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Als Miriquidi und Mircwidu bezeichnete der fruhmittelalterliche Historiograph Thietmar von Merseburg Chron 6 10 8 28 das Erzgebirge und einen Teil des zu der Zeit bewaldeten Vorlandes und einen Wald an der niederlandischen Merwede einem Flussarm der Maas Lateinisch Miriquidi silva bedeutet zu Deutsch Dunkel Finsterwald Thietmar reflektiert mit den volkssprachigen altniederdeutschen altsachsischen Begriffen Miriquidi Mircwidu altere Benennungsmotive aus Mythen und Sagen fur einen Ur und Grenzwald In Gestalt und Lautung verbinden sich die beiden Namensformen mit Belegen des ubrigen Namenschatzes Onomastikum innerhalb der Germania Inhaltsverzeichnis 1 Namenkundliches 2 Historische Belege 3 Rezeption 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseNamenkundliches BearbeitenAls Grundform der Namen liegt eine zweigliedrige Komposition vor die aus den Formen germanisch merkwaz altsachsisch mirki altenglisch mierce deutsch Dunkel und widuz deutsch Baum Holz Wald gebildet ist 1 Den altenglischen und sachsischen Belegen kommt im ersten Glied eine Bedeutungserweiterung von bose bei 2 Die analoge gutbelegte altnordische Form Myrkvidr erscheint in der hochmittelalterlichen islandisch norwegischen Sagaliteratur und in Texten der Edda 3 4 Historische Belege BearbeitenThietmar erwahnt in der Stelle Chron 6 10 den Miriquidi im Kontext des ersten Feldzugs des ostfrankischen Konigs und spateren romisch deutschen Kaisers Heinrich II gegen den polnischen Fursten und spateren Konig Boleslaw I Chrobry im Sommer des Jahres 1004 Heinrich entschied sich uber das Erzgebirge in Bohmen einzuziehen und die Burg Saaz zu erobern In der Stelle Chron 8 28 erwahnt er dass der Graf Dietrich III von Holland im Jahr 1018 im Mircwidu ostlich von Dordrecht bei Sliedrecht sich widerrechtlich ein grosseres Gehoft Gut angeeignet hat und die Enteigneten sich beim nunmehrigen Kaiser Heinrich ob der ruchlosen Tat beschwerten Der alteste Beleg des Miriquidi im konkreten Bezug zur Erzgebirgsregion datiert auf das Jahr 974 in der Form Miriquido Kaiser Otto II CDS 1 1 19 schenkte der Stiftung Merseburg einen Wald oder ein Waldgebiet im Gau Chutizi zwischen der Saale und der Mulde der Miriquidi genannt wird 5 Rezeption BearbeitenDer Ur Wald als Grenze findet sich fur die Germania magna bei den antiken Geographen und Geschichtsschreibern wie durch Tacitus in dessen Beschreibung des Hercynia silva Dieser hercynische Wald stellte mit dem Erzgebirge als ein Teilstuck dessen fur den germanischen Kulturraum ein bedeutendes topographisches Objekt dar dessen Einfluss sich in der geistigen Kultur wie in der Komposition von Mythen Sagen und Vorstellungen bis in das nord west europaische Hochmittelalter niederschlug der dunkle schwerdurchdringliche gefahrenbergende Wald Die Phrase in der eddischen Lokasenna Strophe 42 er Muspelz synir rida Myrkvid yfir wenn Muspels Sohne uber durch den Myrkwid reiten wird als Darstellung des Hercynischen Waldes gesehen 6 Eine weitere Rezeption in den nordischen Quellen des Miriquidi Mirkwidu Myrkvidr als ausgesprochener Grenzwald findet sich aus der Sagaliteratur in der Hlodskvida Hunnenschlachtlied als Volkerscheide zwischen Goten und Hunnen Wolfgang Haubrichs vermutet bei dem Beleg Mircwidu bei Dordrecht an eine volksetymologische Abwandlung Thietmars aus Meri widu Merwede zu deutsch Moor oder Sumpfwald auf Grund einer Beeinflussung Thietmars aus dessen Kenntnis der Mythen und der Heldensage 7 Im 11 Jahrhundert erscheint dieser Moorwald namentlich neben dem Flussnamen als flumen et silva Merewido 8 Zu Thietmars Belegen ist der holsteinische fruhmittelalterliche Grenzwald altsachsisch Isarnho altdanisch Jarnvid vergleichend zu stellen der Sachsen Danen und Warnen gegeneinander abgrenzte 9 Sowohl Thietmars Verwendung und Erwahnung des traditionellen Begriffs wie die Rezeption in der eddischen und Sagaliteratur 12 bis 13 Jahrhundert zeigen die Funktion des Waldes als eine Scheide der realen Welt von Siedlungsraumen und Volkern 10 In der geistigen Kultur als ein Motiv in der fiktionalen mundlichen und verschriftlichten Uberlieferung die wiederum aktiv einflussnehmend bei der Benennung von Ortlichkeiten und Landmarken mitwirkte 11 Literatur BearbeitenMartin Eggers Myrkvidr In Heinrich Beck Dieter Geuenich Heiko Steuer Hrsg Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd 20 de Gruyter Berlin New York 2001 ISBN 3 11 017164 3 S 460 61 Karlheinz Hengst Erzgebirge Krusne hory im Spiegel der Sprache seit etwa 3000 Jahren Hercynia silva Fergunna Miriquidi Bohmerwald Erzgebirge In Erzgebirge Heimat und domov Materialienband zum 8 Deutsch Tschechischen Begegnungsseminar Gute Nachbarn Schlechte Nachbarn Im Rahmen der Konferenzreihe am Sachsisch Tschechischen Hochschulzentrum der TU Chemnitz vom 30 Marz 2 April 2005 in Aue unter dem Rahmenthema Erzgebirge Heimat und domov Peter Lang Frankfurt am Main 2006 ISBN 3 631 55027 8 S 71 79 Rudolf Much Myrkvidr In Johannes Hoops Hrsg Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 1 Auflage Bd 3 Karl J Trubner Strassburg 1915 16 S 291 Vladimir Orel A Handbook of Germanic Etymology Brill Leiden Boston 2003 ISBN 90 04 12875 1 Ludwig Rubekeil Suebica Volkernamen und Ethnos Institut fur Sprachwissenschaft Innsbruck 1992 ISBN 3 85124 623 3 Innsbrucker Beitrage zur Sprachwissenschaft 68 Klaus von See Beatrice La Farge Eve Picard Ilona Priebe und Katja Schulz Kommentar zu den Liedern der Edda Bd 2 Gotterlieder Skirnismal Harbardsliod Hymiskvida Lokasenna THrymskvida Winter Heidelberg 1997 ISBN 3 8253 0534 1 Thietmar von Merseburg Chronik Neu ubertragen und erlautert von Werner Trillmich Mit einem Nachtrag von Steffen Patzold FSGA 9 Wissenschaftliche Buchgesellschaft 8 gegenuber der 7 um einen Nachtr erw Aufl Darmstadt 2002 ISBN 3 534 00173 7 Reinhard Wenskus Stammesbildung und Verfassung Das Werden der fruhmittelalterlichen gentes 2 unveranderte Auflage Bohlau Verlag Koln Wien 1977 ISBN 3 412 00177 5 S 225 ff Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Miriquidi Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Die Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg und ihre Korveier Uberarbeitung Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon Hrsg von Robert Holtzmann Berlin 1935 Monumenta Germaniae Historica Scriptores 6 Scriptores rerum Germanicarum Nova Series 9 Liber 6 10 S 287 Einzelnachweise Bearbeiten Vladimir Orel A Handbook of Germanic Etymology Leiden Boston 2003 S 268 462 Heinrich Tiefenbach Altsachsisches Handworterbuch A Concise Old Saxon Dictionary de Gruyter Berlin New York 2010 ISBN 978 3 11 023234 9 S 275 Jan de Vries Myrkr In Ders Altnordisches Etymologisches Worterbuch Brill Leiden Boston Koln 2 verbesserte Auflage 2000 S 398 Klaus von See et al Kommentar zu den Liedern der Edda Bd 2 Gotterlieder Heidelberg 1997 S 470 forestum inter Salem ac Mildam fluvios silva quae Miriquido dicitur Martin Eggers Myrkvidr Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd 20 Berlin New York 2001 S 460 Wolfgang Haubrichs Heroische Zeiten Wanderungen von Heldennamen und Heldensagen zwischen den germanischen gentes des fruhen Mittelalters In Astrid van Nahl Lennart Elmevik Stefan Brink Hrsg Namenwelten Orts und Personennamen in historischer Sicht de Gruyter Berlin New York 2004 ISBN 978 3 11 091147 3 S 513 534 hier 522 Erganzungsbande zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 44 Adolf Bach Deutsche Namenkunde II Die deutschen Ortsnamen 1 Winter Heidelberg 1953 S 448 Jurgen Udolph Isarnho In Heinrich Beck Dieter Geuenich Heiko Steuer Hrsg Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd 15 de Gruyter Berlin New York 2000 ISBN 3 11 016649 6 S 506 508 Marcus Termeer Verkorperungen des Waldes Eine Korper Geschlechter und Herrschaftsgeschichte transcript Bielefeld 2005 ISBN 3 89942 388 7 S 29 ff Ludwig Rubekeil Suebica Volkernamen und Ethnos Innsbruck 1992 S 64 70 72 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Miriquidi amp oldid 233549634