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Das Faktorpreisausgleichstheorem auch als Lerner Samuelson Theorem bekannt besagt dass ein freier internationaler Guterhandel im Sinne eines Freihandels mit Endprodukten unter bestimmten Bedingungen zu einem internationalen Ausgleich der Faktorpreise insbesondere von Arbeit und Kapital fuhrt 1 Das Faktorpreisausgleichstheorem verdeutlicht also die Bedingungen unter denen ein internationaler Ausgleich der Faktorpreisrelationen im freien Aussenhandel erfolgt Das Theorem geht auf die US Okonomen Abba P Lerner und Paul A Samuelson Nobelpreis fur Wirtschaftswissenschaften 1970 zuruck Es ist ein wesentlicher Bestandteil der klassischen Aussenhandelstheorie und baut auf den Erkenntnissen des Heckscher Ohlin Modells auf 2 Inhaltsverzeichnis 1 Entstehungsgeschichte 2 Alternative Definitionen 3 Pramissen 4 Einordnung und Bedeutung 5 Modellbeispiel 6 Empirische Untersuchung 7 Kritische Wurdigung 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseEntstehungsgeschichte BearbeitenEine erste vage Formulierung des Theorems erfolgte 1919 durch Eli Filip Heckscher der sich in seiner Arbeit mit dem Einfluss des Handels auf die Faktorpreise befasste 3 Bertil Ohlin hat 1933 Heckschers Theorie mit der der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie verbunden Damit hat er eine grossere Klarheit bezuglich der grundsatzlichen Zusammenhange geschaffen Denn der Bezug auf die Allgemeine Gleichgewichtstheorie lasst das Problem der Faktorpreisbildung und vor allem die Faktormengen oder Faktorproportionen als exogene Grossen in den Vordergrund rucken Daraus ergibt sich bei Ohlin eine viel klarere Fragestellung als bei Heckscher 4 Eine erste prazise Formulierung gelang Abba P Lerner im Jahre 1933 Lerner legte in seiner Arbeit die Voraussetzungen des 2x2 Heckscher Ohlin Modells 2 Guter 2 Lander zu Grunde sowie den Faktorpreisausgleich 5 Ohlin bestritt einen solchen vollstandigen Faktorpreisausgleich wenn er auch dessen Angleichung hervorhob Er wurde unterstutzt von Ellsworth der ebenfalls einen vollstandigen Ausgleich jener Faktorpreisverhaltnisse im Aussenhandelsgleichgewicht 1938 als unmoglich abtat 6 Deshalb begann die eigentliche Geschichte des Theorems Ende der 40er Anfang der 50er Jahre mit Paul A Samuelson Samuelson ist dieses Problem exakt angegangen und kam zu dem Schluss dass unter den Modell Voraussetzungen von Heckscher und Ohlin ein Faktorpreisausgleich notwendig folge In der bereits 1933 konzipierten von Samuelson 1949 wiederentdeckten Seminararbeit von Abba P Lerner wurde der Faktorpreisausgleich analysiert und auch durch bestimmte produktionstechnische Elemente erweitert die dem Heckscher Ohlin Theorem allerdings entgegenstehen 7 Die allgemeine Formulierung des traditionellen Ansatzes erfolgte durch McKenzie 1955 8 der wohlfahrtstheoretische Ansatz stammt von Uzawa aus dem Jahr 1959 9 Wiederentdeckt wurde das Theorem durch Dixit amp Norman 1980 10 Alternative Definitionen BearbeitenDas Faktorpreisausgleichstheorem wurde in seiner geschichtlichen Entwicklung von einer Vielzahl von Okonomen aufgegriffen und weiterentwickelt Es gibt daher keine alternativen Definitionen fur dieses Theorem Jedoch kann man seine Entwicklung sehr gut nachvollziehen von Argumentationen in Bezug auf den 2 2 displaystyle 2 times 2 nbsp Fall 2 Guter und 2 Faktoren uber Erklarungen des 2 2 2 displaystyle 2 times 2 times 2 nbsp Falls 2 Guter 2 Faktoren und 2 Lander bis hin zum n m l displaystyle n times m times l nbsp Fall n displaystyle n nbsp Guter m displaystyle m nbsp Faktoren und l displaystyle l nbsp Lander Pramissen BearbeitenWie jede Theorie legt auch das Faktorpreisausgleichstheorem Pramissen zugrunde Es gibt im Modell keine Transportkosten keine Handelshemmnisse keine Spezialisierung flexible Guter und Faktorpreise perfekte Faktormobilitat und vollkommene Konkurrenz 11 Ergebnis ist auf den Faktormarkten beispielsweise die Lohnkonvergenz Einordnung und Bedeutung BearbeitenEin kapitalreiches Land exportiert kapitalintensive Guter oder Dienstleistungen und importiert arbeitsintensive Guter Als Folge wird die Erzeugung von kapitalintensiven Gutern erhoht und die von arbeitsintensiven abnehmen Wahrend der steigenden Produktion von kapitalintensiven Gutern erhoht sich die Kapitalnachfrage um die Produktion weiterhin sicherzustellen Die erhohte Kapitalnachfrage fuhrt zu einer Erhohung der Zinsen Der Zinssatz ist der Preis des Kapitals Es gilt folglich gemass dem Faktorpreisausgleichstheorem Steigt die Nachfrage nach Kapital steigt auch dessen Preis Da die Erzeugung arbeitsintensiver Guter bedingt durch die Importmoglichkeit sinkt schrumpft die Arbeitsnachfrage und infolgedessen sinken die Lohne Umgekehrtes gilt fur ein arbeitsreiches Land Es exportiert arbeitsintensive Guter und importiert kapitalintensive Guter Die Erzeugung von arbeitsintensiven Gutern wird erhoht die der kapitalintensiven Guter wird reduziert Durch die erhohte Produktion der arbeitsintensiven Guter wachst die Arbeitsnachfrage Die Folge daraus sind steigende Lohne Die sinkende Produktion von kapitalintensiven Gutern aufgrund der Importmoglichkeit fuhrt zu einem Ruckgang der Kapitalnachfrage Daraufhin sinken die Zinsen Wenn bestimmte Voraussetzungen erfullt sind muss bei freiem Aussenhandel der Preis eines beliebigen Produktionsfaktors im Inland dem Preis des gleichen Faktors im Ausland entsprechen auch wenn die internationale Faktormobilitat der Produktionsfaktoren nicht gewahrleistet ist Die Beweglichkeit der Guter ware dann ein voller Ersatz fur die Beweglichkeit der Produktionsfaktoren 12 Damit ein Faktorpreisausgleich stattfinden kann mussen beide Guter auch nach Aufnahme vom Aussenhandel produziert werden Es mussen zudem Folgende Voraussetzungen erfullt sein 13 In beiden Markten herrscht vollstandige Konkurrenz auf dem Guter und Faktorenmarkten Es existieren keine Transport und Handelshemmnisse Die Menge der Produktionsfaktoren bleibt konstant internationale Bewegungen von Boden und Arbeit sind ausgeschlossen wahrend innerhalb eines einzelnen Landes vollige Faktormobilitat gewahrleistet ist Die Faktorausstattung ist in beiden Landern identisch Gut 1 und Gut 2 werden in beiden Landern unter den gleichen technischen Bedingungen hergestellt Die Guter konnen eindeutig nach ihren Faktorintensitaten klassifiziert werden A r b e i t gt K a p i t a l a r b e i t s i n t e n s i v displaystyle Arbeit gt Kapital arbeitsintensiv nbsp Die Produktionsfaktoren sind linear homogen es gilt also die Annahme konstanter Niveaugrenzprodukte wahrend die partiellen Grenzprodukte abnehmen Modellbeispiel BearbeitenUm das Faktorpreisausgleichstheorem verstandlicher darzustellen wird im Folgenden ein fiktives und modelltheoretisches Beispiel angefuhrt Es gelten folgende Annahmen Es existieren genau zwei Lander Land A und Land B Beide Lander produzieren genau 2 Guter PKW und Orangen Beide Lander sind technologisch auf demselben Stand Land A ist ein kapitalreiches Land wahrend Land B ein arbeitsreiches Land ist Es herrscht Freihandel ohne Transportkosten oder sonstige Einschrankungen Nun stellt sich die Frage wieso sich die Faktorpreise beider Lander ausgleichen sollten Land A besitzt in der PKW Produktion einen komparativen Vorteil gegenuber Land B wahrend Land B einen komparativen Vorteil beim Anbau von Orangen besitzt Man kann hier Land A als Hochlohnland und Land B als Niedriglohnland bezeichnen Land A produziert also die kapitalintensiven PKW und exportiert sie nach Land B Somit wird auch der Faktor Kapital indirekt exportiert Dies fuhrt in Land A zu einer erhohten Nachfrage nach Kapital was wiederum steigende Preise und damit steigende Zinsen zur Folge hat Da Land A die arbeitsintensiven Orangen aus Land B importiert und sie nicht selbst herstellt sinkt die Arbeitsnachfrage und somit auch die Lohne Diese passen sich nun an die niedrigeren Lohne in Land B an Land B wird die im eigenen Land angebauten arbeitsintensiven Orangen nach Land A exportieren Der Faktor Arbeit wird somit indirekt nach Land A exportiert Dies fuhrt in Land B zu einer erhohten Nachfrage nach Arbeit was wiederum steigende Preise und damit steigende Lohne zur Folge hat Diese Lohne passen sich nun an die hoheren Lohne des Landes A an Weil Land B die kapitalintensiven PKW aus Land A importiert und sie nicht selbst produziert sinkt die Kapitalnachfrage und somit auch die Zinsen Folglich kommt es modelltheoretisch zu einem volligen Ausgleich von Zins und Lohn also der Faktorpreise beider Lander Empirische Untersuchung Bearbeiten nbsp Grafische Darstellung des Faktorpreisausgleichs wobei K Produktionsfaktor Kapital und L Produktionsfaktor Arbeit ist EX und IM stehen jeweils fur Export und Import 14 Im Folgenden soll aufgezeigt werden dass sich die Kernaussagen des Heckscher Ohlin Samuelson Modells zum Handelsmuster und zum Faktorpreisausgleich auch in den Daten widerspiegeln Hierzu wurde bereits im Jahr 1965 durch Gary Hufbauer eine empirische Untersuchung durchgefuhrt und durch William R Cline im Jahr 1993 bestatigt Essentiell fur den Faktorpreisausgleich ist die Tatsache dass kapitalreiche Lander kapitalreiche Guter exportieren und arbeitsreiche Lander arbeitsreiche Guter exportieren Die beiden Lander Mexiko und USA zeigen ein untypisches Verhalten auf und dieses Phanomen wurde zumindest bei den USA nach seinem Entdecker Wassily Leontief benannt dem Leontief Paradoxon Hierzu existiert eine Vielzahl von Erklarungsversuchen zur Nichteinhaltung der theoretischen Vorhersage 15 Kritisiert wird insbesondere die Nichtberucksichtigung weiterer Produktionsfaktoren wie beispielsweise die Unterscheidung in qualifizierte und unqualifizierte Arbeiter Ebenso sind teilweise erhebliche Unterschiede in den Produktionstechnologien zu deren Handelspartnern ersichtlich 16 Kritische Wurdigung BearbeitenDas Faktorpreisausgleichstheorem basiert auf den bereits genannten Annahmen die jedoch nicht allgegenwartig sind und lediglich in einer idealen Welt aber nicht in der Realitat existieren Grunde fur ein Versagen des Theorems Technologische Unterschiede nicht jedes Land produziert gleiche Guter Orangen PKW es existieren mehr als 2 Lander wodurch eine bilaterale Betrachtung nicht moglich ist sondern eine multilaterale Dennoch denkbar durch einen Land Welt Vergleich anstelle eines Land Land Vergleichs Aussenhandel hat nicht immer Auswirkung auf die Faktorpreise Nachbarlander befinden sich zumeist auf dem gleichen Niveau Technologie Bildung etc Zolle und Einfuhrrestriktionen konnen einen negativen Einfluss auf den Faktorpreisausgleich haben Weiterfuhrend Stolper Samuelson Theorem Zwar ist einerseits eine Annaherung der Faktorpreise zu beobachten andererseits unterscheiden sich die Lohne jedoch zum Teil massiv Im Vergleich Deutschland und Sudkorea liegen diese Lohnunterschiede im Produktionsbereich beim Zehnfachen und im Dienstleistungsbereich noch beim Achtfachen Selbst bei einem Vergleich zwischen Deutschland und Frankreich sind die Lohne im Dienstleistungssektor zwar nahezu identisch jedoch sind diese in der Produktion 20 hoher Der Hauptgrund ist hierfur insbesondere in der Technologie Ausbildung Qualifizierung zu suchen Stand 2011 17 Auch die Arbeitskosten im verarbeitenden Gewerbe unterliegen im weltweiten Vergleich zueinander enormen Schwankungen und entsprechen nicht den Vorhersagen des Faktorpreisausgleichstheorems Wahrend eine Arbeitsstunde in Polen 8 25 USD kostet so kostet diese in Deutschland 45 79 USD Stand 2015 Arbeitskosten im Verarbeitenden Gewerbe Abgerufen am 17 Juni 2015 Literatur BearbeitenMax Albert Das Faktorpreisausgleichstheorem Mohr Verlag Tubingen 1994 ISBN 3 16 146229 7 Manfred Borchert Aussenwirtschaftslehre Springer Gabler Wiesbaden 2001 ISBN 3 409 63907 1 Manfred Borchert Das Lerner Samuelson Theorem In Wirtschaftswissenschaftliches Studium WiSt 4 Jg Heft 3 Marz 1975 S 146 147 Karl Morasch Florian Bartholomae Handel und Wettbewerb auf globalen Markten 2 aktualisierte und erweiterte Auflage Springer Gabler Wiesbaden 2017 ISBN 978 3 658 16043 2 Klaus Rose Theorie der Aussenwirtschaft Verlag Vahlen Munchen 1999 ISBN 3 8006 2450 8 Gabler Verlag Gablers Wirtschaftslexikon 16 Auflage Gabler Verlag Wiesbaden 2004 ISBN 3 409 10386 4 Paul R Krugman Maurice Obstfeld Internationale Wirtschaft Theorie und Politik der Aussenwirtschaft 7 Auflage Pearson Education Munchen 2009 ISBN 3 8273 7199 6 Weblinks BearbeitenBasistabelle Arbeitskosten im internationalen VergleichEinzelnachweise Bearbeiten Manfred Borchert Das Lerner Samuelson Theorem in WiSt 3 1975 S 146 147 Manfred Borchert Aussenwirtschaftslehre 7 Auflage 2001 S 76 ISBN 978 3 409 63906 4 Albert Max Das Faktorpreisausgleichstheorem 1994 S 78 ISBN 978 3 16 146229 0 Albert Max Das Faktorpreisausgleichstheorem 1994 S 85 Albert Max Das Faktorpreisausgleichstheorem 1994 S 95 Paul T Ellsworth International Economics 1938 S 38 f Manfred Borchert Aussenwirtschaftslehre 7 Auflage 2001 S 76 Albert Max Das Faktorpreisausgleichstheorem 1994 S 125 Albert Max Das Faktorpreisausgleichstheorem 1994 S 155 Albert Max Das Faktorpreisausgleichstheorem 1994 S 177 Juergen B Donges Kai Menzel Philipp Paulus Globalisierungskritik auf dem Prufstand Ein Almanach aus okonomischer Sicht 2003 S 43 Klaus Rose Theorie der Aussenwirtschaft 1999 S 419 ISBN 978 3 8006 3287 9 Klaus Rose Theorie der Aussenwirtschaft 1999 S 419 nach Karl Morasch Florian Bartholomae Handel und Wettbewerb auf globalen Markten 2017 S 94 ISBN 978 3 658 16043 2 Karl Morasch Florian Bartholomae Handel und Wettbewerb auf globalen Markten 2017 S 94 Karl Morasch Florian Bartholomae Handel und Wettbewerb auf globalen Markten 2017 S 95 Karl Morasch Florian Bartholomae Handel und Wettbewerb auf globalen Markten 2017 S 95 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Faktorpreisausgleichstheorem amp oldid 239688898