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Rotationsspektroskopie ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel Zur Schwingungs Rotationsspektroskopie siehe Infrarotspektroskopie Rotations Schwingungs Spektrum Die Mikrowellenspektroskopie bzw reine Rotationsspektroskopie ist eine zur Gruppe der Molekulspektroskopie gehorende Untersuchungsmethode welche Informationen uber Rotationen von Molekulen liefert Daraus lassen sich Molekule identifizieren und weitere grundlegende Eigenschaften wie z B die Bindungsstarke gewinnen Sie dient vorzugsweise der Untersuchung von Gasen und Flussigkeiten Grundlage der Methode ist die Absorption von elektromagnetischen Wellen im Wellenlangenbereich von ca 1 cm 100 µm Frequenzbereich von ca 0 5 100 GHz durch die Anregung von Molekulrotationen und damit einhergehende Ubergange zwischen den Niveaus der Hyperfeinstruktur Im Gegensatz zur elektronischer und Schwingungsspektroskopie welche auch Rotationsaufspaltung enthalten konnen ist die storende Dopplerverbreitung bei den geringen Frequenzen der Mikrowellen kleiner 1 Inhaltsverzeichnis 1 Theorie 1 1 Spharisch und linearer Rotator 1 2 Symmetrischer Rotator 1 3 Rotationsspektrum 2 Experimentelle Umsetzung 2 1 Probenform 2 2 Versuchsaufbau 2 3 Interpretation 3 Anwendung 4 Geschichte 5 Literatur 6 EinzelnachweiseTheorie BearbeitenTheoretisch kann das Rotationsspektrum durch das Modell des starren Rotators in der Regel gut beschrieben werden Hierbei werden Molekule nach ihrem Aufbau und Symmetrie in linearer spharischer symmetrischer und asymmetrischer Rotator unterteilt Spharisch und linearer Rotator Bearbeiten Die Rotation eines Molekuls bei dem Tragheitsmomente um alle drei Haupttragheitsachsen uberein stimmen spharischer Rotator z B CH4 CCl4 oder bei dem der Drehimpuls bezuglich der Hauptachse null wird linearer Rotator z B CO2 HCl C2H2 kann durch einen starren Rotator mit seiner Rotationsenergie E r o t displaystyle E mathrm rot nbsp beschrieben werden E rot L 2 2 I ℏ 2 J J 1 2 I h c B J J 1 displaystyle E text rot frac vec L 2 2I frac hbar 2 J J 1 2I hc cdot BJ J 1 nbsp Dabei ist I displaystyle I nbsp das Tragheitsmoment um die Rotationsachse J 0 1 2 displaystyle J 0 1 2 ldots nbsp die Rotationquantenzahl h displaystyle h nbsp das plancksches Wirkungsquantum c displaystyle c nbsp die Lichtgeschwindigkeit und B ℏ 2 2 I h c displaystyle B frac hbar 2 2Ihc nbsp die Rotationskonstante Bei der Rotation von Molekulen erfahren die Atome Zentrifugalkrafte was zu einer Zentrifugalverzerrung fuhrt In der Realitat ist dieser Effekt bei Ubergangen zwischen niedrigen Rotationsniveaus vernachlassigbar 2 Symmetrischer Rotator Bearbeiten Der symmetrische Rotator z B CH3Cl NH3 C6H6 lasst sich bezuglich seiner Tragheitsmomente in zwei Komponenten aufteilen zwei identische I displaystyle I perp nbsp und ein unterschiedliches I displaystyle I parallel nbsp Tragheitsmoment Die Rotationsenergie wird nun durch folgende Gleichung beschrieben 3 E rot ℏ 2 J J 1 2 I 1 2 I 1 2 I K ℏ 2 h c B J J 1 A B K 2 displaystyle E text rot frac hbar 2 J J 1 2I perp biggl frac 1 2I parallel frac 1 2I perp biggr cdot K hbar 2 hc cdot BJ J 1 A B cdot K 2 nbsp Hierbei ist K displaystyle K nbsp die Quantenzahl des Drehimpulses bezuglich der Hauptachse die Rotationskonstanten A displaystyle A nbsp und B displaystyle B nbsp verfeinern sich zu folgenden Ausdrucken A ℏ 2 2 I h c B ℏ 2 2 I h c displaystyle A frac hbar 2 2I parallel hc qquad B frac hbar 2 2I perp hc nbsp Rotationsspektrum Bearbeiten nbsp Energieniveaus und Emissionswellenzahlen nach dem Modell des linearen starren Rotators Das nebenstehende Bild zeigt den Zusammenhang zwischen den energetischen Rotationsniveaus E r o t J displaystyle E mathrm rot J nbsp und einem Rotationsspektrum Die Differenz zweier Rotationsniveaus entspricht der Energie eines Rotationsubergangs E r o t J 1 E r o t J displaystyle E mathrm rot J 1 E mathrm rot J nbsp was im Spektrum durch einen Peak sichtbar wird Hierbei zeigt sich die lineare Abhangigkeit der Energieniveaus von der Rotationskonstante Die Linienabstande haben stets den gleichen Abstand von 2 B displaystyle 2B nbsp was die Interpretation von Rotationsspektren erleichtert Die Intensitat der einzelnen Peaks resultiert aus der Population des Rotationsniveaus aus dem der Ubergang erfolgt Da Molekule stets eine gewisse Temperatur T gt 0 K displaystyle T gt 0 mathrm K nbsp besitzen ist nach der Boltzmann Verteilung die Besetzung der Rotationsniveaus gegeben 2 Die Population der Rotationsniveaus welche sich durch die Intensitat der einzelnen Ubergangen ergibt kann somit auch Ruckschluss auf die Probentemperatur liefern Experimentelle Umsetzung BearbeitenAls Messverfahren kann zum einen bei verschiedenen Frequenzen die Absorption gemessen werden oder man bedient sich der Fouriertransformation und wertet eine zeitabhangige Absorption nach den darin enthaltenen Frequenzen aus analog zur NMR Spektroskopie Weil die spontane Ubergangswahrscheinlichkeit fur Emission wegen der geringen Ubergangsfrequenz extrem klein ist wird die Rotationsspektroskopie meist in Absorption gemessen 4 Probenform Bearbeiten Allgemein eignen sich nur Molekule zur Mikrowellenspektroskopie die ein Dipolmoment besitzen Mikrowellenspektren von Gasen zeichnen sich durch scharfe Absorptionslinien aus da eine freie Rotation der Molekule moglich ist Um exakte bzw moglichst eindeutig zuzuordnende Absorptionsspektren zu erhalten muss die Wechselwirkung der Molekule siehe Druckverbreiterung untereinander minimiert werden Meistens wird deswegen mit geringen Mengen gasformiger Spezies in grossen Messbehaltern unter geringem Druck gearbeitet 4 Die Mikrowellenspektroskopie kann auch zur Aufklarung von Struktur und Dynamik von Flussigkeiten genutzt werden Die Spektren von Flussigkeiten zeichnen sich gegenuber anderen durch sehr breite Absorptionsbanden aus die durch mehrere Frequenzbereiche gehen Im Mikrowellenspektrum liefern Molekule einen Beitrag die ein Dipolmoment aufweisen Die Starke des Dipolmoments geht vorzugsweise in die Starke der Absorption ein wogegen die Geschwindigkeit der Molekulbewegung Taumelrotation die Lage der Absorptionsbande auf der Frequenzskala bestimmt Man findet im Allgemeinen einen Zusammenhang zwischen der Viskositat einer Flussigkeit und der Bewegungsgeschwindigkeit der Dipole Versuchsaufbau Bearbeiten Rauscharme Mikrowellen im Bereich von 1 bis 100 GHz konnen durch ein Reflex Klystron erzeugt werden Hierbei ist die spektrale Variation schwierig was hingegen Carcinotrons und Magnetrons erlauben Auch Mikrowellengeneratoren aus Halbleitern wie GaAs Gunndiode oder InP Avalanche Diode werden verwendet Die Detektion des Signals erfolgt meist mit einer Mikrowellendiode Zur weiteren Verbesserung des Signal Rausch Verhaltnis kann die zu untersuchende Probe einem elektrisches Wechselfeld ausgesetzt werden Die Energieniveaus der Molekule werden folglich durch den Stark Effekt verschoben Das erhaltene Messsignal wird durch die bekannte Frequenz der Feldmodulation korrigiert und mit einem Versuch ohne elektrisches Wechselfeld verglichen 4 Interpretation Bearbeiten Durch Anwenden das fur die entsprechende Molekulsymmetrie passende Modell spharisch linear symmetrisch etc lassen sich die gesuchten Molekulgrossen bestimmen Ublicherweise lassen sich Mikrowellenspektren mathematisch mit einer Uberlagerung von Debye Funktionen benannt nach Peter Debye beschreiben wobei jeder einzelnen Debye Funktion ein Bewegungsvorgang zugeordnet wird Anwendung BearbeitenMit Hilfe der Mikrowellenspektroskopie von Gasen konnen Informationen gewonnen werden wie z B Bindungslangen in einfach aufgebauten Molekulen Konformationen bestimmter chemischer Verbindungen die sogenannte Rotationshyperfeinstrukturen im Absorptionsspektrum aufweisen Strukturen kurzlebiger nicht isolierbarer Spezies die ebenfalls Rotationshyperfeinstrukturen ergeben mit Hilfe der Molekularstrahl Methode elektronische Umgebung bzw Elektronendichte Verteilung um bestimmte Atomkerne herum die sog Quadrupolhyperfeinstrukturen im Absorptionsspektrum aufweisen Die Mikrowellenspektroskopie wird hauptsachlich in der Physikalischen Chemie zur Erforschung von Molekuleigenschaften eingesetzt die uber andere Methoden gar nicht oder nur schwer zu erlangen sind Dies ist beispielsweise in Astrophysik und Radioastronomie der Fall um Molekule im Weltall zu identifizieren oder die Temperatur von Materie im All zu bestimmen In heutiger Forschung wurde die Mikrowellenspektroskopie zunehmend zugunsten von elektronischer oder Schwingungsspektroskopie mit Rotationsauflosung verdrangt Geschichte BearbeitenEtwa ein halbes Jahrhundert nach der Entdeckung und dem Verstandnis der Mikrowellenstrahlung durch Michael Faraday James Clerk Maxwell und Heinrich Hertz wurde die Mikrowellenspektroskopie 1946 erstmals angewandt 5 1963 wurde mit einem Radioteleskop OH als erstes Molekul im Weltall detektiert In den folgenden Jahren wurde eine Reihe von Emissionen von unbekannten Ubergangen gemessen Wahrend die Molekule OH und NH3 Schwingungsubergange zeigten waren alle anderen gemessenen Ubergange der Molekule mit permanenten Dipolmoment reine Rotationsubergange Die Zuordnung gelang mittels Vergleich mit Laborversuchen Da die Molekule im Weltall eine gewisse Geschwindigkeit gegenuber dem Radioteleskop besitzen mussten die Spektren um den Doppler Effekt korrigiert werden Es wurden so lineare und zyklische Molekule mit einer Atomzahl von 2 bis 13 gefunden Im Nebel Sagittarius B2 der sich mit einer Geschwindigkeit von 60 km s bewegt wurde somit z B Cyanoacetylen detektiert 6 Literatur BearbeitenReinhard Demuth Friedhelb Kober Grundlagen der Spektroskopie Moritz Diesterweg Otto Salle und Sauerlander Frankfurt Main 1977 ISBN 3 425 05481 3 S 48 63 Wolfgang Demtroder Molekulphysik Theoretische Grundlagen und experimentelle Methoden Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2003 ISBN 978 3 486 24974 3 S 362 366 J Michael Hollas Modern Spectroscopy 4 Auflage Wiley Chichester 2004 ISBN 978 0 470 84416 8 S 103 135 Claus Czeslik Heiko Semann Roland Winter Basiswissen Physikalische Chemie Teubner Wiesbaden 2007 ISBN 978 3 8351 0047 3 S 310 313 C H Townes A L Schawlow Microwave Spectroscopy Courier Corporation Chichester 2013 ISBN 978 0 486 16231 7 Einzelnachweise Bearbeiten Alan Carrington Rotational spectroscopy of diatomic molecules Cambridge University Press Cambridge 2003 ISBN 0 511 06420 9 a b Heiko Seemann Roland Winter Basiswissen physikalische Chemie 2 uberarb Auflage Teubner Wiesbaden 2007 ISBN 3 8351 0047 5 Julio De Paula Physical chemistry 9th ed W H Freeman and Co New York 2010 ISBN 978 1 4292 1812 2 a b c Hans Christoph Wolf Molekulphysik und Quantenchemie Einfuhrung in die experimentellen und theoretischen Grundlagen 5 Auflage Springer Berlin 2006 ISBN 3 540 30314 6 Walter Gordy Microwave spectroscopy Introductory paper quadrupole couplings dipole moments and the chemical bond In Discussions of the Faraday Society Band 19 1955 ISSN 0366 9033 S 14 doi 10 1039 df9551900014 J Michael Hollas Modern Spectroscopy 4 Auflage Wiley Chichester 2004 ISBN 978 0 470 84416 8 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mikrowellenspektroskopie amp oldid 231539373