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Das Stolper Samuelson Theorem ist in der Aussenhandelstheorie ein Lehrsatz der besagt dass nach Anstieg des Preises eines Handelsguts das Faktoreinkommen desjenigen Produktionsfaktors steigt der intensiver in der Produktion des betreffenden Gutes verwendet wird Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklung des Theorems 2 Aussage des Theorems 2 1 Verteilungseffekt 2 2 Magnification Effekt 3 Herleitung 3 1 Mathematischer Zugang 3 2 Grafischer Zugang 4 Beispiel 5 Anwendung 6 Kritik 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseEntwicklung des Theorems BearbeitenDas 1932 entwickelte Ricardo Viner Modell ging davon aus dass durch Spezialisierung die Faktormobilitat sinkt so dass beispielsweise der Produktionsfaktor Arbeit in einer Rezession zu sektoraler Arbeitslosigkeit fuhrt weil Arbeitskrafte zunachst einer Umschulung bedurfen und nicht ohne weiteres jede offene Stelle besetzen konnen 1 Das hierauf aufbauende Stolper Samuelson Theorem wurde erstmals 1941 von den amerikanischen Volkswirten Wolfgang F Stolper und Paul Anthony Samuelson bewiesen die sich an der Harvard Universitat in Cambridge kennenlernten Dort schloss Stolper 1938 sein Okonomiestudium ab und Samuelson erhielt 1941 seine Promotion Das entwickelte Theorem gilt neben dem Rybczynski Theorem dem Heckscher Ohlin Theorem und dem Faktorausgleichstheorem als Bestandteil des Heckscher Ohlin Modells und gliedert sich somit in die traditionellen Faktorproportionenmodelle ein Der ursprunglichen Version liegen funf einschrankende idealtypische Annahmen zugrunde Es liegen vollkommene Markte vor die nicht durch personliche sachliche zeitliche oder raumliche Praferenzen gekennzeichnet sind und auf denen vollkommene Markttransparenz herrscht Die auf dem Markt angebotenen Guter sind homogen und die Marktanpassungsprozesse geschehen sofort Es bestehen konstante Skalenertrage so dass bei Veranderung der Inputfaktoren der Output im gleichen Verhaltnis proportional ansteigt Es werden ausschliesslich zwei verschiedene Guter produziert In der Produktion werden nur zwei Produktionsfaktoren eingesetzt welche begrenzt vorhanden sind Die Faktoren sind zwischen den Produktionsstatten vollstandig mobil Grunde fur die Guterpreisveranderung wurden in handelspolitischen Massnahmen Einfuhrung von Zollen gesehen und es wurden nur die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital betrachtet 2 Aussage des Theorems BearbeitenEs lassen sich folgende zwei Effekte aus dem Theorem ableiten Verteilungseffekt Bearbeiten Unter den gegebenen Annahmen fuhrt ein Anstieg des relativen Preises eines Gutes etwa infolge der Aufnahme von Handelsbeziehungen zur Erhohung der realen Entlohnung des Faktors der in der Produktion intensiv genutzt wird Die Entlohnung des anderen Faktors sinkt 3 Magnification Effekt Bearbeiten Dieser Effekt besagt dass der relative Preisanstieg der Guterpreise einen uberproportionalen Effekt auf den Faktorpreis hat welcher zur Produktion des Gutes intensiv genutzt wird Weiterhin fuhren die mobilen Produktionsfaktoren bei Angleichung der relativen Guterpreise auch zur Angleichung der relativen Faktorpreise fur die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital Herleitung BearbeitenMathematischer Zugang Bearbeiten Angenommen in einer Wirtschaft werden nur zwei Guter Textilien und Stahl produziert wobei Arbeit und Kapital die einzigen Produktionsfaktoren sind Im Folgenden wird die Textilproduktion als arbeitsintensiver und die Stahlproduktion als kapitalintensiver Wirtschaftszweig dargestellt Unter arbeitsintensiver Produktion ist zu verstehen dass die Bedeutung des Produktionsfaktors Arbeit ein hoherer Stellenwert zugerechnet wird als anderen Produktionsfaktoren Kapital 4 Eine Produktion gilt als kapitalintensiv wenn die Kostenstruktur durch einen im Vergleich zu anderen Kostenarten Arbeit hohen Anteil an Kapitalkosten gekennzeichnet ist 5 Der Preis eines Gutes wird aus den Grenzkosten gebildet Unter diesen Bedingungen kann das Theorem wie folgt abgeleitet werden Die Preise von Textilien und Stahl setzen sich zusammen aus I P T a T r b T w I I P S a S r b S w displaystyle begin aligned I P T a T cdot r b T cdot w II P S a S cdot r b S cdot w end aligned nbsp wobei gilt P T Preis fur Textilien P S Preis fur Stahl r rate Zinssatz w wage Lohn a eingesetzte Mengen von Kapital b eingesetzte Mengen von Arbeit displaystyle begin aligned P T amp text Preis fur Textilien P S amp text Preis fur Stahl r text rate amp text Zinssatz w text wage amp text Lohn a amp text eingesetzte Mengen von Kapital b amp text eingesetzte Mengen von Arbeit end aligned nbsp PostulateSteigt der Preis P T displaystyle P T nbsp des produzierten Gutes Textilien so wird auch mindestens einer seiner Faktoren teurer Aufgrund der Tatsache dass die Textilproduktion ein arbeitsintensiver Wirtschaftszweig ist kann davon ausgegangen werden dass die Kosten des Produktionsfaktors Arbeit Lohn steigen Steigen die Lohne dann mussen die Zinsen fallen dass Gleichung II weiterhin zutrifft Ein Ruckgang der Zinsen beeinflusst aber auch Gleichung I Damit diese ihre Gultigkeit behalt muss der Anstieg der Lohne uberproportional zum Anstieg des Preises fur Textilien sein Ein Anstieg des Preises eines Gutes bewirkt einen uberproportionalen Anstieg der Entlohnung des am intensivsten eingesetzten Faktors wohingegen die Entlohnung des anderen Faktors ceteris paribus absolut sinkt Grafischer Zugang Bearbeiten nbsp Allgemeines Grafisches BeispielPunkt E stellt das Gleichgewicht von Lohn w1 und Zinssatz r1 dar wenn die Preise von P S und P T gleich den Grenzkosten sind Angenommen der Preis von Stahl P S steigt zum Beispiel durch die Erhebung von Zollen oder wenn ein Land sich von Autarkie zu freiem Handel entwickelt dann verschiebt sich die blaue Linie nach oben und ein neues Gleichgewicht im Punkt F stellt sich ein Diese Verschiebung verursacht einen Anstieg des Zinssatzes von r1 nach r2 und einen Ruckgang der Gleichgewichtslohne von w1 nach w2 Wenn also der Preis fur Stahl steigt steigt auch die Entlohnung des in der Produktion am intensivsten genutzten Faktors wahrend die Entlohnung des Faktors Arbeit sinkt Beispiel Bearbeiten nbsp Diese Grafik verdeutlicht das links nebenstehende Beispiel I P S a S r b S w displaystyle P S a S cdot r b S cdot w nbsp II P T a T r b T w displaystyle P T a T cdot r b T cdot w nbsp Im folgenden Beispiel werden fur die eingesetzte Menge der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital folgende Variablen verwendet a S 2 b S 1 a T 1 b T 2 displaystyle begin aligned a S 2 b S 1 a T 1 b T 2 end aligned nbsp Fur die Preise der jeweiligen Guter Textilien T displaystyle T nbsp und Stahl S displaystyle S nbsp werden folgende Werte angenommen P S 4 displaystyle P S 4 nbsp P T 5 displaystyle P T 5 nbsp Daraus ergeben sich die folgenden zwei Formeln I 4 2 r 1 w displaystyle 4 2 cdot r 1 cdot w nbsp II 5 1 r 2 w displaystyle 5 1 cdot r 2 cdot w nbsp Wenn man diese Formeln gleichsetzt und nach Zins r displaystyle r nbsp und Lohn w displaystyle w nbsp umstellt ergeben sich folgende Werte r 1 displaystyle r 1 nbsp w 2 displaystyle w 2 nbsp Geht man nun von einer Preissteigerung des Gutes Stahl P S displaystyle P S nbsp von 4 auf 5 aus ergibt sich folgende Formel I 5 2 r 1 w displaystyle 5 2 cdot r 1 cdot w nbsp II 5 1 r 2 w displaystyle 5 1 cdot r 2 cdot w nbsp Durch die Preissteigerung ergeben sich fur die Lohne und Zinsen folgende Werte r 5 3 displaystyle r tfrac 5 3 nbsp w 5 3 displaystyle w tfrac 5 3 nbsp Es lassen sich durch das Beispiel zwei Effekte visualisieren Verteilungseffekt Im Beispiel sinkt w displaystyle w nbsp von 2 displaystyle 2 nbsp auf 5 3 displaystyle tfrac 5 3 nbsp Preissenkung um 17 und r displaystyle r nbsp steigt von 1 displaystyle 1 nbsp auf 5 3 displaystyle tfrac 5 3 nbsp Preissteigerung um 66 Dies wird in der Grafik durch den schwarzen Pfeil zwischen w 1 displaystyle w 1 nbsp und w 2 displaystyle w 2 nbsp verdeutlicht Magnification Effect Im Beispiel steigt r displaystyle r nbsp uberproportional Preissteigerung von r displaystyle r nbsp um 66 im Vergleich zur Preissteigerung von P S displaystyle P S nbsp um 25 In der nebenstehenden Grafik verdeutlicht dies der schwarze Pfeil zwischen r 1 displaystyle r 1 nbsp und r 2 displaystyle r 2 nbsp ES lasst sich beobachten dass das Preisniveau insgesamt steigt Verdeutlicht wird dies in der Beispielgrafik durch den blauen Pfeil Anwendung BearbeitenWeiterfuhrende empirische Untersuchungen u a von Jose Scheinkman Ronald W Jones 6 haben ergeben dass grundlegende Elemente des Theorems generalisiert und auch bei globaleren Betrachtungen zu Rate gezogen werden konnen So lassen sich die Effekte der ansteigenden Globalisierung auf die Einkommensverteilung in entwickelten Landern und den daraus resultierenden langfristigen handelspolitischen Bundnissen zwischen diesen Landern erklaren Anhand des Theorems konnen allgemeine Aussagen uber den Zusammenhang zwischen Guterpreisen und realen Faktoreinkommen getroffen werden Die Ursachen welche zu diesen Veranderungen fuhren sind fur das Theorem unerheblich Kritik BearbeitenEine Voraussetzung des Stolper Samuelson Theorems sind die linear homogenen Produktionsfunktionen also die konstanten Skalenertrage die lediglich den relativen Faktoreinsatz nicht jedoch die absoluten Produktionsmengen berucksichtigen Steigende Skalenertrage bilden beispielsweise einen Anreiz zur Steigerung der Produktionsmengen In diesem Fall wurde die Entlohnung nach dem Grenzerlosprodukt erfolgen im Widerspruch zu Samuelson und Stolper 7 Veroffentlichungen die Erzeugerpreise mit relativen Lohnanderungen vergleichen erkennen eine massige bis starke Bestatigung des Stolper Samuelson Theorems etwa Beyer et al 1999 fur Chile 8 Robertson 2004 fur Mexico 9 und Gonzaga et al 2006 fur Brasilien 10 Literatur BearbeitenWilfried J Ethier Moderne Aussenwirtschaftstheorie Oldenbourg Munchen 1997 ISBN 3 486 23980 5 W F Stolper P A Samuelson Protection and Real Wages In Review of Economic Studies 9 1941 S 58 73 doi 10 2307 2967638 Rolf Peffekoven Zolle und Lohnquote Duncker amp Humblot 1966 DNB 457781475 Klaus Rose Karlhans Sauernheimer Theorie der Aussenwirtschaft Vahlen Munchen 2006 ISBN 3 8006 3287 X J Peter Neary History of the Theorem Centre for Economic Policy Research London 2004 Weblinks BearbeitenSteven M Suranovic The Stolper Samuelson Theorem engl J Peter Neary The Stolper Samuelson Theorem Enzyklopadie der Weltwirtschaft seit 1450 engl PDF Datei 14 kB Einzelnachweise Bearbeiten Jacob Viner The Doctrine of Comparative Costs in Review of World Economics 36 2 1932 S 356 414 J Peter Neary The Stolper Samuelson Theorem In John J McCusker u a Hrsg History of World Trade Since 1450 Thomson Gale Detroit Munchen u a 2006 ISBN 0 02 865840 X W F Stolper P A Samuelson Protection and Real Wages In Review of Economic Studies 9 1941 S 70 Springer Gabler Verlag Herausgeber Gabler Wirtschaftslexikon Stichwort arbeitsintensiv online im Internet http wirtschaftslexikon gabler de Archiv 72890 arbeitsintensiv v6 html Springer Gabler Verlag Herausgeber Gabler Wirtschaftslexikon Stichwort kapitalintensiv online im Internet http wirtschaftslexikon gabler de Archiv 72892 kapitalintensiv v4 html J Peter Neary History of the Theorem Centre for Economic Policy Research London 2004 Rolf Peffekoven Zolle und Lohnquote 1966 S 100f Beyer H P Rojas and R Vergara 1999 Trade Liberalization and Wage Inequality Journal of Development Economics Vol 59 pp 103 123 Robertson Raymond 2004 Relative Prices and Wage Inequality Evidence from Mexico Journal of International Economics Vol 64 no 2 December pp 387 409 Gonzaga Gustavo Naercio Menezes Filho and Christina Terra Trade Liberalization and the Evolution of Skill Earnings Differentials in Brazil Journal of International Economics 68 no 2 March 2006 345 367 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stolper Samuelson Theorem amp oldid 229258633