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Die Rechtsgeschichte Russlands reicht bis in das Hochmittelalter zuruck Inhaltsverzeichnis 1 Kiewer Rus 2 Altrussisches Recht 3 Zarenreich 18 und 19 Jahrhundert 4 Konstitutionelle Monarchie 5 Sowjetrecht 6 Postsowjetisches Recht 7 Literatur 8 EinzelnachweiseKiewer Rus BearbeitenIn der Zeit der Kiewer Rus ist die Russkaja Prawda die wichtigste uberlieferte Rechtssammlung aus dem 10 und 11 Jahrhundert Sie ist in drei Redaktionen uberliefert Die erste enthielt nur 25 Artikel altslawischen Gewohnheitsrechts Die zweite ist auf 159 Artikel angewachsen In der Folge der Christianisierung der Rus finden sich Einflusse germanischen und byzantinischen Rechts Zu den Regeln uber das Straf und Strafprozessrecht kamen Normen uber das Eigentum und Vertrage hinzu 1 Mit Beginn der Mongolenherrschaft 1328 wird Russland von der Rechtsentwicklung auf dem europaischen Kontinent abgetrennt Russland bleibt damit von der Rezeption des romischen Rechts unbeeinflusst und nimmt am Prozess der Verwissenschaftlichung des Rechts nicht teil Es sind abgesehen von den Gerichtsbuchern aus Pskow und Nowgorod kaum Rechtsdokumente aus dieser Phase uberliefert 1 Altrussisches Recht BearbeitenEine Kodifikation des altrussischen Rechts fand 1649 unter dem Zaren Alexei Michailowitsch statt Das Sobornoje Uloschenije Sobornoe ulozhenie stellt den Versuch dar das Wirtschaftsleben nach den Wirren des Dynastiewechsels wieder aus eine feste rechtliche Grundlage zu stellen Es enthalt hauptsachlich Prozessrecht auf der Grundlage des russischen Gewohnheitsrechts Das Strafrecht ist von grausamen Strafen und der Anwendung von Folter gepragt Stellenweise sind Einflusse des byzantinischen Rechts feststellbar das romische Recht hat nur sehr vereinzelt uber die Vermittlung des litauischen Rechts Eingang gefunden 1 Zarenreich 18 und 19 Jahrhundert BearbeitenZwei antagonistische Stromungen bestimmen das Recht Russlands im 18 und 19 Jahrhundert Das Recht als Repressionsinstrument eines autokratischen Systems und die aus Westeuropa importierten Ideen der Aufklarung Paradigmatisch fur das autokratische Herrschaftsverstandnis Peters I ist Art XX des Militargesetzes Voinskom Ustave von 1716 Ego Velichestvo est samovlastnyj monarh kotoryj nikomu na svete o svoih delah otvetu dat ne dolzhen no silu i vlast imeet svoi gosudarstva i zemli yako hristianskij gosudar po svoej vole i blagomneniyu upravlyat Denn seine Majestat sind ein alleinmachtiger Monarch der niemandem auf Erden von Seinen Verrichtungen Rede und Antwort geben darf sondern Macht und Gewalt haben Dero Reich und Lander als ein christlicher Potentat nach eigenem Willen und Gutdunken zu regieren Russland kennt bis 1906 somit kein Verfassungsrecht das uber blosses Organisationsrecht hinausginge Das Verwaltungsrecht im Preussen des 19 Jahrhunderts zum Schutz von Freiheits und Eigentumsrechten der Burger bestimmt ist zur gleichen Zeit in Russland Werkzeug des autokratischen Systems Die grosse Zahl und Vielfalt an Normen im Zivilrecht fuhren zu Unsicherheit und Unubersichtlichkeit in der Rechtsanwendung Leibeigene entbehren strafrechtlichen Schutzes 1 Zwischen von der Aufklarung beeinflussten Reformen die von den Zaren selbst ausgehen und dem law in action besteht oft eine unuberbruckbare Kluft Sowohl der von Peter I eingefuhrte Rechtsunterricht als auch die Kodifikationsversuche Katharina II scheitern Die langfristig grosste Wirkung haben die Reformen Alexanders II 1 Konstitutionelle Monarchie BearbeitenNach dem verlorenen Russisch Japanischen Krieg 1905 erhielt Russland mehr als hundert Jahre nach den westeuropaischen Staaten erstmals eine Verfassung Diese Staatsgrundgesetze des Russischen Kaiserreiches enthielten zum ersten Mal in der russischen Geschichte grundlegende Freiheiten Religionsfreiheit nulla poena sine lege und beschrankte die Macht des Zaren Es legte ein Gesetzgebungsverfahren fest gab dem Zaren aber gleichwohl ein weitreichendes Initiativ und Vetorecht In die Reichsduma konnten Vertreter des Volkes gewahlt werden die zweite Kammer der Reichsrat setzte sich aus vom Zaren bestimmten Reprasentanten zusammen Max Weber pragte fur dieses System den Begriff des Scheinkonstitutionalismus 1 In der Rechtswissenschaft werden erstmals auch in Russland tatige Rechtsgelehrte wie Leon Petrazycki in Westeuropa rezipiert 1 Sowjetrecht BearbeitenMit der Oktoberrevolution wird fast das gesamte zaristische Recht aufgehoben Die wichtigsten Dekrete fur das Rechtswesen sind das Dekret uber das Land und das Dekret uber das Gericht der RSFSR vom 30 November 1918 Unter dem Einfluss der Marxschen Idee vom Absterben von Staat und Recht wurden die juristischen Fakultaten geschlossen und die neu geschaffenen Volksgerichte mit Laienrichtern besetzt Die Vorstellung einer revolutionare Gesetzlichkeit betrachtete das Recht als politisches Willkurinstrument und fuhrte zu den Schauprozessen der 1930er Jahre Unbeschadet der ideologischen Basis ersetzte spater die sog sozialistische Gesetzlichkeit die Ideen der fruhen Nachrevolutionsjahre Diese versteht sich als streng positivistische Orientierung am geschriebenen Gesetzeswortlaut In den 1960er Jahren treten wichtige Kodifikationen im Straf und Zivilrecht in Kraft In der Rechtsvergleichung fuhrte die Andersartigkeit des Sowjetrechts gegenuber der kontinentalen und angelsachsischen Tradition zur Einfuhrung eines eigenen stark isolierten sozialistischen Rechtskreises 1 Postsowjetisches Recht BearbeitenDie Perestroika setzte auch in der Rechtswissenschaft zahlreiche Reformprozesse in Gang Gorbatschows Idee eines sozialistischen Rechtsstaates 1988 fuhrte zur Neuentdeckung des Individuums als Rechtssubjekt das es nicht nur durch sondern auch vor dem Staat zu schutzen galt Bald schon wurden diese Reformbestrebungen jedoch durch die Zentrifugalkrafte der Sezessionsbestrebungen einzelner sowjetischer Republiken uberholt Sowjetrecht galt in den neuen Republiken bald nur noch subsidiar Der Erlass der Verfassung vom 12 Dezember 1993 war fur die Russische Foderation Rossijskaya Federaciya transkr Rossijskaja Federazija russlandische Foderation der wichtigste Wendepunkt in der Rechtsentwicklung 1 Das neue Rechtssystem musste innerhalb kurzer Zeit vollstandig neu errichtet werden Teilweise griff man hierzu auf eigene Traditionen aus vorrevolutionarer Zeit zuruck ein erheblicher Teil bestand jedoch aus Rechtstransfer aus anderen Staaten und Modelllosungen der UN und der EU Neben diese Rechtsimporte trat eine grosse Anzahl an Massnahmegesetzen die durch Widerspruche und Uberschneidungen zu grosser Rechtsunsicherheit fuhrten Nach einer ersten Konsolidierungsphase brachte die Jahrtausendwende erneut Reformen mit sich der Einfluss auslandischen Rechts trat zugunsten eines eigenen russischen Weges zuruck Im Staatsorganisationsrecht setzte sich ein gelenkte Demokratie upravlyaemaya demokratiya transkr uprawljajemaja demokratija genanntes System durch Umstrittene Gesetzgebungsprojekte wie das Strafprozessrecht und das Bodengesetzbuch traten in Kraft Da Russland seit 1998 Vertragsstaat der Europaischen Menschenrechtskonvention ist hat eine Vielzahl an Verfahren vor dem EGMR allein 2009 waren uber 23 000 Beschwerden russischer Burger anhangig die Rechtsordnung beeinflusst 1 Literatur BearbeitenIgor Andreevich Isaev Igor Andreevich Isaev Istoriya gosudarstva i prava Rossii Istorija gosudarstva i prava Rossii 3 Auflage Moskau 2005 ISBN 5 7975 0349 2 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h i j Angelika Nussberger Einfuhrung in das russische Recht C H Beck Munchen 2010 ISBN 978 3 406 48391 2 S 1 6 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rechtsgeschichte Russlands amp oldid 209660082