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Martin Carbe 26 Februar 1872 in Berlin als Martin Cohn 28 April 1933 in Locarno 1 war ein deutscher Rechtsanwalt 2 3 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Siehe auch 3 Literatur 4 EinzelnachweiseLeben BearbeitenMartin Cohn war der alteste Sohn des judischen Verlegers Emil Cohn und Neffe von Rudolf Mosse Er studierte Rechtswissenschaften in Berlin 1914 heiratete er die Nichtjudin Klara Mucks 4 Gemeinsam hatten sie zwei Sohne die Deutschland vor 1930 verliessen Am 2 Oktober 1917 anderte Cohn seinen Nachnamen in Carbe vermutlich im Zusammenhang mit seiner Konversion zum Christentum 1904 trat er als Leiter der Rechtsabteilung in den Mosse Konzern ein 1907 wurde er Generalbevollmachtigter des Verlags und vertrat das Haus Mosse unter anderem als Aufsichtsratsmitglied der Dradag 5 im Verein deutscher Zeitungsverleger dessen Vorstandsmitglied er bis 1929 war von 1918 bis 1930 im Verband der Fachpresse Deutschlands dem spateren Reichsverband Deutscher Zeitschriften Verleger und leitete zeitweise die Vereinigung grossstadtischer Zeitungsverleger in Berlin 6 Als Rudolf Mosse 1920 starb arbeitete er dessen Nachfolger Hans Lachmann Mosse in das Verlagsgeschaft ein Martin Carbe war promovierter Jurist galt als besonnen fahig und umsichtig vor allen Dingen aber habe er verschiedenen Aussagen zufolge im Geist des alten Mosse gewirkt 7 1922 fuhrte er den Rudolf Mosse Code ein mit welchem im internationalen telegraphischen Handelsverkehr Nachrichten standardisiert und kostengunstig ubertragen werden konnten 8 Ab 1925 geriet er zunehmend in Konflikt mit Hans Lachmann Mosse sowie mit dem Chefredakteur des Berliner Tageblatts Theodor Wolff Im Gegensatz zu Rudolf Mosse zu dessen Lebzeiten strikt auf journalistische Unparteilichkeit und Neutralitat geachtet wurde setzte Wolff in allen Mosse Zeitungen eine verstarkte Politisierung durch Carbe sah eine Existenzgefahrdung des Verlags voraus weil mit der einseitigen parteiischen Positionierung erhebliche Ruckgange der Auflagen und somit eine Verringerung der Annoncen Expeditionen verbunden waren Tatsachlich musste der Konzern spatestens ab 1927 bei allen seinen Publikationen immense Umsatzeinbruche verzeichnen Permanent forderte Carbe Korrekturen Wolff dem jegliches betriebswirtschaftliches Verstandnis fehlte liess sich jedoch von seiner publizistischen Politik nicht abhalten und Lachmann Mosse versuchte die Verluste mit Immobiliengeschaften und Fremdkapital auszugleichen was Carbe ebenfalls als Fehler erachtete 9 Als erster Glaubiger gab im November 1927 die Deutsche Bank ihre Mehrheitsbeteiligung an der Rudolf Mosse OHG ab Im Fruhjahr 1928 wies die Hausbank des Verlags auf eine bevorstehende Zahlungsunfahigkeit hin was die Geschaftsleitung jedoch ignorierte Carbe empfahl die Eroffnung eines geordneten Insolvenzverfahrens Damit hatten zu diesem Zeitpunkt zumindest Teile des Mosse Konzerns gerettet werden konnen Mit Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 wurde dies unmoglich Der Verlag nahm immer weiter Kredite in Millionenhohe auf was juristisch nichts anderes als eine Insolvenzverschleppung darstellte Carbe wies unnachgiebig aber erfolglos auf die wirtschaftlichen und auch strafrechtlichen Folgen hin Zunehmend geriet er in einen Gewissenskonflikt Einerseits war er familiar mit dem Verlag eng verbunden anderseits lehnte er als Prokurist die Ubernahme der Verantwortung fur den okonomisch unausweichlichen Zusammenbruch des Mosse Konzerns ab 10 11 Carbe fand keinen anderen Ausweg als das Unternehmen zu verlassen Im Dezember 1930 wechselte er zum Ullstein Verlag dem Hauptkonkurrenten der Rudolf Mosse OHG In der gesamten Berliner Presselandschaft stellte dieser Schritt ein viel diskutiertes Ereignis dar Insbesondere rechtsgerichtete Medien schossen sich auf Carbe ein und verunglimpften ihn als typischen Juden der stets Schaden anrichten wurde aber fur die Folgen nicht gerade stehen wolle Dies gipfelte in einem Eintrag im antijudischen Semi Kurschner Lexikon wonach Martin Carbe Cohn als Pate fur das antisemitische Spottlied Der kleine Cohn gestanden habe 12 Martin Carbe der immer loyal zum Mosse Verlag stand war sich der Signalwirkung seiner Kundigung bewusst Die gesamten Umstande nebst der Arbeitsatmosphare bei Ullstein behagten ihm nicht Rudolf Olden Kurt Tucholsky und Ernst Feder beschrieben ihn als vollkommen gebrochenen Mann 13 Wenig spater nahm er sich bei einer Dienstreise im Fruhjahr 1933 in einem Hotel in Locarno das Leben 14 Seine Witwe wahlte 1947 in Berlin ebenfalls den Freitod 15 Siehe auch BearbeitenBerliner Tageblatt Berliner Morgen Zeitung Berliner Volks Zeitung UlkLiteratur BearbeitenReichshandbuch der deutschen Gesellschaft Das Handbuch der Personlichkeiten in Wort und Bild Erster Band Deutscher Wirtschaftsverlag Berlin 1930 ISBN 3 598 30664 4Einzelnachweise Bearbeiten Todesanzeige der Familie in der Vossischen Zeitung vom 30 April 1933 S 20 in ZEFYS Historische Zeitungen abgerufen am 26 Dezember 2018 Theodor Wolff Bernd Sosemann Hrsg Tagebucher Theodor Wolff 1914 1919 Der Erste Weltkrieg und die Entstehung der Weimarer Republik in Tagebuchern Leitartikeln und Briefen des Chefredakteurs am Berliner Tageblatt und Mitbegrunders der Deutschen Demokratischen Partei H Boldt 1984 S 517 Joseph Walk Hrsg Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918 1945 Hrsg vom Leo Baeck Institute Jerusalem Saur Munchen 1988 ISBN 3 598 10477 4 S 52 Siehe Heiratsurkunde im Landesarchiv Berlin P Rep 711 Nr 351 Bl 22f Ulrich Heitger Vom Zeitzeichen zum politischen Fuhrungsmittel Entwicklungstendenzen und Strukturen der Nachrichtenprogramme des Rundfunks in der Weimarer Republik 1923 1932 LIT Verlag Munster 2003 S 75 Elisabeth Kraus Die Familie Mosse deutsch judisches Burgertum im 19 und 20 Jahrhundert C H Beck 1999 S 494 Elisabeth Kraus ebenso S 494 Dan Diner Enzyklopadie judischer Geschichte und Kultur Band 1 A Cl Springer Verlag 2016 S 108 Elisabeth Kraus ebenso S 152 f Ernst Feder Heute sprach ich mit Tagebucher eines Berliner Publizisten 1926 1932 Deutsche 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