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Das KZ Breslau Durrgoy bestand als fruhes Konzentrationslager zwischen April und August 1933 im Breslauer Stadtteil Durrgoy polnisch Tarnogaj In dem von SA Mitgliedern bewachten Konzentrationslager waren uberwiegend politische Gefangene untergebracht Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenNach der Machtubertragung an die Nationalsozialisten wurden in Breslau im Marz und April 1933 in mehreren Verhaftungswellen politische Gegner der Nationalsozialisten in Schutzhaft genommen und im bald uberfullten Polizeiprasidium untergebracht Am 28 April wurde nach einer weiteren Verhaftungswelle das Konzentrationslager im Warenlager einer Dungemittelfabrik an der Strehlener Chaussee polnisch ulica Bardzka eingerichtet Dort waren bereits im Ersten Weltkrieg Kriegsgefangene festgehalten worden Der Breslauer Polizeiprasident Edmund Heines 1897 1934 war massgeblich verantwortlich fur das KZ Durrgoy Heines 1920 an einem Fememord beteiligt spater dann Reichstagsabgeordneter der NSDAP fuhrte im Rang eines SA Obergruppenfuhrers die SA Gruppe Schlesien Das KZ Durrgoy wird auch als Heines Privatlager bezeichnet personliche Rachegeluste 1 Heines standen offenbar hinter der Inhaftierung des vormaligen sozialdemokratischen Reichstagsprasidenten Paul Lobe in Durrgoy Der Parlamentsprasident hatte Heines 1932 wegen Tatlichkeiten im Parlamentsgebaude aus dem Reichstag ausgeschlossen Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung befand sich Lobe zunachst in Berlin in Schutzhaft ehe er im August 1933 ohne Kenntnis der Berliner Gestapo von einem Breslauer SA Kommando entfuhrt wurde Lobe berichtete in seinen Erinnerungen von einer von der Lagerleitung inszenierten festlichen Begrussung in Durrgoy bei der eine aus kommunistischen Haftlingen gebildete Schalmeienkapelle spielte und ein Haftling ihm einen Blumenstrauss aus Brennnesseln und Kartoffelkraut uberreichen musste 2 Um die eigene Macht zu demonstrieren und die Bevolkerung abzuschrecken oder einzuschuchtern wurden prominente Haftlinge haufig von der SA und der Polizei in demutigender Weise in einer Art Triumphzug durch Breslau zum KZ gefuhrt 1 Zu den weiteren in Durrgoy inhaftierten Politikern aus SPD KPD sowie der in Breslau stark vertretenen SAPD gehorten Heinrich Bretthorst 1883 1962 Politiker SPD SED Ernst Eckstein 1897 1933 Vorsitzender des Parteibezirks Mittelschlesien der SAPD 3 Karl Elgas 1900 1985 Reichstagsabgeordneter KPD 4 Hermann Ludemann 1880 1959 Oberprasident von Niederschlesien SPD 5 Karl Mache 1880 1944 stellvertretender Burgermeister von Breslau SPD 6 Paul Seibold 1871 1954 preussischer Landtagsabgeordneter SPD 7 Arthur Ullrich 1894 1969 Reichstagsabgeordneter KPD 8 Fritz Voigt 1882 1945 Mitglied der Nationalversammlung 1919 SPD 9 Berthold Weese 1879 1967 preussischer Landtagsabgeordneter SPD 10 Wilhelm Winzer 1878 1957 preussischer Landtagsabgeordneter SPD 11 Lobe beschrieb in seinen Lebenserinnerungen die Haftverhaltnisse in Durrgoy Achtzig Feldbettstellen standen in Doppelreihen ubereinander in der Baracke hundertzwanzig Haftlinge lagen auf dem gestampften Erdboden darunter auch ich Etwa vier Meter von den Kubeln entfernt in die 200 Eingeschlossene ihre Bedurfnisse befriedigten befand sich mein Lager Tausende von Fliegen vermittelten einen regen Verkehr Die neu hinzugekommenen Haftlinge wuschen sich und assen aus denselben Konservenbuchsen denn Geschirr war fur sie nicht da In der Nacht kamen uniformierte Verbrecher stiessen einzelne Gefangene mit ihren Stiefeln wach und trieben sie hinaus Man horte diese in der Sanitatsbaracke unter Schlagen schreien und wimmern bis sie ohnmachtig herausgeschleppt und mit dem Kopf in die Regentonne gesteckt wurden damit sie wieder zu sich kamen 12 Zur Unterbringung der Haftlinge wurde zunachst eine spater dann eine zweite Wellblechbaracke genutzt Eine weitere Baracke offiziell als Sanitatsbaracke bezeichnet diente auch als Folterstatte Eine zweite Folterstatte war das ausserhalb des Lagers gelegene Braune Haus in der Neudorfer Strasse polnisch ulica Komandorska genannt Einrichtung zur besonderen Vernehmung z b V in der Polizeihilfskommissare die Haftlinge in allen Varianten psychisch und physisch 13 folterten Nachts fanden Feueralarme statt wahrend denen die Haftlinge stundenlang exerzieren mussten Das Prugeln der Haftlinge mit Gummiknuppeln und Reitpeitschen offiziell korperliche Erziehungsmassnahme genannt war alltaglich Die Wachmannschaft der eine eigene Baracke zur Verfugung stand bestand uberwiegend aus jungen SA Mitgliedern und einigen Hilfspolizisten Erster Lagerkommandant war der SA Sturmbannfuhrer Heinze er wurde nach Beschwerden wegen Gefangenenmisshandlung und einem Erpressungsversuch durch den SA Standartenfuhrer Rohde ersetzt Das Gelande des Konzentrationslagers war mit Stacheldraht umzaunt und mit einer Hochspannungsleitung umgeben die zur Bewachung eingesetzten Polizisten und Hilfspolizisten waren mit Maschinenpistolen bewaffnet Die Haftlinge mussten neun bis zwolf Stunden taglich arbeiten Dabei wurden Arbeitszeiten und pausen willkurlich gehandhabt der Ubergang von Arbeit zur Folter war fliessend 13 Anfanglich wurden die Gefangenen zum weiteren Ausbau des Lagers eingesetzt spatere Arbeiten auch ausserhalb des Lagers waren das Entschlammen eines Teiches der zu einem Freibad umgebaut werden sollte sowie Bauarbeiten an Gebauden der Polizei und SA in Breslau Die Zahl der Haftlinge stieg bei starker Fluktuation von anfanglich 200 auf 423 bei Auflosung des Lagers am 10 August 1933 1 An diesem Tag wurden 343 Haftlinge in die Emslandlager uberstellt die anderen Haftlinge wurden ins Breslauer Polizeiprasidium gebracht und von dort meist entlassen Heute existieren keine Uberreste des Konzentrationslagers mehr auf dem Gelande befindet sich der nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aufgehaufte Schuttberg Wzgorze Gajowe Literatur BearbeitenAndrea Rudorff Breslau Durrgoy In Wolfgang Benz Barbara Distel Hrsg Der Ort des Terrors Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager Band 2 Fruhe Lager Dachau Emslandlager C H Beck Munchen 2005 ISBN 3 406 52962 3 S 83 86 Weblinks BearbeitenDas Konzentrationslager Durrgoy beim Edith Stein Haus Zentrum fur kulturellen DialogEinzelnachweise Bearbeiten a b c Rudorff Breslau Durrgoy S 85 Erinnerungen Lobes von 1949 zitiert bei Schumacher M d R S 370 Kurt Patzold Haftlingsgesellschaft In Wolfgang Benz Barbara Distel Der Ort des Terrors Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager Band 1 Fruhe Lager Dachau Emslandlager C H Beck Munchen 2005 ISBN 3 406 52961 5 S 110 125 hier S 115 Martin Schumacher Hrsg M d R Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus Politische Verfolgung Emigration und Ausburgerung 1933 1945 Droste Dusseldorf 1991 ISBN 3 7700 5162 9 S 194 Schumacher M d R S 370 Schumacher M d R S 381 Biografie von Paul Seibold In Wilhelm H Schroder Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs 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