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Die Judische Gemeinde Horinghausen im nordhessischen Dorf Horinghausen einer ehemals Hessen Darmstadter Enklave innerhalb des Furstentums Waldeck und einem heutigen Ortsteil der Stadt Waldeck bestand vom 18 Jahrhundert bis zur Zeit des Nationalsozialismus Inhaltsverzeichnis 1 Gemeindeentwicklung 2 Gemeindeleben 2 1 Nationalsozialistische Verfolgung 3 Gemeindeeinrichtungen 4 Synagoge 4 1 Nachkriegsnutzung 5 Fotogalerie Friedhof 6 Einzelnachweise 7 WeblinksGemeindeentwicklung BearbeitenIn Horinghausen bestand eine judische Gemeinde von der Mitte des 18 Jahrhunderts bis 1938 1942 Im Jahre 1704 sind erstmals zwei judische Hausbesitzer erwahnt Im Jahre 1730 hatten drei Juden im Ort das vom Landgrafen verbriefte Recht Pfander anzunehmen und dafur Geld auszuzahlen verpfandete Gegenstande mussten acht Tage lang zum Einlosen bereitgehalten werden dann durften sie veraussert werden Um die Mitte des 18 Jahrhunderts begann ein verstarkter Zuzug weiterer Familien sodass nunmehr eine Gemeinde Kehillah im kultischen Sinne bestand und 1783 gab es bereits 24 judische Familien bzw Haushaltungen im Dorf Von allen wurde das so genannte Schutzgeld erhoben 1 Nach der Mitte des 19 Jahrhunderts erreichte die Zahl der judischen Einwohner ihren Hochststand mit 152 im Jahre 1856 Danach fiel ihre Zahl durch Abwanderung stetig insbesondere nachdem 1869 im Norddeutschen Bund und 1871 im Deutschen Reich die Judische Emanzipation Gesetz wurde und damit sowohl Gewerbe als auch Wohnfreiheit gegeben waren Die Entwicklung der Gemeindegrosse war wie folgt Jahr Einwohner gesamt JudischeEinwohner Anteilin Prozent1830 85 1856 152 1871 772 110 14 2 1885 757 85 10 7 1895 752 66 8 7 1905 756 59 7 8 1924 832 28 3 4 1933 893 22 2 5 1939 4 0 4 1942 0 0 0 Gemeindeleben BearbeitenBis zur Mitte des 19 Jahrhunderts lebten die judischen Familien des landwirtschaftlich gepragten Dorfs vor allem vom Klein und Hausierhandel und ein wenig Landwirtschaft hauptsachlich Garten und Wiesen in recht armlichen Verhaltnissen Danach brachten es einige von ihnen zu etwas Wohlstand durch den Betrieb etwas grosserer Gewerbebetriebe und Handlungen Blech und Altwarenhandlung Fell Leder und Schuhhandlung Kolonialwarenladen Tuchwarengeschaft Tuch und Handarbeitsladen Spirituosenhandel Einer betrieb ein eintragliches Gasthaus Juden durften sich im Furstentum Waldeck nur von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang aufhalten und da judische Handler das Furstentum nicht an einem Tag durchqueren konnten kehrten sie gerne in der mitten im Furstentum gelegenen hessen darmstadter Enklave Horinghausen ein 2 Unter den gewerbetreibenden Juden waren ein Schuhmacher ein Kufer und sieben Metzger Letztere ubten ihre Tatigkeit auch in den umliegenden Orten aus damit ihre Glaubensbruder dort koscheres Fleisch verzehren konnten Sie mussten fur ihre Tatigkeit eine besondere Steuer bezahlen die sogenannte Schlacht Akzise Die Gemeinde gehorte zunachst zum Rabbinat Giessen seit 1885 zum Provinzialrabbinat Marburg Sie war orthodox eingestellt und der Sabbat wurde streng beachtet Wahrend des Sabbats und an judischen Festtagen kummerten sich oft christliche Nachbarsfrauen um das Inganghalten des Feuers und andere Dinge die Juden an solchen Tagen untersagt waren 3 Enge Beziehungen bestanden zur sicherlich wohlhabenderen judischen Gemeinde in der nahen waldeckschen Stadt Sachsenhausen Ein judischer Einwohner des Dorfs Markus Lazarus nahm als Soldat am Deutsch Franzosischen Krieg 1870 71 teil und begrundete spater den Kriegerverein Horinghausen dessen Vereinsfahne er auch stiftete Vor seinem Tod im Jahre 1907 stiftete er der judischen der evangelischen und der politischen Gemeinde jeweils 9000 Mark mit der Auflage es nur fur Arme Kranke und sonstige wohltatige Zwecke zu verwenden 4 Im Ersten Weltkrieg fielen aus der judischen Gemeinde zwei Sohne der Familie Adler ihre Namen sind auf dem Kriegerdenkmal der Gemeinde verewigt Nationalsozialistische Verfolgung Bearbeiten Das bisher gute Zusammenleben der Bewohner des Ortes anderte sich erst ab Ende der 1920er Jahre Von den 22 judischen Personen in funf Familien die 1933 noch in Horinghausen lebten zogen fast alle in den folgenden Jahren wegen der zunehmenden Entrechtung und Repressalien weg oder wanderten ganz aus Deutschland aus Isaak Kohlhagen reisender Tuchwarenhandler aus Horinghausen wurde wahrend der Zeit des Nationalsozialismus verhaftet und erst nach schwersten Misshandlungen nach Hause entlassen er starb an den Folgen seiner Verletzungen im Jahr 1938 5 1939 gab es nur noch vier judische Einwohner Sie wurden 1942 in Vernichtungslager deportiert und dort ermordet Von den in Horinghausen geborenen und oder langere Zeit am Ort wohnhaften judischen Personen wurden mindestens 17 umgebracht von ihnen wurde die Alteste 1854 der Jungste 1906 geboren Gemeindeeinrichtungen Bearbeiten nbsp Judischer Friedhof heuteAn Einrichtungen bestanden eine Synagoge ab 1792 eine judische Schule von 1869 bis um 1917 als judische Elementarschule ansonsten Religionsschule eine Mikwe rituelles Bad an der Alrafter Strasse 1870 erneuert und Plunkhauschen genannt und ein judischer Friedhof Der Friedhof wurde in der Mitte des 19 Jahrhunderts angelegt Er hat eine Grosse von 27 Ar und liegt etwa 500 m vom Ortskern entfernt am Komberg inmitten landwirtschaftlich genutzter Flachen 25 Grabsteine sind erhalten Viele stehen allerdings nicht mehr an ihren ursprunglichen Grabstellen andere sind umgekippt einige auch zerbrochen Etliche sind in falscher Richtung wieder aufgestellt worden Die letzte Belegung war im Februar 1936 als der Leder und Fellhandler Hermann Katzenstein der wenige Tage zuvor uberfallen und schwer misshandelt worden war an den Folgen seiner Verletzungen starb und dort beigesetzt wurde 6 7 Die Elementarschule zunachst Privatschule ab 1886 auf Antrag der judischen Gemeinde offentliche israelitische Elementarschule wurde 1871 von 26 1873 von 23 Schulern besucht Die Schulerzahlen gingen standig zuruck und so besuchten bald alle Kinder die Dorfschule und ab etwa 1917 gingen die judischen Kinder nur noch zum religiosen Unterricht in die Synagoge Die Gemeinde hatte einen Lehrer der auch als Chasan Vorbeter und Schochet Schlachter fungierte Bemerkenswert ist dass die Gemeinde im Jahre 1878 als sie in der Zeitschrift Der Israelit vom 27 November 1878 die Stelle eines Religionslehrers und Vorbeters ausschrieb in ihre Anzeige den Satz einfugte Polen und Russen bleiben unberucksichtigt 8 Synagoge Bearbeiten nbsp Die ehemalige Synagoge im Jahre 2008Bis zum Bau der ersten Synagoge im Jahre 1792 nutzte die Gemeinde einen Betraum in einem der judischen Wohnhauser Die erste Synagoge stand an der Ecke Hauptstrasse Korbacher Strasse Sie wurde im August 1841 vom grossherzoglichen Kreisrat in Vohl fur baufallig und irreparabel erklart und 1851 auf Anweisung der Behorden geschlossen Schon im August 1841 hatte der Kreisrat von der Gemeinde Auskunft verlangt ob die Kosten fur einen Neubau durch Umlagen oder Kapitalaufnahmen erbracht werden konnten Es dauerte noch bis 1847 ehe sich die mannlichen Gemeindemitglieder verpflichteten je nach Einkommen eine Summe zu zeichnen die sie in den nachsten Jahren fur den Bau einer Synagoge spenden wollten Junggesellen waren ausdrucklich mit herangezogen und jeder zwischen 15 und 60 Jahren musste so hoch zeichnen wie eben moglich So kamen 258 Gulden und 20 Albus pro Jahr zusammen Gleichzeitig beantragte die Gemeinde die Genehmigung bei Glaubensbrudern in den Provinzen Oberhessen und Starkenburg Kollekten erheben zu durfen um die insgesamt 5000 Gulden an veranschlagten Baukosten aufzubringen dies wurde bewilligt Nach der Schliessung der alten Synagoge behalf man sich zunachst mit einem Betraum im Wohnhaus eines Gemeindemitglieds Dieses Haus wurde 1852 abgerissen und auf dem Grundstuck Hauptstrasse 15 im Jahre 1854 ein neues judisches Gemeindezentrum mit Synagoge Schule und Lehrerwohnung gebaut Es war ein aus rotem behauenem Sandstein erstellter rechteckig gestreckter Massivbau auf einem niedrigen Sockel mit einem Satteldach Die Giebelwande waren bis uber die Dachflache hochgezogen Ein kleiner vorgebauter Erker am Ostgiebel zeigte von aussen den Standort des Toraschreins an Die Fenster und Turen hatten charakteristische Rundbogen Die Holzfenster waren mit Sprossen unterteilt und hatten durchbrochene Bogenflachen In der Mitte der Strassenseite befand sich auf Sockelhohe die zweiflugelige Haupteingangstur mit breitem Stufenzugang Rechts und links davon waren jeweils zwei Fenster Die Synagoge wurde durch den grossherzoglichen Rabbiner Benedict Samuel Levi aus Giessen eingeweiht Da wegen der nach 1933 stark zuruckgegangenen Zahl der Gemeindemitglieder keine regelmassigen Gottesdienste mehr abgehalten werden konnten wurde das Gebaude 1937 an die Spar und Darlehenskasse Horinghausen verkauft und als Lager benutzt Durch diesen Verkauf entging es der Zerstorung beim Novemberpogrom 1938 Die rituellen Gegenstande wurden nach Kassel verbracht dort wurden sie beim Novemberpogrom 1938 zerstort Nachkriegsnutzung Bearbeiten nbsp Gedenktafel fur die ehemalige SynagogeNach 1945 wurde das Gebaude auf Anordnung der Militarregierung fur die Unterbringung mehrerer Fluchtlingsfamilien verwendet Danach wurde es baulich im Wesentlichen unverandert wieder von der Spar und Darlehenskasse gekauft und erneut als Lager genutzt Erst gegen Ende der 1950er Jahre wurde die ehemalige Synagoge baulich stark verandert und ausserlich als ehemaliges Gotteshaus unkenntlich gemacht die Fenster und Turoffnungen wurden verandert und das Gebaude wurde um ein Drittel verkurzt um eine Hofeinfahrt zu den neu errichteten Lagerraumen hinter dem Haus zu schaffen Ab August 1989 wurde der bis dahin noch erhaltene Gebaudeteil der ehemaligen Synagoge abgebrochen und auf dem Grundstuck ein Neubau der Raiffeisenbank Freienhagen Horinghausen fruher Spar und Darlehenskasse errichtet Nach langen Verhandlungen wurde schliesslich eine Gedenktafel an der rechten Seitenmauer angebracht mit folgender Inschrift Gedenktafel der Synagoge Horinghausen Bis zu seiner Verausserung an die Raiffeisenkasse Horinghausen im Jahre 1937 diente das im Jahre 1854 erbaute Gebaude der judischen Gemeinde als Synagoge und Schule Heute befindet sich in dem Gebaude der Hauptsitz der NetCom Access Fotogalerie Friedhof Bearbeiten nbsp nbsp nbsp nbsp Einzelnachweise Bearbeiten Die Herren Wolff von Gudenberg die Horinghausen zu Mannlehen innehatten erstellten 1749 einen Lehnsbrief in dem die Abgaben genau aufgelistet waren Das Judenschutzgeld betrug jahrlich 3 Schilling 22 Albus und 4 Heller Ausserdem mussten Naturalien in Form von 1 1 2 Pfund Zucker einem Kalbsbraten zwischen 7 1 4 und 8 Pfund sowie alle Zungen der geschlachteten Rinder Ochsen und Kalber geliefert werden Das Begrabnisgeld bei Erwachsenen war auf 1 Schilling 15 Albus festgelegt bei Kindern auf 22 Albus Die Halfte der Einkunfte wurde an das landgrafliche Amt in Vohl abgefuhrt die andere verblieb beim Lehnsherrn Anneliese Laartz Juden in Horinghausen Memento des Originals vom 4 Marz 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www synagoge voehl de 1999 Anneliese Laartz Juden in Horinghausen Memento des Originals vom 4 Marz 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www synagoge voehl de 1999 Anneliese Laartz Juden in Horinghausen Memento des Originals vom 4 Marz 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www synagoge voehl de 1999 Er wurde 1907 mit militarischen Ehren beigesetzt einschliesslich des Abfeuerns einer Ehrensalve und der Beteiligung einer Kapelle des 167 Infanterieregiments aus Kassel Anneliese Laartz Juden in Horinghausen Memento des Originals vom 4 Marz 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www synagoge voehl de 1999 Anneliese Laartz Juden in Horinghausen Memento des Originals vom 4 Marz 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www synagoge voehl de 1999 Anneliese Laartz Juden in Horinghausen Memento des Originals vom 4 Marz 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www synagoge voehl de 1999 alemannia judaica de alemannia judaica deWeblinks BearbeitenZur judischen Gemeinde Horinghausen bei Alemannia Judaica Anneliese Laartz Juden in Horinghausen Vortragsmanuskript 1999 51 2738 8 9868 Koordinaten 51 16 25 68 N 8 59 12 48 O Judische Gemeinden im Landkreis Waldeck Frankenberg Adorf Altenlotheim Bad Arolsen Bad Wildungen Bergheim Eimelrod Frankenau Frankenberg Gemunden Grusen Horinghausen Korbach Landau Mengeringhausen Sachsenhausen Vohl Volkmarsen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judische Gemeinde Horinghausen amp oldid 219673579