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Die projektive Hierarchie wird im mathematischen Teilgebiet der deskriptiven Mengenlehre untersucht sie ist eine nach einem bestimmten Bildungsgesetz stufenweise aufgebaute Hierarchie von Mengen deren unterste Stufe mit den Borelmengen beginnt Das ursprungliche Interesse lag zwar in der Untersuchung der Teilmengen des Kontinuums das heisst der Menge der reellen Zahlen es hat sich aber gezeigt dass man die Theorie ebenso leicht fur polnische Raume entwickeln kann insbesondere lasst sich dann der Baire Raum im unten vorgestellten Bildungsgesetz verwenden Die projektive Hierarchie wurde 1925 von Lusin und Sierpinski eingefuhrt 1 2 Inhaltsverzeichnis 1 Definition 2 Bemerkungen 3 Eigenschaften 4 EinzelnachweiseDefinition BearbeitenDie nun folgende rekursive Definition lehnt sich strukturell an die Borel Hierarchie an zur Unterscheidung wird hier als oberer Index eine Eins verwendet X displaystyle X nbsp stehe fur einen polnischen Raum N w w displaystyle mathcal N omega omega nbsp sei der Baire Raum das heisst das w displaystyle omega nbsp fache kartesische Produkt von w displaystyle omega nbsp versehen mit der Produkttopologie wobei w displaystyle omega nbsp die in der Mengenlehre ubliche Bezeichnung fur die Menge der naturlichen Zahlen ist S 1 1 A displaystyle Sigma 1 1 mathcal A nbsp die Klasse aller analytischen Mengen P n 1 S X X S S n 1 displaystyle Pi n 1 left S subseteq X X setminus S in Sigma n 1 right nbsp fur n N displaystyle n in mathbb N nbsp das heisst die P n 1 displaystyle Pi n 1 nbsp Mengen sind die Komplemente der S n 1 displaystyle Sigma n 1 nbsp Mengen S n 1 1 displaystyle Sigma n 1 1 nbsp sei die Klasse aller Mengen der Form p 1 A displaystyle p 1 A nbsp wobei p 1 X N X displaystyle p 1 colon X times mathcal N rightarrow X nbsp die Projektion auf die erste Komponente sei und A displaystyle A nbsp eine P n 1 displaystyle Pi n 1 nbsp Menge D n 1 S n 1 P n 1 displaystyle Delta n 1 Sigma n 1 cap Pi n 1 nbsp fur n N displaystyle n in mathbb N nbsp 3 4 Eine Menge die in einem der D n 1 displaystyle Delta n 1 nbsp oder aquivalent der S n 1 displaystyle Sigma n 1 nbsp oder P n 1 displaystyle Pi n 1 nbsp liegt heisst projektive Menge Bemerkungen BearbeitenObige Definition ist rekursiv Man beginnt mit S 1 1 displaystyle Sigma 1 1 nbsp als Klasse der analytischen Mengen erklart damit P 1 1 displaystyle Pi 1 1 nbsp als Klasse der Komplemente und daraus mittels der angegebenen Projektionstechnik S 2 1 displaystyle Sigma 2 1 nbsp Damit ist dann wieder P 2 1 displaystyle Pi 2 1 nbsp als Klasse der Komplemente erklart woraus sich dann wieder mittels obiger Projektionstechnik S 3 1 displaystyle Sigma 3 1 nbsp ergibt und so weiter Das Projektionsverfahren zur Definition von S n 1 1 displaystyle Sigma n 1 1 nbsp ist Namensgeber fur die projektive Hierarchie D n 1 displaystyle Delta n 1 nbsp ist erklart sobald S n 1 displaystyle Sigma n 1 nbsp und P n 1 displaystyle Pi n 1 nbsp erklart sind Die Verwendung des Baire Raums lasst sich prinzipiell vermeiden denn dieser ist homoomorph zum Raum der irrationalen Zahlen die man mit einer vollstandigen Metrik versehen kann Der Beweis zur vollstandigen Metrisierbarkeit der irrationalen Zahlen ist im Wesentlichen der Nachweis dass G d displaystyle G delta nbsp Mengen in polnischen Raumen wieder polnische Raume sind Die zu konstruierende Metrik ist nicht die euklidische Metrik daher ist die Verwendung des Baire Raums naturlicher Eigenschaften BearbeitenDie Mengen in P 1 1 displaystyle Pi 1 1 nbsp sind definitionsgemass die Komplemente von analytischen Mengen sie werden daher auch koanalytisch genannt Die Mengen aus D 1 1 displaystyle Delta 1 1 nbsp sind analytische Mengen deren Komplemente ebenfalls analytisch sind Nach einem Satz von Suslin sind dies genau die Borelmengen Die oben angegebenen Klassen erfullen folgende Inklusionen nbsp Auf einem uberabzahlbaren polnischen Raum sind alle angegebenen Inklusionen echt 5 Fur einen hochstens abzahlbaren polnischen Raum dagegen sind alle Mengen gleich der Potenzmenge des Raumes Alle Klassen S n 1 P n 1 displaystyle Sigma n 1 Pi n 1 nbsp und D n 1 displaystyle Delta n 1 nbsp sind abgeschlossen bezuglich abzahlbarer Durchschnitte und abzahlbarer Vereinigungen insbesondere ist D n 1 displaystyle Delta n 1 nbsp eine s Algebra 6 Die projektiven Mengen als Ganzes hingegen bilden fur uberabzahlbare polnische Raume keine s displaystyle sigma nbsp Algebra Die projektive Hierarchie lasst sich jedoch analog zur Borel Hierarchie zu einer seltener als die projektive Hierarchie betrachteten Hierarchie von D a 1 S a 1 P a 1 displaystyle Delta alpha 1 Sigma alpha 1 Pi alpha 1 nbsp fur beliebige abzahlbare Ordinalzahlen a displaystyle alpha nbsp fortsetzen Die Vereinigung all dieser Mengen bildet die s displaystyle sigma nbsp Algebra der s displaystyle sigma nbsp projektiven Mengen 7 Ist f X Y displaystyle f colon X rightarrow Y nbsp eine Borel Funktion zwischen polnischen Raumen und gehort A Y displaystyle A subset Y nbsp zu einer der Klassen S n 1 P n 1 displaystyle Sigma n 1 Pi n 1 nbsp oder D n 1 displaystyle Delta n 1 nbsp so auch f 1 A displaystyle f 1 A nbsp 8 Jede S 1 1 displaystyle Sigma 1 1 nbsp Menge in R displaystyle mathbb R nbsp ist Lebesgue messbar und jede S 1 1 displaystyle Sigma 1 1 nbsp Menge hat die Baire Eigenschaft Da sich diese Eigenschaften auf Komplemente ubertragen gilt das auch fur P 1 1 displaystyle Pi 1 1 nbsp Mengen Ferner hat jede uberabzahlbare S 1 1 displaystyle Sigma 1 1 nbsp Menge eine perfekte Teilmenge und daher die Machtigkeit des Kontinuums Fur hohere Stufen der projektiven Hierarchie sind diese Eigenschaften in der Zermelo Fraenkel Mengenlehre mit Auswahlaxiom nicht mehr beweisbar Godel hat gezeigt dass es unter der Annahme des Konstruierbarkeitsaxioms eine Menge in D 2 1 displaystyle Delta 2 1 nbsp gibt die nicht Lebesgue messbar ist und eine uberabzahlbare S 2 1 displaystyle Sigma 2 1 nbsp Menge die keine perfekte Teilmenge enthalt 9 Weitergehende Aussagen erfordern zum Teil starkere Axiome die uber die Zermelo Fraenkel Mengenlehre hinausgehen wie in den Kapiteln 25 Descriptive Set Theory und 32 More Descriptive Set Theory des unten angegebenen Lehrbuchs von Thomas Jech ausgefuhrt wird 10 Diese Eigenschaften hangen eng mit der Determiniertheit bestimmter Spiele zusammen Tatsachlich lassen sie sich fur Borelmengen aus der Borel Determiniertheit folgern welche in ZFC gilt Nimmt man zusatzlich zu ZF das Determiniertheitsaxiom an dessen relative Konsistenz zu ZF jedoch nicht in ZFC beweisbar ist und das im Widerspruch zum Auswahlaxiom steht so sind sogar alle Teilmengen der reellen Zahlen Lebesgue messbar enthalten eine nicht leere perfekte Teilmenge und besitzen die Baire Eigenschaft Die Forderung dieser Eigenschaften ist fur die Klasse der projektiven Mengen dagegen zusammen mit dem Auswahlaxiom moglich indem man die Determiniertheit eines jeden Spieles dessen Gewinnmenge eine projektive Teilmenge des Baire Raums ist fordert Axiom der projektiven Determiniertheit Dieses wiederum folgt aus bestimmten Axiomen uber die Existenz grosser Kardinalzahlen Bereits die Determiniertheit eines jeden Spieles mit analytischer Gewinnmenge lasst sich jedoch in ZFC nicht beweisen 11 Einzelnachweise Bearbeiten N Lusin Sur un probleme de M Emile Borel et les ensembles projectifs de M Henri Lebesgue les ensembles analytiques Comptes Rendus Acad Sci Paris 1925 Band 180 Seiten 1318 1320 W Sierpinski Sur une classe d ensembles Fundamenta Methematicae 1925 Band 7 Seiten 237 243 Y N Moschovakis Descriptive Set Theory North Holland 1987 ISBN 0 444 70199 0 Kapitel 1E The projective sets Thomas Jech Set Theory 3 millenium edition revised and expanded Springer Berlin u a 2003 ISBN 3 540 44085 2 11 12 The Hierarchy of Projective Sets Y N Moschovakis Descriptive Set Theory North Holland 1987 ISBN 0 444 70199 0 Theorem 1E 1 und 1E 3 Y N Moschovakis Descriptive Set Theory North Holland 1987 ISBN 0 444 70199 0 Corollary 1F 2 Alexander S Kechris Classical Descriptive Set Theory Springer Berlin 1994 ISBN 0 387 94374 9 S 341 Y N Moschovakis Descriptive Set Theory North Holland 1987 ISBN 0 444 70199 0 Theorem 1G 1 Thomas Jech Set Theory 3 millenium edition revised and expanded Springer Berlin u a 2003 ISBN 3 540 44085 2 Corollary 25 28 Corollary 25 28 Thomas Jech Set Theory 3 millenium edition revised and expanded Springer Berlin u a 2003 ISBN 3 540 44085 2 Kapitel 25 32 Kechris S 205 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Projektive Hierarchie amp oldid 233239692