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Die Kunst und Wunderkammer der wurttembergischen Herzoge war eine vorwiegend der Reprasentation dienende Sammlung von Kunstwerken Naturalien und Kuriositaten die von Herzog Friedrich I begrundet wurde Heute ist die Sammlung inszenierter Bestandteil des Museumskonzeptes Wahre Schatze im Landesmuseum Wurttemberg und wird im Stuttgarter Alten Schloss gezeigt Sie ist auch die Vorgangersammlung des Staatlichen Museums fur Naturkunde Stuttgart Idealisierte Ansicht der Kunstkammer im Alten Lusthaus mit dem heute noch erhaltenen runden Musiktisch Radierung um 1670Blick in die heutige Kunstkammer Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Exponate Auswahl 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenEine erste Erwahnung findet sich im Jahre 1596 in einem Bericht des Basler Arztes Felix Platter Herzog Friedrich I der von 1593 bis 1608 regierte hatte Kunstverstandnis und historische Interessen Er legte den Grundstock der Sammlung an die zunachst aus mitgebrachten Objekten seiner Reisen nach Italien Ungarn und in Gebiete des heutigen Osterreichs bestand Schon vor seinem Regierungsantritt in Wurttemberg veranlasste er Grabungen nach romischen Artefakten in Mandeure das zu seiner Herrschaft Mompelgard gehorte Auf ihn geht auch die Anlage einer Munzsammlung zuruck Um 1598 bis 1600 versuchte Friedrich fur seine Wunderkammer Munzen zu bekommen die angeblich durch die Beruhrung einer verhexten Magd zu Gold geworden sein sollten Um 1600 besuchte der Herzog in Venedig Kunsthandler und kaufte Antiquitaten Er sammelte auch Objekte aus der Neuen Welt Alte Rechnungen belegen dass er in Nurnberg von Levinus Hulsius indianische Sachen gekauft habe Allerdings wurde damals sowohl die amerikanische als auch die ostasiatische Kultur als indianisch bezeichnet Aus noch nicht sakularisierten Klostern liess Friedrich silbernes Gerat beschlagnahmen um es in seiner Schatzkammer zu verwahren Nach dem Tode der Herzogin Sibylla 1614 gelangten Teile ihres Nachlasses in die Kunstkammer Dazu gehoren die beiden Pokale aus Perlmutt in Schneckenform gefasst in Gold Schalen und Becher aus Elfenbein sowie ein mit Edelsteinen verzierter schwarzer Schreibtisch das sogenannte Mompelgarder Kabinett In der Kammer befanden sich auch die Stammkleinodien das waren Schmuckstucke die nicht verkauft werden durften Es handelte sich bei diesen Kleinodien vorwiegend um Stucke mit hohem Materialwert deren kunstlerischer Wert nach heutigen Massstaben hingegen nicht sehr hoch eingeschatzt wird Aus dem Jahr 1616 liegt eine ausfuhrliche Beschreibung durch den reisenden Kunstagenten Philipp Hainhofer vor nbsp Bacchus mit Trauben pressendem Faun 16 Jahrhundert Im Jahr 1634 nach der Schlacht von Nordlingen im Dreissigjahrigen Krieg wurde die Sammlung geplundert und unter den Siegern aufgeteilt Wieder aufgebaut und erweitert wurde sie durch Johann Friedrichs Nachfolger dem Herzog Eberhard III nach seiner Ruckkehr aus Strassburg Er liess sie 1642 im Stuttgarter Neuen Lusthaus prasentieren und zur Betreuung einen Archivar einstellen Bestand die Sammlung der Kunstkammer ursprunglich vor allem aus Stucken der klassischen vor allem romischen Antike kamen spater auch Munzsammlungen Naturalien aller Art Geschirr Geschenke anderer Fursten und Kuriositaten unterschiedlichster Art hinzu Die Herzoge nutzten die Kunstkammer um ihren Gasten bei Festen ihre Schatze zu zeigen die Unterhaltung zu fordern und sie mit anderen furstlichen Sammlungen zu vergleichen auch um Ankaufe zu besprechen 1886 wurde sie als Konigliches Kunstkabinett zu einem Museum umgestaltet das heute Bestandteil im Konzept des Landesmuseums Wurttemberg ist Zur Kunstkammer gehorte ursprunglich auch eine 1611 1612 im Neuen Bau eingerichtete Rustkammer die vor allem Waffen und Rustungen enthielt sowie 11 Pferde und Reiter und eine grosse Zahl an Turnierausrustungen Vorbild dieser Rustkammer war fur Herzog Johann Friedrich eine vergleichbare Einrichtung des Grossherzogs Ferdinand I in Florenz die Friedrich im Jahr 1600 besucht hatte 1 2 Exponate Auswahl Bearbeiten nbsp Homunkulus im Glaskasten nbsp Aztekischer Federschild Maander und Sonne um 1520 Das einzige original erhaltene Mobelstuck aus der ursprunglichen Kunstkammer ist ein runder Tisch fruher mit einem aufgesetzten Globus auf dessen etwa zwei Meter im Durchmesser messender Platte Notensatze und Liedtexte zur Ehre des Herzogs stehen Aus der romischen Antike stammt die Statue eines Iupiter Dolichenus Bild die etwa 1655 im Hafen von Marseille gefunden wurde Es ist das einzige identifizierte Objekt aus der Antike des Mittelmeerraums in der Kunstkammer Es tragt die lateinische Inschrift DEO DOLICHENIO OCT PATERNVS EX IVSSV EIVS PRO SALVTE SVA ET SVORVM Die Kunstkammer enthalt viele bemerkenswerte Exponate darunter den Panzer einer karibischen Karettschildkrote aus der Zeit um 1600 die mit dem wurttembergischen Wappen bemalt ist Bild 1777 kam der Unterkiefer eines Walrosses hinzu der ursprunglich als Teil eines Flusspferdes aufgefasst wurde Er tragt die Inschrift Hippopotami Bild Neben Naturalien gibt es auch Repliken der grossen bekannten Kunstwerke der Zeit Der Merkur aus dem 17 Jahrhundert nach Giovanni Bolognas Werk von 1580 war in fast allen Kunstkammern der europaischen Furstenhauser vorhanden Bild Eine Replik nach Michelangelo aus dem 16 Jahrhundert stellt die Bronze Trunkener Bacchus aber ohne Trinkgefass dar Bild Im 17 Jahrhundert waren die Werke Albrecht Durers sehr bekannt und beliebt In der Kunstkammer gibt es den Triumphzug Kaiser Maximilians I als Relief aus dem 17 Jahrhundert vermutlich in Augsburg hergestellt Weitere Objekte sind Jagdtrophaen nautische und astronomische Instrumente sowie christliche Gegenstande darunter ein Reliquienschrein in Basilikaform aus Elfenbein Koln etwa 1200 Bild oder ein Reliquienkastchen ebenfalls Elfenbein das aus dem Jahr 1000 aus Byzanz stammen soll Auch Stucke aus Ubersee sind in der herzoglichen Kunstkammer erhalten geblieben Aus der mittelamerikanischen Aztekenkultur um 1520 stammen zwei leuchtend farbige Federschilde mit maanderartigem geometrischem Muster die 1599 nach Stuttgart gelangten Bild Weltweit gibt es noch zwei weitere dieser Schilde je eins in Wien und Mexiko Diese Schilde wurden bei Kostumumzugen getragen Doch nicht nur ernsthafte Objekte enthalt die Kammer Eberhard III war offenbar als barocker Furst auch dem derben Humor nicht abgeneigt 1669 liess er eine kleine Bronzefigur aus den Niederlanden Mitte des 17 Jahrhunderts aufstellen ein von Metall gegossenes Bauerlein so ein Tobacktrinker und zumal sein Notdurft s v verricht dass solches hinfuro das Wortzeichen sein soll wan man ein rauchkerz darunter stellt blast er an unterschiedlichen Orten rauch von sich aus den Inventarverzeichnissen von 1705 und 1723 Werner Fleischhauer schreibt dazu Es liegt ein in seiner Widerspruchlichkeit echt barocker Gedanke darin dass ausgerechnet eine so derbdrastische Figur zum Symbol einer Sammlung wurde der der Herzog eben jetzt zu einem gewissen Grade eine wissenschaftliche Aufgabe gestellt hatte 3 Literatur BearbeitenWerner Fleischhauer Die Geschichte der Kunstkammer der Herzoge von Wurttemberg in Stuttgart W Kohlhammer Stuttgart 1976 ISBN 3 17 002773 5 Carola Fey Kunstkammer der Herzoge von Wurttemberg in Stadtarchiv Stuttgart Hg Digitales Stadtlexikon publiziert am 23 Juni 2022 Landesmuseum Wurttemberg Hrsg Die Kunstkammer der Herzoge von Wurttemberg Bestand Geschichte Kontext arthistoricum net Heidelberg 2019 doi 10 11588 arthistoricum 602 Katharina Kuster Ulrike Andres u a Wahre Schatze Kunstkammer Landesmuseum Wurttemberg Stuttgart 2016 ISBN 978 3 7995 1142 1 Katharina Kuster Heise Matthias Ohm Italien und Wurttemberg Italienische Objekte in der Kunstkammer Herzogs Friedrichs I von Wurttemberg In Lutz Muller u a Hrsg Vivant artes vivant amici Freundesschrift zum 90 Geburtstag des Kunsthistorikers Herwarth Rottgen opus magnum Stuttgart 2022 ISBN 978 3 95612 116 6 S 227 237 Julius von Schlosser Die Kunst und Wunderkammern der Spatrenaissance Ein Beitrag zur Geschichte des Sammelwesens Leipzig 1908 Weblinks BearbeitenSchausammlung zur Kunstkammer im Alten Schloss in Stuttgart Landesmuseum Wurttemberg Inventar des Landesarchivs Baden Wurttemberg Wurttembergische KunstkammerEinzelnachweise Bearbeiten Katharina Kuster Ulrike Andres u a Wahre Schatze Kunstkammer Landesmuseum Wurttemberg Stuttgart 2016 ISBN 978 3 7995 1142 1 S 11 ff Werner Fleischhauer Die Geschichte der Kunstkammer der Herzoge von Wurttemberg in Stuttgart W Kohlhammer Stuttgart 1976 ISBN 3 17 002773 5 Werner Fleischhauer Die Geschichte der Kunstkammer der Herzoge von Wurttemberg in Stuttgart W Kohlhammer Stuttgart 1976 ISBN 3 17 002773 5 S 85 Normdaten Werk GND 1123250634 lobid OGND AKS VIAF 194148449885915692887 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kunst und Wunderkammer der wurttembergischen Herzoge amp oldid 238500514