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Das Speziallager Jamlitz bei Lieberose war als Speziallager Nr 6 im Nachkriegsdeutschland eines von zehn Speziallagern der sowjetischen Militaradministration in der sowjetischen Besatzungszone Das Lager wurde vom sowjetischen Geheimdienst NKWD im September 1945 auf dem Gelande und in den Baracken des vormaligen Konzentrationslagers Lieberose eines ehemaligen Aussenlagers des nationalsozialistischen KZ Sachsenhausen nordlich von Cottbus eingerichtet Das Speziallager Nr 6 befand sich vorher seit 17 Mai 1945 in Frankfurt Oder auf inzwischen polnischem Gebiet und wurde im September 1945 nach dem etwa 50 km entfernten Jamlitz verlegt Die rund 3400 Insassen hatten den Weg zu Fuss zuruckzulegen Das Jamlitzer Lager bestand bis April 1947 wobei rund 1000 der restlichen Haftlinge nach Russland deportiert und 4400 auf die Speziallager Muhlberg und Buchenwald verteilt wurden Von insgesamt 10 300 Insassen sind nach den von der russischen Behorden ubergebenen Totenlisten in knapp zwei Jahren mindestens 3380 umgekommen Plan des LagersInhaltsverzeichnis 1 Inhaftierte 2 Haftbedingungen 3 Opfer 4 Auflosung des Lagers 5 Gedenken 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseInhaftierte BearbeitenFestgehalten wurde im Speziallager Jamlitz deutsche Zivilbevolkerung neben ehemaligen Mitgliedern der NSDAP in erster Linie viele willkurlich Verhaftete auch Jugendliche zur Verhaftung mit dem Vorwurf Du Werwolf konnte bereits die Mitgliedschaft in HJ oder BDM fuhren und vor allem politisch Missliebige die der Errichtung des stalinistischen Systems in der sowjetischen Besatzungszone kritisch gegenuberstanden oder hatten im Wege stehen konnen Einige bekannte Inhaftierte waren die Offiziersfrau und Lehrerin Margret Bechler der Volkswirtschaftler Bernhard Benning der Verwaltungsjurist Justus Delbruck der Politiker Walter Erdmann der ehemalige Wurzener Oberburgermeister Armin Graebert der Schauspieler Gustaf Grundgens der Vorgeschichtsforscher Amandus Haase der Freiberger Oberburgermeister Werner Hartenstein die Schriftstellerin Suse von Hoerner Heintze der Reichenberger Oberburgermeister Eduard Rohn der Redakteur und Autor Gerhard Joop der Jugendliche Walter Jurisch der Industrielle und Erfinder Friedrich Emil Krauss der Journalist und Politiker Georg Krausz der Chemiker Oskar Lecher die Schriftstellerin Gertrud Lehmann Waldschutz der Arzt und Gestapo Spitzel Paul Reckzeh der Schuldirektor Max Reschke der Maler Richard Sachs der Offizier Ulrich von Sell und sein Mitarbeiter Paul Poensgen der Konstrukteur Eduard Seppeler der Bunzlauer Burgermeister Walter Siemianowsky die Schauspielerin Marianne Simson der Fotograf Karl Spiess der Zahnarzt und Reichszahnarztefuhrer Ernst Stuck der SS Obersturmfuhrer und Kriminalkommissar Curt Trimborn die Kriminalbeamtin Friederike Wieking der Grafiker und Verleger Hans Wittig Friesen und der Regisseur Hans H Zerlett Haftbedingungen BearbeitenDas Lager Jamlitz gilt als eines der Speziallager deren Haftbedingungen verheerend waren Infolge der bewusst zugeteilten Hungerrationen kam es bei den Inhaftierten neben den Qualen die der standige Hunger verursachte zu Krankheiten wie Dystrophie Ruhr und Tuberkulose Furunkulose Gurtelrose und Wasseransammlungen im Korper die von den Fussen aufwarts bis in die Lungen stiegen In diesem letzten Stadium ertranken die Menschen und starben Ungeziefer Schmutz Kalte und Isolation von der Aussenwelt waren weitere Faktoren die zur hohen Sterblichkeit beitrugen Hinzu kam stundenlanges Stehen bei jeder Witterung wahrend der taglichen Zahlappelle Rundfunk Zeitungen Papier Schreibmaterialien oder Kontakte zu Angehorigen gab es nicht sodass die Ungewissheit uber das Schicksal ihrer Familien die Haftlinge zusatzlich zermurbte Geschlafen wurde ohne Strohsacke auf den Brettern dreistockiger Holzpritschen Samtliches Inventar das sich zur Zeit des Lagers unter NS Herrschaft in den Baracken befunden hatte war entfernt worden In der Nahe des Lagereinganges befand sich der Strafbunker Ein bis zehntagige Haft in Kalte Dunkelheit mit noch weniger Nahrung musste bei Vergehen dort verbracht werden Opfer BearbeitenVon rund 10 300 Haftlingen in Jamlitz darunter uber 900 Frauen herangebracht aus den Lagern Frankfurt Oder Ketschendorf Bautzen jeweils etwa 2000 am 21 und 24 September 1946 Posen und den Sammelpunkten in den umliegenden Verhorkellern der Besatzungsmacht starben in den nur zwei Jahren seit Kriegsende mindestens 3380 inzwischen namentlich bekannte und in einem Totenbuch veroffentlichte Haftlinge die in Massengrabern verscharrt wurden weitere 46 bei Transporten und nach Deportation Verstorbene und zwei hingerichtete vormalige Insassen sind ebenfalls namentlich bekannt 1 Im schlimmsten Monat Februar 1947 starben taglich durchschnittlich 25 Menschen insgesamt 699 am schlimmsten Tag 36 Vorstehende Angaben und das Totenbuch beruhen auf den von den russischen Behorden bekannt gegebenen Totenlisten deren Vollstandigkeit jedoch nicht uberprufbar ist Der Historiker Jan von Flocken gab 1991 eine Zahl von etwa 5000 Toten an 2 Im April 1990 wurden im Wald aufgrund von Hinweisen einige der Graber gefunden und eine Gedenkstatte errichtet Dort findet jedes Jahr am zweiten Samstag im September eine Gedenkfeier statt Auflosung des Lagers BearbeitenBei der Auflosung im April 1947 wurden etwa 1000 der uberlebenden Haftlinge in die UdSSR deportiert und 4400 auf zwei andere NKWD Speziallager verteilt 400 kamen nach Nr 1 Muhlberg und je rund 2000 am 3 und 7 April 1947 nach Nr 2 in Buchenwald das von der sowjetischen Besatzungsmacht weiterbenutzte ehemalige nationalsozialistische KZ Buchenwald 3 Bei der Raumung des Lagers wurden die Haftlinge unter Bewachung zur Bahnstation Lieberose gefuhrt und dabei von Passanten wahrgenommen die bei ihrem Anblick weinten oder auch sich eiligst entfernten Wahrend der DDR Zeit wurde die Nutzung des Lagers Jamlitz durch die sowjetische Besatzungsmacht verschwiegen Die Baracken wurden abgerissen und kleinere Wohnhauser auf dem Gelande errichtet Siehe dazu auch den Abschnitt Gedenken im Artikel uber das NS Konzentrationslager LieberoseGedenken Bearbeiten nbsp Gedenkstein auf dem Friedhof Jamlitz an die Opfer des sowjetischen SpeziallagersNach 1990 entstanden kleinere Gedenkorte an den bekannten Orten der Massengraber des Speziallagers Nach einer langwierigen Diskussionsphase aufgrund der doppelten Geschichte des Lagers in Jamlitz wurden am 22 Juni 2003 eine Freiluftausstellung fur das Speziallager Nr 6 Jamlitz sowie eine weitere Freiluftausstellung zum Gedenken an das KZ Lieberose eroffnet Dem Speziallager sind 11 Informationstafeln gewidmet 4 Literatur BearbeitenAndreas Weigelt Umschulungslager existieren nicht Zur Geschichte des sowjetischen Speziallagers Nr 6 in Jamlitz 1945 1947 Brandenburgische Landeszentrale fur politische Bildung Potsdam 2001 ISBN 3 932502 29 9 PDF Datei 1 46 MB Karl Wilhelm Fricke Politik und Justiz in der DDR Zur Geschichte der politischen Verfolgung 1945 bis 1968 Verlag Wissenschaft und Politik Koln 1990 ISBN 3 8046 8568 4 Jan von Flocken Michael Klonovsky Stalins Lager in Deutschland 1945 1950 Ullstein Berlin und Frankfurt am Main 1991 ISBN 3 550 07488 3 Helmuth Dommain Mit einem Bein im Massengrab In sowjetischen Schweigelagern Jamlitz und Buchenwald Verlag Herms Lubben 1994 ISBN 3 9803761 0 9 Kurt Noack NachkriegsErinnerungen Als Funfzehnjahriger in Stalins Lagern Niederlausitzer Verlag Guben 2009 ISBN 978 3 935881 70 8 Weblinks BearbeitenUnion der Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft UOKG Die Lager JamlitzEinzelnachweise Bearbeiten Andreas Weigelt Hrsg Totenbuch Sowjetisches Speziallager Nr 6 Frankfurt Oder 1945 Jamlitz 1945 1947 2 Auflage 2009 S 94 ff Jan von Flocken Michael Klonovsky Stalins Lager in Deutschland 1945 1950 Ullstein Berlin und Frankfurt am Main 1991 ISBN 3 550 07488 3 Andreas Weigelt Umschulungslager existieren nicht Zur Geschichte des sowjetischen Speziallagers Nr 6 in Jamlitz 1945 1947 Brandenburgische Landeszentrale fur politische Bildung Potsdam 2001 ISBN 3 932502 29 9 S 43 44 online PDF Datei 1 46 MB Andreas Weigelt Die Dokumentationsstatte KZ Aussenlager Lieberose 1943 1945 Dokumentationsstatte Sowjetisches Speziallager Nr 6 Jamlitz 1945 1947 Gedenkstattenrundbrief 118 2004 S 20 26 Abgerufen am 24 Februar 201451 990232 14 365289 Koordinaten 51 59 24 8 N 14 21 55 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Speziallager Jamlitz amp oldid 234899761