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Analytische Mengen werden in den mathematischen Teilgebieten der Masstheorie und der deskriptiven Mengenlehre betrachtet es handelt sich um spezielle Teilmengen polnischer Raume Sie sind allgemeiner als Borelmengen haben aber noch gewisse Messbarkeitseigenschaften Inhaltsverzeichnis 1 Definition 2 Eigenschaften 3 Projektionen von Borelmengen 4 Trennungssatz fur analytische Mengen 5 Der Baire Raum 6 Universelle Messbarkeit 7 Schnitte 8 Historische Bemerkung 9 Siehe auch 10 EinzelnachweiseDefinition BearbeitenEine Teilmenge A displaystyle A nbsp eines polnischen Raums X displaystyle X nbsp heisst analytisch falls es einen polnischen Raum Z displaystyle Z nbsp und eine stetige Abbildung f Z X displaystyle f colon Z rightarrow X nbsp gibt mit f Z A displaystyle f Z A nbsp Kurz Analytische Mengen sind stetige Bilder polnischer Raume 1 Auch die leere Menge soll analytisch sein Daher muss man entweder die leere Menge als polnischen Raum zulassen oder die leere Menge explizit hinzunehmen Eigenschaften BearbeitenAbzahlbare Vereinigungen und abzahlbare Durchschnitte analytischer Mengen sind wieder analytisch Komplemente analytischer Mengen sind im Allgemeinen nicht wieder analytisch In einem polnischen Raum ist jede Borelmenge analytisch die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht Analytische Mengen haben die Baire Eigenschaft Jede analytische Menge ist Lebesgue messbar Projektionen von Borelmengen BearbeitenAnalytische Mengen lassen sich wie folgt als Projektionen von Borelmengen charakterisieren Fur zwei Mengen X displaystyle X nbsp und Z displaystyle Z nbsp sei p 2 Z X X displaystyle pi 2 colon Z times X rightarrow X nbsp die Projektion auf die zweite Komponente Fur eine Teilmenge A X displaystyle A subset X nbsp eines polnischen Raums sind dann folgende Aussagen aquivalent A displaystyle A nbsp ist analytisch Es gibt einen polnischen Raum Z displaystyle Z nbsp und eine abgeschlossene Menge C Z X displaystyle C subset Z times X nbsp mit A p 2 C displaystyle A pi 2 C nbsp Es gibt einen polnischen Raum Z displaystyle Z nbsp und eine Borel Menge B Z X displaystyle B subset Z times X nbsp mit A p 2 B displaystyle A pi 2 B nbsp Zum Beweis genugt es den Fall zu betrachten dass A X displaystyle A subset X nbsp nicht leer ist Ist A displaystyle A nbsp analytisch so ist definitionsgemass A f Z displaystyle A f Z nbsp fur eine stetige Funktion f Z X displaystyle f colon Z rightarrow X nbsp auf einem polnischen Raum Z displaystyle Z nbsp Dann ist der Graph G f Z X displaystyle G f subset Z times X nbsp abgeschlossen und p 2 G f f Z A displaystyle pi 2 G f f Z A nbsp womit der Schluss von 1 nach 2 gezeigt ware Da abgeschlossene Mengen Borelmengen sind folgt 3 aus 2 Liegt schliesslich 3 vor so gibt es einen polnischen Raum Y displaystyle Y nbsp und eine stetige Abbildung f Y Z X displaystyle f colon Y rightarrow Z times X nbsp mit B f Y displaystyle B f Y nbsp denn Borelmengen sind analytisch Dann ist A p 2 f Y displaystyle A pi 2 circ f Y nbsp stetiges Bild eines polnischen Raums und daher analytisch Trennungssatz fur analytische Mengen BearbeitenDer folgende Trennungssatz fur analytische Mengen geht auf N N Lusin zuruck 2 Es seien X displaystyle X nbsp ein polnischer Raum und A 1 A 2 X displaystyle A 1 A 2 subset X nbsp zwei disjunkte analytische Mengen Dann gibt es zwei disjunkte Borelmengen B 1 B 2 X displaystyle B 1 B 2 subset X nbsp mit A 1 B 1 displaystyle A 1 subset B 1 nbsp und A 2 B 2 displaystyle A 2 subset B 2 nbsp 3 Folgerung Eine analytische Menge A X displaystyle A subset X nbsp ist genau dann eine Borelmenge wenn auch das Komplement X A displaystyle X setminus A nbsp analytisch ist Zum Beweis der Folgerung sei zunachst A displaystyle A nbsp Borelmenge Dann ist auch X A displaystyle X setminus A nbsp Borelmenge und daher analytisch Ist umgekehrt X A displaystyle X setminus A nbsp analytisch so wende obigen Trennungssatz auf A 1 A displaystyle A 1 A nbsp und A 2 X A displaystyle A 2 X setminus A nbsp an Wegen der Disjunktheit muss dann A 1 B 1 displaystyle A 1 B 1 nbsp sein das heisst A displaystyle A nbsp ist eine Borelmenge Der Baire Raum BearbeitenEin spezieller polnischer Raum ist der Baire Raum N N displaystyle mathcal N mathbb N infty nbsp mit der Produkttopologie N displaystyle mathcal N nbsp ist der Raum aller Folgen n n k k displaystyle vec n n k k nbsp naturlicher Zahlen die Topologie wird zum Beispiel von der durch d n m 2 n n m displaystyle d vec n vec m 2 n vec n vec m nbsp definierten vollstandigen Metrik erzeugt wobei n n m displaystyle n vec n vec m nbsp der kleinste Index ist an dem sich die beiden Folgen unterscheiden Man kann zeigen dass jeder nicht leere polnische Raum ein stetiges Bild von N displaystyle mathcal N nbsp ist Aus der Definition der analytischen Menge ergibt sich daher unmittelbar Eine nicht leere Teilmenge A displaystyle A nbsp eines polnischen Raums X displaystyle X nbsp ist genau dann analytisch wenn eine stetige Abbildung f N X displaystyle f colon mathcal N rightarrow X nbsp mit f N A displaystyle f mathcal N A nbsp gibt Mittels des Raumes N displaystyle mathcal N nbsp kann man alle analytischen Mengen eines polnischen Raums als Projektion einer festen analytischen Menge erhalten Es gilt folgender Satz 4 Sei X displaystyle X nbsp ein polnischer Raum Dann gibt es eine analytische Teilmenge A N X displaystyle A subset mathcal N times X nbsp so dass x X n x A n N displaystyle x in X vec n x in A quad vec n in mathcal N nbsp genau die analytischen Mengen von X displaystyle X nbsp durchlauft Wendet man diesen Satz auf X N displaystyle X mathcal N nbsp an so kann man zeigen dass n n n A displaystyle vec n vec n vec n in A nbsp eine analytische Menge in N displaystyle mathcal N nbsp ist die keine Borelmenge ist Im Falle des Baire Raums lasst sich jede analytische Menge bereits als Projektion einer abgeschlossenen Menge im N 2 displaystyle mathcal N 2 nbsp darstellen im Falle der reellen Zahlen und des Cantor Raums reichen Projektionen abzahlbarer Schnitte offener Mengen im R 2 displaystyle mathbb R 2 nbsp bzw C 2 displaystyle mathcal C 2 nbsp 5 Universelle Messbarkeit BearbeitenEine Teilmenge T displaystyle T nbsp eines Messraums X X displaystyle X mathcal X nbsp heisst universell messbar wenn es zu jedem endlichen Mass m displaystyle mu nbsp auf X X displaystyle X mathcal X nbsp Mengen B 1 B 2 X displaystyle B 1 B 2 in mathcal X nbsp gibt mit B 1 T B 2 displaystyle B 1 subset T subset B 2 nbsp und m B 2 B 1 0 displaystyle mu B 2 setminus B 1 0 nbsp Jede Menge aus X displaystyle mathcal X nbsp ist universell messbar denn in diesem Fall kann man B 1 T B 2 displaystyle B 1 T B 2 nbsp wahlen Offenbar bildet die Menge aller universell messbaren Mengen eine s Algebra die nach dem gerade Gesagten die s Algebra X displaystyle mathcal X nbsp umfasst Polnische Raume sind in naturlicher Weise Messraume indem man sie mit der s Algebra der Borelmengen versieht und bezuglich dieses Messraums ist universelle Messbarkeit in polnischen Raumen zu verstehen Dann gilt 6 Jede analytische Menge eines polnischen Raums ist universell messbar Insbesondere ist also jede analytische Menge Lebesgue messbar Da es analytische Mengen gibt die keine Borelmengen sind ist die s Algebra der universell messbaren Mengen im Allgemeinen echt grosser als die s Algebra der Borelmengen Schnitte BearbeitenIst f X Y displaystyle f colon X rightarrow Y nbsp eine surjektive Abbildung so nennt man eine Abbildung g Y X displaystyle g colon Y rightarrow X nbsp einen Schnitt von f displaystyle f nbsp falls f g i d Y displaystyle f circ g mathrm id Y nbsp Die Existenz einer solchen Abbildung folgt leicht aus dem Auswahlaxiom indem man mittels Surjektivitat zu jedem y Y displaystyle y in Y nbsp ein Urbild x y f 1 y displaystyle x y in f 1 y nbsp wahlt und g y x y displaystyle g y x y nbsp setzt Sind X displaystyle X nbsp und Y displaystyle Y nbsp Messraume und ist f displaystyle f nbsp messbar so stellt sich die Frage ob man einen messbaren Schnitt g displaystyle g nbsp finden kann Zur Untersuchung dieser Frage nennen wir einen Messraum Y Y displaystyle Y mathcal Y nbsp abzahlbar separiert falls es eine Folge E n n displaystyle E n n nbsp von Mengen aus Y displaystyle mathcal Y nbsp gibt so dass zu je zwei verschiedenen Punkten aus Y displaystyle Y nbsp stets ein E n displaystyle E n nbsp gefunden werden kann dass genau einen der beiden Punkte enthalt Man nennt Y Y displaystyle Y mathcal Y nbsp einen analytischen Borelraum falls er als Messraum isomorph zu einem Messraum A A displaystyle A mathcal A nbsp ist wobei A displaystyle A nbsp eine analytische Teilmenge eines polnischen Raums X displaystyle X nbsp und A displaystyle mathcal A nbsp die s Algebra der Durchschnitte der Borelmengen von X displaystyle X nbsp mit A displaystyle A nbsp ist Mit diesen Begriffen gilt folgender Satz 7 Es seien X X displaystyle X mathcal X nbsp ein analytischer Borelraum Y Y displaystyle Y mathcal Y nbsp ein abzahlbar separierter Messraum und f X Y displaystyle f colon X rightarrow Y nbsp eine messbare Abbildung Dann gibt es einen U displaystyle mathcal U nbsp X displaystyle mathcal X nbsp messbaren Schnitt von f displaystyle f nbsp wobei U displaystyle mathcal U nbsp die s Algebra der bezuglich Y Y displaystyle Y mathcal Y nbsp universell messbaren Mengen sei Derartige Satze spielen eine entscheidende Rolle in der Struktur und Darstellungstheorie von Typ I C Algebren wie im unten angegebenen Lehrbuch von W Arveson ausgefuhrt wird 8 oder in der Disintegration von Von Neumann Algebren wie sie etwa in 9 zu finden ist Historische Bemerkung BearbeitenH Lebesgue war in einer Veroffentlichung aus dem Jahre 1905 falschlicherweise der Meinung gezeigt zu haben dass die Projektion einer Borelmenge der Ebene R 2 displaystyle mathbb R 2 nbsp auf die x displaystyle x nbsp Achse wieder eine Borelmenge sei M J Suslin hatte 1917 den darin enthaltenen Fehler aufgedeckt die analytischen Mengen eingefuhrt und gezeigt dass es analytische Mengen gibt die keine Borelmengen sind 10 Siehe auch BearbeitenProjektive Hierarchie die analytischen und koanalytischen Mengen bilden die erste Stufe der projektiven Hierarchie Einzelnachweise Bearbeiten Donald L Cohn Measure Theory Birkhauser Boston MA u a 1980 ISBN 3 7643 3003 1 Kapitel 8 2 Kazimierz Kuratowski Topology Band 1 New edition revised and augmented Academic Press New York u a 1966 ISBN 0 1242 9201 1 S 485 Donald L Cohn Measure Theory Birkhauser Boston MA u a 1980 ISBN 3 7643 3003 1 Theorem 8 3 1 Donald L Cohn Measure Theory Birkhauser Boston MA u a 1980 ISBN 3 7643 3003 1 Satz 8 2 16 Donald A Martin Descriptive Set Theory Projektive Sets In Jon Barwise Hrsg Handbook of Mathematical Logic Studies in Logic and the Foundations of Mathematics Bd 90 North Holland Amsterdam u a 1977 ISBN 0 7204 2285 X S 783 815 hier S 790 doi 10 1016 S0049 237X 08 71121 2 Donald L Cohn Measure Theory Birkhauser Boston MA u a 1980 ISBN 3 7643 3003 1 Korollar 8 4 3 William Arveson Invitation to C algebras Graduate Texts in Mathematics Bd 39 Springer New York NY u a 1976 ISBN 0 387 90176 0 Theorem 3 4 3 William Arveson Invitation to C algebras Graduate Texts in Mathematics Bd 39 Springer New York NY u a 1976 ISBN 0 387 90176 0 Kapitel 4 Gert K Pedersen C Algebras and their Automorphism Groups L M S Monographs Bd 14 Academic Press Inc London u a 1979 ISBN 0 12 549450 5 Kapitel 4 Richard M Dudley Real Analysis and Probability Cambridge Studies in Advanced Mathematics Bd 74 Cambridge University Press Cambridge u a 2002 ISBN 0 521 00754 2 S 500 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Analytische Menge amp oldid 233240443