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Das Internierungslager Katzenau bei Linz bestand wahrend des Ersten Weltkrieges Es diente der Aufnahme von Zivilpersonen aus Staaten die mit Osterreich Ungarn Krieg fuhrten aber auch unverlasslichen Angehorigen der Donaumonarchie Dies waren hauptsachlich Reichsitaliener und verdachtige Inlander italienischer Nationalitat Das Internierungslager Katzenau vom Pfennigberg aus gesehenInhaltsverzeichnis 1 Zur Vorgeschichte 2 Das Lager 3 Verwaltung 4 Belegung 5 Lagerleben 6 Bekampfung des Irredentismus 7 Kriegsdienstverpflichtung 8 Arbeit 9 Konfinierung 10 Entlassung der Inlander 11 Auflosung des Lagers 12 Wertung 13 Bilder 14 Literatur 15 EinzelnachweiseZur Vorgeschichte BearbeitenBei den Offensiven in Serbien und Galizien zu Beginn des Ersten Weltkriegs machte die k u k Armee hunderttausende Kriegsgefangene fur die eine Reihe von Lagern gebaut wurde Die oberosterreichischen Standorte dieser Lager waren Aschach Braunau Freistadt Kleinmunchen Marchtrenk und Mauthausen 1 Anders als bei den als feindliche Kombattanten internierten Insassen dieser Lager handelte es sich bei den Insassen des Lagers Katzenau jedoch um Zivilisten Nach dem Kriegseintritt Italiens auf Seite der Entente Machte am 23 Mai 1915 ordneten die Militarbehorden der Donaumonarchie rasch die Internierung aller im Staatsgebiet verbliebenen Reichsitaliener Angehorige des Konigreichs Italien an Gleichzeitig wurden des Irredentismus verdachtigte italienischsprachige Inlander aus dem Welschtirol Trentino aber auch aus dem Osterreichischen Kustenland und Dalmatien festgenommen und in Internierungslager oder Konfinierungsstationen verfrachtet Diese Massnahmen waren auf Grund der fragwurdigen Haltung Italiens hinsichtlich eines Kriegeintritts schon langer vorher vorbereitet und teilweise mit uberzogener Harte und offenem Hass durchgefuhrt worden Zudem wurde aus militarisch strategischen Grunden auch die Zivilbevolkerung aus den Grenzgebieten zu Italien zwangsevakuiert und uber die beiden so genannten Perlustrierungsstationen Salzburg und Leibnitz auf die innerosterreichischen Kronlander verteilt Teils in Ortschaften bis Bohmen und Mahren angesiedelt fand sich die mittellose Mehrheit der Fluchtlinge in diversen Lagern untergebracht Dies vor allem in der Steiermark Wagna bei Leibnitz sowie Ober Braunau und Niederosterreich Bruck an der Leitha Gmund Pottendorf Landegg Mitterndorf Steinklamm Als mildere Form der Internierung kam seit Kriegsbeginn die Konfinierung Verbannung zur Anwendung Vor allem finanzkraftige Personen mit geringem Fluchtrisiko konnten in Privatquartieren Unterkunft finden mussten aber sowohl fur diese als auch fur die Verpflegung selbst aufkommen Sie durften sich innerhalb bestimmter Bereiche und zu bestimmten Zeiten frei bewegen mussten sich aber regelmassig bei Polizei oder Behorden melden und diesen auch ihre Korrespondenz vorlegen Die grossten Konfinierungsstationen befanden sich in Ober und Niederosterreich Drosendorf Gross Siegharts Heidenreichstein Linz Oberhollabrunn Pulkau Auch die zur Internierung bestimmten Personen landeten in Lagern vor allem in Ober und Niederosterreich So Reichsitaliener und politisch verdachtige italienischsprachige Osterreicher hauptsachlich in Katzenau und anfangs auch Gollersdorf und bis Oktober 1915 Steinklamm im Pielachtal aber auch in Lagern von Drosendorf Enzersdorf im Thale Hainburg Mittergrabern Raschala Sitzendorf an der Schmida Sittmannshof oder Weyerburg Das Lager BearbeitenAuf einem rund 400 300 m grossen Areal am rechtsseitigen Donauufer nahe Linz gelegen bestand in der Katzenau schon vor 1915 ein Barackenlager das zunachst als militarischer Ubungsplatz und ab Sommer 1914 als Unterkunft fur russische Kriegsgefangene Verwendung fand Nach einer Flecktyphusepidemie geraumt und desinfiziert diente es ab Kriegseintritt Italiens als Internierungslager fur Zivilpersonen Die bei Ankunft der ersten Trentiner und reichsitalienischen Internierten am 23 Mai 1915 bestehenden 38 Holzbaracken wurden noch in den ersten Monaten um 20 erweitert Im einzigen gemauerten Gebaude war das Lagerkommando untergebracht Verwaltung BearbeitenDas Lager Katzenau unterstand zwar unmittelbar in ziviler Verwaltung der Statthalterei Linz doch in oberster Instanz dem Kriegsuberwachungsamt einer eigentlich militarisch staatspolizeilichen Einrichtung im Kriegsministerium 2 Als Lagerleiter war bis Mitte Oktober 1917 ein Baron von Reicher eingesetzt gefolgt von einem A J Singer abgelost zuletzt ab Juni 1918 von einem Herrn Seifert Das Wachpersonal allerdings wurde von den Militarbehorden gestellt was manches Beschwerde und Konfliktpotenzial in sich barg Belegung BearbeitenDie Anzahl der im Lager Katzenau Internierten lasst sich anhand der erhaltenen Standeslisten einigermassen rekonstruieren wenngleich die permanenten Zu und Abgange die Ermittlung einer Gesamtsumme erschweren 3 So war das Lager etwa Durchgangsstation fur rund 5000 wehrunfahige Reichsitaliener Frauen Kinder alte Manner die mit Hilfe des Roten Kreuzes uber die Schweiz nach Italien abgeschoben wurden Auch gab es zahlreiche Verlegungen von Reichsitalienern nach Katzenau aus anderen Internierungslagern Die Zahl der inlandischen Internierten andererseits war durch Uberfuhrung in Konfinierungsstatten und Zuweisungen zu Disziplinierungskompanien des Militars immer wieder in Bewegung Zudem war ein immer grosserer Teil der Internierten zwar dem Lager Katzenau unterstellt aber zur Arbeitsleistung ausserhalb meist in Linz untergebracht Insgesamt durften ca 16 000 bis 17 000 Personen uber kurzere oder langere Zeit im Lager Katzenau interniert gewesen sein davon ca 1750 bis 2000 italienischsprachige Osterreicher Der Hochststand in der Belegung des Lagers war mit rund 4500 Personen Ende November 1915 nur kurzzeitig gegeben ebenso die Hochstzahl der dem Lager gesamt unterstellten Internierten mit nahezu 10 000 Ende Februar 1918 Der Anteil der zur Arbeitsleistung ausserhalb des Lagers Katzenau untergebrachten Internierten stieg mit rund 700 1000 von etwa 23 im August 1915 auf ca 5800 zwei Drittel aller dem Lager unterstellten Personen Anfang August 1918 Der Grossteil ca 80 90 der standig Internierten bestand aus wehrfahigen Reichsitalienern also Mannern im Alter zwischen 18 und 50 Jahren Sie setzten sich hauptsachlich aus niederen sozialen Schichten zusammen waren Saisonarbeiter oder Taglohner die sich in der Donaumonarchie schon mehr oder weniger lang aufgehalten hatten oder gar hier geboren wurden Im Gegensatz dazu entstammten die verdachtigen Inlander also Trentiner und Italiener aus Triest und dem Kustenland fast geschlossen burgerlichen und sozial hoheren Schichten Unter ihnen befanden sich etwa ehemalige Reichsrats oder Landtagsabgeordnete Burgermeister Rechtsanwalte Arzte Priester Beamte Professoren Lehrer Studenten aber auch viele Kaufleute Handwerker und Gastwirte Neben diesen zwei Hauptgruppen waren in Katzenau zeitweise auch je rund 300 Rumanen und Serben sowie ca 100 Englander und Franzosen interniert Der Frauenanteil lag insgesamt meist unter zehn Prozent war aber bei den Inlandern deutlich hoher Die nationalen Gruppen also auch Reichsitaliener und italienischsprachige inlandische Internierte wurden von Beginn an in getrennten Baracken untergebracht Letztere nicht nur ihres unterschiedlichen rechtlichen sondern auch sozialen Status wegen Streng separiert waren zudem grossteils die Geschlechter Manner und Frauen meist in eigene extra eingezaunte Lagerbereiche verwiesen nur wenige Familienbaracken existierten Den sozialen Unterschieden weiter folgend gab es etwa auch eigene Baracken fur Alte Junge Geistliche und Klosterschwestern oder auch Arzte Reiche und Intellektuelle Lagerleben BearbeitenDie Infrastruktur des Lagers war anfangs vollig unzureichend Neben einer viel zu geringen Zahl an Strohsacken fur die Schlafstellen war auch die Ernahrung ausserst mangelhaft Das Chaos war mit verursacht durch die grosse Zahl an wehrunfahigen Reichsitalienern die anfangs in Katzenau immer wieder einlangten hier nur registriert und dann bald uber die Schweiz nach Italien zwangsrepatriiert wurden Inmitten des Uberschwemmungsgebiets der Donau gelegen und ohne Baumbewuchs bildete daneben wahrend der ersten Sommermonate vor allem die Hitze ein weiteres grosses Problem Der Bau zusatzlicher Baracken und infrastrukturelle Verbesserungen fuhrten zur Entscharfung der Situation Die Entlassung der ausbeuterischen privaten Kantineure und Eigenversorgung durch ein lagerinternes Komitee hob die Ernahrungssituation vorerst betrachtlich Doch ab Ende 1916 spitzte sich die Nahrungsmittelversorgung allgemein und damit auch in Katzenau wieder zu und sogar der Lagerhof musste zum Kartoffelacker umfunktioniert werden Bekampfung des Irredentismus BearbeitenSeit Kriegsbeginn durch kaiserliche Verordnung in ihren Machtbefugnissen wesentlich erweitert spielten die osterreichischen Militarbehorden im repressiven Kampf gegen den Irredentismus eine zentrale und auch unruhmliche Rolle Die erhaltenen Perlustrierungsblatter spiegeln die mangelnde rechtliche Grundlage und meist auch ungenugenden Beweisverfahren fur die zunachst nicht selten grundlos verdachtigten inlandischen Internierten wider Nicht wenige der schliesslich militar gerichtlich Verfolgten wurden daher freigesprochen blieben aber dennoch interniert Der Eindruck ist durchaus berechtigt dass die Internierung in erster Linie der Pravention moglicher irredentistischer Aktivitaten dienen sollte unter Inkaufnahme eklatanter Unrechtspraxis Dies trug zur Entfremdung vieler vormals habsburgtreuer Trentiner bei Andererseits erlebte moglicherweise aber auch manch bekennender Irredentist die Internierung gegenuber einem vielleicht eher angebrachten Gefangnisaufenthalt als Erleichterung Viele der internierten Reichsitaliener standen den nationalen Idealen der Irredentisten indifferent und dem Kriegseintritt Italiens auf Seite der Entente Machte negativ gegenuber verloren sie doch dadurch ihre Erwerbsmoglichkeiten und vielfach auch zweite Heimat So mancher Wehrfahige unter ihnen mag daher die Internierung trotz aller Ungemach einer Einberufung zum Kriegsdienst im italienischen Heer vorgezogen haben Kriegsdienstverpflichtung BearbeitenUnter den osterreichischen Internierten fanden immer wieder Musterungen statt Die jeweils fur taugliche befundenen Manner zwischen 18 und 50 Jahren wurden zu den Waffen gerufen insgesamt weit uber 200 und so genannten Disziplinierungskompanien zugewiesen wo sie besonderer Aufsicht aber auch Verfolgung und Schikanen ausgesetzt waren Arbeit BearbeitenDie Regierung war bedacht Arbeitskrafte fur die Kriegswirtschaft und Industrie zu gewinnen doch rein formal gab es im Lager Katzenau keinen Arbeitszwang Um aber nicht nur auf die karge unzureichende Lagerverpflegung angewiesen zu sein war eine grosse Zahl der Internierten praktisch gezwungen einer Arbeit nachzugehen Vom Lohn allerdings wurden die Kosten fur das Wachpersonal und Verpflegungsspesen abgezogen denn jeder Lohnempfanger verlor automatisch das Recht auf staatliche Unterstutzung Der Anteil der ausserhalb des Lagers untergebrachten Arbeiter stieg von ca 23 im August 1915 auf rund 66 im August 1918 Von der Verwaltung gefordert entwickelten sich aber auch im Lager selbst verschiedene Arbeitsmoglichkeiten in Form von Handwerk Schneider Schuster Barbiere Tischler etc oder Dienstleistungen Wascherinnen Und auch kleine Verkaufsladen sowie Restaurationsbetriebe wurden in Form privaten Unternehmertums oder einer Art Joint Venture in Zusammenarbeit mit Linzer Kaufleuten installiert Frequentiert wurden diese freilich vorwiegend von den finanziell besser gestellten Internierten Konfinierung BearbeitenUm die Lagerkosten zu senken wurden ab Sommer 1915 in Katzenau immer wieder Internierungen in Konfinierungen umgewandelt Die Entscheidungen daruber behielt sich das Kriegsuberwachungsamt vor als Konfinierungsstatten kamen vor allem Linz Oberhollabrunn und Drosendorf in Betracht Entlassung der Inlander BearbeitenDer im November 1916 an die Spitze Osterreich Ungarns getretene Kaiser Karl I erliess im Dezember 1916 eine umfangreiche Amnestie fur politische Delikte Zugleich wurde eine Revision der Internierungen und Konfinierungen angeordnet Dies hatte praktisch die Entlassung der meisten im Lager Katzenau internierten verdachtigen Inlander zwischen Marz und Mai 1917 zur Folge immerhin rund ein Drittel wurde aber in leichte oder strenge Konfinierung zugewiesen Doch die Ruckkehr Ruckfuhrung der Freien scheiterte an den enormen Versorgungsproblemen im engeren Kriegsgebiet aber auch am Widerstand der Statthaltereien in Innsbruck und Triest sodass die meisten von ihnen das Ende der Kampfhandlungen als Fluchtlinge abwarten mussten Auflosung des Lagers BearbeitenDas Lager Katzenau bestand bis Kriegsende und fast bis zuletzt waren ihm mehr als 8000 Internierte unterstellt mehr als 90 davon Reichsitaliener und der Grossteil ca 67 zur Arbeitsleistung in Linz untergebracht Uber die Auflosung des Lagers selbst sind keine Berichte erhalten geblieben Wertung BearbeitenDas Lager Katzenau erlangte vor allem wegen der politisch Internierten Bedeutung und Publizitat wiewohl diese zahlenmassig weit in der Minderheit waren Namhafte Personlichkeiten und eine grossere Gruppe an Gefangenen aus gebildeten Schichten vor allem des Trentinos zogen die Aufmerksamkeit auf sich Und so mutierte Katzenau bald zum nicht selten nationalistisch hochstilisierten Symbol fur die Unterdruckung der italienischen Minderheit in der Donaumonarchie die ihre Erlosung in der Annexion der betroffenen Gebiete durch Italien finden sollte Im selben Zusammenhang wurde oft auch die Absiedelung der italienischsprachigen Bevolkerung aus den grenznahen Gebieten thematisiert Mit historischer Distanz wird die meist auf biographischen Zeugnissen fussende nationalistisch vereinnahmende Memoralistik doch zunehmend relativiert Der berechtigte Zorn uber die Unrechtsbehandlung so vieler inlandischer Internierter darf nicht daruber hinwegtauschen dass die soziale Lage der auslandischen Zivilinternierten in Katzenau deutlich schlechter war Dies galt vielfach auch fur Fluchtlinge aus den evakuierten Gebieten in Lagern und mit zunehmender Kriegsdauer selbst fur die ansassige einheimische Bevolkerung 4 Bilder Bearbeiten nbsp Inneres einer Lagerbaracke nbsp Tischlerei nbsp Dampfwascherei nbsp Gemischtwarenhandlung der Konfinierungsstation nbsp Deutsche Volksschule im Lager nbsp Lese und Schreibzimmer nbsp Kunstgewerbliche Werkstatte nbsp Lagerfeuerwehr KatzenauLiteratur BearbeitenClaudio Ambrosi Vite internate Katzenau 1915 1917 Fondazione Museo storico del Trentino Trient 2008 ISBN 978 88 7197 107 0 Pubblicazioni della Fondazione Museo Storico del Trentino Quaderni di Archivio trentino 18 Mario Eichta Braunau Katzenau Mitterndorf 1915 1918 Il recordo dei profughi e degli internati del Trentino Erinnerung an die Fluchtlinge und Internierten des Trentino Persico Cremona 1999 ISBN 88 87207 07 0 Collana Storica Claus Gatterer Erbfeindschaft Italien Osterreich Europaverlag Wien u a 1972 ISBN 3 203 50404 9 Europaische Perspektiven Oswald Haller Das Internierungslager Katzenau bei Linz Die Internierung und Konfinierung der italienischsprachigen Zivilbevolkerung des Trentinos zur Zeit des Ersten Weltkrieges Dipl Arb Univ Wien Wien 1999 Diego Leoni Camillo Zadra Hrsg La citta di legno Profughi trentini in Austria 1915 1918 Fondazione Museo storico del Trentino u a Trient u a 1995 Reinhard Mundschutz Internierung im Waldviertel Die Internierungslager und stationen der BH Waidhofen an der Thaya 1914 1918 Diss Univ Wien Wien 2002 Einzelnachweise Bearbeiten Liste der k u k Kriegsgefangenenlager in Oberosterreich Tamara Scheer Die Ringstrassenfront Osterreich Ungarn das Kriegsuberwachungsamt und der Ausnahmezustand wahrend des Ersten Weltkriegs Heeresgeschichtliches Museum Wien 2010 Diese befinden sich im Osterreichischen Staatsarchiv Kriegsarchiv Zentralstelle Kriegsministerium Kriegsuberwachungsamt Karton 282 Siehe Claudio Ambrosi Vite internate Katzenau 1915 1917 Trient 2008 S 51 f 48 31445 14 31789 Koordinaten 48 18 52 N 14 19 4 4 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Internierungslager Katzenau amp oldid 237316366