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Mos teutonicus lateinisch fur deutsche Sitte deutsche Art ist in mittelalterlichen Dokumenten der Verweis auf ein Verfahren nach deutschem Recht bzw deutscher Gewohnheit speziell die getrennte Bestattung more teutonico auf deutsche Art das im Hochmittelalter zeitweise praktizierte Verfahren Leichname durch Abkochen in Fleischteile und Knochen zu zerlegen Inhaltsverzeichnis 1 Anwendung 2 Nachweis in Quellen 3 Beispiele 4 Ende der Praxis 5 Trivia 6 EinzelnachweiseAnwendung BearbeitenDas Verfahren des mos teutonicus kam bei einigen hochgestellten Personen zur Anwendung die fern von dem fur ihre Grabstatte bestimmten Ort gestorben waren und sollte es ermoglichen die Gebeine an ihren Bestimmungsort zu uberfuhren ohne dass wahrend der Reise noch Verwesung eintreten konnte Insbesondere wahrend der Kreuzzuge versuchte man die Leichname gefallener Ritter moglichst mit allen Ehren beizusetzen Wenn die Kreuzfahrer in ihre Heimat zuruckkehrten wurden besonders hochgestellte Tote oft exhumiert um ihre Uberreste in die Heimat zuruckzubringen Bei Konigsleichen wurde vor der Uberfuhrung ein Verfahren zur Haltbarmachung angewendet das darin bestand die Leiche zu pokeln und funf Stunden kraftig auszukochen um das Fleisch von den Knochen zu trennen 1 Danach wurden die Knochen unter Bewachung in die Heimat uberfuhrt und dort erneut mit Gebeten bestattet Diese Art der Bestattung wurde durch praktische Grunde erzwungen da es oftmals unmoglich war einen Leichnam intakt an einen weiter entfernten Bestattungsort zu uberfuhren Die inneren Organe wurden an besonderen Orten zum Beispiel im Hof einer Kapelle beerdigt Der Aufbewahrung und Unversehrtheit der Knochen wurde bis ins Spatmittelalter grosse Bedeutung beigemessen da nach christlichem Glauben zum Jungsten Gericht die Gebeine der Verstorbenen mit auferstehen wurden Im Mittelalter war dazu die Vorstellung weit verbreitet dass die Gebeine dazu vollstandig erhalten sein mussten Nachweis in Quellen BearbeitenEine kurze Beschreibung bietet Boncompagno da Signa um 1240 in seinem Boncompagnus Teutonici autem eviscerant corpora excellentium virorum qui moriuntur in provinciis alienis et reliqua membra tamdiu faciunt in caldariis decoqui donec tota caro nervi et cartilagines ab ossibus separantur et postmodum eadem ossa in odorifero vino lota et aspersa pigmentis ad patriam suam deportant Die Deutschen entnehmen die Eingeweide aus den Leichnamen hochgestellter Manner wenn diese in fremden Landern sterben und lassen das Ubrige so lange in Kesseln abkochen bis alles Fleisch die Sehnen und die Knorpel von den Knochen getrennt sind diese Knochen gewaschen in wohlriechendem Wein und bestreut mit Spezereien bringen sie dann anschliessend in ihre Heimat fort 2 Ein fruher erst in jungerer Zeit durch archaologische Forschung erschlossener Fall ist Kaiser Lothar III Als dieser im Winter 1137 wahrend seines Italienfeldzuges im Tiroler Breitenwang starb wurde sein Leichnam nach dem Befund einer 1989 veroffentlichten Aminosaurenanalyse etwa sechs Stunden lang gekocht um anschliessend die Gebeine in das niedersachsische Konigslutter zu uberfuhren und sie unterwegs auch zum Zweck offentlicher Huldigungen zur Schau stellen zu konnen 3 Die alteste quellenmassige Erwahnung findet sich fur das Jahr 1167 4 Nach der Eroberung Roms durch Friedrich I kam es zu einer verheerenden Seuche der ein grosser Teil des Heeres und seiner Fuhrung erlag Die Historia Welforum Weingartensis nennt unter den Toten besonders den Erzbischof von Koln Rainald von Dassel die Bischofe von Speyer Gottfried II Regensburg Eberhard der Schwabe Prag Daniel I Verden Hermann von Verden und Luttich Alexander II von Orle ferner die Fursten Friedrich IV von Schwaben Welf VII Berengar III von Sulzbach sowie einen Heinrich von Tubingen und fugt hinzu Quorum omnia pene ossa carnibus per excoctionem consumptis ad propria reducta sunt Translata sunt autem et ossa Guelfonis nostri et in monasterio Staingadem a patre suo fundato reposita sunt Bei fast allen diesen wurden die Gebeine nachdem sie durch Kochen vom Fleisch abgelost worden waren in ihre jeweilige Heimat zuruckgebracht Uberfuhrt wurden aber auch die Gebeine unseres Welfen und in dem von seinem Vater gegrundeten Kloster Steingaden bestattet 5 Beispiele BearbeitenProminentestes Beispiel fur die Anwendung des mos teutonicus ist Friedrich I selbst Als dieser wahrend des Dritten Kreuzzugs im Juni 1190 in Kilikien durch Ertrinken ums Leben kam wurden sein Herz und seine Eingeweide in Tarsos beigesetzt sein Fleisch Anfang Juli in der Peterskirche von Antiochia wahrend die Knochen von seinem Sohn Friedrich VI von Schwaben mindestens bis Tyros mitgefuhrt wurden wohl um sie in Jerusalem zu bestatten 6 Auch die Babenberger Herzoge Friedrich I 1198 7 und Leopold VI von Osterreich 1230 4 sowie Kaiser Lothar III 8 wurden auf diese Art bestattet Ende der Praxis Bearbeiten nbsp Bonifatius VIII verbot den mos teutonicus Mit der zuerst am 27 September 1299 und erneut am 18 Februar 1300 veroffentlichten Bulle Detestande feritatis verfugte Papst Bonifatius VIII ein kirchliches Verbot Leichname fur Zwecke der Bestattung zu zerteilen oder zu kochen da er dies als Missbrauch ansah Das Verfahren blieb jedoch auch in der Folgezeit bei Feld und Kriegszugen noch langere Zeit in Gebrauch 9 da man Wert darauf legte die sterblichen Uberreste der Vornehmen dort zu haben wo man sich angemessen darum kummern konnte Schliesslich begunstigte das papstliche Verbot des mos teutonicus die Suche nach geeigneten Verfahren zur wenigstens ubergangsweisen Konservierung von Leichen Die getrennte Herzbestattung nahm dabei institutionelle Formen an die besonders bei den katholischen Herrscherhausern bis in die Neuzeit weiterlebte Trivia BearbeitenEinen spaten Widerhall findet diese Sitte im Marchen der Bruder Grimm vom Bruder Lustig KHM 81 wo der heilige Petrus eine Konigstochter wiederauferstehen lasst Da ward er zu ihr gefuhrt und dann sprach er Bringt mir einen Kessel mit Wasser und wie der gebracht war hiess er jedermann hinausgehen und nur der Bruder Lustig durfte bei ihm bleiben Darauf schnitt er alle Glieder der Toten los und warf sie ins Wasser machte Feuer unter den Kessel und liess sie kochen Und wie alles Fleisch von den Knochen herabgefallen war nahm er das schone weisse Gebein heraus und legte es auf eine Tafel und reihte und legte es nach seiner naturlichen Ordnung zusammen Als das geschehen war trat er davor und sprach dreimal Im Namen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit Tote steh auf Und beim dritten Mal erhob sich die Konigstochter lebendig gesund und schon Einzelnachweise Bearbeiten Johannes Laudage nach Barbara Hartl Schon fur die Ewigkeit Memento vom 13 Marz 2013 im Internet Archive P M Magazin Zugriff am 4 November 2012 Boncompagno da Signa Boncompagnus 1 27 2 elektronische Ausgabe von Steven Wright Memento vom 20 September 2016 im Internet Archive Jeff L Bada Bernd Herrmann I L Payan E H Man Amino acid racemization in bone and the boiling of the German Emperor Lothar I in Applied Geochemistry 4 1989 S 325 327 a b Reinhold Rohricht Zur Geschichte des Begrabnisses more teutonico In Zeitschrift fur deutsche Philologie 24 1892 S 505 Historia Welforum Weingartensis MGH Scriptores XXI S 471 digitale Version Knut Gorich Die Staufer Herrscher und Reich 2 durchges und aktual Ausg C H Beck Munchen 2006 C H Beck Wissen 2393 ISBN 3 406 53593 3 S 67 stift heiligenkreuz org Der gekochte Kaiser was mit Lothars III Leichnam geschah In Watson Nachrichtenportal vom 28 August 2022 Elizabeth A Brown Death and the human body in the later Middle Ages The legislation of Boniface VIII on the division of the corpse in Viator 12 1981 S 221 270 wieder in dies The Monarchy of Capetian France and Royal Ceremonial Variorum Aldershot 1991 Collected studies series 345 ISBN 0 86078 279 4 Kap VI Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mos teutonicus amp oldid 225787910