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Das Interessengebiet des KZ Auschwitz auch Interessengebiet des KL Auschwitz war wahrend des Zweiten Weltkrieges ein Sperrgebiet der Schutzstaffel fur den Lagerkomplex Auschwitz im deutsch besetzten Polen Auf diesem von der Aussenwelt abgeschirmten Gebiet entstand der grosste Konzentrations und Vernichtungslagerkomplex des NS Staates Das Interessengebiet befand sich sudlich der Einmundung der Sola in die Weichsel nahe der Stadt Oswiecim dt Auschwitz und war teilweise durch diese Flusse begrenzt In dem zuletzt etwa 40 Quadratkilometer grossen Interessengebiet lagen das Stammlager des KZ Auschwitz das Vernichtungslager Auschwitz Birkenau Werkstatten SS Betriebe sowie die Landwirtschaftsbetriebe des KZ Auschwitz und deren angeschlossene Nebenlager Das Interessengebiet bestand offiziell von Ende Mai 1941 bis zur Befreiung des Gebietes durch die Rote Armee Ende Januar 1945 ab Juni 1943 als eigenstandiger Amtsbezirk Interessengebiet des KZ Auschwitz etwa 40 Quadratkilometer Luftaufnahme eines Teils des Interessengebietes der United States Army Air Forces vom 21 Dezember 1944 Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Einrichtung des SS Interessengebietes 3 Konflikt um die Gebietsabgrenzung 4 Amtsbezirk 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLage BearbeitenWegen der unterschiedlichen Behandlung der Bevolkerung in den annektierten polnischen Gebieten schufen die Nationalsozialisten eine Polizeigrenze deren Uberschreiten 1940 fur jedermann genehmigungspflichtig war 1 der Verlauf entsprach weitgehend der bis zum Kriegsbeginn bestehenden Grenze wich aber in Oberschlesien davon ab indem er auch die bisherige Autonome Woiwodschaft Schlesien und ein kleineres angrenzendes Gebiet auf die Seite des vor 1939 deutschen Territoriums zog und nicht in den ostlich davon gebildeten Oststreifen dessen Bevolkerung als minderwertig betrachtet und behandelt wurde 2 Dabei wurde der neuumgrenzte Landkreis Bielitz in dem Auschwitz lag von der im Reichsgesetzblatt widerspruchlich definierten Grenze zerschnitten Die Verordnung uber die Beschrankung des Reiseverkehrs mit Gebietsteilen des Grossdeutschen Reichs und mit dem Generalgouvernement vom 20 Juli 1940 Paragraf 1 Abs 1 Nr b 3 nennt eine Einbeziehung lediglich der mit Bielitz verflochtenen Stadt Biala sodass von Biala abgesehen die bisherige Ostgrenze des Autonomen Woiwodschaft Schlesien die Polizeigrenze bildete und das Gebiet von Auschwitz und Birkenau in dem ostlichen nur mit besonderer Erlaubnis zu betretenden Teil des Kreises Bielitz lag Demgegenuber definierte die zur steuerlichen Diskriminierung von Polen dienende Erste Verordnung zur Durchfuhrung der Verordnung uber die Erhebung einer Sozialausgleichsabgabe Vom 10 August 1940 die in ihrem Paragraf 7 den unter eine Sonderregelung gestellten Oststreifen definierte einen Grenzverlauf entlang der Sola 4 5 der auch der schon 1939 dokumentierten Grenzziehung im Raum Bielitz folgte 6 7 die seit 9 Oktober die Grenze zwischen dem annektierten Teil Polens und dem Generalgouvernements gebildet hatte und ab 20 November 1939 nach der Ostverschiebung der Grenze zum Generalgouvernement als Polizeigrenze weiterbehalten wurde 8 9 Ungeachtet der widerspruchlichen Angaben uber den Grenzverlauf grenzte das Interessengebiet des KZ Auschwitz demnach sowohl an das Gebiet innerhalb der Polizeigrenze nordlich der Weichsel begann der Landkreis Pless als auch an den Oststreifen jenseits der das Interessengebiet des KZ ostlich begrenzenden Sola Nach Forschungsergebnissen von Klaus von Munchhausen 10 wurde die Polizeigrenze im Bereich der Stadt Auschwitz verlaufend bereits im September 1941 nicht mehr kontrolliert 11 und im Mai 1942 nach Anordnung Reinhard Heydrichs vom 12 5 ihre Kontrolle offiziell aufgehoben auch die dort stehenden Hinweistafeln wurden bald darauf entfernt dieser Erlass war aber nicht zur Veroffentlichung bestimmt 12 Mit der wenige Tage spater im Reichsgesetzblatt verkundeten Passstrafverordnung vom 27 Mai 1942 wurde die Strafbarkeit des Uberschreitens von Grenzen generell neu geregelt die 1940 erlassene Verordnung uber die Beschrankung des Reiseverkehrs aber nur in ihrem Paragrafen 2 verandert sodass Paragraf 1 der den Grenzverlauf bei Biala festschrieb in Kraft blieb 13 Zwischen dieser westlichen Grenze bei Biala die offiziell nicht ohne besondere Erlaubnis uberschritten werden durfte und jener ostlichen an der Sola die den Oststreifen tatsachlich begrenzte ab Mai 1942 aber weder gekennzeichnet noch kontrolliert wurde befanden sich das Interessengebiet des KZ Auschwitz sowie der Bahnhof Auschwitz Einrichtung des SS Interessengebietes BearbeitenWenige Wochen nach Einrichtung des Stammlagers verfugte der fur den Bereich zustandige Hohere SS und Polizeifuhrer Erich von dem Bach Zelewski nach der ersten gegluckten Flucht eines polnischen Haftlings im Juli 1940 die Vertreibung der ortsansassigen Bevolkerung Die polnische Bevolkerung sollte aus dem das Lager umgebenden Gebiet in einem Radius von funf Kilometern ausgesiedelt werden um Fluchten unmoglich zu machen und Fluchthilfe zu unterbinden Zunachst mussten die Einwohner der Ortschaft Zasole ihre Hauser raumen die danach von Fuhrern der Lager SS und deren Familien genutzt wurden 14 Bereits zum Jahreswechsel 1940 41 war die Lagerbaustelle in Auschwitz so gross dass im ersten Gesamtbebauungsplan unterschieden werden musste zwischen Schutzhaftlager Industriehof Werkstatten Kasernenbereich Truppenwirtschaftslager SS Siedlung und Landwirtschaft 15 Spatestens nach der Inspektion des Lagers durch Reichsfuhrer SS Heinrich Himmler am 1 Marz 1941 ordnete dieser zudem die Einrichtung von Landwirtschafts und Zuchtbetrieben auf dem das KZ Auschwitz umgebenden Gebiet an Im Marz April 1941 mussten nach dieser Entscheidung die polnischen Bewohner der Dorfer Babice Budy Raijsko Brzezinka dt Birkenau Broszkowiece Plawy und Harmeze unter Zurucklassung ihrer Habe den Wohnort raumen und wurden vertrieben Lediglich Polen die als Fachkrafte von den deutschen Besatzern vor Ort benotigt wurden blieben von dieser Massnahme verschont Der Grossteil der leerstehenden Gebaude wurde durch KZ Haftlinge abgerissen um Flachen fur den sich ausweitenden Lagerkomplex zu schaffen 16 Ebenfalls im Marz 1941 entschied Himmler den Bau eines zweiten Lagers im drei Kilometer vom Stammlager entfernten Birkenau das als grosstes Vernichtungslager des nationalsozialistischen Deutschen Reiches zentraler Ort des Holocaust wurde 17 Fur den Ausbau des stetig erweiterten Lagerkomplexes war daher von der SS Neubauleitung bereits ein Interessengebiet geplant worden 18 Am 31 Mai 1941 wurde das Sperrgebiet offiziell als Interessengebiet des KL Auschwitz deklariert 19 Das spater errichtete KZ Auschwitz Monowitz sowie das Buna Werk der I G Farben lagen nicht auf dem SS Interessengebiet sondern ostlich der Stadt Auschwitz Das Lagergebiet war von Warnschildern Betonmauern Wachturmen und doppelreihigen stromgeladenen Stacheldrahtzaunen umgeben die nachts beleuchtet waren 15 Angehorige der Wachkompanien bildeten auf Wachturmen als sogenannte kleine Postenkette einen Bewachungsring jeweils um den stromfuhrenden Lagerzaun des Stammlagers und Birkenaus Die grosse Postenkette war ein weitlaufiger Bewachungsring von bemannten Wachturmen um beide Lager 15 Innerhalb des Interessengebietes patrouillierten zudem SS Manner 20 Konflikt um die Gebietsabgrenzung BearbeitenDer stetige Lagerausbau fuhrte zu Interessenkonflikten der SS mit Zivilbehorden und Parteidienststellen der Stadt Auschwitz da Auschwitz zu einer deutschen Musterstadt ausgebaut werden sollte Bei diesen Auseinandersetzungen ging es jedoch ausschliesslich um Fragen der Grenzziehung zwischen dem SS Interessengebiet und der Stadt sowie um strittige Bauvorhaben Ab Ende September 1942 konferierten auf Weisung Himmlers im sogenannten Haus der Waffen SS gegenuber dem Bahnhof Auschwitz Vertreter des SS Wirtschafts und Verwaltungshauptamtes Angehorige der Lager SS Reprasentanten der I G Farben sowie Beamte der Zivilverwaltung fast ein Jahr lang uber diese Fragen Zwischenzeitlich forderten Vertreter der Zivilbehorden im Januar 1943 aus landschaftsgestalterischen Erwagungen heraus das SS Interessengebiet samt Lagern zu verlegen 21 Amtsbezirk BearbeitenIm Juni 1943 wurden die Grenzen des SS Interessengebietes abschliessend festgelegt das eine 40 Quadratkilometer grosse Flache umfasste 22 Ab diesem Zeitpunkt war das Areal eine von den Zivilbehorden unabhangige Verwaltungseinheit und blieb nun als eigenstandiger Amtsbezirk nur noch der SS unterstellt Als Leiter des Amtsbezirks fungierte der Kommandant des Stammlagers der auch Standortaltester der SS in Auschwitz siehe Personal im KZ Auschwitz war und als Amtskommissar nun zusatzlich die Aufgaben der Zivilverwaltung wahrnahm dies waren nacheinander Rudolf Hoss Arthur Liebehenschel und zuletzt Richard Baer 23 Das fur das SS Interessengebiet zustandige Lagerstandesamt Standesamt Auschwitz II wurde formal bereits im Januar 1943 selbststandig nachdem es zuvor bereits zu Auseinandersetzungen bezuglich der Zustandigkeit mit den Standesamtern in Auschwitz und Bielitz gekommen war 24 Literatur BearbeitenWolfgang Benz Barbara Distel Hrsg Der Ort des Terrors Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager Band 5 Hinzert Auschwitz Neuengamme C H Beck Munchen 2007 ISBN 978 3 406 52965 8 Sybille Steinbacher Auschwitz Geschichte und Nachgeschichte Verlag C H Beck Munchen 2004 ISBN 3 406 50833 2 Weblinks BearbeitenKZ Auschwitz Lagerplane Plane von Auschwitz Dokumente des systematisch geplanten Volkermordes Broschure zur Ausstellung des Axel Springer Verlages Einzelnachweise Bearbeiten Verordnung uber die Beschrankung des Reiseverkehrs mit Gebietsteilen des Grossdeutschen Reichs und mit dem Generalgouvernement Vom 20 Juli 1940 Deutsches Reichsgesetzblatt Teil I 1867 1945 archiviert vom Projekt ALEX der ONB Sibylle Steinbacher Eine deutsche Musterstadt Die Geschichte von Auschwitz im Zweiten Weltkrieg oder Zwischen Alltag und Massenmord In Frankfurter Rundschau 29 August 2000 archiviert auf haGalil 1 Reichsgesetzblatt 1940 Teil 1 S 1008 digitalisiert durch die Osterreichische Nationalbibliothek ALEX 2 Reichsgesetzblatt 1940 Teil I S 1095 digitalisiert durch die Osterreichische Nationalbibliothek ALEX Karol Marian Pospieczalski Documentae Occupationis nazi Occupation Lawe in Poland Part I The Incorporated Territories Poznan 2019 Titel der polnischen Originalausgabe von 1952 Hitlerowskie prawo okupacyjne w Polsce Wybor dokumentow Czesc I Ziemie wcielone S 328f Verordnungsblatt des Abschnitts Oberschlesien 1939 Nr 13 Seite 1 Bekanntmachung Abschnitt c digitalisiert durch die Silesian Digital Library territorial de Landkreis Bielitz Fussnote 1f Amtsblatt Kattowitz 1939 Nr 1 Seite 4 Polizeiverordnung des Regierungsprasidenten zu Kattowitz betreffen Uberschreiten der Polizeigrenze im ostlichen Teil des Regierungsbezirks 1 digitalisiert durch die Silesian Digital Library siehe auch zum weiteren Bestehen der Polizeigrenze Amtsblatt Kattowitz 1940 Nr 2 Seite 7 Anordnung des Regierungsprasidenten in Kattowitz betr Ueberschreiten der Polizeigrenze v 12 1 40 digitalisiert durch die Silesian Digital Library Geheime Reichssache Auschwitz Die NS Massnahmen zur Tarnung des Volkermordes an den osteuropaischen Juden eingereicht beim Historischen Seminar der Fakultat fur Geisteswissenschaften an der Universitat Hamburg im November 2013 3 Munchhausen S 256ff 259 Munchhausen s 260 4 Reichsgesetzblatt 1942 Teil I S 348 350 digitalisiert durch die Osterreichische Nationalbibliothek ALEX Angelika Konigseder Die Entstehung des Lagers und das Interessengebiet Auschwitz In Wolfgang Benz Barbara Distel Hrsg Der Ort des Terrors Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager Bd 5 Hinzert Auschwitz Neuengamme Munchen 2007 S 83 a b c Sybille Steinbacher Auschwitz Geschichte und Nachgeschichte Munchen 2004 S 25 Angelika Konigseder Die Entstehung des Lagers und das Interessengebiet Auschwitz In Wolfgang Benz Barbara Distel Hrsg Der Ort des Terrors Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager Bd 5 Hinzert Auschwitz Neuengamme Munchen 2007 S 83 f Israel Gutman Hrsg Enzyklopadie des Holocaust Die Verfolgung und Ermordung der europaischen Juden 3 Bande Piper Verlag Munchen Zurich 1998 ISBN 3 492 22700 7 Band I S 108 Christoph Gunkel KZ Auschwitz Platz zum Morden In Der Spiegel 26 Januar 2015 Kathrin Kompisch Frauen in Konzentrationslagern Taterinnen und Zuschauerinnen In Ulrich Herbert Karin Orth Christoph Dieckmann Die nationalsozialistischen Konzentrationslager Entwicklung und Struktur Band I Wallstein Gottingen 1998 S 801 Hefte von Auschwitz Band 21 Staatliches Museum Auschwitz Birkenau 2000 S 370 Sybille Steinbacher Auschwitz Geschichte und Nachgeschichte Munchen 2004 S 57 f Sybille Steinbacher Auschwitz Geschichte und Nachgeschichte Munchen 2004 S 25 S 58 Sybille Steinbacher Auschwitz Geschichte und Nachgeschichte Munchen 2004 S 58 Staatliches Museum Auschwitz Birkenau Hrsg Sterbebucher von Auschwitz Band 1 Berichte 1995 S 19 S 226 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Interessengebiet des KZ Auschwitz amp oldid 235300224