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Philipp Hainhofer 21 Juli 1578 in Augsburg 23 Juli 1647 ebenda war ein deutscher Kaufmann Kunstagent Nachrichtenkorrespondent und Diplomat Aufgrund seiner weit gefacherten Tatigkeit gehort er zu den schillerndsten Figuren im Augsburg des 17 Jahrhunderts und geniesst heute unter Kunst und Kulturhistorikern einige Bekanntheit Philipp Hainhofer Zeichnung von Lucas Kilian 1623 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Familie 1 2 Kindheit und Jugend 1 3 Geschafte und Soziales 1 4 Kriegsjahre 2 Siehe auch 3 Werke 4 Literatur 5 WeblinksLeben BearbeitenFamilie Bearbeiten nbsp Ahnentafel Philipp HainhofersDie Familie Hainhofer ist seit 1370 in Augsburg nachweisbar Ihre Mitglieder waren traditionellerweise im Handel mit Textilien tatig Philipp Hainhofers Grossvater Melchior Hainhofer 1500 1577 schaffte den Aufstieg vom einfachen Handler im Textilsektor zum Kaufmann mit Vermogen und Ansehen Auch durch geschickte Heiratsverbindungen mit den angesehensten Augsburger Geschlechtern konnte die Familie Hainhofer ihren sozialen Aufstieg konsolidieren Bereits 1544 erhielt der erwahnte Melchior von Kaiser Karl V einen Wappenbrief 1578 wurde sein Sohn Philipps Vater von Kaiser Rudolf II in den rittermassigen Adelsstand mit Wappenmehrung erhoben Die Aufnahme der Familie ins Augsburger Stadtpatriziat hingegen erfolgte erst 1632 unter Philipp Hainhofers Agide Kindheit und Jugend Bearbeiten Philipp Hainhofer wurde am 21 Juli 1578 als elftes von funfzehn Kindern des Melchior Hainhofer 1539 1583 und der Barbara Hormann von und zu Gutenberg geboren Nach dem fruhen Tod des Vaters zog die Mutter irgendwann zwischen 1583 und 1586 mit ihren Kindern mit Ausnahme des altesten Sohns Christoph nach Ulm Im Allgemeinen wird dieser Umzug mit dem in Augsburg besonders heftig ausgetragenen Kalenderstreit in Verbindung gebracht wobei sich jedoch die genaueren Umstande und zeitlichen Abfolgen als unklar erwiesen haben Philipp Hainhofer kehrte jedenfalls erst um 1593 94 nach Augsburg zuruck jedoch nur um kurze Zeit spater mit seinem jungeren Bruder Hieronymus sowie dem als Prazeptor angestellten Dr Hieronymus Bechler zu einer ausgedehnten Bildungsreise aufzubrechen Die Reise fuhrte von Augsburg zunachst nach Padua wo die Bruder Hainhofer zwei Jahre den Studien an der dortigen beruhmten Universitat widmeten dann weiter nach Siena wo noch einmal einige Monate fur das Universitatsstudium aufgewendet werden Dazwischen und auch auf dem Heimweg wurden immer wieder langere Abstecher gemacht um die Sehenswurdigkeiten und Kulturschatze der weiteren Gegend kennenzulernen so unter anderem nach Rom und nach Neapel Im Herbst 1596 langten die Bruder Hainhofer wieder im heimatlichen Augsburg an Dort trennten sich ihre Wege Philipp Hainhofer reiste bereits einen Monat spater wieder ab diesmal nach Koln um dort seine Studien fortzusetzen Sein Lernziel war es nach der italienischen nun auch die franzosische Sprache zu erlernen Doch da sein Lehrer bei dem er auch Wohnung nahm ursprunglich aus Brabant stammte hatte er Gelegenheit ausserdem auch Flamisch zu lernen 1597 zwang eine in Koln grassierende Pestepidemie den gesamten Haushalt des Lehrers samt Studenten die Stadt zu verlassen und nach Amsterdam zu fliehen Auch hier betrieb Hainhofer seine Studien und bereiste das Umland der Stadt Im Herbst 1598 machte er sich endgultig auf den Heimweg nach Augsburg allerdings nicht ohne die Reise wiederum fur zahlreiche Besichtigungen und Abstecher zu nutzen Hainhofers Bildung und Ausbildung basiert also auf einer Kombination von Reisen und Universitatsbesuchen wie sie damals fur Sohne des Adels und von reichen Kaufmannsfamilien ublich war Ihr Ziel war nicht Gelehrsamkeit im abstrakten Sinne vielmehr sollten in einem strategischen Ausbildungsprogramm diejenigen Fahigkeiten erworben werden die dem jungen Hainhofer im Umgang mit seiner zukunftigen gehobenen Kundschaft im Kaufmannsbetrieb der Familie nutzlich sein sollten Dazu gehorten sowohl Sprachen und Mathematik als auch Rechtswissenschaft und humanistisches Kulturgut sowie eine durch das viele Reisen unweigerlich gebildete Weltlaufigkeit und Gewandtheit im allgemeinen Sinn Geschafte und Soziales Bearbeiten Nach der Ruckkehr von seinen Studienreisen im Herbst 1598 liess sich Hainhofer in Augsburg nieder und verliess die Stadt abgesehen von kurzeren Geschafts und Badereisen nicht mehr Vermutlich arbeitete er zunachst in der Schreibstube des Familienunternehmens Nach dem Tod der Mutter 1604 begann er mit Versuchen ein eigenes Geschaft aufzubauen indem er Werbebriefe im eigenen Namen versandte und Waren auf eigene Rechnung herstellen oder importieren liess Parallel dazu arbeitete er zuweilen in fremden Diensten beispielsweise fur Christoph Fugger Grund fur diese Schritte waren wohl Differenzen zwischen den verschiedenen Teilhabern des Familienunternehmens Hainhofer Um 1610 11 hatte sich der Zusammenhalt zwischen den Teilhabern so weit gelockert dass das Unternehmen nur noch nominell bestand und eine vollige Auflosung ins Auge gefasst wurde Am 29 Oktober 1601 heiratete Hainhofer Regina Waiblinger eine Cousine mutterlicherseits aus bester Familie Diese Eheschliessung war fur den jungen Geschaftsmann in okonomischer Hinsicht uberaus vorteilhaft konnte er selbst bereits wohlhabend sein Vermogen durch die Mitgift seiner Braut doch betrachtlich vermehren Der Ehe entsprangen 1604 1606 und 1608 die Tochter Barbara Judith und Regina 1612 folgte ein Sohn Philipp der jedoch schon 1617 an Kindsblattern starb 1614 wurde Georg Ulrich geboren der einzige Sohn Hainhofers der bis ins Erwachsenenalter uberlebte Zwei weitere Tochter Augusta und Sophia folgten 1616 und 1618 Ausser Judith uberlebten alle Kinder ihren Vater und ausser Sophia und Georg Ulrich wurden alle ordentlich verheiratet Neben seiner beruflichen Tatigkeit als Kaufmann und bald auch als Dienstleister fur gehobene Klientschaft im weiteren Sinn vgl Tatigkeitsfelder betatigte sich Hainhofer auch in der Stadtpolitik Augsburgs Im Laufe seines Lebens bekleidete er verschiedene stadtische Amter 1605 wurde er in den Grossen Rat gewahlt 1614 an den Strafsitz berufen 1628 zum Zechpfleger von St Anna bestellt 1629 zum Assessor beim Stadtgericht gewahlt Kriegsjahre Bearbeiten Ein bedeutender Teil von Hainhofers Erwachsenenleben wurde vom Dreissigjahrigen Krieg uberschattet Zwar blieb er von den Seuchenzugen verschont die in Kriegszeiten immer wieder verheerend wirkten Doch verursachte der Krieg betrachtliche wirtschaftliche Schwierigkeiten Hainhofer war als Geldgeber an Kreditgeschaften mit der offentlichen Hand beteiligt die jedoch durch Krieg und Inflation zahlungsunfahig wurde und die Glaubiger nicht mehr befriedigen konnte Durch die Inflation verloren auch noch ausstehende Schulden von Klienten bei Hainhofer betrachtlich an Wert Abgesehen von diesen Verlusten die naturlich auf Hainhofers Kosten gingen nahm zudem die Zahlungsbereitschaft der meisten Kunden uberhaupt ab Da Hainhofer viele seiner Lieferungen aus der eigenen Kasse vorfinanzierte fuhrte dies dazu dass der eigentlich uberaus wohlhabende Hainhofer hohe Schulden machen musste die er zeit seines Lebens nicht mehr vollstandig abbauen konnte Ab 1629 verlor Hainhofer der protestantischer Konfession war im Zuge der Restitution alle seine offentlichen Amter Durch die Schikanen der zur alleinigen Macht gekommenen Katholischen sowie durch die durch Kontributionen Seuchen und Inflation verursachte Schwachung der Gesamtokonomie ging er in den folgenden Jahren eines Grossteils seines Vermogens verlustig nachdem er dieses trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten in den ersten Kriegsjahren sogar noch hatte vermehren konnen Hainhofer versuchte in dieser Zeit seinen verbliebenen Einfluss in der Stadt zu nutzen um bedrangten protestantischen Mitburgern beizustehen musste sich allerdings in Acht nehmen nicht selbst als Katholikenfeind in Verdacht zu geraten In der Tat wird im Fruhling 1632 ein als Obrigkeitsbeleidigung aufgefasstes Schreiben Hainhofers von der Zensur abgefangen dieser daraufhin unter Hausarrest gestellt und zur Aufnahme einer Reiterkompanie in sein Haus sowie zur Zahlung einer hohen Geldstrafe verurteilt Nur durch seine Gewandtheit im Umgang mit Menschen in diesem Fall durch geschickte Schmeichelei der zustandigen Offiziere gelang es Hainhofer nach einiger Zeit die Beschrankungen gegen ihn abzuwenden und das Bussgeld auf die halbe Hohe zu drucken Als sich im April 1632 schwedische Truppen der Stadt Augsburg bedrohlich naherten wurde Hainhofer von den Stadtpflegern mit der Organisation einer Zusammenkunft der Augsburger Protestanten betraut um deren Haltung zu einer allfalligen Ubergabe der Stadt an die Schweden zu ermitteln Dies belegt seine prominente Stellung innerhalb der protestantischen Augsburger Burgerschaft Nach dem Einzug der Schweden in Augsburg wendete sich das Blatt wieder zugunsten von Hainhofer er wurde zu einem wichtigen und vielbeschaftigten Mann der vom schwedischen Konig Gustav Adolf mit Ehrenbezeugungen uberhauft wurde So gehorte die Familie Hainhofer zu den dreizehn protestantischen Augsburger Familien die von Gustav Adolf ins Patriziat erhoben wurden Daraufhin konnte Hainhofer nicht nur in den Grossen Rat zuruckkehren sondern war nun neu auch fur das Amt des Oberaufsehers der stadtischen Bauten wahlbar in das der schwedische Konig ihn nun einsetzte Anders als die Bezeichnung vermuten lasst hatte ein Baumeister in Augsburg nicht nur das Bauwesen unter sich sondern auch und vor allem die Ausgaben des stadtischen Haushalts Das Amt war mithin eines der wichtigsten in den Laufen der Stadtpolitik und es war fur Hainhofer sicher eine Ehre es zugesprochen zu erhalten Anekdoten uber Hainhofer aus der sogenannten Schwedenzeit sind zahlreich wobei bei ihrer Auswertung eine gewisse Vorsicht geboten ist da die meisten von ihnen ausschliesslich von Hainhofer selbst uberliefert sind Hainhofers Rolle in dieser Zeit da er fur den schwedischen Konig eine Vielzahl von zum Teil auch zweifelhaften Diensten erbrachte ist insofern umstritten als schwer zu entscheiden ist wie sehr er dabei von echten politischen Uberzeugungen geleitet wurde wie sehr stattdessen von Zwang oder Opportunismus Zweifellos war die Schwedenzeit fur Hainhofer eine erfolgreiche Zeit in der er gesellschaftlich aufsteigen politische Karriere machen und geschaftliche Erfolge verbuchen konnte In dieselbe Zeit fallen aber auch personliche Verluste in der Familie und ein weiterer Ruckgang des Vermogens Hainhofer starb 1647 vermutlich an den Folgen eines Schlaganfalls Haupterbe war sein Sohn Georg Ulrich Hainhofer 1614 1659 Um Hainhofers schriftlichen Nachlass bemuhte sich Herzog August II von Braunschweig Luneburg fur den er seit 1610 uber Jahrzehnte als Agent Faktor und Korrespondent tatig war Daher gelangten nach dem Tod Georg Ulrichs 1659 Philipp Hainhofers Reiserelationen alle Kopierbucher seiner Briefe zwei seiner insgesamt vier Stammbucher sowie seine Lautenbucher nach Wolfenbuttel wo sie 1660 1663 in den Katalog der herzoglichen Bibliothek eingetragen wurden Siehe auch BearbeitenHainhofer Patrizier Werke BearbeitenReise Tagebuch enthaltend Schilderungen aus Franken Sachsen der Mark Brandenburg und Pommern Stettin 1834 Online Google Der Briefwechsel zwischen Philipp Hainhofer und Herzog August d J von Braunschweig Luneburg bearb von Ronald Gobiet Munchen 1984 Reiseberichte und Sammlungsbeschreibungen 1594 1636 Edition und Datensammlung zur Kunst und Kulturgeschichte der ersten Halfte des 17 Jahrhunderts Hrsg von Michael Wenzel Wolfenbuttel 2020ff Grosses Stammbuch 1596 1647 Literatur BearbeitenPhilipp Hainhofes Lebenslauf im Vorwort zu seinem Reise Tagebuch Stettin 1834 S XXI XXXII Online Google Oscar Doering Hainhofer Philipp In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 49 Duncker amp Humblot Leipzig 1904 S 719 721 Oscar Doering Des Augsburger Patriciers Philipp Hainhofer Beziehungen zum Herzog Philipp II von Pommern Stettin Correspondenzen aus den Jahren 1610 1619 Quellenschriften fur Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Neuzeit 6 Graeser Wien 1896 Friedrich Blendinger Hainhofer Philipp In Neue Deutsche Biographie NDB Band 7 Duncker amp Humblot Berlin 1966 ISBN 3 428 00188 5 S 524 f Digitalisat Dorothea und Peter Diemer Notizen zu Hainhofers Berichten vom Munchner Hof In Michael Wenzel Wolfgang Augustyn Andreas Tacke Hrsg Ekphrasis und Residenz Hofische Kultur und das Medium des Reiseberichts im Zeitalter der Konfessionalisierung um 1600 Ekphrasis and court Court culture and the travelogue in the age of confessionalization Michael Imhof Petersberg 2023 Hainhoferiana Studien zur Kunst und Kulturgeschichte Schwabens und Europas 1 Veroffentlichungen des Zentralinstituts fur Kunstgeschichte in Munchen 65 ISBN 978 3 7319 1114 2 S 34 55 Sven Limbeck Philipp Hainhofers Lautenbucher in Klaus Niehr Judith Tralles Hrsg Welfen Sammeln Durer Ausstellungskataloge der Herzog August Bibliothek 100 Wiesbaden 2019 S 252 257 Joachim Ludtke Die Lautenbucher Philipp Hainhofers 1578 1647 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1999 ISBN 3 525 27904 3 Eine Untersuchung zu einem Spezialthema der jedoch die bisher ausfuhrlichste allgemeine Biografie Hainhofers vorangestellt ist Rafal Makala Die Residenz als eine Konstellation von Bauten Stettin im Spiegel von Philipp Hainhofers Beschreibung von 1617 und anderen Quellen In Michael Wenzel Wolfgang Augustyn Andreas Tacke Hrsg Ekphrasis und Residenz Hofische Kultur und das Medium des Reiseberichts im Zeitalter der Konfessionalisierung um 1600 Ekphrasis and court Court culture and the travelogue in the age of confessionalization Michael Imhof Petersberg 2023 Hainhoferiana Studien zur Kunst und Kulturgeschichte Schwabens und Europas 1 Veroffentlichungen des Zentralinstituts fur Kunstgeschichte in Munchen 65 ISBN 978 3 7319 1114 2 S 68 76 Barbara Mundt Herzog Philipp II als Kunstsammler und sein Agent Philipp Hainhofer In Pommern Zeitschrift fur Kultur und Geschichte Heft 3 2009 ISSN 0032 4167 S 38 44 Bernd Roeck Philipp Hainhofer Unternehmer in Sachen Kunst in Louis Carlen Gabriel Imboden Hrsg Unternehmergestalten des Alpenraums im 17 Jahrhundert Vortrage des zweiten internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums Rotten Verlag Brig 1992 ISBN 3 907816 13 7 Michael Wenzel Philipp Hainhofers Beziehungen zu Herzog August d J zu Braunschweig Luneburg in Christoph Emmendorfer Christof Trepesch Hrsg Wunderwelt Der Pommersche Kunstschrank Berlin Munchen 2014 S 152 163 Michael Wenzel Hrsg Philipp Hainhofer 1578 1647 Handeln mit Kunst und Politik In Wolfenbutteler Barock Nachrichten Bd 41 2014 Heft 1 2 Michael Wenzel Philipp Hainhofer Handeln mit Kunst und Politik Berlin de Gruyter 2020 ISBN 9783422980730 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Philipp Hainhofer Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Normdaten Person GND 118700804 lobid OGND AKS LCCN n86820484 VIAF 4946311 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Hainhofer PhilippKURZBESCHREIBUNG deutscher Kaufmann Kunstagent Nachrichtenkorrespondent und DiplomatGEBURTSDATUM 21 Juli 1578GEBURTSORT AugsburgSTERBEDATUM 23 Juli 1647STERBEORT Augsburg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Philipp Hainhofer amp oldid 236718935