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Der judische Friedhof in Bad Kissingen einer Stadt im bayerischen Regierungsbezirk Unterfranken besteht seit 1817 und liegt an der heutigen Bergmannstrasse unweit des Ostringes Blick auf den FriedhofAltester Teil des FriedhofesBlick auf den Friedhof Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Anfange 1 2 Friedhofsschandungen 2 Heutiger Zustand 3 Auf dem Friedhof bestattete Personlichkeiten 4 Architektur 4 1 Taharahaus 4 2 Grabsteine 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenAnfange Bearbeiten Vor der Judenemanzipation siehe Bayerisches Judenedikt von 1813 wurden judische Einwohner der Kurstadt auf dem judischen Friedhof in Pfaffenhausen Pfaffenhausen ist heute Ortsteil von Hammelburg beigesetzt Erst 1817 wurde von der Judischen Gemeinde Bad Kissingen am damaligen Zuckberg ein Gelande zur Anlage eines Friedhofes erworben 1 Im Jahr 1821 ordnete die Regierung des Untermainkreises die Zahlung einer jahrlichen Grundsteuer in Hohe von 45 Kreuzern an Seit der Erweiterung von 1932 umfasst der Friedhof der an einem leichten Hang in West Ost Richtung angelegt und uber eine durchgangige Steintreppe begehbar ist eine Flache von 38 92 Ar Aufgrund der wachsenden Zahl judischer Gemeindemitglieder in den Jahren 1824 bis 1925 wuchs die Gemeinde von 163 auf 504 Personen wurde es notwendig eine Leichenhalle zu bauen Das noch heute bestehende Taharahaus fur rituelle Leichenwaschungen wurde 1891 im Rahmen einer Friedhofserweiterung von Baumeister Gillich im neoromanischen Stil erbaut Friedhofsschandungen Bearbeiten In den Jahren 1925 und 1936 wurde der Friedhof das Ziel von Schandungen indem Grabsteine umgeworfen und Fensterscheiben am Taharahaus eingeworfen wurden In beiden Fallen blieb die Fahndung nach den Tatern ebenso erfolglos obwohl im Fall von 1936 das Kissinger Bezirksamt von der Bayerischen Bereitschaftspolizei angewiesen wurde mit Hochdruck nach den Tatern zu fahnden und zukunftige Vorfalle dieser Art zu unterbinden Im Zuge der Ereignisse der Pogromnacht vom 9 November 1938 wurden am Nachmittag des 10 November 1938 einige im Bad Kissinger Amtsgerichtsgefangnis inhaftierte Juden aneinandergekettet durch die Stadt zum Friedhof getrieben und dort an einer bezeichneten Stelle zum Graben gezwungen da man dort seit einiger Zeit verschiedenes belastendes Material vermutete Stattdessen wurden dort einige judische Ritualien gefunden und zur Sichtung in den Luftschutzkeller des Kreishauses gebracht 2 1941 fand das letzte Begrabnis in der Zeit des Nationalsozialismus statt Nach der Deportation der letzten Juden aus der Kurstadt am 24 April 1942 wurde der Friedhof geschlossen Stattdessen wurden 20 sowjetische Kriegsgefangene im Taharahaus untergebracht die im nahen Bahnhof die Zuge zu be und entladen hatten Der Friedhof uberstand den Zweiten Weltkrieg und das Dritte Reich weitestgehend unversehrt Bald nach dem Krieg liess sich 1946 wieder ein Jude hier beisetzen Die vorerst letzte Beerdigung fand am 29 November 1989 statt Heute gibt es noch 488 Grabsteine Mazewot darunter auch Kriegsgraber von preussischen wie bayerischen Soldaten judischen Glaubens aus der Schlacht bei Kissingen am 10 Juli 1866 Hinter dem Taharahaus gibt es ein einzelnes Urnengrab Da das traditionelle Judentum generell gegen die Feuerbestattung ist musste die Urne abseits der anderen Grabstatten beigesetzt werden Anfang Mai 1994 wurde der Friedhof durch zwei 14 und 16 Jahre alte Schuler geschandet die einzelne Grabsteine mit Farbe beschmierten und mit Nazi Symbolen bespruhten Die Tater konnten ermittelt werden und wurden nicht nur zur Bezahlung des angerichteten Schadens in Hohe von 3500 DM sondern auch zur Ableistung von 20 bzw 60 Arbeitsstunden verurteilt Heutiger Zustand BearbeitenDa es in Bad Kissingen heute keine judische Gemeinde mehr gibt keine Beisetzungen durchgefuhrt werden und der Friedhof nur ehrenamtlich betreut wird ist dessen Zustand schlecht Teilweise sind die Inschriften auf den Grabsteinen durch Verwitterung nicht mehr lesbar Auf dem Friedhof bestattete Personlichkeiten BearbeitenMoses Lob Bamberger 1838 1899 Distriktsrabbiner von Bad Kissingen und seine Ehefrau Sara 1842 1871 Seckel Bamberger 1863 1934 vorletzter Rabbiner des Distriktsrabbinats Bad Kissingen Michael Nassatisin 1876 1931 Grosshandler und Philanthrop heute steht nur noch sein Grabstein aber das Grab ist leer sein Leichnam wurde wenig spater nach England uberfuhrt Josef Weissler 1910 1989 Bethaus Grunder und Chasan mit Ehefrau Renia 1913 1984 Jacob Michaelis 1842 1866 3 preussischer Leutnant fiel 1866 in der Schlacht bei Kissingen Auf dem Friedhof befinden sich zwei weitere Graber von Soldaten beider Fronten die wahrend der Schlacht bei Kissingen fielen 4 Die beiden nebeneinander befindlichen ausschliesslich hebraisch beschrifteten Graber sind beinahe identisch und unterscheiden sich ledigliche dadurch dass der linke Grabstein mit einer Pickelhaube und der rechte Grabstein mit einem Chevauleger Helm gestaltet ist 4 nbsp Grabstein des Distriktsrabbiners Moses Lob Bamberger und seiner Ehefrau Sara nbsp Grabstein des Rabbiners Seckel Bamberger nbsp Grabstein von Michael Nassatisin nbsp Grab des Vorbeters Josef Weissler nbsp Grab des Soldaten Jacob MichaelisArchitektur BearbeitenTaharahaus Bearbeiten nbsp Das Taharahaus in Bad Kissingen nbsp Architektenzeichnung zum Bau des Taharahauses 1891 Hauptartikel Taharahaus Bad Kissingen Aufgrund der wachsenden Zahl judischer Gemeindemitglieder in den Jahren 1824 bis 1925 wuchs die Gemeinde von 163 auf 504 Personen wurde es notwendig eine Leichenhalle zu bauen Dieses Taharahaus fur rituelle Leichenwaschungen wurde 1891 im Rahmen einer Friedhofserweiterung von Baumeister Gillich im neoromanischen Stil erbaut und besteht mit seinen drei grossen Steinbogen im Eingangsbereich noch heute Darin waren ein Wachter Bet Wasch Leichen Utensilien und Sektionsraum untergebracht Das Haus wurde aus rotem Ziegel mit Gliederungselementen aus gelbem Sandstein gebaut Sein Mittelrisalit ist auf das Graberfeld ausgerichtet Eine Freitreppe fuhrt zu dessen dreifacher Arkade deren profilierte Bogen auf dorisch toskanischen Saulen ruhen Ein rustizierter Sockel umzieht das Gebaude 5 Grabsteine Bearbeiten Die Grabsteine von denen die meisten um die Jahrhundertwende vom 19 zum 20 Jahrhundert von Bildhauer Valentin Weidner geschaffen wurden sind in der Mehrheit dem Stil christlicher Graber nachempfunden 6 Name Foto Beschreibung Position des Grabes R Reihe G Grab nach dem Botsch Register 7 Berta Esche gest 27 November 1913 Mit Grabdenkmalern wie diesen zeigte Weidner einen eigenen Stil fur die Grabdenkmaler judischer verstorbener Mitburger Es ist mit V W signiert R 5 G 5Low Hamburger gest 15 Juni 1902 Das Grab ist mit V W signiert sowie auf hebraisch und deutsch beschriftet R 8 G 4Karl Hofmann gest 21 April 1898 Das mit V W signierte Grab besteht aus einem schwarzen Marmorsockel und einer geborstenen weissen Marmorsaule Es ist hebraisch und deutsch beschriftet R 10 G 8Peter Kaabaak gest 4 August 1908 Dieses mit V W signierte Grab ist wie das Grabdenkmal von Karl Hofmann mit schwarzem Marmorsockel und geborstener diesmal jedoch schwarzer Marmorsaule gestaltet Es ist deutsch und hebraisch beschriftet Der hier bestattete Peter Kaabak war Mitglied der Priesterklasse der Kohanim R 9 G 18Carl und Jeanette Kissinger gest 25 Dezember 1918 nbsp Das Grab ist breit angelegt und lediglich mit W signiert Da im Unterschied zu anderen typischen Signaturen Weidners das V fur seinen Vornamen fehlt ist die Zuordnung nicht gesichert R 4 G 8Heinrich und Sarah Kugelmann gest 22 Juli 1911 Heinrich Kugelmann und 1937 Sarah Kugelmann Das mit einem ligierten inzwischen fast verwitterten VW signierte Grab von Heinrich Kugelmann besteht aus einer mit Rosen umrahmten Schrifttafel aus schwarzem Marmor Es ist uberwiegend hebraisch und daneben deutsch beschriftet Es ist unklar ob der Grabstein von Sarah Kugelmann zeitgleich mit dem Grabstein ihres Mannes oder erst in ihrem Todesjahr 1937 entstand Beide Grabsteine sind identisch gestaltet R 6 G 14 15Helena Neumark gest 23 Juli 1913 Dieses mit V W signierte Grab ist ausschliesslich deutsch beschriftet Es ist mit einem ovalen Medaillon verziert welches von einem grossen Lorbeerkranz umrahmt wird Die hier bestattete Helena Neumark wurde in Russland geboren R 34 G 2Grab mit ausschliesslich hebraischer Beschriftung Das Grab ist mit V W signiert und in Form einer Pyramide gestaltet R 8 G 6Zwei weitere Graber mit der Signatur V W Bei beiden Grabern fehlt die Schrifttafel Die eine mit Efeu uberwucherte Grabstatte beherbergt einen Grabstein die andere eine Grabstele Literatur BearbeitenHans Jurgen Beck Rudolf Walter Judisches Leben in Bad Kissingen Herausgegeben von der Stadt Bad Kissingen Bad Kissingen 1990 S 26 Friedhof und S 118 Schandung Denis Andre Chevalley Stefan Gerlach Stadt Bad Kissingen Bayerisches Landesamt fur Denkmalpflege Hrsg Denkmaler in Bayern Band VI 75 2 Karl M Lipp Verlag Munchen 1998 ISBN 3 87490 577 2 S 26 27 Gerhard Wulz Die Friedhofe in Bad Kissingen In Thomas Ahnert Peter Weidisch Hrsg 1200 Jahre Bad Kissingen 801 2001 Facetten einer Stadtgeschichte Festschrift zum Jubilaumsjahr und Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung Sonderpublikation des Stadtarchivs Bad Kissingen Verlag T A Schachenmayer Bad Kissingen 2001 ISBN 3 929278 16 2 S 315 316 W G Sebald Die Ausgewanderten Eichborn Frankfurt am Main 2001 ISBN 3 8218 4714 X S 332 337 Lothar Mayer Judische Friedhofe in Unterfranken Michael Imhof Verlag Petersberg 2010 ISBN 978 3 86568 071 6 S 116 119 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Judischer Friedhof Bad Kissingen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Judischer Friedhof Bad Kissingen bei Alemannia Judaica Judischer Friedhof Bad Kissingen bei BadKissingen de PDF Judischer Friedhof Bad Kissingen im Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland Erinnerung an Verganglichkeit In Saale Zeitung inFranken de 7 November 2010 Judischer Friedhof Bad Kissingen Jeder Stein erzahlt eine Geschichte In Saale Zeitung inFranken de 5 Dezember 2021Einzelnachweise Bearbeiten Falsch ist die Aussage der Friedhof sei bereits 1801 angelegt worden wie z B hier Memento vom 18 November 2012 im Internet Archive Hans Jurgen Beck Rudolf Walter Judisches Leben in Bad Kissingen Herausgegeben von der Stadt Bad Kissingen Bad Kissingen 1 Auflage 1990 S 128 Werner Eberth Der Deutsche Krieg von 1866 im Landkreis Bad Kissingen Theresienbrunnen Verlag Bad Kissingen 2016 S 174 a b Werner Eberth Der Deutsche Krieg von 1866 im Landkreis Bad Kissingen Theresienbrunnen Verlag Bad Kissingen 2016 S 175 und 181 Ulrich Knufinke Bauwerke judischer Friedhofe in Deutschland Forschungsstelle fur judische Architektur in Europa Verlag M Imhof 2007 ISBN 3865682065 bzw ISBN 9783865682062 Seite 213 Auszug Werner Eberth Valentin Weidner In Kissinger Hefte Band 1 Theresienbrunnen Verlag Bad Kissingen 1992 S 34 36 Erstellt von Josef Botsch 1987 88 hinterlegt im Stadtarchiv Bad KissingenJudische Friedhofe in Unterfranken Stadt Aschaffenburg Aschaffenburg Schweinheim Landkreis Aschaffenburg HorsteinLandkreis Bad Kissingen Bad Bruckenau Bad Kissingen Geroda Massbach Pfaffenhausen Steinach an der SaaleLandkreis Hassberge Burgpreppach Ebern Ermershausen Kleinsteinach Limbach Memmelsdorf Schweinshaupten UntermerzbachLandkreis Kitzingen Dettelbach Huttenheim Rehweiler RodelseeLandkreis Main Spessart Karbach LaudenbachLandkreis Miltenberg Hausen Kleinheubach Alter judischer Friedhof Miltenberg Neuer judischer Friedhof Miltenberg ReistenhausenLandkreis Rhon Grabfeld Bad Neustadt a d Saale Ipthausen Kleinbardorf Mellrichstadt Neustadtles Oberwaldbehrungen Sulzdorf a d Lederhecke Unsleben WeimarschmiedenStadt Schweinfurt Schweinfurt Landkreis Schweinfurt Euerbach Gerolzhofen Oberlauringen SchwanfeldStadt Wurzburg Heidingsfeld Wurzburg Landkreis Wurzburg Allersheim Aub Eibelstadt Hochberg Zell a Main 50 193108 10 082348 Koordinaten 50 11 35 2 N 10 4 56 5 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judischer Friedhof Bad Kissingen amp oldid 230832750