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Die Reichskammer der bildenden Kunste kurz Reichskunstkammer war eine Institution im Dritten Reich welche die Aufgabe hatte bildende Kunst zu fordern die der damaligen Gesinnung entsprach aber auch Richtungen zu unterdrucken die ihr widersprachen Eine Deutsche Kunst im Sinne des Nationalsozialismus wurde einer Entarteten Kunst gegenubergestellt Damit trug die Reichskunstkammer zur Gleichschaltung von Kultur und Gesellschaft wahrend der Zeit des Nationalsozialismus bei Nur Mitglieder konnten im Deutschen Reich ausstellen und Kunst als Beruf ausuben Kunstler mit judischem oder kommunistischen Hintergrund hatten keinen Zutritt oder wurden ausgeschlossen Wenn sie Deutschland nicht rechtzeitig verlassen konnten wurden sie im Holocaust ermordet oder hingerichtet Oda Schottmuller Cato Bontjes van Beek Inhaltsverzeichnis 1 Funktionen 2 Struktur 3 Auswirkungen 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseFunktionen Bearbeiten nbsp Arno Breker 1940 rechts Albert SpeerDie Reichskunstkammer bzw Reichskammer der bildenden Kunste wurde am 1 November 1933 als eine von sieben Abteilungen der Reichskulturkammer durch das Propagandaministerium gegrundet Ihre Bestimmung wie von Propagandaminister Goebbels verschleiernd definiert sollte darin bestehen durch Zusammenwirken der Angehorigen aller von ihr umfassten Tatigkeitszweige unter der Fuhrung des Reichsministers fur Volksaufklarung und Propaganda die deutsche Kultur in Verantwortung fur Volk und Reich zu fordern die wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten der Kulturberufe zu regeln und zwischen allen Bestrebungen der ihr angehorenden Gruppen einen Ausgleich zu bewirken 1 Tatsachlich fungierte sie nicht nur als gemeinnutzige Standesorganisation sondern auch als Organ der Kontrolle und der sogenannten Gleichschaltung der Kunstler durch das NS Regime Die Kunsthistorikern Nina Kubowitsch kam 2015 aufgrund ihrer Untersuchungen der Tatigkeit der Reichskammer der bildenden Kunste zu folgendem Schluss Die Masse der zehntausenden Kunstschaffenden in Deutschland war sehr heterogen es gab nicht nur die verfolgten und entarteten Kunstler auf der einen und die Nazi Kunstler auf der anderen Seite Die eigentliche Masse der Kunst und Kulturschaffenden in Deutschland lag zwischen diesen beiden Polen Auch deren Schicksale mussen bei der Untersuchung der Reichskammer der bildenden Kunste in Betracht gezogen werden denn sie bildeten den eigentlichen Mitgliederstamm Die Kammer sei nicht einseitig auf ihre Funktion als blosses Kontrollorgan oder als blosse Kunstler Interessenvertretung festzulegen 2 Um zu Ausstellungen zugelassen zu werden war eine Mitgliedschaft in der Reichskunstkammer unerlasslich Manche Kunstler wurden abgelehnt oder ausgeschlossen wenn Tatsachen vorlagen dass die in Frage kommende Person fur die Ausubung ihrer Tatigkeit erforderliche Zuverlassigkeit und Eignung nicht besitzt 3 Zu den Prasidialraten der Reichskammer der bildenden Kunste gehorten Albert Speer Hans Herbert Schweitzer Hans Weidemann Otto von Kursell Franz Lenk 1933 bis 1936 Richard Klein und Hans Peter Meister Erster Prasident war von 1933 bis 1936 der Architekt Eugen Honig Sein Nachfolger bis 1943 war Adolf Ziegler seit 1925 mit Hitler gut bekannt und langjahriger Sachbearbeiter fur Bildende Kunst in der NSDAP Auf ihn folgte Wilhelm Kreis von 1943 bis 1945 1941 wurde Arno Breker zum Vizeprasidenten ernannt Mit dem Kontrollratsgesetz Nr 2 vom 10 Oktober 1945 wurde die Reichskulturkammer und demnach auch ihre Untergliederung Reichskammer der bildenden Kunste durch den Alliierten Kontrollrat verboten und ihr Eigentum beschlagnahmt Struktur BearbeitenDie Reichskammer der bildenden Kunste gliederte sich in folgende Fachverbande 4 Bund Deutscher Architekten e V Bund Deutscher Gartengestalter e V Bund Deutscher Gebrauchsgraphiker e V Bund Deutscher Maler und Graphiker e V Bund Deutscher Bildhauer e V Bund Deutscher Kopisten e V Bund Deutscher Kunsthandwerker e V Bund Deutscher Kunst und Antiquitatenhandler e V Bund Deutscher Kunstverleger und Kunstblatthandler e V Reichsfachschaft Deutscher Werbefachleute NSRDW e V Fachgruppe Gebrauchswerber Bund Deutscher Kunstwissenschaftler e V Bund Deutscher Museen und Sammlungen e V Bund Deutscher Kunstlervereine e V Bund Deutscher Kunstvereine e V Katholische Reichsgemeinschaft christlicher Kunst Evangelische Reichsgemeinschaft christlicher KunstDie Reichskammer der bildenden Kunste hatte ihren Sitz im damaligen Berlin W 35 Blumeshof 4 6 heute Ortsteil Tiergarten Sie war reichsweit in 31 regionale Sektionen unterteilt die von sogenannten Landesleitungen und deren Landesleitern gefuhrt wurden Landesleiter waren u a Gerhard Langmaack Hamburg 1934 36 Werner Thiede Hamburg 1936 5 Hans Martin Fricke Weser Ems 1935 1942 Heinz Lederer Berlin 1936 1939 August Kranz Berlin 1940 1942 Emil Stahl Franken Hermann Gradl Franken 6 Jager Bayern Richard Spitz Salzburg bis 1942 Viktor Kuschel Salzburg 1943 45 Peter Grund Dusseldorf kommissarisch 1933 1938 Klaus Reese Dusseldorf 1939 40 Max Clarenbach Dusseldorf 1939 40 Ernst August von Mandelsloh Ober Donau Karl Lieser Hessen Nassau Arnold Waldschmidt Wurttemberg Leopold Blauensteiner Wien Ernst Nepo Tirol Karl Borromaus Berthold Aachen Koln 1935 1936 1940 1941 Clemens Klotz Aachen Koln 1942 1945 Claus Hansen Koln Aachen 1936 7 Walter Schacht Niedersachsen 1935 1943 Auswirkungen BearbeitenDie Organisation verstand sich wie alle anderen Reichskammern als Standes und Berufsvertretung aller ihr zugehorigen Kunstler Zugehorig waren alle hauptamtlich arbeitenden Personen soweit sie den Fachverbanden der Berufsgruppen zuzuordnen wurden Die Mitgliedschaft in der Reichskulturkammer war fur alle deutschen Kunstler verbindlich Diese Institution war eine staatliche Behorde die obrigkeitlich im Sinne der NS Diktatur handelte Alle bisherigen Standesorganisationen inklusive aller freier Kunstlergruppen und vereinigungen wurden aufgelost bzw zwangsweise in die Reichskulturkammer uberfuhrt Personen ohne Ariernachweis wurden nach und nach ausgeschlossen Zudem wurden Kunstler und Kunstlerinnen ausgeschlossen deren Werke systemkritische Inhalte und oder Entartete Kunst darstellten und erhielten Mal und Ausstellungsverbot Die entsprechenden Feststellungen wurden durch einschlagige Gaukammerausschusse getroffen Diese entschieden in der Regel nach Feldbeobachtungen durch parteilich gebundene Kunstbeauftragte in Ausstellungen im Kunsthandel oder durch private Anzeige Anonyme Denunziationen waren an der Tagesordnung und wurden von allen Kunstlern gefurchtet deren Werke nicht dem Volksgeschmack entsprachen Neuaufnahmen in die Reichskulturkammer erfolgten ausschliesslich auf Antrag 1936 37 war die organisatorische Gleichschaltung der Kunst im Nationalsozialismus im Sinne einer nationalsozialistisch gepragten Volkskultur weitgehend abgeschlossen Nur diejenigen die als Mitglieder der Reichskammer der bildenden Kunste registriert waren erhielten fortan staatliche Forderungen offentliche Auftrage und Ausstellungsmoglichkeiten im deutschen Kunsthandel Letztendlich bedeutete der systematische Entzug der wirtschaftlichen Grundlage ein Berufsverbot fur alle unorganisierten Kunstler In den Biografien fast aller damals tatigen hauptamtlichen Kunstler wird die obligatorische Mitgliedschaft in der Reichskulturkammer und ihren Untergruppierungen verschwiegen Tatsachlich begrundet die reine Mitgliedschaft noch nicht den Verdacht dass der Kunstler ein aktiver Unterstutzer und Verfechter des nationalsozialistischen Gedankenguts gewesen ist Mit der Achtung aller volkszersetzenden Kunstrichtungen und aller Kunstler die auf irgendeine Weise mit dem Judentum verbunden waren standen die professionellen Kunstler als Mitglieder der Reichskunstkammer vor einer inhaltlich stilistischen Uberprufung ggf auch Nach oder Neujustierung ihrer kunstlerischen Arbeit Jeder hatte darauf seine eigene Antwort zu finden So gingen einige in die Innere Emigration und bemuhten sich um unverfangliche Sujets wie Portrats Stillleben Landschaftsmalerei oder einen apolitischen Naturalismus Einige wenige Kunstler standen weiterhin zu ihrer Kunst und ihrem eigenen kunstlerischen Ausdrucksstil Wurde ihre Kunst als entartet angezeigt fluchteten sie ins Exil Andere sagten sich von der Deutschen Kunst und dem organisierten Kunstbetrieb los und nahmen einen anderen Beruf an Die deutschen Kunstler judischer Herkunft wurden verfolgt mussten fliehen oder wurden im Holocaust ermordet Literatur BearbeitenKunst im 3 Reich Dokumente der Unterwerfung Frankfurter Kunstverein Steinernes Haus am Romerberg 15 Oktober 8 Dezember 1974 Frankfurt 1974 ISBN 3 927268 06 2 Nina Kubowitsch Die Reichskammer der bildenden Kunste Grenzsetzungen in der kunstlerischen Freiheit In Wolfgang Ruppert Hrsg Kunstler im Nationalsozialismus Die Deutsche Kunst die Kunstpolitik und die Berliner Kunsthochschule Bohlau Verlag Koln Weimar Wien 2015 ISBN 978 3 412 22429 5 S 75 96 Nina Kubowitsch Die Reichskammer der bildenden Kunste In Wolfgang Benz Peter Eckel Andreas Nachama Hrsg Kunst im NS Staat Ideologie Asthetik Protagonisten Metropol Verlag Berlin 2015 ISBN 978 3 86331 264 0 S 49 57 Ingrid Holzschuh Sabine Plakolm Forsthuber Auf Linie NS Kunstpolitik in Wien Die Reichskammer der bildenden Kunste Birkhauser Verlag Basel 2021 ISBN 978 3 0356 2426 7 Weblinks BearbeitenReichskammer der bildenden Kunste Landesleitung Berlin Behordengeschichte und Ubersicht Findbuch im Landesarchiv BerlinEinzelnachweise Bearbeiten 3 des Reichskulturkammergesetzes In Kunst im 3 Reich Dokumente der Unterwerfung Frankfurt 1974 S 17 Nina Kubowitsch Die Reichskammer der bildenden Kunste Grenzsetzungen in der kunstlerischen Freiheit In Wolfgang Ruppert Hrsg Kunstler im Nationalsozialismus Die Deutsche Kunst die Kunstpolitik und die Berliner Kunsthochschule Bohlau Verlag Koln Weimar Wien 2015 ISBN 978 3 412 22429 5 S 75 96 10 des Reichskulturkammergesetzes In Kunst im 3 Reich Dokumente der Unterwerfung Frankfurt 1974 S 19 Die Kunstkammer amtliches Organ der Reichskunstkammer Hauptschriftleiter Stephan Hirzel der stellv Leiter des evangelischen Kunstdienstes Zitiert nach Hans Prolingheuer Hitlers fromme Bildersturmer Dittrich Koln 2001 ISBN 3 920862 33 3 S 135 Roswitha Quadflieg Beckett was here Hamburg im Tagebuch Samuel Becketts von 1936 Mit einem Vorwort von Mark Nixon Hoffmann und Campe Hamburg 2006 ISBN 3 455 09541 0 Andrea M Kluxen Akademie der Bildenden Kunste in Nurnberg In Historisches Lexikon Bayerns Abgerufen am 14 Februar 2018 Ute Haug Der Kolnische Kunstverein im Nationalsozialismus Struktur und Entwicklung einer Kunstinstitution in der kulturpolitischen Landschaft des Dritten Reiches Dissertation Phil Fak der Rheinisch Westfalischen Technischen Hochschule Aachen 1998 S 178 183 abgerufen am 29 August 2021 Einzelkammern der Reichskulturkammer Schrifttum Film Musik Theater Presse Bildende Kunste Rundfunk bis 1939 Normdaten Korperschaft GND 18678 8 lobid OGND AKS LCCN nr2005009149 VIAF 137796096 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reichskammer der bildenden Kunste amp oldid 237028976