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Im Festungsbau ist das Polygonalsystem der Grundsatz bei den Aussenlinien von Befestigungsanlagen moglichst alle einspringenden Winkel zu vermeiden So gebaute Festungen haben die Form eines Polygons eines Vielecks Festung Ehrenbreitstein in KoblenzPolygonale Stadtbefestigung Koblenz um 1880Detachierte Forts der rechten Rheinseite von Koblenz Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Neupreussische Befestigungsmanier 3 Literatur 4 Siehe auch 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDer Begriff Polygonalsystem wurde im Zusammenhang mit den Befestigungsmanieren des Marquis de Montalembert und Lazare Carnot 1753 1823 allgemein eingefuhrt Allerdings kann der Festungsausbau von Konig Friedrich II in Preussen der vor allem von dem Festungsbaumeister Gerhard Cornelius von Walrawe 1692 1773 bestimmt wird und in der Forschung als altpreussische Befestigungsmanier bezeichnet wird bereits als Vorlaufer des Polygonalsystems betrachtet werden u a Festungen Brieg Neisse Schweidnitz und Silberberg Teils orientiert sich dies am tenaillierten Befestigungssystem wie es beispielsweise Hermann Landsberg d J 1670 1746 publizierte 1 aber auch an konkreten Festungsbauten von Luxemburg Mainz oder Suomenlinna Nach der Grundung des Deutschen Bundes 1815 wurde das fortentwickelte Polygonalsystem zunachst in den Bundesstaaten das bevorzugte Befestigungssystem daher auch die Bezeichnung neudeutsche Befestigungsmanier wahrend Frankreich offiziell noch bis 1870 das Bastionarsystem propagierte aber bei seinen Festungsbauten seit Napoleonischer Zeit auch Elemente des Polygonalsystems anwendete was insbesondere die Kustenbefestigungen in Frankreich heute noch zeigen u a Tour modele wie auch das Festungsprojekt von Lyon ab 1830 Zur Umsetzung des Polygonalsystems wurde zur ausseren Flankierung des Walls die Errichtung von Kaponnieren notwendig Der Vorteil des Systems liegt darin dass die Fernverteidigung von langgezogenen Walllinien sich nun uberwiegend auf stumpfe Winkel stutzt und durch das Aufgeben zahlreicher kleiner Aussenwerke besser auf die wesentlichen Punkte konzentrieren kann Durch den Wegfall der Bastionen und der verschiedenen Vorwerke des Bastionarsystems sowie der weitausgreifenden Linien des Tenaillensystems eine Folge von ein und ausspringenden Winkeln ergibt sich ein Befestigungssystem von wesentlich geringerer Tiefe Dadurch wurde mehr Platz fur den Ausbau der Stadte gewonnen was aber fur die zivile Siedlung oft nicht genutzt wurde welches das Beispiel Koblenz gut zeigt wo der Ort in den Grenzen des 18 Jahrhunderts verblieb und die Baukosten gesenkt Die separierte Grabenverteidigung erfolgte auf der Innenseite des Festungsgrabens durch freistehende Escarpenmauern und oder Galerien sowie durch freistehende oder angebundene Grabenkaponnieren Prototyp fur die Anwendung des Polygonalsystems im 19 Jahrhundert war die Festung Koblenz Ehrenbreitstein die von 1815 bis 1834 komplett neu erbaut wurde In diesem Zusammenhang ist von der neupreussischen oder neudeutschen Befestigungsmanier die Rede eine altertumliche Begrifflichkeit die aus dem konfrontativen nationalstaatlichen Denken jener Zeit erwachsen ist Die jungeren Forschung vermeidet dies durch die Verwendung des Begriffs Polygonalsystem Neupreussische Befestigungsmanier BearbeitenEine erste Veroffentlichung von Johann Ludwig von Xylander 1819 fasste die beim Bau der Festung Koblenz entwickelten neuen Befestigungsgrundsatze zusammen Die Festung wird nach den Grundsatzen der Strategie dort angelegt wo sie unmittelbar in die grossen Operationen der Kriege eingreift Es gibt kein allgemein verbindliches Festungssystem da kein System auf jedem Terrain ideal ist Stattdessen bestehen Befestigungsgrundsatze die die anzuwendenden Regeln bestimmen Aus taktischen und okonomischen Grunden ist das naturliche Terrain fur die Festung zu nutzen und kunstlichen Hilfsmitteln vorzuziehen Die Eroberung eines Teils darf nicht zur Eroberung der ganzen Festung fuhren Die Werke und Festungsabschnitte sind so arrangiert dass die sie verfehlenden Schusse nicht zwangsweise andere treffen Die Festungsteile mussen so voneinander getrennt und eingerichtet sein dass sie sich gegenseitig verteidigen konnen wobei die Eroberung eines Teils dem Angreifer nach Moglichkeit keinen Vorteil bieten und ihn in eine missliche Lage bringen soll Die Festungsverteidigung muss massgeblich gegen die beiden Hauptkomponenten des Angriffs erfolgen Das Verteidigungsfeuer konzentriert sich gegen die Anlage von Angriffsbatterien zu diesem Zeitpunkt kann der Belagerer noch keine entsprechende Gegenwirkung ausuben und die Verteidigungsgeschutze konnen ohne Deckung frei auf dem Wall platziert werden Der Grabenubergang muss energisch bekampft werden was durch gedecktes Feuer zu geschehen hat gegen das der Feind nur unzulanglich mit seinen Feldbatterien vorgehen kann Anlegung ausreichender Schutzraume fur die Besatzung und die allgemeinen Bedurfnisse um die Wirkung der feindlichen Wurfgeschutze und des Rikoschettschusses entscheidend zu minimieren Vermehrung von Morserbatterien bei der Verteidigung Die Bekleidungsmauer wird prinzipiell der Sicht des Feindes entzogen Die freistehende Escarpe ist vorzuziehen damit deren Demolierung nicht mit der Breschierung des Walls einhergeht Im Festungsbau der folgenden 50 Jahre sieht das so aus Eine geschlossene innere Enceinte umfasst zunehmend weitraumiger die Stadt Moglichkeit der Entwicklung Vorgelagert ist eine aussere Enceinte aus detachierten vorgeschobenen selbststandigen Werken die den Gegner auf Distanz halt Gurtelfestung Diese konnen sich gegenseitig flankieren Die Festungsstruktur ermoglicht aufgrund ihrer Ausdehnung ein verschanztes Lager erlaubt den Aussenkrieg und gestattet einen defensiven wie offensiven Gebrauch Es ergibt sich eine befestigte Flache wie sie in dieser Grosse vorher nicht zu bezahlen war Umfang Koblenz 14 km Die vorgeschobenen Forts erhalten einen dreiseitigen Erdwall dessen Form dem Gelande und der strategischen Bedeutung angepasst wird Die Kehlseite bekommt meist eine krenelierte Mauer und in deren Mitte ein kasemattiertes gemauertes Reduit als mehrstockiger Geschutzturm ausgefuhrt oder Blockhaus Diesen Prinzipien werden in der Folge im deutschen Raum beim Bau der Festungen Koln ab 1816 Danzig ab 1818 Erfurt ab 1818 Thorn ab 1818 Minden ab 1827 Posen ab 1829 Germersheim ab 1834 Linz ab 1828 Verona ab 1837 Przemysl ab 1853 Krakau ab 1849 Komorn ab 1849 Mainz ab 1825 Luxemburg ab 1826 Rastatt ab 1842 und Ulm ab 1843 berucksichtigt Literatur BearbeitenKlaus T Weber Neupreussische Festungsmanier ein Mythos In Deutsche Gesellschaft fur Festungsforschung Hrsg Festungsbaukunst in Europas Mitte Festungsforschung Bd 3 Verlag Schnell amp Steiner Regensburg 2011 S 49 60 ISBN 978 3 7954 2524 1 Klaus T Weber Die preussischen Festungsanlagen von Koblenz Kunst und kulturwissenschaftliche Forschungen Bd 1 Verlag und Datenbank fur Geisteswissenschaften Weimar 2003 ISBN 3 89739 340 9 zugl Dissertation Universitat Mainz 2000 Hartwig Neumann Festungsbaukunst und Festungsbautechnik Deutsche Wehrbauarchitektur vom XV XX Jahrhundert Bernard amp Graefe Verlag Bonn 2004 ISBN 3 89996 268 0 EA Bonn 1988 Siehe auch BearbeitenFachbegriffe FestungsbauEinzelnachweise Bearbeiten Druckschriften von und uber Hermann Landsberg im VD 18 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Polygonalsystem amp oldid 229821602