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Am 10 Juni 1813 erliess der bayerische Minister Montgelas das Edikt uber die Verhaltnisse der judischen Glaubensgenossen im Konigreiche Baiern das sogenannte Bayerische Judenedikt welches die rechtlichen Verhaltnisse der judischen Bewohner in Bayern regelte Inhaltsverzeichnis 1 Anlass und Inhalt 2 Textauszug 3 Siehe auch 4 Quellen und Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseAnlass und Inhalt BearbeitenEiner der Grunde fur den Erlass des Edikts war die Dankbarkeit von Konig Maximilian I Joseph und seinem Minister Montgelas dass die Bankiers voran Aron Elias Seligmann das uberschuldete Konigreich vor dem Staatsbankrott retteten 1 Der Hauptgrund war die Angleichung der rechtlichen Verhaltnisse der Juden in allen Landesteilen des Konigreiches Zuvor hatten in Kurpfalzbayern nur wenige und sehr kleine judische Gemeinden bestanden Mit den Gebietszugewinnen infolge der Sakularisation in Schwaben und Franken kamen zahlreiche judische Untertanen sogenannte Landjuden hinzu welche in ihren ursprunglichen Territorien unterschiedlichen Judenordnungen unterworfen waren Mit dem Judenedikt von 1813 wurde eine fur das gesamte Konigreich Bayern gultige Judenordnung erlassen welche gleichzeitig versuchte die burgerliche Verbesserung der bayerischen Juden im Sinne der paternalistischen Erziehung zu nutzlichen Untertanen zu erreichen Das Edikt verfugte die Aufhebung der judischen Gerichtsbarkeit und erlaubte Juden den Grunderwerb Die Einschreibung in Matrikel Listen regelte die Erfassung wohnberechtigter Juden Da fur jeden Ort eine Hochstzahl judischer Familien festgelegt wurde die moglichst noch gesenkt werden sollte beeintrachtigte die Regelung nicht nur die Freizugigkeit der Juden sondern auch die Moglichkeit eine Familie zu grunden da eine Heirat von der Obrigkeit genehmigt werden musste 2 Die damals entstandenen Judenmatrikeln bilden eine sozial und wirtschaftsgeschichtlich wertvolle Quelle da sie nicht nur die Namen der judischen Bevolkerung des jeweiligen Kreises und spateren Regierungsbezirks flachendeckend erfassen sondern auch detaillierte Nachweise uber familiare Zusammenhange und den Nahrungserwerb der Personen bieten Sie bilden zudem die Verbindungsstelle zwischen den fruheren Beschneidungsnamen und den nun verpflichtend gewordenen Familiennamen 3 4 Das Edikt war ein Meilenstein in der Geschichte der Assimilation der judischen Bewohner Bayerns Die vollstandige rechtliche Gleichstellung der Juden in Bayern folgte jedoch erst mit der Annahme der Verfassung des 1871 gegrundeten Deutschen Reiches Textauszug Bearbeiten 1 Nur diejenigen judischen Glaubensgenossen konnen die in unserem Edikte ausgesprochenen burgerlichen Rechte und Vorzuge erwerben welche das Indigenat in unsern Staaten auf gesetzliche Weise erhalten haben 2 Zum Genuss derselben wird die Eintragung in die bei unsern Polizeibehorden anzulegenden Juden Matrikel vor allem vorausgesetzt 3 Zu diesem Ende mussen binnen drei Monaten nach der Kundmachung dieses Edikts alle in unserem Reiche befindlichen Juden bei der Polizeibehorde ihres Wohnortes mit Angebung ihres Standes Alters Familienzahl und Erwerbungsart sich melden und ihre Schutzbriefe Konzessionen oder Aufenthalts Bewilligungen urschriftlich vorlegen 6 Die Polizeibehorde hat die infolgedessen gegebenen Erklarungen beim General Kommissariat vorzulegen welches entscheidet ob der Jude zur Aufnahme in die Matrikel sich eigne oder nicht 7 Wenn das General Kommissariat den Juden zur Aufnahme in die Matrikel geeignet findet muss derselbe den oben vorgeschriebenen Untertanseid auf die Bibel ablegen worauf dessen Eintragung in die Matrikel geschieht und ihm zu seiner Legitimation ein Auszug aus derselben erteilt wird welche ihn und seine Nachkommen die Stelle der bisherigen Schutzbriefe vertritt 8 Die Matrikel muss den alten und den neuen Namen der Juden Familien enthalten und bei dem General Kommissariate hinterlegt werden Jede untere Polizeibehorde erhalt hiervon den betreffenden Auszug 10 Diejenigen Juden welche binnen drei Monaten entweder 1 ihre Aufnahms Urkunde nicht vorlegen oder 2 einen Familiennamen anzunehmen oder 3 den Untertanseid abzulegen sich weigern sollen kunftig lediglich als fremde Juden behandelt werden 11 Jede Einwanderung und Niederlassung fremder Juden im Konigreiche ist durchaus verboten 12 Die Zahl der Juden Familien an den Orten wo sie dermal bestehen darf in der Regel nicht vermehrt werden sie soll vielmehr nach und nach vermindert werden wenn sie zu gross ist 13 Die Ansassigmachung uber die Zahl an denselben Orten wo sich bereits Juden befinden oder die Ansassigmachung in Orten wo noch keine Juden sind kann nur von der allerhochsten Stelle und wird auch von derselben nur unter den nachstehenden Voraussetzungen bewilligt werden 1 wegen Errichtung von Fabriken oder grossen Handelsunternehmungen 2 bei Ergreifung eines ordentlichen Handwerks wenn sie die Ausubung eines Meisterrechts erhalten haben 3 wenn sie soviel an Grund und Boden zur eigenen Bearbeitung erkaufen worauf eine Familie vom Feldbau ohne darneben Handel zu treiben sich gut ernahren kann 15 Um die Juden von ihren bisherigen ebenso unzureichenden als gemeinschadlichen Erwerbsarten abzuleiten und ihnen jede erlaubte mit ihrem gegenwartigen Zustande vereinbare Erwerbsquelle zu eroffnen sollen dieselben zu allen burgerlichen Nahrungszweigen als Feldbau Handwerken Treibung von Fabriken und Manufakturen und des ordentlichen Handels unter den nachfolgenden Bestimmungen zugelassen dagegen der gegenwartig bestehende Schacherhandel allmahlich jedoch sobald immer moglich ganz abgestellt werden 20 Aller Hausier Not und Schacherhandel soll in Zukunft ganzlich verboten und eine Ansassigmachung hierauf durchaus untersagt bleiben 23 Den judischen Glaubensgenossen im Konigreiche wird vollkommene Gewissensfreiheit gesichert 24 Wo die Juden in einem gewissen mit der Territorialeinteilung des Reiches ubereinstimmenden Bezirke in einer Zahl von wenigstens 50 Familien vorhanden sind ist ihnen gestattet eine eigene kirchliche Gemeinde zu bilden und an einem Orte wo eine Polizeibehorde besteht eine Synagoge einen Rabbiner und eine eigene Begrabnisstatte zu haben 32 Die Juden Kinder beider Geschlechter sind gleich jener unserer ubrigen Untertanen zum offentlichen Schulbesuche in Stadten und auf dem Lande verbunden und sie erhalten mit Ausnahme der Religionslehre gleichen Unterricht mit denselben 33 Den Juden ist bewilligt eigene Schulen zu errichten Siehe auch BearbeitenGeschichte der Juden in Deutschland Judische Emanzipation Judenemanzipation rechtliche Gleichstellung Badisches Judenedikt von 1809 Preussisches Judenedikt von 1812Quellen und Literatur BearbeitenGesetzblatt fur das Konigreich Bayern 1813 Michael Brenner Stefi Jersch Wenzel Michael A Meyer Deutsch judische Geschichte in der Neuzeit C H Beck Munchen 1996 ISBN 3 406 39703 4 Karl Weber Neue Gesetz und Verordnungen Sammlung fur das Konigreich Bayern mit Einschluss der Reichsgesetzgebung Band 1 Beck Nordlingen 1880 DNB 011273623 Richard Mehler Die Matrikelbestimmungen des bayerischen Judenediktes von 1813 Historischer Kontext Inhalt Praxis Franconia Judaica Band 6 ISSN 1864 6484 Ergon Verlag Wurzburg 2011 ISBN 978 3 89913 874 0 Weblinks BearbeitenSusanne Rieger Gerhard Jochem Zum Judenedikt von 1813 inklusive Volltext PDF 45 kB In rijo homepage t online de 12 Mai 2007Einzelnachweise Bearbeiten Festansprache zum 200 jahrigen Bestehen des Bayerischen Obersten Rechnungshofes von Reinhard Heydenreuter Munchen 18 Oktober 2012 In orh bayern de abgerufen am 26 Marz 2012 Philipp Lenhard Martina Niedhammer Ohne Bewilligung Vorgeschichte Funktion und Auswirkungen der Judenmatrikel in Bayern 1813 1861 und der Familiantengesetze in den bohmischen Landern 1726 27 1859 In Milan Havacka Robert Luft Ulrike Lunow Hrsg Tschechien und Bayern Gegenuberstellungen und Vergleiche vom Mittelalter bis zur Gegenwart Collegium Carolinum Munchen 2016 ISBN 978 3 944396 59 0 S 131 149 Gesellschaft fur Familienforschung in Franken e V Staatsarchiv Nurnberg Bearb Die Judenmatrikel 1813 1861 fur Mittelfranken Digitalisierte Quellen Nr 1 Digitale Medien Nr 1 2 unveranderte Auflage Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns Gesellschaft fur Familienforschung in Franken e V Munchen Nurnberg 2003 ISBN 978 3 929865 76 9 CD ROM Gesellschaft fur Familienforschung in Franken e V Staatsarchiv Bamberg Bearb Die Judenmatrikel 1824 1861 fur Oberfranken Digitale Medien Nr 4 Digitalisierte Quellen Nr 2 Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns Gesellschaft fur Familienforschung in Franken e V Munchen Nurnberg 2017 ISBN 978 3 929865 88 2 DVD ROM Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bayerisches Judenedikt von 1813 amp oldid 236308422