotem Rautenmuster und geometrischem Blattdekor die Fresken nach unten ab Das noch in den Grundzugen traditionelle romanische Bildprogramm der Apsis wird verandert durch die ins Zentrum geruckte Kreuzigungsszene anstelle der Majestas Domini und der gemeinsam mit den Aposteln dargestellten Kirchenpatronin Besonders auffallig ist der neue fruhgotische Geist der Fresken in der bewegten Darstellung der Gesichter die auf eine starkere Gefuhlsbetontheit hinweist und die innere Anteilnahme besonders an der Passionsszene ausdruckt An der Triumphbogenwand wurden bei der Restaurierung ebenfalls noch Reste dieser alteren Malschicht freigelegt Ansonsten gehort diese wie die Fresken im ubrigen Langhaus aber der jungeren Malschicht an die um 1370 entstanden ist Sie gehoren einem veranderten Zeitgeist an da mittlerweile oberitalienische Einflusse in Bozen Verbreitung gefunden hatten die von Wandermalern in der Nachfolge Guarientos und Giottos nach Norden getragen worden waren Dieser Stil zeichnet sich durch die Plastizitat und Raumtiefe seiner Darstellungen aus Er wurde in einer neuen Technik al fresco auf frischen Verputz gemalt wodurch die Bilder eine starkere Farbigkeit und grossere Dauerhaftigkeit erhielten Der Raumeindruck veranderte sich ausserdem durch die grossere Helligkeit des Kirchenschiffes da damals auch die Fenster neu ausgebrochen wurden Der unbekannte Kunstler hat wahrscheinlich auch die jungere Malschicht in der Kirche St Johann im Dorf geschaffen sowie den Marienzyklus in St Vigil am Virgl In der Apsis wurde damals die Kreuzigungsszene durch eine Marienkronung ersetzt Diese konnte abgenommen werden und befindet sich heute im Stadtmuseum Bozen An der Triumphbogenwand ist im Bogenfeld die Verkundigung des Herrn dargestellt darunter zu beiden Seiten die Opfer von Kain und Abel In der untersten Zone beginnt auf der Sudseite mit der Olbergszene ein Passionszyklus der uber das gesamte Langhaus weitergefuhrt wird und an der Nordseite der Triumphbogenwand mit der Darstellung der Auferstehung Christi endet Dieser Passionszyklus ist durch aufsteigende Feuchtigkeit im unteren Teil zum Grossteil zerstort worden Erkennbar sind noch die oberen Halften der Gefangennahme Christi seiner Geisselung der Dornenkronung und des Urteils des Pilatus an der Sudwand die Kreuzigung die Kreuzabnahme und die Grablegung an der Nordwand In der Fensterlaibung an der Nordseite kam bei der jungsten Restaurierung ein farbenprachtiger und gut erhaltener hl Oswald zutage Uber dem Passionszyklus zeigt die obere Bildfolge den seltenen und ikonographisch interessanten Zyklus der Magdalenenlegende Er beginnt im Osten der Sudwand und verlauft im Uhrzeigersinn bis zum Ende der Nordwand In zehn Bildern wird das Leben der Kirchenpatronin dargestellt wie es in der Legenda aurea geschildert wird Die erste Szene zeigt Magdalena weltlich geschmuckt mit einem Liebhaber wie sie von ihrer Schwester Martha bekehrt wird Die zweite Szene die einzige die sich auf eine biblische Uberlieferung stutzen kann stellt dar wie Magdalena Christus beim Mahl im Hause Simons des Pharisaers die Fusse salbt In der dritten Szene wird Magdalena mit anderen von durch Judenhute und Haretikermutzen charakterisierte Unglaubige in ein Schiff ohne Steuer gesetzt und aufs Meer gestossen damit diese dort umkommen sollten In der vierten Szene ist Magdalena mit ihren Gefahrten wohlbehalten in Marseille angelangt wo sie nun dem Fursten des Landes und seiner Frau predigt weil diese ihren Gottern opfern wollen Im funften und letzten Bild auf der Sudwand erscheint Magdalena dem schlafenden Furstenpaar und droht ihnen Boses an wenn sie die hungernden Schiffbruchigen nicht verpflegen wollen Die sechste Szene stellt dar wie der nach Rom reisende Furst den Leichnam seiner toten Frau auf einer felsigen Insel aussetzt Er hatte zuvor die Schiffbruchigen aufgenommen seine Frau ist auf Fursprache der Magdalena schwanger geworden und beide reisen mit dem Schiff nach Rom um dort zu erkunden ob Magdalena die Wahrheit uber Christus gesagt habe dabei hat die Furstin ihr Kind geboren und ist gestorben Im siebenten Bild sieht man links den hl Petrus Der Furst kehrt mit dem Schiff nach Hause zuruck und findet auf der Insel seine Frau und sein Kind lebend vor die von Magdalena beschutzt worden waren Im achten Bild uberreicht der zuruckgekehrte Furst in Marseille der Magdalena Maximinus und Lazarus eine Schriftrolle diese Szene ist nicht ganz klar Die beiden letzten Bilder zeigen Magdalena als Busserin die sich dreissig Jahre in die Wuste zuruckgezogen hatte In der neunten Szene wird sie von Engeln emporgehoben und hort mit leiblichen Ohren den Gesang des Himmels Im letzten und zehnten Bild wird Magdalena von Engeln getragen und empfangt von Bischof Maximinus die Kommunion Jede Szene wird durch breite Bander gerahmt die den Eindruck eines architektonischen Rahmengerusts erwecken nbsp Westwand mit Fresken des Jungsten Gerichts und HochaltarAn der Westwand ist eine traditionelle Darstellung des Jungsten Gerichts zu sehen gewesen Sie wurde aber durch die Fenster und Turausbruche im 17 Jahrhundert weitgehend zerstort Nur die posauneblasenden Engel im oberen Bildbereich und ein Stuck des thronenden Christus sind noch erhalten Das Tonnengewolbe wiederholt das Bildprogramm der Apsis und stellt zentral eine monumentale Majestas Domini dar In der Apsis war die diesbezugliche Darstellung ja von jungeren Fresken verdeckt worden Christus in der Mandorla wird von dekorativen Bandern eingerahmt An den Ecken erscheinen die vier Evangelistensymbole Als gotische Erweiterung dieses Bildthemas sind auch noch vier lateinische Kirchenvater dargestellt die unter Baldachinen thronen Der blaue Hintergrund erweckt den Eindruck eines Sternengewolbes An der Aussenseite der Kirche findet sich an der Nordwand links neben dem Eingang die hl Magdalena die die Kirchenbesucher mit einem Salbgefass empfangt Im Hintergrund sieht man eine Landschaft mit Baumen Ebenfalls an der Nordwand aber vom Sakristeizubau verdeckt befindet sich an der Turmmauer ein uberlebensgrosser Christophorus und eine thronende Madonna mit Kind Diese beiden Bilder wurden niemals ubertuncht und sind daher in einem sehr guten Zustand der die originale Leuchtkraft der Farben erahnen lasst Ausstattung Bearbeiten Der Hochaltar von Oswald Krad aus dem Jahre 1667 steht heute an der Westwand In der schreinartig vertieften Mittelnische ist die Figur der knienden Busserin Magdalena mit Kruzifix und Totenkopf zu sehen Daneben befinden sich gedrehte barocke Saulen die mit Weinlaub und Putten in Reliefschnitzerei verziert sind In einer Rundbogennische der Predella ist eine Pieta dargestellt in einem bekronenden Aufsatz Gottvater Links und rechts der Saulen stehen die Statuen der hll Barbara und Katharina In der Gebalkzone befanden sich ursprunglich zahlreiche Engelskopfe die gestohlen wurden Der Altar des Bozner Bildhauers Oswald Krad der von Franz Teutenhofen farbig gefasst wurde zahlt zu den bedeutendsten Altaren des 17 Jahrhunderts in Sudtirol Die beiden schonen und fein geschnitzten Prozessionsstangen aus dem Jahr 1646 schuf der Bildhauer Hans Schwarzpeckh gefasst wurden sie von Hans Hofmann Die Kirchenbanke stammen aus der 2 Halfte des 19 Jahrhunderts Ein Glasfenster in der Rundoffnung der Westwand mit Motiven des Weinbaus ist eine moderne Arbeit von Otto Kastowsky aus Bozen Der ursprunglich vorhandene barocke Seitenaltar ist heute aus Platzgrunden nicht mehr in der Kirche aufgestellt Archiv BearbeitenAus den Jahren 1582 bis 1806 sind 99 Rechnungsbucher von St Georgen im Stadtarchiv Bozen uberliefert Hss 1462 1563 die von den jeweiligen Kirchpropsten gefuhrt wurden 3 Literatur BearbeitenJoanne W Anderson Mary Magdalene and her dear sister innovation in the late medieval mural cycle of Santa Maddalena in Rencio Bolzano In Mary Magdalene Iconographic studies from the Middle Ages to the Baroque Leiden Brill 2012 S 45 73 Joanne W Anderson St Magdalena in Rentsch bei Bozen ein neuer Vorschlag zur Auftraggeberschaft im 14 Jahrhundert In Der Schlern 88 2014 H 2 S 40 44 Sebastian Marseiler Wege zur Kunst Die bedeutendsten Kunstdenkmaler Sudtirols Athesia Bozen 2011 ISBN 978 88 8266 734 4 S 40 43 Helmut Stampfer St Magdalena in Prazoll Bozen Schnell Steiner Regensburg 2015 ISBN 978 3 7954 7023 4 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons St Magdalena in Prazoll Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Eintrag im Monumentbrowser auf der Website des Sudtiroler Landesdenkmalamts Stadt BozenEinzelnachweise Bearbeiten Oswald Redlich Die Traditionsbucher des Hochstifts Brixen vom 10 bis in das 14 Jahrhundert Acta Tirolensia 1 Innsbruck Wagner 1886 Nr 502b Hannes Obermair Bozen Sud Bolzano Nord Schriftlichkeit und urkundliche Uberlieferung der Stadt Bozen bis 1500 Band 1 Bozen Stadtgemeinde Bozen 2005 ISBN 88 901870 0 X S 125 Nr 117 Hannes Obermair Multiple Vergangenheiten Sammeln fur die Stadt Das Bozener Stadtarchiv 3 0 In Philipp Tolloi Hrsg Archive in Sudtirol Geschichte und Perspektiven Archivi in Provincia di Bolzano storia e prospettive Veroffentlichungen des Sudtiroler Landesarchivs 45 Universitatsverlag Wagner Innsbruck 2018 ISBN 978 3 7030 0992 1 S 211 224 Bezug S 214 46 501813 11 37226 Koordinaten 46 30 6 5 N 11 22 20 1 O Normdaten Geografikum GND 4740315 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title St Magdalena in Prazoll amp oldid 207036064