www.wikidata.de-de.nina.az
Als romanische Palatalisierung werden mehrere zum Grossteil bereits im Latein der Antike ihren Ausgang nehmende Lautwandel bezeichnet bei denen die Artikulationsstelle der Laute k g t d l n sich vor vorderen Vokalen und Halbvokalen vom Gaumensegel beziehungsweise von den Zahnen zum harten Gaumen hin verschob Mitgemeint ist gewohnlich auch die darauffolgende Ausbildung eines Zischlauts Assibilation unmittelbar nach den betroffenen Verschlusslauten sodass die Affrikaten ʧ ʦ ʤ ʣ entstanden die dann wiederum in manchen romanischen Dialekten zu den reinen Reibelauten ʃ s 8 ʒ z vereinfacht wurden 1 Inhaltsverzeichnis 1 Palatalisierung des Lateralen 2 Palatalisierung und Assibilierung lateinischer Verschlusslaute 3 Tabellen 4 Kennzeichnung von Ausnahmen 5 Die Aussprache im Auslaut 6 Vergleichende Tabelle 7 Weblinks 8 Einzelnachweise und AnmerkungenPalatalisierung des Lateralen BearbeitenDie Lautfolge li wandelt sich gemeinromanisch zur in Mittel und Suditalien bis heute erhaltenen Geminaten ʎʎ In den meisten Dialekten wird diese zu ʎ vereinfacht und entwickelt sich dann zum Teil sprachspezifisch weiter Im Spanischen fallt der Laut mit dem durch g j dargestellten ʒ gt x zusammen im Neufranzosischen neigt er zum vollstandigen Schwund das sardische Ergebnis lautet ʣ Beispiel Lat filia Tochter gt ital figlia span hija franz fille sard fidza 1 In Mittelitalien wird bei den Lautverbindungen bl pl fl cl gl der ursprungliche Lateral vor a e o u zum palatalen Halbvokal i gehoben 2 stabulum Stall gt stablum gt stabbio plenum voll gt pieno florem Blume gt fiore clarum hell klar gt chiaro glaciatum gefroren gt ghiacciato Das Iberoromanische palatalisiert im Wortanfange cl fl pl zu ʎ oder ʃ lat clamare laut rufen gt span llamar port chamar lat flamma Flamme gt span llama port chama lat plenum voll gt span lleno port cheio 3 Palatalisierung und Assibilierung lateinischer Verschlusslaute BearbeitenIm Spatlatein entwickelten sich die durch t und c bezeichneten Laute zunachst vor halbvokalischem i lt pravokalischem ǐ ĕ von reinen Okklusiven zu dentalen bzw palatalen Affrikaten Ab dem 5 Jahrhundert ist eine entsprechende Assibilierung von c vor jedem e i durch Schreibungen wie intcitamento statt incitamento oder dissessit statt discessit belegt War im Rumanischen Ratoromanischen Normannischen Picardischen und in weiten Teilen Italiens das Ergebnis dieses Lautwandels ʧ so lautete es auf der Iberischen Halbinsel Oberitalien und dem grossten Teil der Galloromaniae ʦ diese Affrikaten wurden im Laufe der Zeit in vielen Gegenden allgemein zu s 8 ʃ vereinfacht Unterblieben ist die Assibilierung von c im Dalmatischen aber nur vor e vor i erfolgt sie auch dort und den nordlichen Dialekten des Sardischen 2 Nach ahnlichem Muster werden gi di und zum Teil auch i i sowie g vor e i sofern es nicht geschwunden ist wie etwa in it aprov kat trenta lat trienta lt triginta zu ʤ ʣ und dann in manchen Gebieten weiter zu ʒ z x 2 dabei stimmt die Artikulationsstelle zwischen stimmloser und stimmhafter Affrikate nicht immer uberein vgl lat centu m kɛntʊ gt afrz cent ʦa n t gt nfrz sɑ 1 neben lat gentes gɛnteːs gt afrz gents ʤa n ʦ gt nfrz gens ʒɑ Diese Lautwandel haben sich auch ausserhalb des romanischen Sprachgebiets in der Aussprache des Lateins als Sprache von Kirche Schule und Wissenschaft sowie in Entlehnungen daraus niedergeschlagen weitgehend zum Beispiel im Englischen in Bezug auf ce ci Ceres Cisleithanien und ti Station Potential auch im deutschen Sprachraum kaum dagegen etwa im mittelalterlichen Irland 2 Die sich aus den beiden Lautwandelkomplexen unter Beibehaltung der lateinischen Schreibgewohnheiten ergebende Aussprache der Buchstaben c und g vor Vokal wird gelegentlich in sprachspezifischer Lautschrift durch die Reihen ka ce ze ci zi ko ku sogenannte Ka ze zi ko ku Regel 4 bzw ga je xe ji xi go gu wiedergegeben 5 6 7 oder in einen Merkspruch folgender Art gefasst K nach a o u sprich ka ko ku k vor e und i sprich tse und tsi 8 Die Palatalisierung von c und g tritt nicht nur vor ursprunglichem e i ein sondern auch vor den ehemaligen schriftlich in beschranktem Masse erhaltenen Diphthong ae Caesar und oe tragoedia sowie vor wahrscheinlich ebenfalls schon fruhzeitig zu i entrundetem y 2 in griechischen Lehnwortern Cyprus gyrus gt ital giro Tabellen BearbeitenDie Palatalisierung fand unterschiedliche Auspragungen in den verschiedenen Sprachen Da auch Fremdworter aus dem Lateinischen in nicht romanischen Sprachen jeweils eigenen Regeln folgen werden diese hier ebenfalls beispielhaft aufgelistet C palatalisiert G palatalisiert T palatalisiert Sprache Notation Aussprache Notation Aussprache Notation AusspracheItalienisch c ʧ g ʤ z ʦ Franzosisch c s g ʒ t s Spanisch c 8 s A 1 g x c 8 s A 1 Portugiesisch c s g ʒ c s Katalanisch c s g ʒ t t Rumanisch c ʧ g ʤ ț ʦ Englisch c s g ʤ t ʃ Schwedisch c s g j t ɧ Deutsch z ʦ g g A 2 t ʦ Anmerkungen a b vgl Seseo g wird im Deutschen nicht palatalisiertKennzeichnung von Ausnahmen BearbeitenDa durch die romanische Palatalisierung die Orthographien der romanischen Sprachen die gleichen Grapheme fur unterschiedliche Phone benutzen entstehen Probleme bei der Notation von Wortern die c und g vor Hinterzungenvokalen palatalisieren bzw vor Vorderzungenvokalen nicht palatalisieren also von der Regel abweichen Dies konnen schlicht Ausnahmen oder nach der Palatalisierung aufgenommene Fremdworter sein In den romanischen Sprachen gibt es verschiedene in der Strategie aber vergleichbare Methoden von der Regel abweichende Aussprachen zu kennzeichnen Um vor hinteren Vokalen den Frikativlaut zu erzwingen kann beispielsweise die Cedille Anwendung finden und oft wird ein vorderer Vokal zwischengestellt der nur Kennzeichnungsfunktion hat und selbst nicht ausgesprochen wird Auffallig ist in der folgenden Tabelle dass die spanische und die italienische Sprache dieselbe Konstruktion namlich das zwischengestellte h fur genau entgegengesetzte Zwecke einfugen Ziellaut Portugiesisch Spanisch Katalanisch Franzosisch Italienisch RumanischBeschreibung IPAc vor a palatalisiert sa t sa ʃa t ʃa 8a catsacha xatcha satsa chaza catsaxatxa catsachatcha sazasciacia sațașacea cia c vor e nicht palatalisiert ke que que que que che chec vor i nicht palatalisiert ki qui qui qui qui chi chic vor o palatalisiert so t so ʃo t ʃo 8o cotsocho xotcho sotso chozo cotsoxotxo cotsochotcho sozosciocio soțoșoceo cio c vor u palatalisiert su t su ʃu t ʃu 8u cutsuchu xutchu sutsu chuzu cutsuxutxu coutsouchoutchou suzusciuciu suțușuceu ciu g vor a palatalisiert xa ʒa d ʒa jadja ja D 1 jatja jadja gia D 2 jadja geag vor e nicht palatalisiert ge gue gue gue gue ghe gheg vor i nicht palatalisiert gi gui gui gui gui ghi ghig vor o palatalisiert xo ʒo d ʒo jodjo jo D 1 jotjo jodjo gio D 2 jodjo geog vor u palatalisiert xu ʒu d ʒu judju ju D 1 jutju joudjou giu D 2 judju geuAnmerkungen a b c Im kanarischen und sudamerikanischen Spanisch konnen y oder ll diesen Lautwert annehmen siehe Yeismo a b c Das h kann vom eigentlichen Lautwert h nah an das x herankommen Die Aussprache im Auslaut BearbeitenAm Wortende ist die Aussprache der Buchstaben c und g nicht einheitlich in den romanischen Sprachen Zumeist ist die lateinische Losung erhalten geblieben namlich der Auslautklang wie vor einem hinteren Vokal a o u Latein sic sɪk so Katalanisch Montjuic munʒu ik ein Berg bei Barcelona Rumanisch vă rog vɘ rog bitte Aber es gibt Ausnahmen von dieser Regel Katalanisch Puig put ʃ ein Familienname Italienisch zarevic t sa rɛvit ʃ Zarewitsch Sohn des Zaren Italienisch it Clodig klodid ʒ ein Ortsname Vergleichende Tabelle BearbeitenC Deutsch Italienisch Franzosisch SpanischLatein Orthographie Aussprache Orthographie Aussprache Orthographie Aussprache Orthographie Aussprachecentrum Zentrum ˈʦɛntʀʊm centro ˈʧɛntro centre sɑ ːtʀ centro ˈ8en tɾo ˈsen tɾo C 1 occidens Okzident ˈɔkʦidɛnt occidente otʧiˈdɛnte occident ɔksidɑ occidente ok8iˈdente oksiˈdente C 1 G Deutsch Italienisch Franzosisch SpanischLatein Orthographie Aussprache Orthographie Aussprache Orthographie Aussprache Orthographie Aussprachegenus Genus ˈɡɛnʊs genere ˈʤɛnere genre ʒɑ ʁ genero ˈxeneɾo regio Region ʀeˈɡi oːn regione re ʤone region ʁeʒjɔ region reˈxjon T Deutsch Italienisch Franzosisch SpanischLatein Orthographie Aussprache Orthographie Aussprache Orthographie Aussprache Orthographie Ausspracheoptio Option ɔpˈʦi oːn opzione op ʦjone option ɔp sjɔ opcion opˈ8jon opˈsjon C 1 Anmerkungen a b c vgl Seseo Weblinks BearbeitenLorenzo Hervas y Panduro Escuela espanola de sordomudos o Arte para ensenarles a escribir y hablar el idioma espanol 1795 abgerufen am 12 Januar 2011 spanisch Francisco Gabriel Malo de Medina Guia del nino instruido y padre educado Imprenta Real Madrid abgerufen am 12 Januar 2011 spanisch Einzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten a b c Reinhard Kiesler Einfuhrung in die Problematik des Vulgarlateins Tubingen 2006 p 46 a b c d e Peter Stotz Handbuch zur lateinischen Sprache des Mittelalters Dritter Band Lautlehre Munchen 1996 ISBN 3 406 40362 X 240 2 a 151 156 b 167 173 175 c 152 d 61 e Theo Vennemann Structural complexity of consonant clusters A phonologist s view in Philip Hole Hrsg et al Consonant Clusters and Structural Complexity Berlin Boston 2012 ISBN 978 1 61451 076 5 e ISBN 978 1 61451 077 2 ISSN 1861 4167 p 18 Angel Herrero Escuela espanola de sordomudos 2008 S 344 Etwas in Sachen des Buchstaben C in Hannoverisches Magazin 11tes Stuck Freytag den 6ten Februar 1778 p 165 Francisco Gabriel Malo de Medina Guia del nino instruido y padre educado cartilla y caton para todas artes Madrid 1787 p 15f John B Ricord Madianna An Improved French Grammar New York 1812 p 5 Vgl Google Buchsuche Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Romanische Palatalisierung amp oldid 213211811