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Als Notenkrise wird eine Phase in der Geschichte der Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Finnland bezeichnet die am 30 Oktober 1961 durch eine diplomatische Note der Sowjetunion eingeleitet wurde Vor dem Hintergrund der internationalen Spannungen der Berlin Krise und unter Berufung auf den finnisch sowjetischen Freundschaftsvertrag von 1948 verlangte die Sowjetunion die Aufnahme militarischer Konsultationen zur Abwehr einer erwarteten Aggression des Westens Durch solche Konsultationen drohte Finnland in einer mit der bisherigen Neutralitatspolitik des Landes unvereinbaren Weise in den Konflikt der Machtblocke verwickelt zu werden Der finnische Prasident Urho Kekkonen bereinigte die Krise schliesslich unter Einsatz seiner guten personlichen Beziehungen zum sowjetischen Partei und Regierungschef Nikita Chruschtschow In personlichen Gesprachen beider Manner in Nowosibirsk am 24 November 1961 ruckte Chruschtschow von den Konsultationswunschen ab Zu den Auswirkungen der Notenkrise gehorte es dass ein gegen die Wiederwahl Kekkonens in den Anfang 1962 anstehenden Wahlen gebildetes Parteienbundnis zerbrach und Kekkonen ungefahrdet wiedergewahlt wurde Historisch umstritten ist es ob und inwieweit die Sowjetunion die Note genau in diesem Sinne zum Zwecke der Einflussnahme auf die finnische Politik einsetzte und ob gar Kekkonen zur Sicherung seiner Wiederwahl mit der sowjetischen Seite konspiriert hatte Urho KekkonenNikita Chruschtschow Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 1 1 Finnisch sowjetische Nachkriegsbeziehungen und Freundschaftsvertrag 1 2 Position Kekkonens und Wahlkonstellation 1 3 Internationale Spannungen und Berlin Krise 2 Verlauf der Notenkrise 2 1 Die Note vom 30 Oktober 1961 2 2 Erste Reaktionen 2 3 Reaktionen des Westens 2 4 Politische Gesprache 2 5 Auflosung des Parlaments 2 6 Kekkonen und Chruschtschow in Nowosibirsk 3 Auswirkungen und Deutungen 3 1 Zerfall des Honka Bundes 3 2 Kekkonens Wiederwahl als Motiv der Note 3 3 Konspirationsthesen 3 4 Aussenpolitische Stellung Finnlands 4 Literatur 5 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenDen Hintergrund der Notenkrise bildeten im Jahr 1961 zwei voneinander unabhangige Entwicklungslinien eine in der finnischen Politik eine in der Weltpolitik Der seit 1956 amtierende finnische Prasident Urho Kekkonen wurde von der Sowjetunion als Personifizierung der Politik der freundschaftlichen finnisch sowjetischen Beziehungen angesehen Kekkonens Wiederwahl in der 1962 anstehenden Prasidentschaftswahl schien allerdings in Gefahr zu geraten als sich eine breite Koalition von Kekkonen Gegnern hinter einem gemeinsamen Gegenkandidaten formierte Gleichzeitig kam es in der internationalen Politik zu einer dramatischen Verscharfung der Spannungen insbesondere um den Status Deutschlands und Berlins Letzteres konnte trotz der finnischen Neutralitatspolitik fur Finnland unmittelbare Auswirkungen haben da der finnisch sowjetische Freundschaftsvertrag von 1948 militarische Konsultationen fur den Fall vorsah dass ein Angriff durch Deutschland oder seine Verbundeten drohe Finnisch sowjetische Nachkriegsbeziehungen und Freundschaftsvertrag Bearbeiten Die finnische Politik gegenuber der Sowjetunion erfuhr nach dem Zweiten Weltkrieg unter Prasident Juho Kusti Paasikivi eine Neuorientierung Nach Einschatzung Paasikivis war die Unabhangigkeit Finnlands nach dem verlorenen Krieg in Zukunft nicht mehr militarisch zu sichern sondern nur durch eine Politik der Freundschaft mit dem grossen Nachbarn und durch Berucksichtigung von dessen Verteidigungsinteressen Diese Freundschaftspolitik auch Paasikivi Linie genannt wurde allmahlich erganzt durch das finnische Bestreben eine Politik der Neutralitat zu verfolgen und fur diese die Anerkennung beider Machtblocke zu erhalten Als die Sowjetunion 1948 Ungarn und Rumanien mit militarischen Kooperationsvertragen eng an sich band schlug der sowjetische Diktator Josef Stalin einen ahnlichen Vertrag auch der finnischen Regierung vor In Verhandlungen an denen Paasikivis spaterer Nachfolger Urho Kekkonen entscheidend mitwirkte einigte man sich auf einen Vertrag der den strategischen Interessen der Sowjetunion entgegenkam jedoch nicht ein unmittelbares militarisches Bundnis bedeutete Der am 6 April 1948 in Moskau unterzeichnete Vertrag uber Freundschaft Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfeleistung enthielt einen in seinem Anwendungsbereich beschrankten militarischen Teil in den ersten beiden Artikeln In Artikel 1 verpflichtete sich Finnland im Falle eines Angriffes durch Deutschland oder ein anderes mit diesem verbundetes Land auf Finnland oder durch das Gebiet Finnlands auf die Sowjetunion den Angriff unter Aufbietung aller Krafte abzuwehren Die Sowjetunion verpflichtete sich Finnland die erforderliche Hilfe zu leisten uber deren Leistung die Vertragsparteien Einvernehmen herstellen Artikel 2 sah die Moglichkeit militarischer Konsultationen beider Lander vor 1 Die Hohen Vertragsparteien werden in dem Fall miteinander verhandeln dass die Gefahr eines in Artikel 1 bezeichneten Angriffes festgestellt wird Trotz der eingeschrankten Formulierung sorgte der Vertrag fur Unruhe in der finnischen Bevolkerung und fur fortwahrende Unsicherheit daruber inwiefern er einer glaubwurdigen Neutralitatspolitik im Wege stehen konne Andererseits stellte der Vertrag die Beziehungen zwischen den beiden Landern auf eine zuverlassige Grundlage und galt bald als wichtiges Grundelement der finnischen Aussenbeziehungen Juho Kusti Paasikivi wurde 1956 von Urho Kekkonen im Amt des Prasidenten abgelost Starker als Paasikivi entwickelte Kekkonen das Neutralitatselement der finnischen Nachkriegspolitik fort und machte es zum Grundpfeiler seiner Aussenpolitik Gleichzeitig fuhrte er aber auch die Pflege personlicher Beziehungen als Werkzeug zur Gestaltung der finnisch sowjetischen Beziehungen ein Wahrend seiner ersten sechsjahrigen Amtszeit knupfte er enge oft auch als freundschaftlich bezeichnete Beziehungen zu Nikita Chruschtschow dem Parteichef der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und ab 1958 auch Ministerprasident So wurde Anfang 1959 die so genannte Nachtfrostkrise welche seit dem Sommer 1958 die Beziehungen belastet hatte ebenso im personlichen Gesprach der beiden Spitzenpolitiker uberwunden wie 1960 der Widerstand der Sowjetunion gegen die Assoziierung Finnlands mit der EFTA Position Kekkonens und Wahlkonstellation Bearbeiten Kekkonen raumte der Aussenpolitik Vorrang vor allen anderen Fragen ein wobei der Schwerpunkt der Aussenpolitik wiederum auf der Pflege der guten Beziehungen zur Sowjetunion lag In der Zeit der Nachtfrostkrise hatte die finnische Regierung aus einer breiten Koalition von Parteien bestanden von denen einige dem aussenpolitischen Kurs kritisch gegenuberstanden oder von der Sowjetunion jedenfalls so wahrgenommen wurden Die Regierung sturzte Ende 1958 uber den von der Sowjetunion ausgeubten politischen und wirtschaftlichen Druck Nachfolgend sorgte Kekkonen dafur dass in der Regierung nur noch Parteien vertreten waren die aussenpolitisch handlungsfahig waren Es folgte eine Reihe von kurzlebigen Regierungen die entweder Minderheitsregierungen unter Fuhrung des Landbundes oder reine Beamtenregierungen waren Im Vorfeld der Prasidentschaftswahl 1962 einigten sich die mit Kekkonen unzufriedenen Parteien Anfang 1961 darauf als gemeinsamen Gegenkandidaten Olavi Honka Justizkanzler der finnischen Regierung aufzustellen Dieser so genannte Honka Bund bestand aus Parteien die politisch ausser der Gegnerschaft zu Kekkonen wenig verband die Sozialdemokratische Partei Finnlands die rechtskonservative Nationale Sammlungspartei die Schwedische Volkspartei sowie die vom Landbund abgespaltete Finnische Kleinbauernpartei Kekkonen konnte demgegenuber mit der Unterstutzung des Landbundes der kommunistischen Wahlorganisation Demokratische Union des Finnischen Volkes sowie des von den Sozialdemokraten abgespalteten Sozialdemokratischen Bundes der Arbeiter und Kleinbauernschaft rechnen Zudem standen auch die Parteien des Honka Bundes nicht geschlossen hinter Honka aus ihren Reihen waren auch Stimmen fur Kekkonen zu erwarten 2 Die Parteien des Honka Bundes versicherten dass der Kampf gegen Kekkonen auf rein innenpolitischen Grunden beruhe Eine Anderung der Aussenpolitik Finnlands sei in keiner Weise beabsichtigt 3 Dagegen wurde in Kreisen finnischer Kommunisten und besonders in der Presse der Sowjetunion bald nach Bildung des Honka Bundes die Auffassung vertreten dass dessen Hauptziel aller Maskierung zum Trotz die Anderung der aussenpolitischen Richtung des Landes sei Die sowjetischen Diplomaten in Helsinki machten aus ihrer Ablehnung kein Geheimnis und verweigerten demonstrativ jeden Kontakt zu Olavi Honka 4 Internationale Spannungen und Berlin Krise Bearbeiten nbsp Die Berlin Krise kulminierte Ende Oktober 1961 in der offenen Konfrontation der Panzer am Checkpoint Charlie Im Sommer und Herbst 1961 erfuhren die Spannungen zwischen den Blocken des Kalten Krieges eine dramatische Zuspitzung Die seit 1958 schwelende Berlin Krise war Gesprachsthema beim Treffen Nikita Chruschtschows mit dem neuen Prasidenten der Vereinigten Staaten John F Kennedy in Wien im Juni 1961 Chruschtschow verlangte erneut den Abschluss eines Friedensvertrages fur Deutschland und in diesem Zusammenhang die Beseitigung des Sonderstatus Berlins Die Bundesrepublik Deutschland habe so Chruschtschow das Fehlen einer Friedensregelung genutzt um sich zu bewaffnen und eine fuhrende Rolle in der NATO einzunehmen wodurch die Gefahr eines neuen Weltkrieges zunehme Chruschtschow drohte dass die Sowjetunion wenn die Westmachte einer Gesamtregelung nicht zustimmen spatestens im Dezember einseitig einen Friedensvertrag mit der DDR abschliessen werde 5 Kennedy erklarte in einer Fernsehansprache im Juli dass der Status Berlins nicht verhandelbar sei Gleichzeitig ergriffen beide Seiten Massnahmen zur Verstarkung ihrer Streitkrafte Als unter dem Eindruck der eskalierenden Spannung immer mehr Menschen aus der DDR nach West Berlin stromten errichtete die Nationale Volksarmee am 13 August an der Grenze Absperrungen die spater zur Berliner Mauer ausgebaut wurden Die Vereinigten Staaten verstarkten ihre militarische Prasenz in Berlin deutlich die Sowjetunion drohte mit Luftblockaden und nahm am 1 September eine Reihe von Kernwaffentests auf Zur direkten Konfrontation zwischen amerikanischen und sowjetischen Truppen kam es am 27 Oktober am Checkpoint Charlie als sich jeweils zehn Kampfpanzer der amerikanischen und sowjetischen Armee unmittelbar am Grenzstrich gegenuber aufbauten Erst nach 16 stundigem Nervenkrieg wurden beide Panzergruppen wieder zuruckgezogen 6 Verlauf der Notenkrise BearbeitenDie Sowjetunion ubermittelte Finnland am 30 Oktober 1961 eine diplomatische Note in welcher sie unter Bezugnahme auf die internationale Lage und aggressive militarische Absichten der Bundesrepublik Deutschland die Aufnahme militarischer Konsultationen zwischen beiden Landern verlangte Die Note loste in Finnland tiefe Sorge darum aus ob sich das Land weiter im Rahmen der Neutralitat aus den Interessengegensatzen der Grossmachte fernhalten konne Prasident Kekkonen bemuhte sich einerseits zu betonen dass Finnland die Krise ohne Hilfe von aussen bewaltigen musse andererseits die Gesprache von der militarischen auf die politische Ebene zu uberfuhren Nachdem erste politische Gesprache den Eindruck vermittelten dass es der Sowjetunion in erster Linie darum gehe Sicherheit uber die Fortsetzung des aussenpolitischen Kurses Finnlands zu erhalten loste Kekkonen das Parlament auf und setzte Neuwahlen an Als die Sowjetunion dennoch an der Forderung nach Konsultationen festhielt reiste Kekkonen schliesslich zu personlichen Verhandlungen mit Chruschtschow in die Sowjetunion In diesen Gesprachen ruckte Chruschtschow am 24 November von der Konsultationsforderung ab Die Note vom 30 Oktober 1961 Bearbeiten Am 28 Oktober 1961 als sich die Panzer in Berlin noch gegenuberstanden nahm das Aussenministerium der Sowjetunion Kontakt mit dem finnischen Botschafter Eero Wuori auf und lud ihn fur den kommenden Montagmorgen den 30 Oktober zum Gesprach In diesem Treffen ubergab Aussenminister Andrei Gromyko Wuori eine Note an die Regierung Finnlands Das zehnseitige Dokument 7 behandelte detailliert die vom Militarismus und Revanchismus der Bundesrepublik Deutschland ausgehenden Gefahren insbesondere im Ostseeraum Die Bundesrepublik habe wieder eine starke Armee gebildet und deren Fuhrung mit den Generalen Hitlers besetzt Unter dem Banner der NATO strebe sie nach der Kontrolle uber Atomwaffen Im Norden habe die Bundeswehr ihren Einflussbereich auf Danemark und Norwegen ausgedehnt wo ihr bereits Stutzpunkte uberlassen worden seien Der Schwerpunkt der Bundesmarine habe sich in den Ostseeraum verlagert nachdem deren Hauptquartier von der Nordsee nach Flensburg verlegt worden sei Die Note fuhr fort dass die Westmachte die gefahrlichen Bestrebungen Westdeutschlands wissentlich oder ungewollt forderten indem sie eine abschliessende Friedensregelung der Verhaltnisse Deutschland mitsamt Anerkennung der Grenzen beider deutscher Staaten verweigerten Auch in der Presse Finnlands wurden entgegen der offiziellen Aussenpolitik des Landes Ansichten verbreitet welche die Kriegsvorbereitungen der NATO Staaten unterstutzten Die Sowjetunion so hiess es in der Note habe Massnahmen ergriffen um die eigene Verteidigungsbereitschaft und die ihrer Verbundeten zu erhohen Die beschriebenen Vorgange betrafen die Sicherheit Finnlands ebenso wie die der Sowjetunion Der eigentliche Zweck der Note folgte im Schlussabsatz 8 Im Hinblick auf das oben Gesagte wendet sich die Regierung der Sowjetunion an die Regierung Finnlands und schlagt aufgrund der von Westdeutschland und den mit ihm verbundeten Staaten ausgehenden Bedrohung Konsultationen uber Massnahmen zur Sicherung der Verteidigung der Grenzen beider Lander vor so wie dies im zwischen der Sowjetunion und Finnland geschlossenen Vertrag uber Freundschaft Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand vorgesehen ist Zeitpunkt und Ort der bezeichneten Gesprache werden auf diplomatischem Wege zu vereinbaren sein Erste Reaktionen Bearbeiten Fur die politische Fuhrung Finnlands stellte das Verlangen nach militarischen Konsultationen keine vollkommene Uberraschung dar Bereits im Sommer hatte Botschafter Wuori in einem Bericht die Einschatzung geaussert dass wenn die Sowjetunion die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland nicht aufhalten konne sie eine Isolierung und Verurteilung Westdeutschlands in der internationalen Offentlichkeit anstreben werde Dabei werde sie Stellungnahmen insbesondere von den neutralen Staaten verlangen Die Fuhrung der finnischen Armee hatte Anfang August 1961 eine Zuspitzung der internationalen Krise bis an die Schwelle des Krieges vorausgesagt und angenommen die Sowjetunion werde von Finnland Konsultationen aufgrund des Freundschaftsvertrages verlangen So waren auch bereits konkrete Vorbereitungen fur den Fall getroffen worden dass es zu solchen Konsultationen tatsachlich kommen sollte 9 Fur die breite Offentlichkeit stellte die Entwicklung dagegen einen Schock dar Die Note brachte die ungesicherte Position Finnlands in der internationalen Politik in das Bewusstsein der Allgemeinheit Viele fuhlten sich an die Vorgange im Herbst 1939 erinnert als die Sowjetunion ebenfalls unter Hinweis auf die angespannte internationale Lage und ihre Verteidigungsinteressen Verhandlungen gefordert hatte Als diese Verhandlungen nicht die gewunschten Ergebnisse gebracht hatten hatte die Sowjetunion zur militarischen Option gegriffen und den Winterkrieg begonnen Das durch die Assoziation mit 1939 bewirkte Drohszenario wurde verstarkt durch die Tatsache dass die Sowjetunion am gleichen Tag an dem sie dem finnischen Botschafter die Note ubergab einen ungewohnlich starken Kernwaffentest Zar Bombe mit einer Sprengkraft von etwa 60 Megatonnen durchfuhrte Fur die Aussenpolitik Finnlands stand vor allem die Glaubwurdigkeit der Neutralitatspolitik auf dem Spiel Das Eintreten in militarische Konsultationen hatte nicht nur den Anschein eines militarischen Bundnisses mit der Sowjetunion erweckt sondern Finnland hatte sich indirekt auch hinter die in der Note vorgebrachten Einschatzungen zur Rolle und zu den Bestrebungen der Bundesrepublik Deutschland und der NATO gestellt Die Fuhrungsperson der finnischen Aussenpolitik Prasident Urho Kekkonen befand sich zu dieser Zeit auf Staatsbesuch in den Vereinigten Staaten der auf einer im April ausgesprochenen Einladung beruhte und den er am 16 Oktober angetreten hatte Die politischen Gesprache insbesondere mit Prasident John F Kennedy waren am 30 Oktober bereits beendet und Kekkonen befand sich zur Erholung auf Hawaii Nachdem die Nachricht von der Note eingetroffen war ordnete Kekkonen die sofortige Ruckkehr von Aussenminister Ahti Karjalainen an Er selbst entschloss sich sein Besuchsprogramm wie geplant fortzusetzen So hatte Kekkonen am 1 November Gelegenheit seine erste offentliche Stellungnahme zur Note bei seiner Rede vor dem World Affairs Council in Los Angeles abzugeben Kekkonen hob hervor dass die Note keine neuen Elemente in die Beziehungen zwischen Finnland und der Sowjetunion einfuhre Sie sei ein Abbild des in Europa herrschenden schwerwiegenden Spannungszustandes Kekkonen versicherte dass Finnland seine Neutralitatspolitik auch in Zukunft fortsetzen werde ohne dabei irgendwelche Hilfe von aussen in Anspruch zu nehmen 10 Eingehender bezog Kekkonen nach seiner Ruckkehr nach Finnland in seiner Radioansprache am 5 November Stellung In ihr bemuhte er sich den Schwerpunkt der Krise von der militarischen auf die politische Ebene zu verlagern Hinsichtlich ersterer vermied er jede Stellungnahme zur Frage ob die im Freundschaftsvertrag niedergelegten Voraussetzungen fur Konsultationen also die Gefahr eines Angriffs durch Deutschland oder seine Verbundeten gegeben seien Auf der politischen Ebene hob er die in der Note enthaltene Anerkennung der aussenpolitischen Linie Finnlands hervor und vertrat den Standpunkt dass es in der Note erstrangig um die Frage des fortgesetzten Vertrauens in diese Linie gehe 11 Reaktionen des Westens Bearbeiten nbsp Bundeskanzler Konrad Adenauer setzte die Note in Zusammenhang mit anderen Donnerkeilen gegen den Westen In der Bundesrepublik Deutschland die nach dem Wortlaut der Note deren eigentlicher Ausloser war konzentrierten sich die offiziellen Reaktionen zunachst darauf die in der Note enthaltenen Vorwurfe zu entkraften Die besondere Sorge der Bundesregierung bestand darin dass Finnland auf Druck der Sowjetunion die Deutsche Demokratische Republik anerkennen oder mit ihr einen Friedensvertrag schliessen konnte Dies ware die erste Anerkennung aus einem nichtsozialistischen Land gewesen und hatte die Bestandigkeit der Hallsteindoktrin in Frage gestellt Bundeskanzler Konrad Adenauer hielt die Note an Finnland jedoch nicht fur ein isoliertes Ereignis sondern sah sie als Teil einer ganzen Reihe von propagandistischen Donnerkeilen der Sowjetunion gegen den Westen an 12 In den Vereinigten Staaten verfasste Aussenminister Dean Rusk noch vor der Abreise Kekkonens eine erste Einschatzung der Situation die auch an die wichtigsten Verbundeten verteilt wurde Die Sowjetunion verfolge mit der Note drei Hauptziele ihren Einfluss auf die finnische Innenpolitik zu sichern die Widerstandskraft der skandinavischen Lander zu schwachen indem der Anschein erweckt wird die Bundesrepublik Deutschland stelle eine Bedrohung fur den Status quo im Norden dar sowie die Entschlossenheit der freien Welt zu schwachen und den Druck in den Verhandlungen um den Status Berlins zu erhohen 13 In der Offentlichkeit agierten die Vereinigten Staaten zunachst zuruckhaltend Gleichzeitig bereiteten sie sich aber auf ein Eingreifen der NATO vor Am 3 November schlugen sie den Verbundeten eine offizielle Stellungnahme der NATO vor Vertreter der Bundesrepublik Deutschland und Italiens sprachen sich fur eine politische Intervention der NATO aus Danemark und Norwegen standen einem Eingreifen der NATO dagegen reserviert gegenuber In der Sitzung des Nordatlantikrats am 8 November wurde die Entscheidung vertagt Die finnische Regierung reagierte auf diese Vorstosse schroff ablehnend Kekkonen wies den Botschafter in Paris am 9 November an mitzuteilen dass Finnland jedes Eingreifen der NATO in welcher Form auch immer als Barendienst ansehen wurde Schliesslich blieb die NATO in der Angelegenheit passiv 14 Die Vereinigten Staaten unternahmen dagegen noch mehrere Versuche Finnland zu einer unnachgiebigen Haltung gegenuber den Forderungen der Sowjetunion zu ermutigen Dabei boten sie politische und wirtschaftliche Unterstutzung an was die finnische Seite jeweils unter Hinweis darauf ablehnte dass Finnland seine Beziehungen zur Sowjetunion selbst pflegen konnen musse 15 Politische Gesprache Bearbeiten Wie bereits in seiner Radioansprache verfolgte Kekkonen auch in den weiteren Bemuhungen um die Bewaltigung der Krise die Grundstrategie militarische Themen zu vermeiden und auf die politische Ebene auszuweichen In politischen Gesprachen sollte herausgefunden werden welche Ziele die Sowjetunion im Verhaltnis zu Finnland wirklich verfolgte Ebenso strebte Kekkonen nach Aufklarung der Frage ob die Note in Wirklichkeit in erster Linie als Angriff auf die NATO Danemark und Norwegen zu verstehen sei wie er vermutete 16 Aussenminister Karjalainen wandte sich am 7 November an die sowjetische Botschaft in Helsinki und bat um ein Treffen mit seinem sowjetischen Amtskollegen Gromyko Dieser teilte mit dass Karjalainen in Moskau willkommen sei und so traf dieser am 11 November in der sowjetischen Hauptstadt ein Im Gesprach schlug Karjalainen unter Berufung auf die guten Beziehungen zwischen beiden Landern vor dass die militarischen Konsultationen aufgeschoben und vorlaufig nur politische Gesprache gefuhrt wurden Gromyko stellte fest dass Militarkreise der Sowjetunion bereits langer Konsultationen gefordert hatten Bisher seien diese Bestrebungen aber abgewehrt worden weil die Sowjetunion vollkommen auf Prasident Kekkonen und die aussenpolitische Richtung Finnlands vertraue Nun sei die politische Lage in Finnland aber instabil geworden Es habe sich eine gewisse politische Gruppierung gebildet deren Ziel es sei die Fortsetzung des aussenpolitischen Kurses zu verhindern 17 Karjalainen versicherte Gromyko dass das finnische Volk einmutig hinter der offiziellen Aussenpolitik stehe Dies hielt Gromyko jedoch fur bedeutungslos Er hob hervor dass die sowjetische Regierung moglichst bald Sicherheit erlangen musse dass der Kurs gehalten wird Dies konne nicht warten bis die Prasidentschaftswahl und die fur den kommenden Sommer angesetzte Parlamentswahl durchgefuhrt worden sind 18 Auflosung des Parlaments Bearbeiten Unmittelbar nach der Ruckkehr Karjalainens beschloss Kekkonen am 14 November die Auflosung des Parlaments und Ansetzung von Neuwahlen fur den fruhestmoglichen Termin am 4 und 5 Februar 1962 Er begrundete diesen Schritt damit dass auf diese Weise der Sowjetunion die gewunschte rasche aussenpolitische Sicherheit verschafft werden solle Spater stellte Kekkonen fest dass mit der Auflosung des Parlaments auch Zeit gewonnen werden sollte Nach den Wahlen konnte die internationale Lage schon wieder gunstiger sein schatzte Kekkonen 19 Gleichzeitig verstand Kekkonen die vorzeitige Neuwahl aber auch als Mittel den Honka Bund zu schwachen und seine eigene Wiederwahl zu fordern Die Parlamentswahl fiel nunmehr in die Zeit unmittelbar nach der Wahl zum Wahlmannergremium Dies zwang die Parteien des Honka Bundes gleichzeitig Wahlkampf mit und gegeneinander zu fuhren Diese Strategie war fur Kekkonen kein neuer Gedanke Bereits am 18 April 1961 kurz nach der Bildung des Honka Bundes war Kekkonen in seiner Amtswohnung mit seinen engsten Vertrauten Ahti Karjalainen Vieno Sukselainen und Arvo Korsimo zusammengetroffen und hatte sich mit ihnen darauf verstandigt dass das Parlament im Herbst aufgelost und die Neuwahl auf den 4 und 5 Februar 1962 angesetzt werden solle 20 Soweit die Entscheidung die rasche Beendigung der Notenkrise bezweckte schlug der Versuch fehl Botschafter Wuori informierte den sowjetischen Vizeaussenminister Vasili Kusnezow am 15 November von der Parlamentsauflosung Er erkundigte sich zugleich ob der Konsultationsvorschlag damit als erledigt angesehen werden konne Am folgenden Tag rief Kusnezow Wuori zu sich und erklarte dass die Lage in Nordeuropa und im Ostseeraum sich noch weiter zugespitzt habe und dass eine unmittelbare Bedrohung fur die Sicherheit der Sowjetunion und Finnlands bestehe Der Minister berief sich auf die verstarkte Aktivitat der deutschen Militaristen das Vorantreiben der gemeinsamen Militarvorhaben der Bundesrepublik und Danemark sowie die Reise des westdeutschen Verteidigungsministers Franz Josef Strauss nach Oslo Die Konsultationen seien nun ausserst unerlasslich 21 In den darauf folgenden Beratungen in Helsinki vertrat Kekkonen die Ansicht die Aufnahme der militarischen Verhandlungen sei nur zu verhindern indem er personlich an den Ministerprasidenten und Parteichef Chruschtschow appelliere Die Regierung ersuchte Kekkonen am 18 November formlich in die Sowjetunion zu reisen und mit Chruschtschow zu verhandeln Zwei Tage spater willigte Moskau in das Treffen ein Chruschtschow befand sich zu diesem Zeitpunkt in Sibirien auf einer grossangelegten Reise zur Inspektion der Lage der Landwirtschaft So sollte die Begegnung im sibirischen Nowosibirsk stattfinden Kekkonen reiste am 22 November ohne formelle Reisezeremonien ab Kekkonen und Chruschtschow in Nowosibirsk Bearbeiten Urho Kekkonen erreichte Moskau mit dem Zug am Morgen des 23 November Von dort reiste er mit dem Flugzeug weiter und kam am Abend ortlicher Zeit in Nowosibirsk an Nikita Chruschtschow reiste am folgenden Morgen mit dem Zug aus Zelinograd an Die Gesprache mit Kekkonen begannen bereits eine Stunde spater zunachst mit Vieraugengesprachen die eine gute Stunde in Anspruch nahmen Uber den Inhalt stehen der Geschichtswissenschaft bis heute keine schriftlichen Dokumente zur Verfugung Kekkonen selbst machte keine Notizen und erstellte auch nachtraglich keinen schriftlichen Bericht Ob auf sowjetischer Seite Berichte angefertigt wurden ist unbekannt Jedenfalls sind diese bisher nicht aufgetaucht 22 Uber die Grunde fur das Fehlen finnischer Aufzeichnungen wird spekuliert offizielle Erklarungen dazu liegen nicht vor Zum einen wurde in diesem Zusammenhang die These aufgestellt Kekkonen habe sich wahrend des Gesprachs ganz auf die Kommunikation mit Chruschtschow konzentrieren mussen Die Kommunikation sei besonders schwierig gewesen weil als Dolmetscher der in dieser Hinsicht unerfahrene Diplomat Wladimir Schenichow fungierte Spatere Aufzeichnungen seien nicht moglich gewesen weil die Gesprache im Anschluss sofort in grosserer Runde weitergefuhrt wurden Schliesslich seien die Gegenstande der Gesprache wahrscheinlich im Wesentlichen die gleichen gewesen wie in den Folgegesprachen 23 Andere Autoren sehen im Fehlen von Aufzeichnungen und offiziellen Erklarungen ein Indiz dafur dass die Geschehnisse in Nowosibirsk ebenso wie die Notenkrise im Ganzen eine einvernehmliche Inszenierung von Kekkonen und Chruschtschow darstellten 24 Die Gesprache wurden nach Hinzuziehung der Delegationen beider Seiten fortgesetzt In dieser Runde ergriff Kekkonen als erster das Wort Er erklarte in Finnland gehe man davon aus dass im Hintergrund der Note die Sicherheitsinteressen der Sowjetunion stehen und es nicht beabsichtigt sei die guten Beziehungen zwischen beiden Landern zu verandern Er schlug vor dass die Sowjetunion von den vorgeschlagenen militarischen Konsultationen absehe Die Note habe die Stimmung in den Nordischen Landern aufgeheizt und in der Folge verbreite sich eine offensichtliche Kriegspsychose Eine solche Entwicklung konne nur zu einer weiteren Aufrustung fuhren Ein Absehen von den Konsultationen konne dagegen die Stimmung beruhigen Die Sicherheitsinteressen der Sowjetunion seien durch die von Finnland verfolgte Neutralitat sowie die guten Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Finnland gesichert Kekkonen berief sich auch auf den propagandistischen Wert dieser guten Beziehungen fur die von Chruschtschow angestrebte friedliche Koexistenz 25 In seiner Antwort ging Chruschtschow zunachst ausfuhrlich auf die angespannte internationale Sicherheitslage ein Schliesslich kam er auf Kekkonens Vorschlag zu sprechen und erklarte die vorgetragenen Grunde seien schwerwiegend und er habe Verstandnis fur sie Das Vertrauen in die Beurteilung durch Kekkonen besonders betonend stimmte er dem Vorschlag zu 26 Sie sind unser guter Freund und wir vertrauen Ihnen vollkommen Wenn Sie sagen dass es fur Finnland und die Sowjetunion und die Beziehungen zwischen unseren Landern nutzlich ware die militarischen Verhandlungen nicht zu fuhren dann glauben wir dass dies auch so ist und dann bin ich fur meinen Teil bereit den von Ihnen vorgetragenen Aspekt zu unterstutzen Einer volligen Aufgabe der Konsultationen wollte Chruschtschow nicht zustimmen sondern schlug vor von einer Verschiebung zu sprechen Die Moglichkeit der Wiederaufnahme der Konsultationen erhielt in der am gleichen Tag veroffentlichten gemeinsamen Erklarung eine Formulierung die weithin so interpretiert wurde dass Finnland die Rolle eines Wachhundes spielen sollte 27 N S Chruschtschow sprach fur die Sowjetregierung den Wunsch aus dass die Regierung Finnlands ihrerseits die Entwicklung der Situation in Nordeuropa und im Ostseeraum genau verfolge und wenn sich dies als notwendig erweist der Sowjetregierung ihre Meinung betreffend der Durchfuhrung der erforderlichen Massnahmen vortragt In seiner Tischrede beim anschliessenden Mittagessen ging Chruschtschow auch auf die Lage in Finnland ein Er stellte fest dass es in der angespannten Lage fur die Sowjetunion notwendig sei dass uber die Fortsetzung der Paasikivi Kekkonen Linie Finnlands grosse Sicherheit bestehe Diese Linie geniesse das volle Vertrauen der Sowjetunion 28 Nachdem die drohenden militarischen Konsultationen somit abgewendet waren kehrte Kekkonen am 26 November 1961 nach Finnland zuruck Am Grenzbahnhof in Vainikkala wurde er von Hunderten am Hauptbahnhof von Helsinki von fast zehntausend Menschen empfangen Auswirkungen und Deutungen BearbeitenDas gegen Urho Kekkonens Wiederwahl gerichtete Parteienbundnis zerfiel wahrend der Notenkrise rasch Kekkonen wurde schliesslich ungefahrdet wiedergewahlt Die Frage ob genau dies eines der Ziele oder gar das zentrale Motiv fur die sowjetische Note gewesen war war und ist Gegenstand kontroverser historischer Debatten Teilweise ist auch die Auffassung vertreten worden dass Kekkonen von der Note im Voraus gewusst oder diese sogar bestellt habe um seine Wiederwahl zu sichern Jedenfalls etablierte die Krise Kekkonen als unbestrittene Fuhrungspersonlichkeit der finnischen Aussenpolitik stellte aber gleichzeitig fur die Glaubwurdigkeit der finnischen Neutralitat eine Belastung dar Zerfall des Honka Bundes Bearbeiten Bereits unmittelbar nach Eintreffen der Note wurden im Umfeld des Honka Bundes erste Stimmen laut dass in der neuen Situation die Einstellung zu einer Wiederwahl Kekkonens moglicherweise uberdacht werden musse Nach den Gesprachen zwischen Karjalainen und Gromyko in Moskau nahm dieser Prozess weitere Fahrt auf Am 18 November 1961 erklarte der Vorsitzende der Kleinbauernpartei Veikko Vennamo dass eine Unterstutzung Kekkonens moglich sei Am 22 November erklarten die Vertreter der Sammlungspartei und der Schwedischen Volkspartei in der Sitzung des Organisationskomitees des Honka Bundes dass sie sich in naher Zukunft von dem gemeinsamen Vorhaben losen wurden 29 Am 23 November schlug der sozialdemokratische Parlamentsprasident Karl August Fagerholm in einem offenen Brief vor dass die hinter Honka stehenden Gruppierungen von der Wahl zum Wahlmannergremium absehen sollten und die Amtszeit Kekkonens stattdessen durch ein Ausnahmegesetz verlangert werden solle Am Abend des 24 November gab die Finnische Volkspartei bekannt dass sie von Honka abrucke und forderte ihre Anhanger zur Unterstutzung Kekkonens auf Die Schwedische Volkspartei loste sich am gleichen Abend ebenfalls von Honka und neigte zur von Fagerholm vorgeschlagenen Losung per Ausnahmegesetz Um 23 Uhr am selben Abend erklarte Olavi Honka zum Wohle des Vaterlandes von seiner Kandidatur abzusehen 30 Die Parteien des Honka Bundes mussten sich nun kurz vor der anstehenden Wahl neu orientieren Beide Volksparteien stellten sich hinter eine Wiederwahl Kekkonens Die Sammlungspartei sah sich zu einer offenen Unterstutzung Kekkonens nicht in der Lage da in diesem Fall viele Wahler der Partei den sozialdemokratischen Kandidaten gewahlt oder von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch gemacht hatten Sie ging deshalb ohne Benennung eines Kandidaten in die Wahl zum Wahlmannergremium In der eigentlichen Prasidentenwahl stimmten die Wahlmanner der Sammlungspartei jedoch fur Kekkonen Die Sozialdemokraten die sich entgegen dem Vorschlag Fagerholms fur ein Ausnahmegesetz nicht erwarmen konnten einigten sich schliesslich auf Rafael Paasio als eigenen Kandidaten 31 Urho Kekkonen wurde schliesslich ungefahrdet fur eine zweite Amtszeit als Prasident der Republik bestatigt Er erhielt im Wahlmannergremium bereits im ersten Wahlgang 199 der 300 Stimmen und damit die erforderliche absolute Mehrheit Kekkonens Wiederwahl als Motiv der Note Bearbeiten In der Nachschau ist viel spekuliert worden ob die Aufgabe des Honka Projektes Vorbedingung oder zumindest tatsachlicher Anstoss fur das Einverstandnis der Sowjetseite war die Konsultationen zu verschieben Der endgultige Ruckzug Honkas erfolgte ebenso wie die vorausgegangene Distanzierung der Volksparteien von Honka erst als die Gesprache in Nowosibirsk bereits beendet waren Andererseits war der Zerfallsprozess bereits vorher zu beobachten und auch die Umfragewerte der Parteien des Honka Bundes liessen fur Honka kaum Hoffnung 32 Unumstritten ist dass die sowjetische Seite allgemein bestrebt war die Kontinuitat der sowjetfreundlichen finnischen Aussenpolitik zu sichern und dass Urho Kekkonen fur die Sowjetunion als Personifikation dieser Aussenpolitik galt 33 Ob und inwieweit das Einwirken auf die politische Situation in Finnland zu den mit der Note verfolgten Motiven der sowjetischen Fuhrung gehorte zahlt hingegen zu den zentralen historischen Streitfragen im Zusammenhang mit der Notenkrise Kekkonen Biograf Juhani Suomi sieht die Motive in erster Linie ausserhalb Finnlands Ganz im Vordergrund sieht er die aufrichtige und nachhaltige Sorge um das militarische Erstarken der Bundesrepublik Deutschland und um deren militarische Zusammenarbeit mit den nordischen NATO Mitgliedern Danemark und Norwegen Die Note sei in erster Linie als Botschaft an den Westen zu verstehen Eine zweite Ursachengruppe erkennt er in der sowjetischen Innenpolitik Die militarische Fuhrung habe bereits seit langerer Zeit die starkere militarische Anbindung Finnlands gefordert Die Entstehung der Note sei auch im Zusammenhang mit dem vom 17 bis zum 31 Oktober 1961 abgehaltenen 22 Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion zu verstehen auf welchem Chruschtschow sich Angriffen des Molotow Flugels ausgesetzt gesehen habe Der Balanceakt Chruschtschows auf dem Parteitag habe ihn welcher der Note selbst distanziert gegenubergestanden sei zu Zugestandnissen genotigt Die finnische Politik habe bei der Entstehung der Note keine Rolle gespielt und der Finnland betreffende kurze Abschnitt sei uberhaupt erst auf Drangen der finnischen Kommunisten in den Text aufgenommen worden 34 Der Historiker Hannu Rautkallio der in der gesamten Notenkrise eine gemeinsame Inszenierung durch Kekkonen und den KGB erkennt stellt die Glaubwurdigkeit der Behauptung Gromykos in Frage die Einleitung militarischer Konsultationen sei durch militarische Kreise der Sowjetunion seit langem gefordert worden In den Unterlagen des sowjetischen Aussenministeriums zur Notenkrise befanden sich keine Dokumente aus Militarkreisen Das Militar habe in der Sowjetunion auch im Allgemeinen nicht eine Position gehabt die es ermoglicht hatte die Partei unter Druck zu setzen 35 Vielmehr sei die Sicherung der Position Kekkonens und die Zerschlagung des Honka Bundes das eigentliche Motiv der Note gewesen Diese sei seit Monaten vorbereitet gewesen und dann nur zufallig zeitlich mit dem 22 Parteitag und der Berlinkrise zusammengefallen 36 Im Spannungsfeld zwischen diesen Auslegungen hat sich in der Mehrzahl der historischen Veroffentlichungen in Finnland die Auffassung durchgesetzt dass die Einflussnahme auf die finnische Prasidentenwahl zumindest eines von mehreren Motiven der Sowjetfuhrung gewesen sei Die Note habe wahrscheinlich ein Bundel von Zielen verfolgt Welche Bedeutung das finnische Ziel fur diesen Mehrfachsprengkopf gehabt hat bleibt dagegen von der personlichen Interpretation abhangig und umstritten 37 Konspirationsthesen Bearbeiten Ausgehend von der Moglichkeit dass es zu den zentralen Motiven der sowjetischen Regierung gehorte Urho Kekkonens Wiederwahl zu sichern wurden und werden immer wieder auch Thesen vertreten nach denen Kekkonen bereits vor Beginn der Krise von der Note gewusst oder diese sogar mit der sowjetischen Seite abgesprochen oder sie von dort bestellt habe Diesbezugliche Andeutungen wurden bereits bald nach der Krise verbreitet Vaino Tanner Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei erklarte im Januar 1962 in Parteikreisen die Note beruhe auf von hier aus geausserten Wunschen 38 Tuure Junnila einer der Protagonisten des Honka Bundes veroffentlichte im April 1962 eine Nachbetrachtung zur Notenkrise Ohne konkretere Einzelheiten zu nennen berichtete Junnila uber Falle in denen die wenigen zum inneren Machtzirkel Gehorenden in verschiedenen Zusammenhangen zu verstehen gegeben haben dass vor den Prasidentschaftswahlen etwas so Entscheidendes geschehen wurde das die Wahlen mit Sicherheit zugunsten von Prasident Kekkonen wendet 39 In der spateren Geschichtsschreibung profilierte sich auf diesem Gebiet vor allem der zuvor erwahnte Hannu Rautkallio der in mehreren Werken leidenschaftlich die These vertritt Kekkonen habe die finnische Aussenpolitik durchgangig primar als verlangerter Arm des KGB gestaltet Die Notenkrise habe Kekkonen gemeinsam mit der sowjetischen Fuhrung bis ins Detail geplant Die Reise nach Nowosibirsk sei dagegen eine inhaltlich bedeutungslose politische Inszenierung gewesen 40 Unter den bekannten ausseren Umstanden finden die Konspirationsthesen am ehesten eine Stutze darin dass Kekkonen bereits im April 1961 fur den Herbst aus wahltaktischen Erwagungen die Auflosung des Parlaments erwog und die Notenkrise sodann genau zum richtigen Zeitpunkt dafur eine solide Begrundung bot Im Ubrigen kann nur auf Indizien zuruckgegriffen werden die jeweils Spielraum fur Interpretation lassen So fand Kekkonen in seiner Unterkunft in Nowosibirsk eine neuerrichtete Sauna vor deren eilige Errichtung bereits etwa zwei Wochen zuvor angewiesen worden war 41 Dies belegt dass die sowjetische Seite einen Besuch Kekkonens bereits erwartete bevor dieser offiziell vereinbart worden war Offen bleibt ob dies Teil eines gemeinsamen Gesamtplans war oder wie Juhani Suomi annimmt Ausdruck dessen dass die Sowjetseite beschlossen hatte aus der Note den grosstmoglichen propagandistischen Nutzen zu ziehen 41 An direkten Beweisen dafur dass Kekkonen von der Note bereits vor deren Absendung wusste oder diese sogar gemeinsam mit der sowjetischen Seite geplant hatte fehlt es nach wie vor 42 Auch Rautkallio stellt fest dass der unzweifelhafte Beweis des Anteils Kekkonens bisher nicht gefunden ist 43 Juhani Suomi wirft den Vertretern dieser These dagegen vor bewusst die Augen vor den Umstanden zu verschliessen die gegen ihre Auffassung sprechen So sei es schwer nachvollziehbar warum Kekkonen bewusst Massnahmen ergriffen hatte die seine im gleichen Jahr unternommenen gross angelegten Bemuhungen zur Festigung des Bildes der finnischen Neutralitat untergraben 44 Aussenpolitische Stellung Finnlands Bearbeiten Urho Kekkonen ging aus der Notenkrise als unumstrittene Fuhrungspersonlichkeit der finnischen Aussenpolitik hervor Seine sowjetischen Gesprachspartner hatten das Ablassen von der Forderung nach militarischen Konsultationen ausdrucklich mit ihrem personlichen Vertrauen in den Prasidenten begrundet In den Folgejahren verdichtete sich zunehmend der Eindruck dass Kekkonen als Garant der Neutralitatspolitik nach Osten unverzichtbar sei ein Umstand der entscheidend zu seiner langen bis 1982 dauernden Amtszeit beitrug Die Formulierung der gemeinsamen Erklarung von Nowosibirsk schrieb Finnland die Aufgabe zu die Entwicklung im Norden zu beobachten und gegebenenfalls Vorschlage an Moskau heranzutragen Die finnische Aussenpolitik ging bald dazu uber dies so zu interpretieren dass das Initiativrecht fur die Einleitung von militarischen Konsultationen gemass dem Freundschaftsvertrag auf Finnland ubergegangen sei Die Sowjetunion erkannte diesen Standpunkt nie an jedoch blieb die Notenkrise tatsachlich der einzige Fall der offiziellen Forderung nach Konsultationen Gegenuber dem Westen stellte die Krise die finnische Neutralitatspolitik die gerade erst wahrend der Besuche Kekkonens in London und Washington Anerkennung gefunden hatte vor ein Glaubwurdigkeitsproblem Das Aussenministerium der Vereinigten Staaten gab bald nach Ende der Krise die Einschatzung zu erkennen dass jederzeit mit neuen sowjetischen Massnahmen und Einmischungen gegenuber Finnland zu rechnen sei Nach amerikanischer Einschatzung habe die Krise die finnische Neutralitat in Frage gestellt und musse Finnland nun geholfen werden sich von der sowjetischen Umklammerung zu losen Im Februar und Marz 1962 versuchten amerikanische Diplomaten die anderen Nordischen Lander zu Stutzungsmassnahmen fur Finnland zu bewegen Diese lehnten mit der Begrundung ab dass solche Massnahmen Finnland mehr schaden als nutzen wurden 45 Die Notenkrise brachte die verletzliche Stellung Finnlands und die Moglichkeiten der Sowjetunion Einfluss auf die politische Situation Finnlands zu nehmen in den Fokus der Weltoffentlichkeit Sie bildete einen wichtigen Hintergrund fur die westliche Auffassung von der Sonderstellung Finnlands die spater im gleichen Jahrzehnt oft abwertend als Finnlandisierung bezeichnet wurde Literatur BearbeitenLauri Haataja Kekkosen aika in Jukka Tarkka Hrsg Itsenaisen Suomen historia 4 Weilin Goos Vantaa 1992 ISBN 951 35 5161 X S 11 101 zitiert Haataja Tuure Junnila Noottikriisi tuoreeltaan tulkittuna WSOY Helsinki 1962 zitiert Junnila Hannu Rautkallio Novosibirskin lavastus Noottikriisi 1961 Tammi Helsinki 1992 ISBN 951 31 0023 5 zitiert Rautkallio Esa Seppanen Miekkailija vastaan tulivuori Urho Kekkonen ja Nikita Hrustsev 1955 1964 Tammi Helsinki 2004 ISBN 951 31 2628 5 zitiert Seppanen Juhani Suomi Kriisien aika Urho Kekkonen 1956 1962 Otava Helsinki 1992 ISBN 951 1 11580 4 zitiert Suomi Einzelnachweise Bearbeiten Originaltext in der finnischen Fassung Korkeat Sopimuspuolet tulevat neuvottelemaan keskenaan siina tapauksessa etta 1 artiklassa tarkoitetun sotilaallisen hyokkayksen uhka on todettu Zu den Wahlkonstellationen und den Erfolgsaussichten der Gruppierungen Pentti Virrankoski Suomen historia 2 SKS Helsinki 2001 ISBN 951 746 342 1 S 957 ff Dieser Standpunkt wird kurz nach Abschluss der Notenkrise verteidigt in Junnila S 41 45 Suomi S 407 ff Zitat aus der Prawda vom 24 Februar 1961 zitiert nach Suomi S 408 Suomi S 432 f Suomi S 433 f 474 Der Originaltext der Note ist in russischer Sprache gehalten Alle Zitate dieses Textes beruhen auf der finnischen Ubersetzung durch das finnische Aussenministerium vollstandig abgedruckt bei Rautkallio ab S 361 Finnischer Ausgangstext Ottaen huomioon edella esitetyn Neuvostoliiton hallitus kaantyy Suomen hallituksen puoleen ehdottaen konsultaatiota toimenpiteista molempien maiden rajojen puolustuksen turvaamiseksi Lansi Saksan ja sen kanssa liitossa olevien valtioiden taholta ilmenevan uhkan johdosta siten kuin tata on edellytetty Neuvostoliiton ja Suomen kesken solmitussa sopimuksessa ystavyydesta yhteistoiminnasta ja keskinaisesta avunannosta Mainittujen neuvottelujen ajasta ja paikasta voitaneen sopia diplomaattiteitse Suomi S 478 481 Suomi S 483 f Suomi S 487 u 494 Raiko Hayrinen Ein Donnerkeil gegen Finnland Suomen noottikriisi Lansi Saksan nakokulmasta Helsinki 1997 pro gradu Arbeit an der Universitat Helsinki Rautkallio S 201 f Rautkallio S 227 f Suomi S 497 f Suomi S 511 514 Suomi S 499 Suomi S 500 Suomi S 501 Suomi S 504 Suomi S 418 unter Bezugnahme auf das Tagebuch Karjalainens Suomi S 505 Haataja S 52 Suomi S 521 524 Suomi S 524 Rautkallio S 239 f Suomi S 525 f Zitiert nach Suomi S 528 Dieser zitiert seinerseits aus einem Gesprachsprotokoll der finnischen Seite vom 5 Dezember 1961 Finnischer Text des Zitats Te olette meidan hyva ystavamme ja me luotamme Teihin taydellisesti Kun Te sanotte etta sotilaallisten neuvottelujen pitamatta jattaminen olisi hyodyksi Suomelle ja Neuvostoliitolle seka maittemme valisille suhteille niin me uskomme etta asianlaita on niin ja mina puolestani olen valmis kannattamaan esittamaanne nakokohtaa Zitat nach Suomi S 531 Finnischer Originaltext N S Hrushtshev esitti neuvostohallituksen puolesta toivomuksen etta Suomen hallitus puolestaan tarkasti seuraa tilanteen kehitysta Pohjois Euroopassa ja Itameren alueella ja jos osoittautuu valttamattomaksi esittaa neuvistohallitukselle kasitysiaan tarpeellisten toimenpiteiden suorittamisesta Suomi S 530 Suomi S 516 f Haataja S 53 f Suomi S 532 f Haataja S 54 Zu den Umfragen Suomi S 517 zur Chronologie im Einzelnen Suomi S 532 f so auch Suomi S 548 Suomi S 540 546 Rautkallio S 156 Rautkallio S 123 f Der von Juhani Suomi eingefuhrte Begriff des Mehrfachsprengkopfes wird in der finnischen Literatur in diesem Zusammenhang haufig verwendet z B Seppanen S 279 285 Seppanen lasst die Frage der Gewichtung der Motive als nicht klarbar ausdrucklich offen Suomi S 549 mit Referenz auf das Protokoll des Parteivorstandes vom 19 Januar 1962 Junnila S 67 Das hier zitierte Werk Rautkallios Novosibirskin lavastus ist entsprechend betitelt als Die Inszenierung von Nowosibirsk a b Suomi S 532 Erkki Tuomioja Historian roskatynnyreilla Rezension zu den Werken von Juhani Suomi und Hannu Rautkallio in Ydin Zeitschrift 1 2003 S 35 37 Rautkallio S 254 Suomi S 550 Suomi S 580 587 nbsp Dieser Artikel wurde am 29 November 2008 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Notenkrise amp oldid 213262443