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Als Rauber Beute Beziehung oder seltener Rauber Beute Verhaltnis wird die dynamische Wechselwirkung zwischen einer Rauber und einer Beutepopulation uber langere Zeitraume beschrieben Es handelt sich um ein vereinfachendes Modell eines Ausschnitts der Nahrungsnetze die im biologischen Fachgebiet Okologie analysiert werden Rauber Beute Beziehungen lassen sich mathematisch darstellen und konnen in begrenztem Mass zur Vorhersage zukunftiger Populationsentwicklungen genutzt werden Populationsschwankungen bei Rauber und Beute nach dem Lotka Volterra Modell Typischerweise lauft die Kurve der Populationsdichte des Raubers der Kurve der Populationsdichte der Beute nach Da die Kurven zeitlich versetzt verlaufen entsteht keine sofortige negative Ruckkopplung sondern es gibt periodisch verlaufende Schwankungen Inhaltsverzeichnis 1 Abgrenzung 2 Das Lotka Volterra Modell 3 Andere Modelle 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseAbgrenzung BearbeitenRauber Beute Beziehungen stellen einen Ausschnitt einer Nahrungskette aus einem der Nahrungsnetze dar die ein Forschungsgegenstand des Fachgebiets Okologie sind Der Fachbegriff des Raubers im weiteren Sinne umfasst neben den echten Beutegreifern auch Parasiten und Parasitoide sowie Weideganger in ihrer Funktion als Konsumenten pflanzlicher Nahrung Die unten beschriebenen Modellbildungen konnen auf alle vier Falle angewendet werden Mit dem Modell konnen dagegen keine Populationsentwicklungen von Arten betrachtet werden die sich von toter organischer Substanz ernahren denn bei Populationsschwankungen von Aasfressern Detritus fressern und Destruenten ist keine Grossenanderung einer Beutepopulation zu erwarten In der Natur existieren zahlreiche komplexe Reaktionsmuster in den Beziehungen zwischen Rauber und Beute ihre Erklarung bildet ein wesentliches zentrales Gebiet der okologischen Theorie Aufgrund der Vielfalt der unterschiedlichen Beziehungen ist die Ubertragung von einem System auf ein anderes schwierig In manchen Fallen dezimiert ein Rauber eine Beutetierpopulation auf einen Bruchteil ihrer unbeeinflussten Dichte in anderen Fallen ist der Einfluss eines Raubers auf eine Beutepopulation kaum nachweisbar Wesentlich ist hierbei zum einen ob ein Rauber auf eine bestimmte Beuteart spezialisiert ist oder ob es sich um einen Generalisten mit zahlreichen gleichwertigen Beutearten handelt Zwischen diesen beiden Extremen existiert ein breites Spektrum von Fallen unterschiedlicher Praferenz Zum anderen sind stets Auswirkungen anderer Arten und Wechselwirkungen mit den Umweltfaktoren bedeutsam Besonders interessant fur die okologische Analyse sind Systeme in denen der Rauber die Dichte seiner Beute reguliert oder in denen die Dichte von beiden zyklischen Schwankungen unterliegt In der Regel beeinflussen dabei zahlreiche weitere Faktoren wie Nahrungs angebot 1 Klima Habitat Konkurrenz Krankheitserreger Parasiten Stress und andere Rauber ebenfalls die Populationsgrossen siehe auch Populationsdynamik Mit dem Ziel allgemeine dynamische Eigenschaften von Rauber Beute Beziehungen darzustellen und zu untersuchen wurden in der theoretischen Biologie verschiedene mathematische Modelle erstellt Am einfachsten und bekanntesten ist das Lotka Volterra Modell Grundlage sind die Arbeiten des osterreichischen Mathematikers Alfred J Lotka und des italienischen Mathematikers und Physikers Vito Volterra die 1925 und 1926 unabhangig die heute nach ihnen benannten Lotka Volterra Gleichungen formulierten Es handelt sich um mathematische Differentialgleichungen in denen erstmals der quantitative Aspekt der Populationsentwicklung in Abhangigkeit von der Zeit dargestellt wurde Sie beruhen auf der logistischen Gleichung Die biologischen Anwendungen dieser Gleichungen sind heute unter dem Namen der ersten zweiten und dritten Lotka Volterra Regel bekannt Eine Computersimulation welche die Rauber Beute Beziehung anschaulich macht ist die Simulation Wator von Alexander K Dewdney und David Wiseman In der Rauber Beute Dynamik sind haufig ausgepragte Schwankungen der Populationsdichten zu beobachten die langfristig um einen Mittelwert pendeln 2 Bei einer Bestandsregulierung durch den Menschen hingegen wird starken Schwankungen vorgebeugt und man strebt nach Moglichkeit stabile Populationsdichten an Das Lotka Volterra Modell Bearbeiten Hauptartikel Lotka Volterra Regeln und Lotka Volterra Gleichungen Im Lotka Volterra Modell zeigen Rauber und Beutearten gekoppelte Haufigkeitsschwankungen Ein reiches Angebot an Nahrung bzw Beutetieren ermoglicht es den Raubern viele Nachkommen grosszuziehen so dass die Rauberpopulation wachst Durch die grossere Populationsdichte bei den Raubern kommt es zu einer Dezimierung der Beutepopulation und damit zu einem mangelhaften Nahrungsangebot fur die Rauber so dass weniger oder keine Jungtiere mehr grossgezogen werden konnen und schwache erwachsene Rauber verhungern Dieser Ruckgang der Rauberpopulation ermoglicht es nun der Beutepopulation sich zu erholen und der periodische Ablauf beginnt von vorn Im Modell handelt es sich allerdings um sogenannte neutral stabile Zyklen Das bedeutet Die Zyklen entstehen ohne aussere Einwirkungen die Zykluslange ergibt sich aus der Wahl der Variablen ohne Zeitgeber ohne Storungen von aussen wurden diese Zyklen ohne jede Abweichung fur immer weiterlaufen Aber In naturlichen Systemen tatsachlich beobachtbare Zyklen konnen normalerweise aufgrund dieses Mechanismus nicht entstehen aufgrund der unvermeidlich und immer einwirkenden Schwankungen der Umweltvariablen wurden Populationen die der Modelldynamik unterliegen in der Realitat azyklisch und erratisch fluktuieren Populationen deren Schwankungen ausschliesslich durch das Modell erklart werden konnten gibt es vermutlich nicht Dennoch ist das Modell als erste Naherung zur Erklarung gekoppelter Schwankungen der Populationsdichte nutzlich Der beruhmteste Fall bei dem fur die Population eines Raubers und seiner Beute gekoppelte zeitverzogerte Zyklen tatsachlich in der Natur beobachtet worden sind sind die Zyklen des Schneeschuhhasen Lepus americanus und seines Raubers des Kanadischen Luchses Lynx canadensis 3 Die Arten zeigen uber ein riesiges Gebiet ein grosser Teil des Nordens von Nordamerika von Alaska bis Neufundland einen Zyklus von etwa zehn Jahren Lange tatsachlich beobachtet 9 11 Jahre Dieses Beispiel wurde sogar in Schulbucher ubernommen Ursprunglich als besonders schlagendes Beispiel fur eine Oszillation vom Lotka Volterra Typ gedeutet liegen nach neueren Untersuchungen die Verhaltnisse hier viel verwickelter Hohe Hasenpopulationen brechen anscheinend vor allem durch Nahrungsmangel zusammen Knapp wird hier allerdings nicht Nahrung als solche die Hasen fressen ihren Lebensraum nicht etwa kahl sondern gute Nahrung mit hohem Nahrwert Die beweideten Pflanzen konnen bei starker Beweidung Frassgifte Toxine bilden und werden dadurch fur die Hasen weniger gut fressbar Sie bilden diese energetisch kostspieligen Toxine aber nur wenn hoher Frassdruck besteht Die Interaktion des Pradatoren Schneeschuhhase und seiner pflanzlichen Beute scheint hier den Zyklus anzutreiben Der Luchs folgt demnach nur passiv nach Dieses Beispiel das keinesfalls bis in die letzten Einzelheiten aufgeklart ist zeigt anschaulich dass man sich vor einfachen Erklarungen der komplexen Sachverhalte huten sollte auch wenn sie scheinbar gut in das zur Erklarung verwendete Modell passen Andere Modelle Bearbeiten nbsp Die Anzahl der Bisamratten ist nicht durch die Anzahl der Rauber bestimmt sondern ein dichteabhangiges PhanomenUntersuchungen die der US amerikanische Zoologe und Okologe Paul Errington 1946 fur die Rauber Beute Beziehung zwischen Bisamratten und Minks durchgefuhrt hat zeigen ein vollig anderes Verhalten So ist der Mink zwar der wichtigste Rauber der Bisamratte die Populationsgrosse der Bisamratte wird jedoch weniger durch die Zahl ihrer Rauber beeinflusst als durch die Besatzdichte des Territoriums Vor allem umherstreifende Tiere ohne Revier oder verletzte Tiere werden Beute des Mink Es werden also die Individuen bevorzugt getotet die ohnehin die geringste Uberlebenswahrscheinlichkeit gehabt hatten Die Populationsgrosse der Beute wird in diesem Fall also durch den Okofaktor Rauber auf eine regulierte Dichte begrenzt die durch die Okofaktoren Nahrung und Raum zum Anlegen von Bauen vorgegeben ist Vergleichbare Falle wurden bei anderen Untersuchungen sehr haufig gefunden Literatur BearbeitenMichael Begon Martin Mortimer David J Thompson Populationsokologie Spektrum Heidelberg Berlin Oxford 1997 ISBN 3 86025 258 5 S 178 265 Weblinks BearbeitenHinweise zu Wator Java Version einer Wator Simulation Rauber Beute Simulation fur Windows Freeware Die freie Multi Agenten Simulationsumgebung NetLogo enthalt in ihrer mitgelieferte Models Library ein Schaf Wolf Gras Modell welches das Populationswachstum eines Raubtier Beute Systems modelliert und visualisiert 4 Einzelnachweise Bearbeiten Paws without claws Large carnivores in anthropogenic landscapes 1 Neil A Campbell Jane B Reece Biologie 6 Auflage Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg Berlin 2003 ISBN 3 8274 1352 4 S 1388 1394 Nils Chr Stenseth Wilhelm Falck Ottar N Bjornstad und Charles J Krebs Population regulation in snowshoe hare and Canadian lynx Asymmetric food web configurations between hare and lynx In Proceedings of the National Academy of Sciences Band 94 Nr 10 1997 S 5147 5152 Uri Wilensky NetLogo Models Library Wolf Sheep Predation In NetLogo Models Library Abgerufen am 27 November 2018 englisch Normdaten Sachbegriff GND 4048274 1 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rauber Beute Beziehung amp oldid 238503302