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Die Radiophosphortherapie ist eine Radionuklidtherapie bei der Polycythaemia vera und der essentiellen Thrombozythamie Es wird das Radionuklid 32Phosphor verwendet Die Methode gilt als Alternative zu den herkommlichen Behandlungsverfahren aufgrund ihres Nebenwirkungsprofils aber vorwiegend bei alteren Patienten uber 65 oder 70 Jahren Inhaltsverzeichnis 1 Anwendungsgebiete und Alternativen 2 Therapieprinzip und physikalische Grundlagen 3 Risiken und Nebenwirkungen 4 Erfolge 5 Geschichte 6 Literatur und QuellenAnwendungsgebiete und Alternativen BearbeitenDie haufigste Indikation der Radiophosphortherapie ist die Polycythaemia vera PV die zu den Myeloproliferativen Erkrankungen zahlt Eine weitere Indikation ist die Essentielle Thrombozythamie ET 1 Als absolute Kontraindikationen fur die Behandlung mit 32P gelten Schwangerschaft und Stillzeit als relative Kontraindikationen Frauen im gebarfahigen Alter Aufgrund der Altersverteilung der Erkrankung kommen diese Kontraindikationen in der Praxis kaum vor Weitere relative Kontraindikationen sind eine rasche Verschlechterung der Nierenfunktion eine sehr niedrige Zahl an weissen Blutkorperchen Leukozytopenie oder bei der ET ein sehr niedriger Hamoglobinwert Blutarmut Anamie Die Therapie der Wahl der Polycythaemia vera ist zunachst der Aderlass Da bei alleiniger Aderlasstherapie die Gefahr einer Osteomyelofibrose besteht erfolgen meist zusatzliche Therapien mit Hydroxycarbamid oder Busulfan Therapieprinzip und physikalische Grundlagen Bearbeiten nbsp Dihydrogenphosphat IonDas verwendete radioaktive Phosphor Isotop 32Phosphor 32P wird in Kernreaktoren hergestellt und steht zur Therapie als Dihydrogenphosphat oder als Natriumphosphat in flussiger Form zur Verfugung Das Radionuklid wird nach Aufklarung und Einwilligung des Patienten streng intravenos uber einen peripheren Venenkatheter verabreicht appliziert Zur Reduktion der Strahlendosis des punktierten Gefasses soll die punktierte Vene anschliessend mit isotonischer Kochsalzlosung gespult werden Alternativ kann auch die orale Gabe Anwendung finden 1 Die angegebenen Aktivitaten betragen 3 7 MBq pro Kilogramm Korpergewicht 2 oder 80 bis 110 MBq pro m2 Korperoberflache 3 Als Hochstaktivitat einer einzelnen Behandlung werden 185 bis 260 MBq angegeben Manche Autoren fordern eine Aktivitats Reduzierung um 25 fur Patienten uber 80 Jahre 1 32P wird in den Pool des anorganischen Phosphors aufgenommen und zu 20 innerhalb von 24 Stunden mit dem Urin ausgeschieden Aus Grunden des Strahlenschutzes wird daher empfohlen die Therapie in einer Einrichtung durchzufuhren die an eine Abklinganlage angeschlossen ist oder den Urin zu sammeln und erst zu entsorgen wenn die Radioaktivitat abgeklungen ist Die verbliebenen 80 werden in verschiedene organische und anorganische Phosphorverbindungen des menschlichen Korpers aufgenommen Phosphor wird zum Beispiel direkt in Nukleinsauren eingebaut und reichert sich daher in Geweben mit hoher Zellproliferation an zu denen das Knochenmark als Ort der Blutbildung gehort Besteht krankheitsbedingt auch eine Blutbildung ausserhalb des Knochenmarks extramedullare Blutbildung so reichert sich das Radiopharmakon auch dort an 32Phosphor wird auch in das Calciumphosphat des Knochens aufgenommen und tragt von dort zur Strahlendosis des Knochenmarks bei 32P ist ein reiner Betastrahler mit einer maximalen Energie von 1 71 MeV einer mittleren Energie von 0 70 MeV einer maximalen Reichweite in Gewebe von 7 9 mm einer mittleren Reichweite von 3 mm und einer physikalischen Halbwertszeit von 14 3 Tagen Die biologische Halbwertszeit betragt im Knochenmark etwa 7 bis 9 Tage Die hochsten Strahlendosen entstehen im Knochenmark in der Leber und der Milz Die Strahlung des 32P bewirkt in der unmittelbaren Umgebung Schaden in der DNA insbesondere Doppelstrangbruche die letztlich zur Einleitung des programmierten Zelltods Apoptose fuhren Wirkungsmechanismus der Strahlentherapie Dieser antiproliferative Effekt schliesst die Zelllinien ein die bei der Polycythaemia vera betroffen sind Es resultiert eine Hemmung der hyperproliferativen Zelllinien nicht eine Ausloschung Therapieziele bei der Polycythaemia vera sind eine Normalisierung des Gesamtvolumens aller Erythrozyten die Reduktion der Zahl der Thrombozyten unter 500 000 µl und ein Ruckgang der Splenomegalie Falls die Ziele mit der ersten Behandlung nicht erreicht werden kann die Radiophosphortherapie nach 4 Monaten mit um ein Viertel gesteigerter Aktivitat wiederholt werden Die Gesamtdosis soll 600 MBq pro Jahr nicht uberschreiten Risiken und Nebenwirkungen BearbeitenWenn die Injektion des Radiopharmakons nicht in die Vene gelangt sondern in das Gewebe um die Vene herum Paravasat kann dort das Gewebe absterben Radionekrose Regelhaft entwickelt sich innerhalb von vier bis sechs Wochen eine relative Leukozytopenie Verminderung der Zahl der weissen Blutkorperchen und Thrombozytopenie Verminderung der Zahl der Blutplattchen die sich innerhalb von vier Monaten zuruckbilden Etwa 10 3 2 bis 15 1 der mit 32P behandelten Patienten entwickeln innerhalb von 10 Jahren nach der Behandlung eine akute myeloische Leukamie Die Haufigkeit scheint von der angewendeten Aktivitat abzuhangen Nach anderen Quellen gibt es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen verabreichter Gesamtaktivitat und Leukamierate 1 Ungefahr die gleichen Haufigkeiten fur die Entwicklung einer Leukamie gelten allerdings auch fur die Patienten die mit Hydroxycarbamid oder Busulfan behandelt wurden Eine weitere beschriebene Komplikation die allerdings auch unter anderen Therapieformen auftreten kann ist die Osteomyelofibrose Erfolge Bearbeiten98 der Patienten nach anderen Quellen nur 60 bis 90 3 erzielen innerhalb von drei bis vier Monaten eine komplette Remission die im Median drei Jahre lang anhalt Unter einer anschliessenden Erhaltungstherapie mit niedrig dosiertem Hydroxycarbamid hatten nach 14 Jahren noch 60 der Patienten eine komplette Remission 4 Die Radiophosphortherapie gilt daher als eine gut vertragliche und effiziente Therapie bei alteren Patienten mit Polycythaemia vera welche zu einer langen mittleren Uberlebenszeit bei ausgezeichneter Lebensqualitat fuhrt 5 Geschichte BearbeitenDie erste Radionuklidtherapie mit 32P bei Polycythaemia vera wurde 1953 von Lawrence beschrieben 6 Zuvor war die Methode bereits bei Leukamien eingesetzt worden 1 Literatur und Quellen BearbeitenHans Joachim Hermann Nuklearmedizin Elsevier Urban und Fischer Munchen 2004 ISBN 3 437 47550 9 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Freimut D E Jungling Thomas Krause Spezielle nuklearmedizinische Therapien in Torsten Kuwert Frank Grunwald Uwe Haberkorn Thomas Krause Hrsg Nuklearmedizin Stuttgart 2008 ISBN 978 3 13 118504 4 Jan Tennvall Boudewijn Brans EANM procedure guideline for 32P phosphate treatment of myeloproliferative diseases PDF 101 kB Eur J Nucl Med Mol Imaging 2007 34 1324 1327 doi 10 1007 s00259 007 0407 4 Leitlinie 2007 der European Association of Nuclear Medicine EANM Einzelnachweise a b c d e f Jan Tennvall Boudewijn Brans EANM procedure guideline for 32P phosphate treatment of myeloproliferative diseases PDF 101 kB Eur J Nucl Med Mol Imaging 2007 34 1324 1327 doi 10 1007 s00259 007 0407 4 Leitlinie 2007 der European Association of Nuclear Medicine EANM Najean Y Rain JD Goguel A et al Treatment of polycythemia I Using radiophosphorus with or without treatment in 483 patients over 65 years of age In Ann Med Interne Paris 149 Jahrgang Nr 2 Marz 1998 S 87 93 PMID 11490530 franzosisch a b c Hans Joachim Hermann Nuklearmedizin Elsevier Urban und Fischer Munchen 2004 ISBN 3 437 47550 9 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Najean Y Rain JD Treatment of polycythemia vera use of 32P alone or in combination with maintenance therapy using hydroxyurea in 461 patients greater than 65 years of age The French Polycythaemia Study Group In Blood 89 Jahrgang Nr 7 April 1997 S 2319 27 PMID 9116275 hematologylibrary org Freimut D E Jungling Thomas Krause Spezielle nuklearmedizinische Therapien in Torsten Kuwert Frank Grunwald Uwe Haberkorn Thomas Krause Hrsg Nuklearmedizin Stuttgart 2008 ISBN 978 3 13 118504 4 S 457 J H Lawrence H I Berlin R L Huff The nature and treatment of polycythemia studies on 263 patients In Medicine Baltimore 32 Jahrgang Nr 3 September 1953 S 323 88 PMID 13086142 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Radiophosphortherapie amp oldid 196192666