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Die Kolonie Chortitza plautdietsch Gortiz bzw Ooltkelnie ukrainisch Horticya Chortyzja russisch Hortica Chortiza ist eine ehemalige russlandmennonitische Siedlungskolonie nordwestlich der Dneprinsel Chortyzja und liegt heute teilweise im Stadtgebiet von Saporischschja sowie in den Rajonen Saporischschja Oblast Saporischschja und Tomakiwka Oblast Dnipropetrowsk in der Ukraine Die erste Siedlung dieser Kolonie mit dem Namen Chortitza wurde 1789 von mennonitischen Siedlern aus Westpreussen gegrundet und bestand aus mehreren Dorfern Sie war die erste Siedlung der Mennoniten in Russland der spater weitere folgen sollten Nach dem Umzug und der Deportation der Deutschen Ende des Zweiten Weltkriegs leben in diesen Dorfern soweit sie heute noch existieren mehrheitlich Ukrainer und auch Russen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Sohne und Tochter der Mennonitensiedlung Chortitza 3 Literatur 4 WeblinksGeschichte BearbeitenEtwa seit der Mitte des 16 Jahrhunderts lebten im Weichseldelta in Westpreussen Mennoniten von ursprunglich niederlandischer Herkunft Weil dort ihre Zahl stetig wuchs brauchten die Siedler standig neues Land Als Westpreussen 1772 im Zuge der Ersten polnischen Teilung zum Konigreich Preussen kam wurden von der preussischen Regierung Gesetze erlassen die den Landerwerb fur die Mennoniten erschwerten Dadurch verarmten grosse Teile der mennonitischen Bevolkerung und waren gezwungen in die umliegenden Stadte zu ziehen vor allem nach Danzig 1763 erliess Katharina II ein Manifest zur Einladung deutscher Bauern nach Russland die in Deutschland von Werbern propagiert wurde Einer davon war Georg von Trappe der 1786 die Mennoniten in Danzig besuchte Auf seine Vermittlung wurden zwei Abgesandte nach Russland geschickt Jakob Hoppner und Johann Bartsch Nach Verhandlungen mit der russischen Regierung wurden unter anderem folgende Bedingungen vereinbart Religionsfreiheit Befreiung von Wehrdienst 65 Desjatinen freies Land fur jede Familie nbsp Skizze der Ansiedlung ChortitzaDie Ansiedlung sollte am Dnjepr Ufer stattfinden in der Nahe der heutigen Stadt Cherson Diese Landereien waren erst seit kurzem unter russischer Herrschaft Nach der Ruckkehr der Abgesandten machten sich im Winter 1787 88 mennonitische Siedler nach Russland auf Insgesamt kamen 228 Familien im Herbst 1788 in Dubrowno heute in Weissrussland an wo sie uberwinterten Im Fruhjahr 1789 reisten sie dann auf dem Fluss Dnjepr zur Siedlungsstatte Da der ursprunglich vereinbarte Ort zu nahe am Kriegsschauplatz lag mussten sie umsiedeln und bekamen Land gegenuber der heutigen Insel Chortitza in der Nahe der heutigen Stadt Saporischschja damals Alexandrowsk Von dieser Insel bekam die gesamte Kolonie ihren Namen In den nachsten Jahren kamen weitere Siedler bis 1797 sollen insgesamt etwa 400 Familien von Westpreussen nach Russland gekommen sein Der Beginn der Ansiedlung verlief unter schwierigen Bedingungen Einerseits kamen die Hilfen der russischen Regierung nur schleppend an andererseits waren die Ansiedler innerlich zerstritten und ohne geistige Fuhrung Im Laufe der Zeit wurden 21 Dorfer gegrundet Name ukrainischer Name russischer Name Grundungsjahr1 Blumengart Kapustyane Kapustjane auch Kapustyanka Kapustjanka existiert nicht mehr als Ort nurmehr Flurname Kapustyanka Kapustjanka 18242 Burwalde Baburka Baburka Baburka Baburka 18033 Chortitza Horticya Chortyzja seit 18 Dezember 2008 selbstandiger Ort vorher Stadtteil von Saporischschja Hortica Chortiza 17894 Einlage Kichkas Kitschkas Wahrend des Baus des DniproHES wurde es uberschwemmt Kichkas Kitschkas 17895 Insel Chortitza Ostriv Horticya Ostriw Chortyzja heute im Stadtgebiet von Saporischschja Ostrov Hortica Ostrow Chortiza 17896 Gerhardstal Chernoglazovka Tschernohlasowka nicht mehr lokalisierbar nahe Tscherwonyj Jar Chernoglazovka Tschernoglasowka 18607 Kronsfeld Udilenske Udilenske Udelenskoe Udelenskoje alter Chutor Udelnenskij 18808 Mariental Pridniprovske Prydniprowske Pridneprovskoe Pridneprowskoje 9 Alt Kronsweide spater auch Bethania Velikij Lug Welykyj Luh heute Stadtteil von Saporischschja Velikij Lug Welikij Lug 178910 Neu Kronsweide Volodimirivske Wolodymyriwske Vladimirovskoe Wladimirowskoje 183311 Neuenburg Malishivka Malyschiwka Malyshevka Malyschewka 178912 Neuhorst Zelenij Gaj Selenyj Haj fruher Ternuvate Ternuwate Zelenyj Gaj Seleny Gaj Ternuvatoe Ternuwatoje 182413 Alt Rosengart Novoslobidka Nowoslobidka Novoslobodka Nowoslobodka 182414 Neu Rosengart Zhmerine Schmeryne Zhmerino Schmerino 1878 8015 Osterwick Pavlivka Pawliwka heute Teil von Dolynske Pavlovka Pawlowka 181216 Rosental Kancerivka Kanzeriwka heute teilweise im Stadtgebiet von Saporischschja Kancerovka Kanzerowka 178917 Schoneberg Smolyane Smoljane Smolyanoe Smoljanoje 181618 Schonhorst Ruchayivka Rutschajiwka Ruchaevka Rutschajewka 178919 Schonwiese Shenvize Schenwise Schenwise 179720 Kronsthal Kronstal Kronstal Dolinsk Dolynsk Dolinsk Dolinsk 180921 Neuendorf Shiroke Schyroke Shirokoe Schirokoje 1789Als 1803 die nachste mennonitische Siedlerwelle nach Russland kam um die Kolonie Molotschna zu grunden uberwinterten die neuen Siedler bei ihren Glaubensbrudern in Chortitza Weil sie dort Geld ausgaben half das auch der Siedlung Chortitza Schliesslich kam die Wirtschaft in Chortitza in Gang und die Siedlung erbluhte Im Laufe des 19 Jahrhunderts vervielfachte sich die Bevolkerung von Chortitza so dass Tochterkolonien gegrundet wurden Ein Teil zog auch nach 1870 nach Kanada Da Chortitza als erste mennonitische Siedlung gegrundet wurde wird sie auch Alt Kolonie genannt Die Nachkommen der Auswanderer aus Chortitza in Nordamerika werden zum Teil als Altkolonier Mennoniten englisch Old Colony Mennonites bezeichnet sie sind konservativer als die meisten anderen mennonitischen Einwanderer aus Russland in Nordamerika Es waren bei der Grundung viele Handwerker nach Chortitza gekommen die nun als die Siedlung die ersten wirtschaftlichen Schwierigkeiten uberwand ihr Handwerk ausuben konnten Ab Mitte des 19 Jahrhunderts entwickelte sich die Industrie in Chortitza vor allem Muhlenwesen Landmaschinen und Uhrenherstellung In den Fabriken konnte auch die anwachsende landlose Bevolkerung Arbeit finden Drei grosse Fabriken Lepp amp Wallmann Abram J Koop Hildebrand amp Pries und zwei kleinere Fabriken Thiessen und Rempel stellten in Chortitza und Rosental landwirtschaftliche Maschinen her Die hergestellten Landmaschinen waren nicht nur zum Eigenverbrauch der Mennoniten in Russland bestimmt Aus einer Vereinigung von drei grossen Fabriken ging ein Betrieb hervor in dem spater nach der Revolution 1917 Traktoren und Autos der Marke Saporoschetz hergestellt wurden Heute gehort der Betrieb zu Saporisky Awtomobilebudiwny Sawod ZAZ Die ehemaligen mennonitischen Besitzer wurden schon kurz nach 1917 enteignet Nach einer langen Prosperitat brachten der Weltkrieg 1914 1918 und der anschliessende Burgerkrieg einen Einschnitt in das Leben der Einwohner von Chortitza Wahrend des Kriegs mussten die Mennoniten als Sanitater dienen Sie versorgten dort verletzte Soldaten Nach dem Krieg wurde die Ukraine und damit auch die Siedlung Chortitza fur kurze Zeit von der deutschen Armee besetzt Als Deutschland Ende 1918 den Krieg gegen die Entente verlor mussten die Soldaten abgezogen werden Von der deutschen Armee wurde deshalb der russlanddeutsche Selbstschutz organisiert und mit Waffen versorgt An dem Selbstschutz nahmen auch Mennoniten teil obwohl sie ursprunglich aus religiosen Grunden gegen den Waffendienst waren Wegen der kommunistischen Machtubernahme 1917 entstand der Burgerkrieg der bis etwa 1921 dauerte Wahrend dieser Zeit herrschten in der Ukraine chaotische Zustande Die wohlhabenden deutschen Kolonien wurden von verschiedenen Banden angegriffen Besonders ausgezeichnet hat sich dabei Nestor Machno Eine Zeit lang versuchte man sich mit Hilfe der Selbstschutzorganisation zu verteidigen Als sich schliesslich Machno mit der sowjetischen Regierung verbundete musste man aufgeben Die mennonitischen Siedlungen waren zur Ausraubung freigegeben Nachdem die Kommunisten Kontrolle uber das Gebiet ubernommen hatten begannen sie die Landbevolkerung mit Nahrungsmittelkontributionen auszupressen Schliesslich fingen die Menschen zu hungern an und es breiteten sich Epidemien aus In dieser Zeit begann man die Auswanderung der Mennoniten nach Kanada zu organisieren Als sich die Situation normalisierte wanderten in den 1920ern viele Menschen aus darunter auch nach Paraguay wo um 1930 die Kolonie Fernheim gegrundet wurde Beim Bau des DneproGES Staudamms am Dnjepr musste 1926 das Dorf Einlage wegen Uberflutung verlegt werden Wie viele andere Mennoniten musste man auch in Chortitza unter Entkulakisierung in den 1920ern und Kollektivierung 1930 leiden Als der Zweite Weltkrieg 1941 begann sollten die Einwohner von Chortitza nach dem Willen der sowjetischen Regierung nach Sibirien deportiert werden Da die Wehrmacht sehr schnell voranschritt wurden diese Plane nicht verwirklicht Unter der deutschen Besatzung konnte sich die Bevolkerung von Chortitza etwas erholen Aber schon 1943 musste die deutsche Bevolkerung in den Warthegau evakuiert werden da die Wehrmacht sich aus der Sowjetunion zuruckziehen musste Bei ihrem Einmarsch in Deutschland bekam die Rote Armee diese Fluchtlinge zu fassen Einige konnten sich weiter ins Landesinnere retten Aber auch sie mussten von den Alliierten als sowjetische Burger an die Sowjetunion ausgeliefert werden So wurden mit wenigen Ausnahmen die ehemaligen Einwohner von Chortitza nach Sibirien und Kasachstan deportiert Dort wurden sie vielfach in der nackten Steppe ausgesetzt Viele uberlebten das nicht Sie mussten das Schicksal der anderen Russlanddeutschen teilen Nach Abschaffung der Kommandantur 1956 Beschrankungen der Reisefreiheit kehrten nur wenige in ihre alte Heimat Chortitza zuruck Dort wohnen heute Ukrainer und Russen Die wenigen Mennoniten die noch dort leben haben entweder russische Elternteile oder Ehepartner In Kasachstan sammelten sich die Mennoniten vielfach in den entstehenden Industriestadten wie Karaganda Ende der 1980er Jahre begann schliesslich die Auswanderung nach Deutschland Heute befinden sich die meisten noch lebenden ehemaligen Einwohner von Chortitza und ihre Nachkommen in Deutschland Sohne und Tochter der Mennonitensiedlung Chortitza BearbeitenJohann Bartsch Delegierter der Mennoniten Mitbegrunder der Kolonie Jakob Hoppner Delegierter der Mennoniten Mitbegrunder der Kolonie Behrend Penner erster Gemeindealtester der Mennoniten in Chortitza Hermann Niebuhr Begrunder eines Muhlenunternehmens und der Chortitza Kommerzbank Peter Lepp und Andreas Wallmann Begrunder der Fabrik Lepp amp Wallmann Abram J Koop Begrunder einer Firma fur landwirtschaftliche Maschinen Kornelius Hildebrand und Peter Priess Begrunder der Firma Hildebrand amp Priess Cornelius Krahn deutsch ukrainischer Theologe Hochschullehrer fur Kirchengeschichte Autor und Herausgeber von Standardwerken uber die Geschichte der MennonitenLiteratur BearbeitenWalter Kuhn Die mennonitische Altkolonie Chortitza in der Ukraine In Deutsche Monatshefte 9 19 Posen 1942 S 161 199 Adina Reger Delbert F Plett Diese Steine Crossway Publications 2001 ISBN 1 55099 124 8 Weblinks BearbeitenPrivate Website mit Karten Photos Genealogie und Daten Sowjetische Generalstabskarte des Gebiets auf Stand von 1990 Memento vom 11 Marz 2007 im Internet Archive 47 86 35 009444444444 Koordinaten 47 52 N 35 1 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kolonie Chortitza amp oldid 238611061