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Die Skopzen Singular Skopez von russisch skopec Verschnittene Eunuch Kastrat auch Weisse Tauben und Weisse Lammer belye golubi genannt sind eine in Russland entstandene religiose Sekte die um 1757 als Geheimbund aus der Tradition der Flagellantensekte der Chlysten hervorging und vollige sexuelle Enthaltsamkeit propagierte 1 Die Anhanger trieben die Askese so weit dass rituelle Verstummelungen der ausseren Geschlechtsorgane und spater auch der weiblichen Brust Vorschrift wurden Trotz kontinuierlicher staatlicher Verfolgung und Verbannung nach Sibirien konnte sich das Skopzentum in Russland ausbreiten Viele Skopzen emigrierten nach Rumanien Im 19 Jahrhundert spalteten sich die bis heute bestehenden geistlichen Skopzen ab die totale sexuelle Enthaltsamkeit fordern aber keine korperlichen Verstummelungen praktizieren Weibliche SkopzeWeibliche SkopzeMannlicher Skopze grosses Siegel Inhaltsverzeichnis 1 Lehre 2 Rituale 2 1 Andachtsubungen 2 2 Abendmahl 2 3 Feuertaufe 3 Geschichte 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLehre BearbeitenBei den Skopzen war jeder Geschlechtsverkehr verboten Zusatzlich wurde er durch die Verstummelung der Geschlechtsteile unmoglich gemacht 2 Zur Rechtfertigung beriefen sich die Skopzen auf die Bibelstellen Mt 19 12 EU Mk 9 43 EU Mt 5 26 30 EU und Lk 23 29 EU Ihrer Uberzeugung nach war alles Unheil und alles Bose durch den Geschlechtsverkehr zwischen Adam und Eva in die Welt gekommen und die wahre Lehre Christi habe auch die Praxis der Kastration umfasst Zudem behaupteten die Skopzen Jesus sei der erste Skopze gewesen und habe personlich das Beispiel gegeben Danach sei die Kastration auch von den Aposteln den Heiligen und den Urchristen praktiziert worden 2 Die Skopzen gingen davon aus dass der Mensch durch die Erbsunde und den Abeltod vom Teufel mit Genitalien ausgestattet wurde sie sahen darin Satansmale Rituale BearbeitenAndachtsubungen Bearbeiten Die religiosen Ubungen der Skopzen bestanden im Hymnengesang Stegreif Ansprachen Prophezeiungen und wilden rituellen Tanzen die eine visionare Ekstase herbeifuhren sollten und an Derwischtanze erinnern Die Versammlungen fanden meistens in der Nacht in abgelegenen Hausern statt und dauerten bis zum Morgengrauen Die Glaubigen tanzten gelegentlich bis zum korperlichen Zusammenbruch Aufgrund der Verfolgung postierten die Skopzen wahrend der Versammlungen Wachen rund um das Gebaude 3 Abendmahl Bearbeiten Bei den Skopzen gab es eine Art heiliges Abendmahl bei dem geweihte Brotstuckchen verteilt wurden Feuertaufe Bearbeiten Um erlost zu werden hatte sich der Mensch gemass der skopzischen Glaubenslehre nach dem Hauptgebot Christi der Feuertaufe zu unterziehen bei der er kastriert bzw seine ausseren Genitalien mit einem gluhenden Eisen verstummelt wurden 3 Die Skopzen propagierten vollige sexuelle Enthaltsamkeit und forderten als Bedingung fur den Eingang ins Himmelreich von mannlichen Mitgliedern die Entfernung der Hoden und des Penis von Frauen die Beschneidung der Vulva und Entfernung der weiblichen Brust Bei den mannlichen Skopzen gab es beim Erreichen des Hohepunktes der rituellen Handlung der Feuertaufe eine hohere und eine niedere Form um das Tor zur vervollkommenen Erlosung zu durchschreiten das kleine Siegel bezeichnete die Abtragung der Hoden in denen die Skopzen den Schlussel zur Holle sahen das grosse Siegel bezeichnete die zusatzliche Entfernung des Penis den die Skopzen als Schlussel zum Abgrund verstanden wobei mit Abgrund die weiblichen Geschlechtsteile als Lustobjekt gemeint waren Die Beschneidung der Frauen wurde seltener ausgefuhrt Seit etwa 1815 begann man den Frauen Brust und Vulva zu verstummeln mit der Absicht den geschlechtlichen Trieb einzuschranken und die Moglichkeit zum Koitus zu beschranken Dazu wurden die Klitoris und die kleinen Schamlippen entfernt die Brustwarzen ausgeschnitten oder gespalten oder eine Ablation der Bruste vorgenommen Die Eingriffe wurden mit Kuchenmessern Beilen Sicheln und gluhenden Messern vorgenommen oder erfolgten durch Abbinden mit einer Schnur 4 Die Sektenmitglieder wurden vor der rituellen Verstummelung Esel und Ziegen genannt und danach als weisse Tauben und weisse Lammer bezeichnet 2 Geschichte BearbeitenDas Skopzentum ging im 18 Jahrhundert aus der Flagellantensekte der Chlysten hervor Die erste Skopzen Gruppe wurde 1757 im russischen Gouvernement Orjol entdeckt wo der russische Bauer Andrej Iwanow 1732 1832 uberfuhrt wurde dreizehn Bauern zur Selbstverstummelung uberredet zu haben 5 Iwanow wurde als fanatisch und willensstark beschrieben Als ursprunglich Chlyst war er vom Manichaismus gepragt und betrachtete jede Form des Geschlechtsverkehrs als Sunde Um diese Sunde auf jeden Fall zu vermeiden entmannte er sich selbst und wurde so zum Stifter der Skopzen 6 Iwanow wohnte ab 1802 als Kleinburger in Sankt Petersburg und nannte sich dort Kondratij Seliwanow Seliwanow behauptete mit dem 1762 ermordeten Zar Peter III identisch zu sein der selbst der wiedergekehrte Christus und durch Kleidertausch einem Anschlag Katharinas II entgangen sei 7 Die Skopzen erwarteten die Wiederkehr ihres Stifters als Messias Sie glaubten daran dass er sein Reich in Russland errichten und alle Gewalt der Erde an die Heiligen und Jungfraulichen uberantworten wurde Weil es nach Offenbarung 7 9 144 000 Geschlechtsloser bedurfte ehe der Messias erscheint betrieben die Skopzen eifrig Propaganda fur ihre Glaubensgemeinschaft 8 Hauptzentren der Sektentatigkeit innerhalb des Russischen Reiches waren Sankt Petersburg Moskau Morschansk und Odessa In Bukarest und Iași bildeten sich Kolonien aus Russen die vor der Verfolgung im Heimatland geflohen waren 1866 zahlte man 5 444 Skopzen darunter 3 979 Manner und 1 465 Frauen 9 Trotz strengster Sicherheitsvorkehrungen seitens der russischen Regierung fanden die Skopzen Wege Mitglieder fur sich zu gewinnen So gelang es Seliwanow beide Neffen des Sankt Petersburger Generalgouverneurs Michail Miloradowitsch zum Beitritt zu bewegen Bis zur Abschaffung der Leibeigenschaft in Russland im Jahre 1861 rekrutierten die Skopzen neue Mitglieder vor allem aus den Reihen der Leibeigenen fur welche sie bei deren Eigentumern die Freiheit erkauften unter der Voraussetzung die Befreiten wurden sich kastrieren lassen Auch die Reichtumer der Skopzen sie galten als reichste Kreditgeber im damaligen Russland nicht zuletzt weil sie oft keine eigenen Kinder hatten und kein Geld fur die korperlichen Freuden ausgaben halfen ihnen neue Mitglieder fur sich zu gewinnen Religios motivierte Verstummelungen der Genitalien sind auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch belegt Von den Skopzen spalteten sich im 19 Jahrhundert im Zuge der Verfolgung die bis heute bestehenden Geistlichen Skopzen und die Neuskopzen ab die statt der Verstummelung nur strenge Askese und sexuelle Enthaltsamkeit praktizieren 7 Siehe auch BearbeitenListe von russischen Glaubensgemeinschaften ausserhalb der Russisch Orthodoxen KircheLiteratur BearbeitenAlexander Etkind Chlyst sekty literatura i revoljucija Moskau 1998 Karl Konrad Grass Die geheime heilige Schrift der Skopzen Leipzig 1904 Karl Konrad Grass Geschichte und Personlichkeit der Skopzensekte In MNR Band 63 1910 S 97 114 Karl Konrad Grass Russische Sekten Teil 4 Skopzen In Religion in Geschichte und Gegenwart 1 Auflage Band 5 1913 S 74 90 Karl Konrad Grass Die russischen Sekten Band 2 Die Weissen Tauben oder Skopzen nebst Geistlichen Skopzen Neuskopzen u a Hinrichs Leipzig 1914 Digitalisat A I Klebanow Is Mira Religiosnowo Sektantswa Walter Koch Uber die Russisch rumanische Kastratensekte der Skopzen Fischer 1921 Untersuchungsbericht eines deutschen Pathologen 1880 1962 Ionel Rapaport Introduction a la psychopathologie collective la secte mystique des Skoptzy Erka Paris 1949 Alina Simone Ich wollte Einhorner A d Amerikan von Vandis Buhr Orig You must go and win New York 2011 Graf Munchen 2015 ISBN 978 3 86220 043 6 Darin Die Vorzuge der Selbstkastration S 184 221 F von Stein Gotha Die Skopzensekte in Russland in ihrer Entstehung Organisation und Lehre Nach den zuverlassigsten Quellen dargestellt In Zeitschrift fur Ethnologie Organ der Berliner Gesellschaft fur Anthropologie Ethnologie und Urgeschichte Siebenter Band 1875 S 37 69 Scan Nikolai Wolkow La secte russe des castrats Paris 1995 Jean D Wilson Claus Roehrborn Long Term Consequences of Castration in Men Lessons from the Skoptzy and the Eunuchs of the Chinese and Ottoman Courts In The Journal of Clinical Endocrinology amp Metabolism 1999 84 12 S 4324 4331 doi 10 1210 jcem 84 12 6206 englisch Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Skopzen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Wege der Erniedrigung Die Angst vor der Sexualitat in der russischen KulturEinzelnachweise Bearbeiten Marco Frenschkowski Die Geheimbunde Eine kulturgeschichtliche Analyse Marixverlag Wiesbaden 2007 ISBN 978 3 86539 926 7 S 199 200 a b c Karl R H Frick Licht und Finsternis Gnostisch theosophische und freimaurerisch okkulte Geheimgesellschaften bis zur Wende des 20 Jahrhunderts Band 2 Marix Verlag Wiesbaden 2005 ISBN 3 86539 044 7 S 456 a b Karl R H Frick Licht und Finsternis Gnostisch theosophische und freimaurerisch okkulte Geheimgesellschaften bis zur Wende des 20 Jahrhunderts Band 2 Marix Verlag Wiesbaden 2005 ISBN 3 86539 044 7 S 454 Karl R H Frick Licht und Finsternis Gnostisch theosophische und freimaurerisch okkulte Geheimgesellschaften bis zur Wende des 20 Jahrhunderts Band 2 Marix Verlag Wiesbaden 2005 ISBN 3 86539 044 7 S 455 Karl R H Frick Licht und Finsternis Gnostisch theosophische und freimaurerisch okkulte Geheimgesellschaften bis zur Wende des 20 Jahrhunderts Band 2 Marix Verlag Wiesbaden 2005 ISBN 3 86539 044 7 S 452 Daniel Sollberger Hans Peter Kapfhammer Erik Boehlke Thomas Stompe Eros und Sexus Frank amp Timme GmbH 2015 ISBN 9783732901708 S 35 36 a b Skopzen In Brockhaus Enzyklopadie 2002 digital Bibliographisches Institut amp F A Brockhaus AG 2002 Skopzen In Meyers Grosses Konversations Lexikon Band 18 Leipzig 1909 S 530 531 F von Stein Gotha Die Skopzensekte in Russland in ihrer Entstehung Organisation und Lehre Nach den zuverlassigsten Quellen dargestellt In Zeitschrift fur Ethnologie Organ der Berliner Gesellschaft fur Anthropologie Ethnologie und Urgeschichte Siebenter Band 1875 S 66 67 Scan Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Skopzen amp oldid 230760421