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Sellamynodon ist eine Gattung aus der ausgestorbenen Familie der Amynodontidae welche in die unmittelbar nahere Verwandtschaft der heutigen Nashorner gehort Bisher sind ein einzelner Schadel mit zugehorigem Unterkiefer am Rand des Siebenburgischen Beckens im sudostlichen Europa gefunden worden Dadurch gehort die Gattung zu den wenigen Vertretern der Familie die von diesem Kontinent bekannt sind Die Funde datieren in das Obere Eozan beziehungsweise in das Untere Oligozan Die Tiere zeichneten sich durch eine tief eingesattelte Stirn und einen kraftigen Wulst am Hinterhaupt aus Einige Merkmale wie der fehlende Scheitelkamm sind untypisch fur die Amynodontidae Die wissenschaftliche Erstbeschreibung von Sellamynodon erfolgte im Jahr 2018 Ein einzelner Fund wurde jedoch bereits Ende der 1980er Jahre vorgestellt aber zu einer anderen Formen der Amynodontidae verwiesen SellamynodonSchadel und Unterkiefer von Sellamynodon Holotyp Zeitliches AuftretenOberes Eozan bis Unteres Oligozan38 bis 28 1 Mio JahreFundorteSudosteuropaSystematikHohere Saugetiere Eutheria LaurasiatheriaUnpaarhufer Perissodactyla RhinocerotoideaAmynodontidaeSellamynodonWissenschaftlicher NameSellamynodonTissier Becker Codrea Costeur Fărcas Solomon Venczel amp Maridet 2018 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Fossilfunde 3 Palaobiologie 4 Systematik 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 WeblinksMerkmale BearbeitenSellamynodon ist ein mittelgrosser Vertreter der Amynodontidae Schatzungen zufolge betrug das Korpergewicht etwa 410 bis 550 kg Gefunden wurden bisher ein Teilschadel mit Unterkiefer Dem Schadel fehlt der vordere Teil des Rostrums vor dem letzten Mahlzahn In Seitenansicht wies die Stirnlinie einen tief eingesattelten Verlauf auf Hervorgerufen wurde dies durch den massiven und stark ausgezogenen Wulst des Hinterhauptsbeins welcher das markanteste Merkmal von Sellamynodon darstellt Er setzte etwa am Warzenfortsatz an und umlief den hinteren Schadel halbkreisformig An der hochsten Stelle erhob er sich rund 8 cm uber den Schadel Die gesamte Konstruktion ist ungewohnlich fur Amynodonten da der Schadel durch die tiefe Einsattelung eher an die der Brontotheriidae erinnert Die Gelenkrollen des Hinterhaupts zur Verbindung mit der Halswirbelsaule zeigten sich prominent und waren schrag nach unten orientiert In der Aufsicht hoben sich des Weiteren die deutlich ausladenden Jochbogen hervor die in ihrem Verlauf einen nahezu rechten Winkel bildeten Sie kragten bis zu 31 7 cm auseinander und waren mit bis zu 6 cm Dicke ausserst massiv Der vordere Ansatz der Jochbogen lag etwa auf Hohe des zweiten Molaren Der gesamte Hirnschadel zog hinter den Augenhohlen stark ein Das Stirnbein hatte generell eine breite Form mit einer Ausdehnung von 19 6 cm zwischen den Seitenrandern Das Verhaltnis der Jochbogen zur Stirnbreite betrug bei Sellamynodon somit rund 1 6 was mehr ist als bei Zaisanamynodon und Amynodon Am Scheitelbein markierte eine nur leichte Aufwolbung einen Scheitelkamm Auch dadurch unterscheidet sich Sellamynodon auffallend von anderen Amynodonten ebenso wie durch die fehlenden parasagittalen Rippel was dem Hirnschadel eine glatte Kontur verlieh Die Orbita selbst war gut ausgebildet und mass im Durchmesser etwa 6 cm Am hinteren Rand wurde sie durch den Processus postorbitalis des Stirnbeins nicht vollstandig geschlossen Ihr vorderer Rand ist nicht uberliefert und befand sich weit vor dem dritten Molaren wohl uber dem ersten An der Schadelunterseite offneten sich die Choanen hinter dem dritten Molar Das Hinterhauptsloch hatte einen dreieckigen Umriss 1 nbsp Unterkiefer von SellamynodonDer Unterkiefer ist fast vollstandig uberliefert die erhaltene Lange betragt 30 9 cm Der horizontale Knochenkorper nahm nach hinten kontinuierlich an Hohe zu hinter dem letzten Zahn erreichte er knapp 6 7 cm Die Symphyse war relativ grazil und endete am letzten Pramolaren Ein grosses Foramen mentale von 11 5 mm Durchmesser lag unterhalb der vorderen Wurzel des dritten Pramolaren ein kleineres mit 5 8 mm Durchmesser nur halb so grosses unterhalb der hinteren Wurzel Der aufsteigende Ast ragte rund 16 4 cm auf sein vorderer Rand neigte sich nach vorn Der Kronenfortsatz war lang und dunn ausgezogen eine breite Eindellung trennte ihn vom Gelenkfortsatz Der Winkelfortsatz wiederum wies einen massiven gerundeten Bau auf Auf der Aussenflache des aufsteigenden Astes zeichneten sich die tiefen Gruben der Fossa masseterica ab 2 1 nbsp Zahne von Sellamynodon mit Hervorhebung der KauoberflacheUber die vordere Bezahnung von Sellamynodon ist nichts bekannt Vom oberen hinteren Gebiss tragt der Schadel nur den letzten Molaren Im Unterkiefer bestand das hintere Gebiss aus den letzten beiden Pramolaren und den drei Molaren Das Fehlen der vorderen beiden Pramolaren verweist Sellamynodon zu den entwickelten Amynodonten Die Molaren waren typisch lang rechteckig gestaltet Die Kauoberflache der Oberkiefermahlzahne zeichnete ein deutlich p formiges Zahnschmelzmuster aus was als Charakteristikum aus der Nashornverwandtschaft aufzufassen ist Das Ectoloph verlief dabei parallel zur Zahnlangskante das Meta und Protoloph standen mehr oder weniger rechtwinklig dazu Ein ahnliches Muster kam auch auf den unteren Mahlzahnen vor hier bildeten das Metalophid und das Hypolophid aber einen Winkel von 35 bis 36 zum Ectolophid Die Pramolaren waren nur teilweise molarisiert Die gesamte hintere Zahnreihe erstreckte sich im Unterkiefer uber 16 0 cm Lange die Molaren nahmen davon 11 4 cm ein Den grossten Zahn bildete hier der letzte Molar mit einer Lange von 4 76 cm und einer Breite von 2 16 cm 2 1 Fossilfunde BearbeitenVon Sellamynodon liegen nur ein Teilschadel mit zugehorigem Unterkiefer vor Beide Reste stammen aus Dobarca im Kreis Sibiu in Siebenburgen in Rumanien Der genaue Fundort ist unbekannt da die Fossilien uber einen Privatsammler an die Universitat von Cluj Napoca gelangten 2 Dobarca liegt an der Grenze des Siebenburgischen Beckens im Ubergang zu den sudlichen Karpaten Im Tal der Dobarca sind rotfarbene fluviatile Ablagerungen aufgeschlossen denen im Hangenden Sandsteine folgen Das Alter der Sedimentfolge ist unbekannt Eine ahnliche Ablagerungssequenz findet sich bei Apoldu de Sus ebenfalls im Kreis Sibiu Sie datiert in den Zeitraum vom Oberen Eozan bis zum Unteren Oligozan 3 1 Palaobiologie BearbeitenDas Fehlen des Scheitelkamms bei Sellamynodon ist ungewohnlich fur einen Vertreter der Amynodontidae Dass es sich bei dem vorliegenden Schadel um den eines Jungtiers handelt kann aufgrund des Vorhandenseins der Mahlzahne und deren Abkauungsgrad ausgeschlossen werden Moglicherweise liegt ein Sexualdimorphismus vor und der Schadel reprasentiert ein weibliches Tier was ebenfalls die Abwesenheit parasagittaler Rippeln erklaren konnte Momentan liegt aber zu wenig Fundmaterial vor um hier genauere Angaben machen zu konnen 1 Systematik BearbeitenInnere Systematik der Amynodontidae nach Tissier et al 2018 1 Amynodontidae Rostriamynodontinae Amynodontinae Amynodon Sharamynodon Metamynodontini Paramynodon Megalamynodon Sellamynodon Metamynodon Cadurcodontini Amynodon Zaisanamynodon Sianodon Amynodontopsis Cadurcotherium CadurcodonVorlage Klade Wartung StyleSellamynodon ist eine Gattung aus der ausgestorbenen Familie der Amynodontidae Die Amynodontidae gehoren in die unmittelbare Verwandtschaft der Nashorner Rhinocerotidae und werden gemeinsam mit diesen und mit weiteren erloschenen Gruppen wie den Hyracodontidae und den Indricotheriidae Paraceratheriidae in der Uberfamilie der Rhinocerotoidea zusammengefasst Diese bildet wiederum mit der Nahverwandtschaft der Tapire Tapiridae die ubergeordnete Gruppe der Tapiromorpha eine der Hauptlinien innerhalb der Ordnung der Unpaarhufer Perissodactyla Von den Nashornern unterscheiden sich die Amynodontidae durch ihr vorderes Gebiss das weniger spezialisiert ist als bei ersteren und aus einem grossen triangularen Eckzahn und kleinen Schneidezahnen besteht Generell waren die Vertreter der Amynodontidae vergleichsweise gross besassen kraftige Scheitelkamme und wiesen keine Hornbildungen auf 4 5 6 Phylogenetischen Analysen zufolge steht Sellamynodon in einer naheren Beziehung zu Metamynodon Dadurch wird eine Stellung innerhalb Unterfamilie der Amynodontinae und der Tribus der Metamynodontini wahrscheinlich Die Tiere dieser Gruppe zeichneten sich durch massige Korper und Schadel mit breiten Jochbogen aus Ihre hohe Position der Orbita und die gekurzten Metapodien fuhren zu der Vermutung dass sie semi aquatisch lebten Den Metamynodontini stehen die Cadurcodontini gegenuber bei denen das deutlich reduzierte Nasenbein auf eine ausgepragte Russelbildung hinweist 7 5 8 Die Amynodontidae lebten im Eozan und im Oligozan in Eurasien und Nordamerika 9 10 1 Die wissenschaftliche Erstbeschreibung der Gattung Sellamynodon erfolgte im Jahr 2018 durch ein Forscherteam um Jeremy Tissier Als Holotyp wurde der Schadel und der Unterkiefer aus Dobarca bestimmt Exemplarnummer UBB MPS15795 Der Name Sellamynodon leitet sich von dem lateinischen Wort sella fur Sattel ab und verweist auf die ungewohnliche Schadelform mit der eingedellten Stirnlinie Der zweite Namensbestandteil bezieht sich auf Amynodon die Typusform der Amynodontidae Bereits 1989 hatte Vlad Codrea den Unterkiefer publiziert und der von ihm neu benannten Art Cadurcodon zimborensis zugewiesen Der Artname ist eine Referenz auf die Zimborer Schichten im Nordwesten des Siebenburgischen Beckens Codrea nahm damals an dass der Unterkiefer aus dieser Ablagerungssequenz im Kreis Sălaj stammt 2 Im Jahr 2000 korrigierte er jedoch die Fundregion mit Dobarca im Kreis Sibiu 3 Der zugehorige Schadel wurde spater im Bestand der Universitat von Cluj Napoca aufgespurt er war ebenfalls mit der Fundregion Dobarca ausgewiesen Tissier und Kollegen uberfuhrten in ihrer Erstbeschreibung C zimborensis zu Sellamynodon als einzige anerkannte Art 1 Die Entdeckung und Beschreibung von Sellanymnodon erhoht die Diversitat der europaischen Vertreter der Amynodontidae Im Verlauf des Eozans bestand Europa weitgehend als eigenstandige Insel isoliert von anderen grossen Landmassen Erst im Oligozan kam es durch die Schliessung der Turgai Strasse zur Verbindung mit Asien Als Ergebnis folgte ein Faunenaustausch und ein als Grande Coupure bezeichnetes Aussterbeereignis Amynodonten sind in Europa allgemein sehr sparlich belegt Aus dem Mittleren Eozan liegen Reste von Amynodon und Cadurcodon vor aus dem Oberen Eozan und dem Unteren Oligozan solche von Amynodontopsis und Cadurcotherium Mit Ausnahme von Amynodon gehoren die anderen drei Vertreter zu den Cadurcodontini Sellamynodon ware somit der erste Angehorige der Metamynodontini aus Europa die ansonsten nur in Asien und Nordamerika nachgewiesen sind 1 Literatur BearbeitenVlad Codrea und N Suraru Uber einen Amynodontiden Cadurcodon zimborensis n sp in den Zimborer Schichten von Zimbor Kreis Salaj im Nord Westen des Transsylvanischen Beckens In The Oligocene from the Transylvanian basin Cluj Napoca 1989 S 319 338 Jeremy Tissier Damien Becker Vlad Codrea Loic Costeur Cristina Fărcas Alexandru Solomon Marton Venczel und Olivier Maridet New data on Amynodontidae Mammalia Perissodactyla from Eastern Europe Phylogenetic and palaeobiogeographic implications around the Eocene Oligocene transition PLoS ONE 13 4 2018 S e0193774 doi 10 1371 journal pone 0193774Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h i Jeremy Tissier Damien Becker Vlad Codrea Loic Costeur Cristina Fărcas Alexandru Solomon Marton Venczel und Olivier Maridet New data on Amynodontidae Mammalia Perissodactyla from Eastern Europe Phylogenetic and palaeobiogeographic implications around the Eocene Oligocene transition PLoS ONE 13 4 2018 S e0193774 doi 10 1371 journal pone 0193774 a b c d Vlad Codrea und N Suraru Uber einen Amynodontiden Cadurcodon zimborensis n sp in den Zimborer Schichten von Zimbor Kreis Salaj im Nord Westen des Transsylvanischen Beckens In The Oligocene from the Transylvanian basin Cluj Napoca 1989 S 319 338 a b Vlad Codrea Rinoceri și tapiri terțiari din Romania Cluj Napoca Presa Universitară Clujeană 2000 S 1 174 S 19 23 Leonard B Radinsky The families of the Rhinocerotoidea Mammalia Perissodactyla Journal of Mammalogy 47 4 1966 631 639 a b Donald R Prothero Earl Manning und C Bruce Hanson The phylogeny of the rhinocerotoidea Mammalia Perissodactyla Zoological Journal of the Linnean Society 87 1986 S 341 366 Luke T Holbrook Comparative osteology of early Tertiary tapiromorphs Mammalia Perissodactyla Zoological Journal of the Linnean Societ 132 2001 S 1 54 William P Wall Cranial evidence for proboscis in Cadurcodon and a review of the snout structure in the family Amynodontidae Perissodactyla Rhinocerotoidea Journal of Paleontology 54 5 1980 S 968 977 William P Wall The phylogenetic history and adaptive radiation of the Amynodontidae In Donald R Prothero und R M Schoch Hrsg The evolution of Perissodactyls New York 1989 S 341 354 Haibing Wang Bin Bai Jin Meng und Yuanqing Wang Earliest known unequivocal rhinocerotoid sheds new light on the origin of Giant Rhinos and phylogeny of early rhinocerotoids Scientific Reports 6 2016 S 39607 doi 10 1038 srep39607 Alexander Averianov Igor Danilov Jianhua Jin und Yingyong Wang A new amynodontid from the Eocene of South China and phylogeny of Amynodontidae Perissodactyla Rhinocerotoidea Journal of Systematic Palaeontology 15 11 2017 S 927 945 doi 10 1080 14772019 2016 1256914Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Sellamynodon Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sellamynodon amp oldid 222866558