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Das Kriegsgefangenenlager Freistadt war ein Lager fur Kriegsgefangene des Ersten Weltkriegs in Oberosterreich Es wurde im Herbst 1914 in der Stadt Freistadt im Muhlviertel errichtet und beherbergte bis zu 20 000 Gefangene aus Russland und Italien 1915 wurde das Lager erweitert und umfasste vier Lager die insgesamt eine Flache von 452 000 Quadratmetern hatten Das Gefangenenlager wurde bis zum Jahr 1921 weitgehend demontiert Heute erinnert nur noch wenig an das Lager Karte des Kriegsgefangenenlagers im Schlossmuseum Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Der Lagerkomplex 2 1 Lager 1 2 2 Lager 2 2 3 Lager 3 2 4 Lager 4 2 5 Weitere Lagerbauten 3 Beeintrachtigungen fur die Gemeinde 4 Das Leben im Lager 4 1 Aussendienst 4 2 Seuchen und Sterbefalle 5 Heutige Nutzung 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenBei den Offensiven in Serbien und Galizien zu Beginn des Ersten Weltkriegs machte die k u k Armee hunderttausende Kriegsgefangene fur die eine Reihe von Kriegsgefangenenlagern gebaut wurde Die oberosterreichischen Standorte dieser Lager waren Aschach Braunau Freistadt Kleinmunchen Marchtrenk und Mauthausen daneben existierte noch das Internierungslager Linz Katzenau 1 Die ersten Geruchte uber die Errichtung eines Kriegsgefangenenlagers in der 4000 Einwohner zahlenden Stadt Freistadt tauchten zum ersten Mal am 23 September 1914 auf Die Plane fur das Lager wurden am 30 September von der k u k Militaraufsicht in Linz angefertigt Am 10 Oktober 1914 wurden von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt Verhandlungen mit den Grundeigentumern absolviert Das Baumaterial fur das Lager wurde mit der Summerauer Bahn herangeschafft und mit einer Feldbahn vom Bahnhof Freistadt in das Lager gebracht Das Bauholz kam aus dem Bohmerwald und auch Lebensmittel wurden mit der Bahn transportiert Die Bauarbeiten gestalteten sich schwierig da am 1 Oktober 1914 der erste Schnee fiel somit wurde die Errichtung eine Schlammschlacht dennoch wurden die ersten Bauten zugig fertiggestellt Als erstes traf die Wachmannschaft in Freistadt ein 600 Deutschmeister aus Wien die im Marianum und in der Schlosskaserne untergebracht waren Bis zum 10 November 1914 war der erste Teil des Lagers bezugsfertig das bald darauf gefullt wurde Bereits Ende November wurde mit der Errichtung des zweiten Lagers begonnen Im Janner 1915 waren bereits 13 000 Kriegsgefangene im Gefangenenlager in 51 Wohnbaracken untergebracht Um die Uberfullung zu lindern wurden 1915 die Lager 3 und 4 errichtet Ein Lagerspital entstand ebenfalls 1915 Im Jahr 1916 wurde ein eigener Friedhof im Jaunitzbachtal errichtet da die verfugbaren Graber am Friedhof in Sankt Peter erschopft waren Nach Kriegsende wurde das Lager verlassen nur eine kleine Wachmannschaft blieb zuruck um Plunderungen zu vermeiden Das Lager glich einer Geisterstadt Obwohl ein grosser Teil der Gebaude und Einrichtung wieder per Bahn abtransportiert wurde fand auch ein Verkauf von Gebrauchsgegenstanden und Lebensmitteln an die Freistadter Bevolkerung statt So erhielten z B die Schulschwestern das Bad und die Wascherei und das Marianum die elektrische Dynamoanlage Der Verkauf des Lagers war bis 28 Janner 1921 abgeschlossen und brachte der Stadt rund 2 9 Millionen Kronen ein Der Lagerkomplex Bearbeiten nbsp Lager 2 und Spital Postkarte von 1915 Die Grundlage der Baracken war die Normaltype fur Kriegsgefangenenlager d h die Baracken hatten eine Lange von 40 Meter und eine Breite von 12 Meter und waren aus Holz gebaut In Summe wurden 91 Wohnbaracken und uber 260 weitere Barackenbauten fur verschiedenste Zwecke errichtet deren Plane sich im Stadtarchiv befinden Lager 1 Bearbeiten Das Lager 1 umfasste 26 Wohnbaracken 4 Kuchenbaracken 1 Wascherei 1 Badebaracke 1 Desinfektionsbaracke und weitere Baracken fur Werkstatten Wachmannschaften und Administration Ebenfalls wurden ein Wasserturm und sechs Postenhochstande errichtet Das Lager hatte eine Flache von 90 000 Quadratmeter Im Lager wurden 1835 Meter Strassen angelegt und die Anlage wurde von einem 3578 Meter langen Zaun gesichert Lager 2 Bearbeiten Das Lager 2 lag sudlich des Lager 1 und umfasste 25 Wohnbaracken 8 Kuchenbaracken und 3 Werkstattbaracken Das Lager war ahnlich strukturiert wie das altere Lager 1 In Summe hatte das Lager eine Flache von 120 000 Quadratmeter Im Lager wurden 3500 Meter Strassen und 10 Postenhochstande errichtet Lager 3 Bearbeiten Das Lager 3 lag sudlich des Lagers 2 bereits nahe an der damaligen Gemeindegrenze der Jaunitz Das Lager 3 war eine reine Wohn und Arbeitssiedlung da gleichzeitig das Lager 4 errichtet wurde Das Lager 3 umfasste 40 Wohnbaracken und 4 Kuchenbaracken auf 150 000 Quadratmetern Flache Im Lager 3 wurden 2670 Meter Strassen errichtet und das Areal durch einen 2322 Meter langen Zaun gesichert Lager 4 Bearbeiten Das Lager 4 war kein Gefangenenlager sondern die Unterkunft der Bewachungsmannschaft und der Offiziere Das Lager hatte eine Grosse von rund 36 000 Quadratmeter und war mit 744 Meter Zaun umgeben Weitere Lagerbauten Bearbeiten LagerspitalDas Lagerspital wurde 1915 im Anschluss an das Lager 2 errichtet Das Areal umfasste rund 56 000 Quadratmeter und diente den Kranken aus allen Lagern Das Lager lag getrennt durch eine Strasse heute Bahnhofstrasse vom anderen Bereich und bot den Insassen eine gute Verpflegung moglicherweise sogar eine bessere Versorgung als die der Zivilbevolkerung Gefangenbaracke der OffiziereIm Park des Studentenkonvikts lag die Offiziersbaracke fur russische Offiziere Diese Baracke war mit Fliesswasser und Raumen fur Diener weit besser ausgestattet als die Mannschaftsbaracken und entsprach dem Geist der damaligen Zeit dass Offiziere Adel eine gesonderte Unterbringung benotigen FakalienverbrennungsanlageIm Feldaisttal und im Jaunitztal standen zwei Fakalienverbrennungsanlagen mit je zwei Ofen In den Ofen wurden die Exkremente entsorgt um das Risiko einer Epidemie im Lager zu begrenzen FeldbahnFur die Versorgung des Lagers wurde eine Feldbahn mit einer Gleislange von 8158 Meter errichtet Die Wagen wurden von Pferden gezogen Die Bahn hatte Anschluss zum Bahnhof Freistadt rund 1600 Meter Luftlinie vom Lager 1 entfernt der Summerauer Bahn und wurde fur die Ver und Entsorgung und den Transport innerhalb des Lagers verwendet Alle wichtigen Orte z B Toilettenanlagen Steinbruche inner und ausserhalb des Lagers waren an die Bahn angeschlossen Im Lager 3 bestand ein kleiner Bahnhof mit drei Gleisen Brunnen und WasserversorgungIm Jaunitztal wurde ein Brunnen gegraben und mit einer Pumpstation wurde das Wasser in das Lager gepumpt Dieses Wasser diente fur Duschen und Reinigungsarbeiten Das Trinkwasser wurde von der Stadt zur Verfugung gestellt Um die Sicherheit der Versorgung zu gewahrleisten wurden nordlich von Freistadt neue Quellen gefasst die noch heute fur die Wasserversorgung der Stadt verwendet werden SchweinestallNeben der Fakalienverbrennungsanlage an der Jaunitz standen drei 14 23 Meter grosse Schweinestalle die der Versorgung des Lagers dienten Gleich neben den Stallen bestand ein Schlachthof ExerzierplatzWestlich des Lagers 3 bestand ein 170 400 Meter grosser Exerzierplatz Beeintrachtigungen fur die Gemeinde BearbeitenDie Gefangenen wurde vor allem vom k u k Landsturm Wachbataillon Nr 10 und k u k Landsturm Territorialbataillon Nr 3 bewacht Die Angehorigen wohnten bis zur Errichtung des Lagers 4 in Privatunterkunften in der Stadt Das Gefangenenlager forderte immer neue Einrichtungsgegenstande von der Gemeindeverwaltung So wurden neben Kanzleimobeln Lampen und Waschschusseln auch Feuerloschgerate und eine Strassenwalze gefordert und das Lager erhielt die Objekte Es wurden auch Einrichtungsgegenstande des Studentenkonvikts des Gymnasiums und des Marianums an das Lager geliefert So wurden allein aus dem Konvikt 104 Mobelstucke geliefert Nicht nur offizielle Stellen mussten Gegenstande abgeben sondern auch Private mussten Einrichtungsgegenstande liefern Fur Mobel wurden vor allem Wirtshauser zur Abgabe gezwungen Fur die Reserve Offiziersschule wurde ein Barren eine Reckstange und ein Pferd aus den Turnsalen ubergeben Erst am 2 Janner 1919 erhielt die Gemeinde die Gegenstande wieder zuruck Das Lager hatte zwar eine eigene Versorgung benotigte jedoch Ressourcen von der Stadt und brachte sie im Jahr 1917 an den Rand der finanziellen Moglichkeiten Im Mai Juni 1915 gab es im Muhlviertel eine grosse Trockenheit und die Stadt musste die Trinkwasserversorgung der Bevolkerung einschranken Deshalb wurden die noch heute benutzten Quellen nordlich der Stadt angelegt Die Baracken wurden vom Gaswerk mit Azetylengas fur die Beleuchtung versorgt Auch Holz und Kohle musste die Stadt teils kostenlos an das Lager liefern Das Leben im Lager BearbeitenIm Lager lebten vor allem Soldaten aus der heutigen Ukraine mit orthodoxen und judischen Glauben die Mitglieder aller Schichten waren Im Lager wurden sie zu Bataillonen zu je 400 Personen eingeteilt Vom Februar 1915 sind genauere Zahlen verfugbar 10 800 Kriegsgefangene waren in 27 Kompanien zu 400 Personen eingeteilt Je 3600 Gefangene wurden von einem osterreichischen Offizier befehligt Die Wachmannschaft betrug 800 Personen Der erste Weg vom Bahnhof in das Lager fuhrte in die Quarantanestation und die Insassen erhielten eine Kappe auf der die Nummer des Bataillons und die Gefangenennummer angebracht waren Die Wohnbaracken waren feste Holzkonstruktionen mit doppelten Wanden und einer guten Isolierung so dass auch im mitunter kalten Winter bis zu 30 Grad Celsius ein angenehmes Klima im Inneren herrschte Die Baracken wurden durch grosse Ofen beheizt und durch Petroleumlampen beleuchtet Jede Baracke hatte 32 Fenster Die Gefangenen schliefen auf Strohsacken und verfugten uber zwei Decken Taglich mussten die Baracken gereinigt werden Fur die Korperpflege standen Duschen zur Verfugung und jeder Gefangene konnte durchschnittlich ein Mal je Woche duschen Wahrend die Gefangenen sich duschten wurden ihre Kleider in Ofen desinfiziert und danach gewaschen Nach dem Duschen erhielten die Gefangenen neue desinfizierte Kleidung Die Desinfizierung der Kleidung und der Baracken wurde mit Naphthalin durchgefuhrt Fur die Ausscheidungen standen 27 Toilettanlagen zur Verfugung die Exkremente wurden in vier Ofen verbrannt Fur die arztliche Versorgung standen sechs Militararzte im eigenen Spitalstrakt zur Verfugung Die Verpflegung erfolgte durch die eigenen Stalle ein eigenes Schlachthaus und eine eigene Backerei Jeder Gefangene erhielt zu Mittag Fleisch und pro Tag 700 Gramm Brot In den Kantinen konnte jeder Gefangene zusatzliche Verpflegung kaufen z B ein Glas Kaffee kostet 4 Heller Die Gefangen erhielten Geld das aus Russland geschickt wurde 1915 bekam ein Gefangener fur 1 Rubel umgerechnet 2 50 Kronen Es gab zusatzlich eine eigene Lagerwahrung Die gut ausgebildeten Gefangenen wurden sinnvoll eingesetzt So wurden Werkstatten fur Schuster Schneider Tischler Schlosser Schmiede Maler und Buchbinder eingerichtet Gefangene wurden auch zum Strassenbau eingesetzt Taglich wachten 100 Feuerwehrleute je Lager zur Sicherheit der Insassen Die Arbeiten in den Steinbruchen erforderten taglich 1000 Gefangene Auch eine eigene Lagerzeitung gestalteten die Gefangenen Im Lager 3 stand eine grosse Orthodoxe Kirche in der regelmassig Gottesdienste gefeiert wurden Judische Feiertage wurden eingehalten die judischen Gefangenen mussten an diesen Tagen nicht arbeiten Eine Lager Musikkapelle und eine Gesangsverein traten mitunter offentlich auf Zusatzlich stand ein Kino und ein Sportplatz fur Freizeitaktivitaten zur Verfugung Das Kino konnte auch von der Zivilbevolkerung besucht werden Die Zivilbevolkerung nutzte auch die Strasse die durch das Lager fuhrte die heutige Bahnhofstrasse Uber Fluchtversuche ist wenig bekannt und kleine Revolten konnte die Wachmannschaft im Keim ersticken Nach Zapfenstreich mussten die Gefangenen in ihre Baracken zuruckkehren Nur die Wachmannschaft machte ihre Runden Aussendienst Bearbeiten Fur den Aussendienst wurden Vorschriften in der Broschure Bestimmungen fur die Beistellung kriegsgefangener Arbeiter in Osterreich vom 1 Marz 1916 geregelt Die Bestimmungen waren unter anderem Eine Kaution von 30 Kronen je Arbeiter ist zu hinterlegen die bei schlechter Behandlung verfiel Arbeitszeiten Pausen Arbeitsschutz Arbeitsbestimmungen und Verpflegung waren wie fur normale zivile Arbeitskraften geregelt es galt die bestehende osterreichische Rechtslage Bestrafung durfte nur durch die Gendarmerie oder das Militar erfolgen Es musste ausreichend Platz zum Schlafen und die sanitaren Bestimmungen mussten eingehalten werdenSo arbeiteten ab 15 Februar 1916 viele Gefangene fur die Stadtverwaltung in kommunalen Einrichtungen um den kriegsbedingten Arbeitskraftemangel auszugleichen Auch als Erntehelfer waren viele Gefangene eingesetzt Seuchen und Sterbefalle Bearbeiten Anfang 1915 traten einige Falle von Flecktyphus im Lager auf daraufhin wurden strenge Sicherheitsvorschriften erlassen Die Hauptsterbeursache der 426 im Lager gestorbenen Gefangenen waren Lungenerkrankungen Grosse Seuchen konnten vermieden werden somit starben im Lager sehr wenige Gefangene im Vergleich zum nahen Mauthausen dort starben uber 12 000 Gefangene der rund 25 000 40 000 Insassen Heutige Nutzung BearbeitenAuf dem Gebiet des Lagers 1 und 2 stehen heute Einfamilienhauser und Wohnbauten Zwei Baracken wurden fur Rinder Stalle bei der 1950 errichteten Vieh Versteigerungshalle am Stifterplatz Nr 2 weiter verwendet Diese Baracken stehen jedoch nicht mehr am ursprunglichen Standort Die Firma Haberkorn Seilerei erstand die Baracke 66 und weitere naheliegende Objekte Das heutige Firmengelande umfasst annahernd die Grosse des ehemaligen Lagers 3 Auf dem Gebiet des Lagers 4 wurde 1937 die Erzherzog Karl Kaserne heute Tilly Kaserne des Bundesheeres eroffnet Literatur BearbeitenFritz Fellner Die Stadt in der Stadt Das Kriegsgefangenenlager in Freistadt 1914 1918 In Oberosterreichische Heimatblatter Jahrgang 43 Heft 1 Linz 1989 S 3 32 ooegeschichte at PDF 4 4 MB Petra Rappersberger Das Kriegsgefangenenlager Freistadt 1914 1918 Diplomarbeit Wien 1988 Ihor Sribnjak Ukrainische Gefangene in Lagern Osterreich Ungarns wahrend des Ersten Weltkrieges In Osterreichisch Ukrainische Rundschau Wien 2002 14 43 S 20 23 Ihor Sribnyak Natalia Yakovenko Yevheniy Spitsin National and political activity of the Jewish prisoners from the Russian Army at the Freistadt Camp Austria Hungary in 1916 early 1918 In Przestrzen Spoleczna Social Space Rzeszow 2021 2 22 S 157 179 https elibrary kubg edu ua id eprint 40772 https socialspacejournal eu archives Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kriegsgefangenenlager Freistadt Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Liste der k u k Kriegsgefangenenlager in Oberosterreich48 504722222222 14 501111111111 Koordinaten 48 30 17 N 14 30 4 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kriegsgefangenenlager Freistadt amp oldid 237318606